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Anmerkungen zu Gesellschaft
"Als Naturforscher hatte er nicht die gängigen Begriffe von Erlaubtem und Unerlaubtem, dagegen aber einen stark ausgeprägten Instinkt für das Zweckmäßige in bestimmten Naturgesetzen, und er litt innerlich, wenn er sah, dass die Gebote der Natur übertreten wurden."
(zit. nach: August Strindberg, Am offenen Meer, Hamburg 2013, mareverlag, S.17)
Meine beharrliche Aussage zur (damaligen) Gegenwart (die bekanntlich schnell auch wieder eine Vergangenheit sein kann*)):
*) Wie es dann bekanntlich ja, was Herrn Wulff betrifft, auch war, gleichwohl trifft der Satz in weiteren Fällen sicherlich in jeglicher Gegenwart auf die eine oder andere Weise zu, man muß eben nur den Namen ersetzen ...
Cetero censeo Wulff(ulum) merito esse movendum ex officio! *)
(Er scheint mir für dieses Amt einfach zu klein, ihm fehlt meines Erachtens jegliches Charisma, er wirkt auch zu künstlich -- und sehr schlimm: er hat seine Angelegenheiten alles andere als einem hohen Staatsmann gebührend behandelt, vom Kredit, von der Offenheit bis hin zur Behandlung der Presse ...) *** siehe weiter unten unter 3
*) ... DIES wurde dann doch noch -- auch BILD sei's u.a. gedankt! -- Wirklichkeit. Aber letztlich doch auch -- wen sollte es schon groß wundern -- ein Abschied mit weiteren Peinlichkeiten ...
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 1 Ärgern wegen Bushidos Bambi???
Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Antwort sollte schlicht NEIN! lauten.
Was ist denn dieser oder dieses Bambi schon? Richtig, ein Medienpreis. Und laut Veranstalter ist er “für Menschen mit Visionen und Kreativität, die das deutsche Publikum (in dem jeweiligen Jahr) besonders berührt und begeistert haben”. Die Jury besteht laut Wikipedia regelmäßig aus Hubert Burda und allen Chefredakteuren des Burda-Konzerns. Vergeben wird er also von der Hubert Burda Media Gesellschaft.
Es ist also eine Gruppe innerhalb der deutschen Bevölkerung, die nach Beratung und intersubjektiver Übereinkunft dieses Bambi verleiht. Gewicht bekommt diese Auszeichnung dann allenfalls durch Selbstdefinition, Teilnahme, Teilhabe sowie eine entsprechende gesellschaftliche Akzeptanz.
Bushido hat also dieses Jahr (2011) einen Bambi zugesprochen bekommen, und zwar für seine Integrationsleistung. Diese Auszeichnung hat soweit ich es zu beurteilen vermag nur vereinzelt Empörung ausgelöst. So hat der bekannte Volksliedersänger Heino seine ihm einst verliehene Auszeichnung deshalb zurückgegeben, der Sänger von Rosenstolz zeigte seine Empörung bereits während der Veranstaltung und machte seinem Unverständnis auf der Bühne Luft, diverse Politiker (u.a. Schäfer-Gümbel, SPD) fanden die Auszeichnung für Bushido ebenfalls unangebracht.
Fakt ist jedenfalls, daß Herr Aris Mohamed Youssef Ferchichi alias Bushido zumindest nichts gemacht hat, was in diesem Land augenscheinlich sowie offensichtlich unerlaubt ist.
Er hat lediglich geschickt eine Marktlücke genutzt, damit Mechanismen einer kapitalistisch orientierten Mehrwertproduktion auch für seine Zwecke funktionalisiert und hat damit sehr viel Geld verdient.
Dies alles wäre bekanntlich nicht möglich gewesen, hätte es kein größeres Interesse an seinen Produkten (hier: Rap-Musik mit den Texten, die eben diese Stilrichtung auch ausmachen) gegeben. Und an seinen Erfolg haben sich dann nachweislich auch Personen geheftet, die zumindest der Auffassung waren, Bushidos Werdegang könnte von sehr großem allgemeinen Interesse sein; erinnert sei hier an den leider zu früh verstorbenen Filmproduzenten Bernd Eichinger, der glaubte, mit und über Bushido einen Film machen zu müssen sowie an den Riva Verlag, der immerhin Bushidos Biographie zumindest für veröffentlichungswürdig erachtete.
Man kann es, auch wenn es vor dem Hintergrund bereits zu Bushidos Startphase wegen bereits vorhandener Vorbilder vor allem aus dem amerikanischen Raum vielleicht etwas überzogen klingen mag, auch so sehen: Er hat aus seiner Sicht eine Art Pilotprojekt gestartet (inwieweit und wie groß die Anteile von “Selbstverwirklichungsambitionen” leitend waren, kann wohl nur er selbst bzw. können nur diejenigen, die ihm näher stehen, beurteilen!) und damit über diesen Versuch hinaus dann Erfolg gehabt. Am Rande sei nur erwähnt: das ist nicht die Regel; die allermeisten diesbezüglich Hoffenden bleiben NoName, lassen sich vom Erfolg einiger Wenigen in ihrer eigenen Lebensplanung aufs Glatteis führen und vergeuden so wertvolle Zeit und Kraft. Einfacher: Zu sagen, der oder die hat es ja auch auf jene Weise (meist im Zusammenhang mit: vermeintlich schnellem Geld und leichtem Erfolg) geschafft, dürfte im Regelfall in eine Sackgasse führen...
Jedenfalls hat er in dieser Gesellschaft das geschafft, was doch Grundprínzip unserer Alltagsordnung ist: ein Produkt erfolgreich unter “die Leute” gebracht. Gutes Marketing geleistet.
Natürlich kann sein Erfolg durch den Verkauf seiner Produkte und seinen Auftritten kaum etwas darüber aussagen, inwieweit er auch eine Integrationsleistung vollbracht hat, die über seinen persönlichen Erfolg hinausweist. Darüber müßten erst einmal umfangreiche soziologische Studien durchgeführt werden.
Jedenfalls scheint er doch eine recht große Zahl von Menschen jene zufriedenstellend unterhalten zu haben. Womit wir auch zwangsläufig bei der Qualität von Unterhaltung dann angelangt wären. Aber (man mag das mögen oder auch nicht) genau diese Qualität wird einerseits gemäß einem Angebot-Nachfrage-Prinzip (kurz: durch Manipulation) erzeugt, aber auch durch das Verständnis jener jeweils einschlägigen Konsumenten, was eben sie für die ihnen gemäße Qualität halten, ebenfalls festgelegt.
Es dürfte naheliegend sein, hinsichtlich tatsächlicher Auswirkung bei der Vergabe von “Wertschätzung” von einer Wechselwirkung beider Phänomene auszugehen.
Ich muß sagen: ich kenne Bushidos Produkte von Anfang an, bin zwar kein Fan von Rapmusik (wobei ich durchaus anerkennen kann und muß, daß es auch hier, wie überall, sehr gute Produkte gibt, die aus dem Massentrash herausragen) und kann durchaus einigen Songs etwas abgewinnen. So wie es eben sehr häufig ist: es ist nicht alles gut, aber auch nicht alles schlecht.
Und die große Masse ... Ja, wie will man diese dann definieren? Wer ist das denn schon in diesem jeweiligen Kontext: die große Masse?
Die Anhänger waren und sind jedenfalls zahlreich genug gewesen, um den Erfolg Bushidos mit generieren zu helfen. Und die Kritiker, also diejenigen, die auf “der anderen Seite” standen und stehen, also eine andere große Masse oder andere große Massen, die spielte(n) und spielt / spielen zumindest bei der Selbstattribuierung der jeweils Schaffenden keine Rolle.
Um es deutlicher zu sagen: Viele mögen Florian Silbereisen, Carmen Nebel, Andy Borg, Heino, Rosenstolz, Gottschalk, Barth, viele Comedians u.a. eben sehr – und wie man immer wieder sehen kann: eine immens große Zahl von Menschen (die man verstehen kann oder auch nicht, aber sie ist nun mal Fakt!) gerät völlig aus dem Häuschen und fühlt sich durch jene gut unterhalten. Für mich sind genau jene nur zum Davonlaufen.
Man mag Bushido vorwerfen, daß seine Arbeit nicht gerade die hohe Bildung befördert, aber das gilt in zumindest gleichermaßen für das Allermeiste aus seichter Unterhaltung, die sich nicht einmal annähernd Problemfeldern nähert und öffnet sondern wirklich Panem-Et-Circenses-Total lebt und fördert.
Wieviele Auszeichnungen müßten eigentlich in unserer Gesellschaft abgelehnt oder gar zurückgegeben werden, wenn man den Maßstab, man wolle sich mit X oder Y nicht auf eine Stufe stellen?! Da könnte ich sicherlich bei etwas Suchen bereits beim Bundesverdienstkreuz (das ich damit keineswegs auf die Stufe des Bambi stellen möchte) fündig werden.
Ich halte die Bambiverleihung für eine Art von Klamauk, ein Gesellschaftsspiel, an dem man teilnehmen kann oder auch (besser) nicht. Nur: Wer darauf sich einläßt, wer daran teilnimmt, der oder die dürfte eigentlich schon wissen, auf welches Niveau (das meine ich durchaus hier nicht subjektiv qualitativ wertend, sondern allgemein gesprochen!) man sich damit einläßt. Man kann also die Kirche durchaus im Dorfe lassen ...
Zum Schluß: Wer sich über Bushidos (früheren) Texte (genauer wäre jedoch: nur über einige, vielleicht sogar nur Passagen daraus!) empört, der sollte einmal sich im ganz normalen Alltag, in der ganz normalen Medienlandschaft nur ein klein wenig umschauen und er / sie wird so viele Möglichkeiten für edles Engagement finden!
Meine Ausführungen sind weniger für Bushido gemacht (das wäre wohl ein Großmaß an Selbstüberschätzung hinsichtlich eigener Möglichkeiten und Wirkung im ferneren gesellschaftlichen Umfeld ...), sondern vielmehr gegen dieses Vielfaches an Pharisäertum und Ignoranz, die den Stachel in den Augen der anderen sehr wohl zu sehen glauben, den oder die jeweiligen Balken im eigenen jedoch gekonnt zu ignorieren wissen.
Und ist es nicht oft so, daß gerade mit dieser subjektiven Fehleinschätzung sowie mit dem Absolutsetzen eigenen Tuns und Verhaltens und subjektiver Wertedefinitionen jener Boden geschaffen wird, auf dem Toleranz schwerlich gedeihen kann.
Denjenigen, die nun glauben einwenden zu müssen, man solle sich der wehrhaften Demokratie erinnern, also den unliebsamen Anfängen wehren, sei gesagt, daß ich es sehr wohl mit Ludwig Marcuse halte, der einmal gesagt hat, daß Toleranz dort fehl am Platz wäre wo Schweigen unmoralisch wäre. Aber vor dem Umsetzen dieser sich aus jener Vorgabe abzuleitenden Maßnahmen, sollte zunächst das Mittel kritischer Toleranz und vor allem das der selbstkritischen Bestandsaufnahme gewählt werden. (Also fast schon dem Dilemma, was denn zuerst dagewesen wäre, die Henne oder das Ein, ähnlich ...)
Denn wie auch immer, Bushidos Texte waren längst nicht der Beginn von sehr kritikwürdigen Inhalten, er hatte den Boden und die Saat hierfür bereits “fruchtbringend” vorgefunden. Und dieser wurde häufig von denen bereitete, die von und mit Bushidos Erzeugnissen ganz gut leben können. Und da fällt einem in einigen Fällen doch nur noch ein, daß man, im Glashaus sitzend, keineswegs mit Steinen werfen sollte, nicht wahr?
Wie war das denn gleich nochmal? Ach ja: Eine Auszeichnung für Menschen mit Kreativität und Visionen, für Personen, die das deutsche Publikum besonders berührt und / oder begeistert haben! Na denn ... Hätte außer Helmut Schmidt unter diesen Vorgaben überhaupt jemand der Anwesenden dann überhaupt jemand dieses eigentlich doch recht scheue, das grelle Licht der Öffentlichkeit meidende Waldtier als Auszeichnung bekommen dürfen? Zumindest ein überdenkenswerter Aspekt, wie ich finde.
Bleibt noch die offene komplexe Frage: Wie wichtig ist der Bambi, wie wichtig ist Bushido, gibt es keine wichtigeren Probleme? Und da habe ich nun so viel darüber geschrieben ... Und wollen wir doch nicht übersehen, daß es vielfach gerade auch die Medien (die dann über Hofieren oder, je nach Gusto, Kritisieren von derartigen Unwichtigkeiten, derartigen Personen und Dingen zu ihrem -- sicherlich unverdientem -- Gewicht mitverhelfen!), die aus Mücken Elefanten zu machen versuchen. Die Erfahrung lehrt jedoch in den allermeisten Fällen, daß Leute mit zweifelhafter (Geld-) Popularität außer der Vermehrung und Besserung ihrer materiellen Grundlagen nicht über ihre (geistige und intellektuelle) Herkunft hinwegtäuschen können; ihnen bleibt als "Gefolge" meistens nur der Kreis, der ähnliches einfaches Niveau vorzuweisen hat, dabei aber übersieht, daß sie nur für den Aufstieg jener (eigentlichen) Unbedeutsamkeiten funktionalisiert werden bzw. sich dafür funktionalisieren lassen. Sie weisen besonders die von Kant dereinst so kritisierte Unmündigkeit auf, jene Unfähigkeit, sich eines eigenen Geistes zu bedienen. Gebt solchen Personen zunächst als erste Stufe vor der Kritik kein Forum für ihre Selbstdarstellung. Warum werden jene geistigen Langweiler (oft auch: emotionalen Anöder) denn zu Talkshows etc. allzu häufig eingeladen? Doch nicht um einem berechtigten "Informationsbedürfnis" zu entsprechen, jene häufige Ausrede auch bei den Öffentlich-Rechtlichen, um schlicht einfaches, niederstes Niveau in Unterhaltung zu kaschieren. Warum wohl gibt z.B. Herr Lanz Sido und Bushido ein (nächtliches) eine Scheinwerferrampe? Wir wissen doch längst, um die unterschiedlichen Qualitäten von dem, was man bisweilen auch als "Rampensau" betitelt erfahren muß: seien es die öden Reden langweiliger Politiker (mit ihren Endloswiederholungen), seien es jene ekelhaften Urlaubsexzessberichte, Pseudohelferübertreibungen (wie Nannies, Entschuldungsakrobatik, Restaurantmiserenorgien, Sportaufblähungen beispielsweise) -- oder eben Menschen, die sich eben nur so benehmen können und verhalten wollen, wie sie es eben tun! Bushido macht da keine Ausnahme, der mit ihm bei Lanz agierend habende Sido ebenfalls nicht. Eine billige Maschinerie in einem doch nach Primitivität und allzu einfachem Gemüt tendierendem System, eben auch eine Form des Kapitalismus, wenngleich eine besonders öde, geistlose und auch pharisäerhafte. Meiden, meiden, meiden. Ich erinnere micht, in sehr jungen Jahren die Klage in einer überregionalen Zeitung gelesen zu haben, was denn das für eine Gesellschaft sei, in der ein Kaugummivertreter mehr verdiene als ein Universitätsprofessor. Der Autor dieser Klage ist mir nicht mehr geläufig, aber es stimmt natürlich: diese Gesellschaft setzt entsprechende Werte, das mag einem gefallen oder nicht. So gesehen sind eben die Bushidos, die Akteure auf Filmbällen und Preisvergabeinszenierungen die "Kaugummivertreter" der realen Gegenwart. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Man mag nun in Anlehnung an Sir Kart R. Popper einwenden, daß jener selbst einmal kritisiert habe, daß wohl die Philosophen selbst hinter der Forderung stehen, alle politischen Lenker sollten Philosophen sein -- von der Hand zu weisen ist es sicherlich nicht, daß auch ein Professor Urheber jener "Kaugummiabsatzkritik" gewesen sein könnte. Wie auch immer, Fakt ist, daß wir alle am Spiel der unangemessenen Hofierungen und Wertzuweisungen in der einen oder anderen Form beteiligt sind. In diesem Zusammenhang einen recht schönen Gruß an nicht wenige Akteure in unserem Gesundheitssystem ... Gäbe es da nicht mehr Aufgabenfelder, seine Kräfte einzusetzen um Veränderungen einzuleiten...? Beispielsweise ...
Also: wenn schon ärgern, dann über Entscheidenderes, über Wichtigeres, als über Bushido und "Bushidomacher" -- und dann sollte man es jedoch nicht nur beim Ärgern belassen; Es verlangt nämlich immer wieder nach: effektvollen Taten!
1a Ärgern wegen Bushidos Bambi,
Teil 2: Nun eine Werbeaussage, die sehr aufschlußreich ist ...
Man kann es jetzt in der vorweihnachtlichen Zeit deutlich vernehmen, wohin nach Ansicht nicht weniger die Richtung gehen soll; so heißt es in einem Werbeblock als weihnachtliches "Gestaltungsfazit" oder als liebebezeugende "Verhaltensmaxime" (Anführungszeichen d. V.) vieldeutig eindeutig: "Weihnachten wird unter dem Baum entschieden!"
Da wir offensichtlich (der Werbekontext ist eindeutig gerichtet!) nicht davon ausgehen können, man solle sich unter dem besagten Baum lieben, sich hingeben, schlicht zueinander und zu sich selbst menschlich sein, wird die von jenen Herren (und sicherlich auch Damen!) intendierte Richtung unübersehbar -- Du bist, was Du materiell verschenkst, Dein Wert ist das, was Du in Gütern bekommst! Da haben wir es (alle Jahre) wieder... Natürlich kann man -- wer hätte es gedacht!?! -- bei jenen Glücksverheißern auch die Produkte kaufen, die weiter oben Opfer meiner kritischen Anmerkungen geworden sind ... Hat dies auch mit Bushido (und ähnlichen) zu tun? Ja, zumindest insofern, als sie die hier gängigen Markt- und Einstellungsmechanismen für sich funktionalisieren: den Geldgewinn maximieren! Da ist es letztlich schon fast egal, was man an "Geschenken" unter dem Weihnachtsbaum vorfindet, was die Werbung und der blödsinnige Trend "Keeping up with Joneses" einem zum "Glück" nahelegt -- Hauptsache der Kosum rollt ...
1b Ärgern wegen Bushidos Bambi,
Teil 3: An all seine Kritikern aus dem kapitalistischem Umfeld ...
Bushido beabsichtigt nach seinen eigenen Worten eine Partei zu gründen. Inwieweit dies eine langanhaltende Planung ist, wird sich zeigen. Damit auch der Grad der Ernsthaftigkeit, der dahinter steckt. Jedenfalls hat er bei Christian Freiherr von Stetten (CDU), einem Wirtschaftspolitiker, ein sogenannes Parlamentspraktikum (Dauer bei ihm: eine Woche) absolviert. In einem Interview mit Peter Hahne (ZDF), bei dem auch Herr Freiherr von Stetten anwesend war, konnte man einen kleinen Einblick in Bushidos (bürgerlich: Anis Mohamed Youssef Ferchichi) Denk- und Sprachweise erhalten. Inwieweit die Ansichten radikal neu oder eher evolutionär sind, läßt sich aus dem medialen Erleben Bushidos meines Erachtens nicht beurteilen. Fest steht jedoch, daß er all das, was er von sich gegeben hat, vor allem auch die analytische Sichtweise und den sehr auffallend elaborierten Sprachcode, den er im Interview pflegte, nicht das Ergebnis eines kurzen Bundestagspraktikum sein kann (da wären Sprache und Analysefähigkeit, aber auch Offenheit und Direktheit je nach "Vorbilder" sicherlich eher ärmer im Ergebnis ...) schon seit langer Zeit in seiner Persönlichkeit entwickelt haben muß. Jedenfalls war sein Auftreten im positiven Sinn beeindruckend (auch seine Sicht auf "Gesellschaft" dürfte den Allermeisten gefallen haben!).
Wer nun fragt, warum er dann ehedem jene Texte mit teilweise bedenklichem Inhalt (aber auch hier gilt zu fragen: Wer legt jeweils eine solche "Bedenklichkeit" fest ...) gesungen hat, wird wohl genauso wenig wie ich die richtige Antwort finden. Das könnte allenfalls Bushido selbst beantworten.
Vielleicht hat er aber damals auch nur das getan, was viele anderen am Aufstieg ehrgeizig interessierten Menschen in einer überwiegend kapitalistischen Gesellschaft auch tun: Nach Marktlücken spähen, sondieren, was zum Erfolg führen kann, was "nachgefragt" wird oder auch nur anfrageorientiert (Eminem mag da als Beispiel gelten) die "Nachfrage" stimuliert (die Werbestrategen mögen nun je nach Couleur sich in Sack und Asche hüllen, ehe sie mit ihrer Kritik gerade über Bushido herfallen ...) -- und in Hinblick auf genau jene Aufstiegsmöglichkeit die eigene Fähigkeiten (eben dann auch unter teilweiser Hintanstellung anderer gegebener Fähigkeiten, zudem sie vielleicht sogar zielbezogen "das Image reduzierend" wirken könnten -- im vorliegenden Fall Momente der "Bravheit", des "Bravseins", o.ä.) zur Zielerreichung eingesetzt.
Kurz: Er könnte gesehen haben, wie man in unserer Gesellschaft in einer Konkurrenzsituation sich erfolgreich durchsetzen kann, indem man das auf den Markt bringt, was auch gut ankommt, was bei Menschen irgendeine Form der Entsprechung auslöst und findet.
Verwerflich wäre das sicherlich nicht; die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gibt bekanntlich diese Möglichkeiten vor. Und das "auszunützen", das für sich erfolgreich zu gestalten, wird wohl nur jemandem gelingen, der über ein gehöriges Maß an Intelligenz verfügt, der Ausdauer hat, der auch bereit ist, sich (zumindest vorübergehend) auch unkonventionell zu verhalten.
Wer ihn kritisiert, der sollte ihm erst einmal genau und länger zuhören, ihn beobachten, sich dann auch selbstkritisch fragen, inwieweit man selbst überhaupt über derartige Persönlichkeit in qualitativer Hinsicht verfügt. Es ist mir klar: meine These ist aus der Wahrnehmung von einem Sachbezug entstanden, die man gemeinhin als Erzeugung kognitiver Dissonanz bezeichnet. Aber keine das Fragenstellen beim Auftauchen von (vermeintlicher oder auch tatsächlicher) Widersprüchlichkeit sollte all jene zum Denken ermuntern, die sich der / einer Wahrheit nähern wollen.
Heute (9. Juli 2012) hörte ich im Bayerischen Rundfunk im Mittagsgespräch (BR2) beispielsweise Hans-Peter Uhl (CSU), Bundestagsabgeordneter zugleich der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im deutschen Bundestag; er wurde zum Thema des neuen Meldegesetzes gehört. Es war peinlich, sicherlich auch bei den Zuhörern das Moment der Abkehr von Politikern beim Bürger mehrend, wie jener Herr herumeierte, genau beim Zitieren eines Paragraphen den Teil wegließ, der den Aufschrei mit der Aktualisierung von Daten durch Adressenhändler o.ä. in Medien und anderer Öffentlichkeit auslöste, wie er hilflos um erbetene Beispiele für Ausnahmeregelungen etc. (wohltuend beharrlich und notwendigerweise immer wieder nachgefragt durch die Moderatorin Stephanie Heinzeller!) sich drückte (oder es viel ihm einfach nach großmundigem Hinweis auf zahlreich mögliche Ausnahemtatbestände schlicht dann nichts ein ...).
Nein, solche Gesprächspartner wie Herr Uhl an diesem Tag wünscht man sich wirklich nicht: sie bereichern nicht, sorgen für keinen dialogischen Austausch, bleiben intellektuell (aber auch emotional!) arm und armselig (wie ich es zumindest empfinde), tragen nichts zur Erhellung und schon eher zur Verschleierung von Sachverhalten bei.
Warum ich das hier im Zusammenhang mit Bushido schreibe?
Weil man von ihm, also von Herrn Ferchichi, gut hätte erfahren und -- sofern notwendig (und bei Vielen, vor allem auch bei zahlreichen Politikern gäbe es diese Notwendigkeit!) -- lernen können, wie man sich in Diskussionen verhält: man beantwortet die Fragen, die gestellt werden, "eiert" nicht um den heißen Brei herum, bekennt sich auch ideologisch klar erkennbar, zeigt eine umfassende Kenntnis der Materie, durchdringt analytisch und mit klar verstehbarer Sprache die Diskussionsmaterie und -- ja und (diejenigen, die sich an seinen Raptexten festkrallen, einmal unterstellt, daß sie sich damit auch wirklich einmal auseinandergesetzt haben, werden da sich wohl dann auch wundern, was sie höchstwahrscheinlich jedoch der Eindimensionalität ihrer Wahrnehmung und ihrer Urteilsweise schulden dürften, daß Bushido auch einer gänzlich anderen Diktion mächtig ist ... !) -- nochmals: ja und, das alles mit einer bewundernswerten, aber gleichwohl von jeglicher Künstlichkeit entkleideten Eloquenz!
2 Ach der gute, überflüssige Herr Wulff ... Besser einen anderen Bundespräsidenten! (Und diese Forderung sollte für alle absehbare Zukunft gelten, auch für Kanzler/innen!)
Wulff hat sich von Anfang an falsch verhalten und durch sein Verhalten hat er das Amt des Bundespräsidenten schwer beschädigt. Und nicht die Presse, schon gar nicht die Bevölkerung, die derartiges Verhalten nicht (mehr) ertragen können respektive wollen.
Vor Weihnachten meinte SPD-Gabriel in einem Kommentar über Wulffs Amtsführung noch, es müsse ein Ende haben mit Rücktrittsforderungen, denn sollte erneut ein Bundespräsident vorzeitig abgehen, wäre das für das Amt schädlich. Das kann jedoch nicht die Prämisse sein, vielmehr gilt: Ist er tauglich, soll er bleiben, ist er es nicht, dann MUSS er gehen.
Letzteres halte ich für die richtige Konsequenz! Man hätte Wulff erst gar nicht in dieses Amt hineinhieven sollen ...
Heribert Prantl hat in einem Interview mit dem BR gestern festgestellt, Wulff habe sich "von Anfang an" falsch verhalten, er "mache sich klein" (meine Frage: War der denn jemals überhaupt "groß" im verstandenen Kontext zu Prantls "klein"??!), dies auf eine "plumpe Weise", zeigte "nötigendes Vorgehen", stellte den betroffenen Reportern "Nachteile in Aussicht", war und ist schlicht "töricht und dumm" in seiner Vorgehensweise. Abschließend stellt er auf eine entsprechende Frage fest, daß man mittlerweile nicht mehr wisse "ob der Schaden für das Amt größer ist wenn er bleibt oder wenn er geht."
Ich selbst habe Wulff stets sehr kritisch gesehen und ihn in die lange Reihe der allgemein "sehr überschätzten" Politiker (es gibt freilich Gott sei Dank auch noch ein paar andere!) eingeordnet. Freilich teilt er damit leider das Schicksal mit einer sehr großen Anzahl -- auch mit vielen von denen, die ihn jetzt kritisieren (vielleicht sogar ihn aus welchen Gründen auch immer gewählt haben), letztlich also im sprichwörtlichen Glashaus sitzen und tunlichst nicht mit Steinen werfen sollten.
Aber so wie die Dinge sich ergeben haben: DER MANN MUSS ENDLICH WEG! Auch wenn es für die Bürger finanziell mit Zusatzkosten bei Bestallung eines Nachfolgers verbunden sein wird. (Da sollte man für die Zukunft über eine entsprechende Gesetzesänderung nachdenken ...!)
Noch ein Wort über jene, die aus Politikerinseln oder in Foren oder wo auch sonst immer stets die Kritiker von Wulffs (und anderer Politker) Verhalten kritisieren, also derartige bzw. einschlägige Verfehlungen verharmlosen, etwa nach der Devise "Jeder habe doch Dreck am Stecken und man solle den guten Mann endlich in Frieden lassen." Wie hatte es Kurt Tucholsy einmal so schön festgestellt: "In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht." Darüber nachzudenken, könnte sich für einige Damen und Herren vielleicht doch lohnen ...
nach Wulffs Erklärung, am 4. Januar 2012 zeitgleich von ARD und ZDF gesendet, schrieb ich dann in einem Blog:
Armselig, dieser Wulffauftritt; handlungsleitend wohl überwiegend narzißtische Komponenten seinerseits, dann diese Opferattitüden, dieses Unschuldslammgetue, dieses Spielen zumindest partieller Naivität, etc. ...
Ach wie belastend das doch sei: der Übergang vom Amt des Ministerpräsidenten zum Staatsoberhaupt (macht Wulffulus geltend), das müsse man erst lernen, auch habe er erst erkennen müssen, daß er eine Bringschuld gegenüber der Öffentlichkeit habe und deswegen den Fehler mit der Presse begangen habe.
Das Präsidentenamt also ein Lehrbetrieb mit einem Azubi an der Spitze??!!
Einfach traurig und lachhaft zugleich. (Wohlgemerkt: das hat nichts mit der üblichen Notwendigkeit von "learning on the job" und "learning by doing", mit der wir alle in unseren Arbeitsbereichen konfrontiert sind, zu tun; nein, ihm fehlen grundsätzlich elementare Voraussetzungen für dieses hohe Amt!)
Und daß der Herr nicht freiwillig gehen würde, sich patexhaft an seinem Sitz geklebt (wohl-)fühlt und dafür freilich "edle" Argumente statt Machtlust u.ä. Elemente geltend machen würde, war doch von Anfang an klar.
Interessant auch, daß er mit "bewähren" zweierlei Perspektiven wählte; zunächst die juristische, wonach er diesen Begriff heftig ablehnte, weil es juristisch gesehen nichts an "Bewährung" zu geben hat, dann im Anschluß gleich die Bitte, man solle ihm doch die Chance auf "Bewährung" im Amt geben. Was denn nun? Auch bei der Begrifflichkeit wieder nur dieses typische Rumgeeiere und rabulistische Wörterjonglieren? ...
Auch wenn man den "selektierten" Mediengrößen von ARD und ZDF eine gute Diskussionsleitung bescheinigen muß: Warum hat sich der doch angeblich nun plötzlich so geläuterte und mit besten Vorsätzen im zukünftigen Verhalten gegenüber Medien posierende Wulff den Möglichkeiten und Fragen einer Bundespressekonferenz entzogen? Das wäre doch zumindest ein guter erster Schritt zum Zeigen dieser Läuterung gewesen. (Aber, nota bene, weshalb hat denn im Sommer dann bei dem Vorgang mit DER WELT nicht bereits diese Läuterung eingesetzt bzw. dauerhaft angehalten?!)
Nein, Staatsmann ist Herr Wulff wahrlich nicht; das Land hat etwas Besseres verdient ...
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Anlage für die hier vorgelegte Darstellung --Der Text bezüglich “Bewährung”:
Wulff: "Die Begrifflichkeit finde ich völlig daneben. Weil wir diesen Begriff kennen, wenn gegen Gesetze verstoßen wurde. Ich habe weder jetzt im Amt als Bundespräsident gegen irgendein Gesetz verstoßen noch vorher. Es geht nicht um Rechtsverstöße, sondern es geht um die Frage von Transparenz, von Darlegung, von Erklärung. Dazu nutze ich auch diese Gelegenheit, um zu erklären, was ist und was war. Aber wie gesagt: Den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig. Sondern ich bin jetzt schweren Herausforderungen ausgesetzt. Aber man muss eben auch wissen, dass man nicht gleich bei der ersten Herausforderung wegläuft, sondern dass man sich der Aufgabe stellt. Und auch weiß, wem es in der Küche zu heiß ist, der darf nicht Koch werden wollen. Wie es Harry S. Truman gesagt hat. Und deswegen muss man offenkundig auch durch solche Bewährungsproben hindurch."
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Die für die Zukunft angekündigte Transparenz hätte Herr Wulff gut schaffen können, hätte er der Bitte des Bild-Chefredakteurs Kai Diekmann ("Wir möchten dies nicht ohne Ihre Zustimmung tun und bitten Sie deshalb im Sinne der von Ihnen angesprochenen Transparenz um Ihr Einverständnis zur Veröffentlichung"), den Wortlaut des Mailboxanrufes veröffentlichen zu lassen, entsprochen.
Aber genau dies hat Wulff abgelehnt: "Ich habe mich Ihnen gegenüber kurz darauf persönlich entschuldigt. Sie haben diese Entschuldigung dankenswerterweise angenommen. Damit war die Sache zwischen uns erledigt. Dabei sollte es aus meiner Sicht bleiben." Er wolle es bei dieser persönlichen Entschuldigung belassen.
Warum eigentlich schon wieder im Transparenz-abstinenten Fahrwasser? Schließlich geht es darum, ob die BILD-Zeitung mit ihrer Behauptung richtig liegt, Wulff habe das Erscheinen des Artikels verhindern wollen, oder ob Wulffs Version, er wollte nur einen Tag Aufschub erreichen, zutreffend ist.
Durch die Veröffentlichung des authentischen Textes könnten wir Bürger uns ein gutes Bild machen, auf wessen Seite hier die Wahrheit liegt. Und: stimmte Wulffs Version, dann wäre er in Teilen zumindest rehabilitiert, woran er eigentlich großes Interesse haben müßte und dürfte (so auch seine flehendlichen Appelle an die Bevölkerung im TV-Interview ...). Daß er nun einer Veröffentlichung widerspricht, läßt nichts Gutes ahnen ...
3 "Was bin ich doch für eine tolle Person!" ... Immer wieder: falsches Selbstverständnis, falsche Selbsteinschätzung ...
Wir finden diese Selbstverliebten, jene die sich für das Allerbeste, für das (zumindest annähernd) Unfehlbare halten. Jene fleisch gewordenen Ex-Cathedra-Verwalter ... Man muß sich nur in Talkshows begeben, man muß nur "unseren" öffentlichen Vertreter lauschen (ach was, lauschen, sie sind ohnehin "laut" genug ...), also die Unfähigkeit zu Diskurs, meist verbunden mit einer unerträglichen Rechthaberei erleben, um zu wissen, was mit meiner Kritik an mangelnder Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung vieler Menschen gemeint ist.
In intersubjektiver Übereinkunft wird dann diese Selbsteinschätzung fast schon unangreifbar abgesichert. Diese Absicherungen können von vielfältiger Art sein. Auch über Auszeichnungen, die nach allgemeinem Konsens als "wertvoll" und "wertschätzend" empfunden werden.
Beispiel einer Person, ausgezeichnet mit dem "Bundesverdienstkreuz am Bande" und "erster Klasse" (1991 und 2005). Welche Frage aber in diesen Zusammenhängen nur sehr selten oder überhaupt nicht gestellt wird, ist die nach dem tatsächlichen Empfinden und Wirken, das jene Menschen bei den von ihnen abhängigen de facto erzeugt haben. Sicherlich auch eine Frage nach der Quantität (selbstverständlich neben der jeweils subjektiv empfundenen Qualität) der Zustimmenden beziehungsweise Ablehnenden ...
Selbstverständlich sollte auch nie und nimmer die kritische Frage nach dem Bewertungskontext der jeweiligen Auszeichnung unterbleiben (beispielsweise: Wer hat denn diese Auszeichnung schon bekommen, wie häufig wird sie vergeben, was wird denn damit eigentlich gewürdigt, warum erhalten andere mit herausragenden Leistungen für die Gesellschaft diese nicht, wer hat das Vorschlagsrecht, wer hat sich für die Auszeichnung besonders eingesetzt, u.a.m.)!
Grund zu einer Neiddebatte (die es eigentlich in der vom Wortsinn abgeleiteten Bedeutung auf keinem Feld geben sollte!) sind derartige "Auszeichnungen" sicherlich nicht; Grund zum Hinterfragen allemal, sofern man überhaupt bereit ist, jene Lobbezeugungen als Ausdruck tiefer, von einer breiten Allgemeinheit getragenen Wertschätzung zu betrachten.
"Die Interessen und die Förderung von Frauen liegen ihr besonders am Herzen!", so ein Lob in einer Zeitschrift. Klingt gut, aber nur auf den ersten Blick. Denn der Satz geht in keinster Weise auf das Dilemma von Gutmenschentum einerseits und dem tatsächlichen Wirken jener so Gelobten auf der anderen Seite ein. Aber derartige Sätze verleiten zum Überlesen, zum Vermeiden von kritischem Hinterfragen, führen letztlich bereits zu einem Urteil ohne Bemühen um tiefergehende Analyse. Wir kennen diese Wirksamkeit hinlänglich von Schlagzeilen in den Medien, besonders ausgeprägt bei der Boulevardpresse.
Wir sollten derartigen Lobhudelein vorsichtig begegnen, vor allem stets fragen, wer oder was Ursache für diese Lobpreisungen sein könnte.
"Zudem ist es schön, dass ich durch meinen Beruf viele wunderbare Menschen kennenlernen durfte. Auch die vielen Schüler, die heute noch manchmal anrufen und fragen: 'Ich bin in München, können wir uns auf einen Kaffee treffen?' Es ist schön, wenn man für viele Menschen etwas Sinnvolles getan hat. Das soll nicht eitel klingen, aber ich bin stolz darauf, dass meine Bemühungen Früchte getragen haben." (Zitat aus: Physiopraxis - Die Fachzeitschrift für Physiotherapie, 6. Juni 2011, S. 17, vgl. Seiten 13 - 15) So Margit List, die ehemalige Leiterin einer namhaften Physiotherapieschule, auch hervorgetreten als WCPT Präsidentin, über einen Teil erfahrener Zustimmung ihres Wirkens.
Wir haben nun viele Beispiele von Funktionsträgern, vor allem ihm Erziehungsbereich, die sehr schnell aus Einzelfällen eine Gesamtzustimmung generieren, übersehen, daß ein Großteil ihnen eigentlich ablehnend, oder wenigstens kritisch distanziert, gegenüber stehen oder standen und somit ihr Wirken über Gebühr positiv einordnen. Ich selbst habe diese Formen von Narzißmus im Schulwesen immer wieder erlebt, vor allem auch durch euphemistische Beschreibungen einer subjektiv interpretierten Wirklichkeit, die einer um Objektivität bemühten Prüfung nie und nimmer standgehalten hätten. Was aber überwiegend galt: Das Gesetz einer hierarchisch geordneten Rechhaberei, dies getreu dem Motto: Wir liegen richtig, diejenigen die uns kritisieren entsprechend falsch; zudem wird die Große Masse der Schweigenden als Zustimmende interpretiert (was natürlich jeglichem Common Sense widerspricht, wenn man weiß, daß Ängste, Furcht, Feigheit, mangelnde Fähigkeit zur kritischen Durchdringung von Sachbezügen -- um nur ein paar Faktoren zu nennen! -- genau auch eben jene "Schweigsamkeit" erzeugen, die jene "Autoritäten" in ihrem Narzißmis grundlos als Bestätigung erfolgreichen Tuns reklamieren.
Jene Form der Selbstherrlichkeit, Abstinenz (z.B. bei Wahlverhalten!) oder Schweigen als Bestätigung der Richtigkeit ihres jeweiligen Tuns zu sehen, ist unerträglich, in vielen Fällen dreist und wohl auch saudumm. Man muß nicht darüber räsonieren, daß es gerade ein Papst war (Bonifatius VIII), dem jener Satz "Qui tacet, consentire videtur!" zugeschrieben wird, der also diese Art von Einsicht für klug gehalten haben mag: Der Satz selbst gibt diese Verkürzung des Schweigens als Zustimmung eben nicht unbedingt her, denn die Aussage lautet: Wer schweigt, scheint zuzustimmen. Man müßte sich zumindest über die Qualität jenes Anscheins, jenes "Scheint" zuallererst auseinandersetzen, ehe derart voreilig, einem günstig erscheinende und gut in den Kram passende Schlußfolgerungen getätigt werden. (Im folgenden Artikel werde ich diesen Sachverhalt am Beispiel des bayerischen Schulwesens in ausgewählten Aspekten nochmals aufgreifen ...)
Jedenfalls kenne ich niemanden, der (stets) uneingeschränkte Zustimmung erfahren hätte, der (oder die) nicht noch hätte besser werden oder sein können, der (oder die) so wenige Fehler gemacht hätten (oder immer noch machen), als daß nicht eine gewisse Bescheidenheit bei der Gestaltung des Selbstbildes angebracht wäre! Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich plädiere hier keineswegs für das andere Extrem, dieses ebenso eklige "Entschuldige-daß-ich-lebe-Syndrom", welches vielen Menschen eine Teilnahme an einem erfüllten Leben unmöglich macht. Nein, auch hier gilt es die richtige Balance zu finden, nämlich die zwischen dem Gefühl von Minderwertigkeit und dem Wissen um den eigenen Wert (und damit vor allem: um das Wissen um Möglichkeiten des eigenen Reifens und um die Notwendigkeit, sich nicht saturiert zurückzulehnen ...) und eigener Kompetenz sowie Performanz.
Um auf das oben angerissene Beispiel zurückzukommen: Die Frau mag sicherlich viel geleistet haben, große Anerkennung erfahren haben, vielleicht gibt es ja diese "Kaffeeanruferinnen" auch tatsächlich -- ich kenne allerdings einige, die auf die so geschätzte und sich selbst so positiv einstufende Dame, keinerlei Lob ausbreiten können und wollen, die sie sehr kritisch sehen, gänzlich anders als in der Zeitschrift zu entnehmen. Und diese "kritischen Geister" gehörten eben auch in "Betrachtungs- und Bewertungsweisen" einbezogen -- konkret: auch diejenigen, die eben sich nicht kritisch äußern, die nicht um einen Kaffeetreff bitten, etc.
Wie man diese denn erfassen kann, so sie sich doch "nicht rühren"? Berechtigt und notwendig ist diese Frage.
Und die Antwort ist ganz einfach: man arbeite mit dem Gesetz der großen Zahl. Wenn man die große Anzahl jener, die einem wie auch immer anvertraut waren, denen man wie auch immer eine Zeitlang begegnen mußte, mit der Zahl jener zu messen versucht, die einem tatsächlich Lob, Kaffee, Orden, etc. anbieten, dann dürfte die Antwort in Richtung einer Selbstbescheidung und realistischen Einstufen eigenen Wirkens in der Tendenz gut zu gestalten sein. Aber der Mensch neigt nun einmal zu billigen Komplimenten und viele nehmen sie dann auch sehr gerne entgegen, wahrscheinlich je schwächer das Ich desto bereitwilliger ...
Übrigens bin ich selbst häufiger während meiner Dienstzeit und auch nach dem freiwilligen Ausscheiden aus dem Schuldienst immer wieder (auch) "positiv" bewertet worden, habe lobende Briefe erhalten, wurde auch häufiger eingeladen ... Doch niemals wäre ich dabei auf den Gedanken gekommen, daß diese an der Gesamtzahl der mir jeweils unterstellten Personen gemessenen und dadurch doch sehr relativen Positivreaktionen auch nur den geringsten Grund zu einer wie auch immer gearteten Überheblichkeit oder unkritischen Selbstzufriedenheit hätten bieten können!
Sicherlich: Lob tut immer gut, ist auch für eine psychische Gesundheit und als zusätzlicher Motivationsschub notwendig -- das aber auch nur dann, wenn die Handhabung dieses Lobes nicht in unangemessene Selbstgefälligkeit, bar jeglicher kritischer Hinterfragung, ausartet. Akzeptanz von Lob ohne intensive Prüfung des Ehrlichkeitscharakters und der Zielgerichtetheit von Lob wäre doch allzu billig, häufig auch nicht ungefährlich, und für verantwortungsvolle Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen untauglich.
Merke: Frage stets, warum jemand sich lobt, warum jemand andere lobt, weshalb überhaupt gelobt wird, warum gewisse Kreise sich so gerne gegenseitig hofieren ... Ja, ja, statt derart doch in sehr vielen Fällen recht oberflächlichem, vielfach auch scheinheiligem Gesülze locken mich da schon eher und auch lieber die Anstrengungen anzustrebender Ideologiekritik bei der Betrachtung der Dinge und Personen!
4 "Was habt Ihr da wieder gemacht!?" Eine Mutter erscheint aufgebracht in einem Kindergarten (mittlerweile längst nun ja: Kita)
Was nun kommt hätte mich früher sehr verwundert, heutzutage findet man derartige Formen der Minderbemittelung leider allzu häufig als daß man sich noch groß darüber wundern könnte.
In einer Kita im Unterallgäu (sicherlich geographisch, was den Vorfall angeht, bundesweit austauschbar!) erscheint eine Mutter. Sie ist erbost. Sehr erbost. Aufgebracht. Sie mosert die Erzieherin an, ob denn in "Ihrem Kindergarten gespuckt werde". Ihr Sohn hätte sie nämlich "gestern angespuckt". Das habe er zuvor nie getan.
Die Erzieherin verneint, meint daß zumindest diese Art des Umgangs mit anderen ihr hier nicht bekannt wäre, daß sie da auch sofort eingreifen würde, daß sie aber auch nicht weiß, ob nicht irgendwo irgendwann auch ein Kind -- zumindest wenn es sich unbeobachtet wähnt -- mal "spuckt".
Die Mutter ist weiter aufgebracht. Ihr Kind mache so etwas nicht, habe das noch nie gemacht, dieses Verhalten müsse aus dem Kindergarten kommen, das Kind könne es nur hier gelernt haben. Zu einem normalen Gespräch, geschweige denn zu einem Diskurs ist die Zornestante nicht willens (vielleicht auch gar nicht fähig?!).
Alle Erklärungsversuche der Erzieherin fallen bei dieser Mutter -- wer solche Leute kennt, der wundert sich darüber natürlich nicht groß! -- auf keinen fruchtbaren Boden. Vielleicht ist ja auch gar kein solcher vorhanden. Wer weiß das denn schon so genau.
Die Mutter zieht nach längerer Form von Zeitdiebstahl erbost von dannen (also mit und in dem Zustand in dem sie einmarschiert war), geifert noch, daß dies "Konsequenzen haben werde".
Tschüß, ade, Gott habe sie selig -- nun ist sie endlich wieder abgerauscht, voraussichtlich in die durch ihre Kochtöpfe erzeugte Perspektiveingrenzungen.
Wie auch mit derartigen Zeitgenossen verfahren!? (Männer, freut Euch bitte nicht zu früh, auch unter Euerer Spezies gedeihen derartige Blüten ab und an ...). Ist die Frau wirklich unfähig, ihr Kind zu erziehen?
Ein gut erzogenes Kind würde, selbst wenn es "Spucken" in Form von Imitationslernen vorgesetzt bekommen hätte, nie und nimmer die Grenzen derart verwischen können. Es würde gesetzte häusliche Regeln bestimmt beachten -- und wenn nicht, sollte man erwarten können, daß Erziehungsberechtigte / Erziehungsverpflichtete derartig abweichendes Verhalten ad hoc zu würdigen wüßten.
Was läuft denn da in einem solchen Elternhaus alles ab? Das muß man sich schon fragen? Auf die Idee einen Perspektivwechsel im Betrachten von Sachverhalten vorzunehmen, ist dieser Kitaschrecken wohl noch nicht gekommen! Ach, Sie meinen, diese Dame (?) kennt den Begriff nicht? Na denn, dann halt eben nicht. Es werden immer mehr Leute, die allzu vorschnell mit Fremdattribuierung hantieren, sich selbst nie fragen, was sie denn richtig beziehungsweise besser machen könnten.
Sich vielleicht auch einmal fragen (sollten), ob ihr eigener Zögling eben nicht das so gescheite und wohlerzogene sowie hochanständige Kind ist, für das sie mit ihrem Elternbewußtsein und Elternauge es immer halten und darstellen. Es ist nur allzu einfach eigene Ratlosigkeit und eigenes Versagen auf andere abzuwälzen. Dafür gibt es ja genug in Kitas und Schulen beschäftigtes Personal. Nicht wahr, Du erboste Frau? Nur weiter so, bis zum bitteren Ende.
(Ich kannte einmal eine ähnliche Mutter, die ihren objektiv nachweislich frechen, ungezogenen und aggressiven Bengel immer als schuldlos hinstellte, stets waren die anderen schuld, natürlich auch die Lehrkraft, und so weiter ... Als er dann in die siebte Jahrgangsstufe kam, prügelte er bereits seine Mutter ..., nach Schulabschluß -- den er konsequenterweise nur durch Zeitablauf und nicht durch erfolgreiche Prüfungen beim Abschluß zugesprochen bekam, landete er nach wenigen Monaten bereits im Strafvollzug ... Der Treppenwitz bei dieser Geschichte ist jedoch, daß genau jene Mutter einen Zirkel gründete, der unter ihrer Ägide Hilfen beim Umgang mit "schwierigen" Kindern anbot. Oder sollte man doch sagen: better late than never? Ich weiß nicht so recht, mir fehlt der Glaube an die Kompetenz derartiger erfolgloser Erziehungsstrategen ...)
Zurück zur bespuckten Mutti wieder! Ich wünsche allen Erzieherinnen und Erziehern Kraft und Mut, sich derartigen Anschuldigungen erfolgreich zu widersetzen. Vor allem auch wünsche ich ihnen Vorgesetzte, die sich rückhaltlos hinter diejenigen stellen, die solch schwierige aber auch gesellschaftlich notwendige Arbeit leisten. Was ich ihnen natürlich nicht wünsche? Eben -- solche Muttis (und Vatis) ...
5 Barbusig auf den Altar gehüpft ... Mitglied der Protestaktion Femen erregt die Gemüter (nun ja: Man darf gespannt sein ...)
Da hüpft eine junge Frau (20 Jahre alt), nur mit einem Lendenschurz bekleidet, also mit freigelegtem Busen und der Aufschrift "Ich bin Gott", während der Messe am ersten Weihnachtstag auf den Altar des Kölner Doms. Sie reckt dabei die Arme nach oben und wendet sich den Anwesenden zu. Sie ist Mitglied einer Gruppe der Protestaktion Femen *). Die Kritik ist deutlich, die Empörung in breiten Kreisen groß. Volker Beck (auch der "religionspolitische Sprecher" der Grünen) benennt das Verhalten als respektlos und "eine unnötige Störung der Gläubigen beim Gottesdienst". Alois Glück (Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken) kritisiert das Verhalten als "verletzend" und "respektlos". Sicherlich kann man diese beiden Sichtweisen teilen. Mit einer für Klerikale zumindest in der Rhetorik nicht unüblichen, gewiß gezielt gewählten Diktion bezeichnet Kardinal Meisner sie als "eine arme, kranke Frau". Vielleicht gar eine nicht gerade unübliche Art Eigenwerbung in Sachen Güte und Mitmenschlichkeit (Stichwort: Gutmenschentum)?
Die Frau soll übrigens bereits auf der Hannover-Messe gegen Wladimir Putin demonstriert haben und in Tunesien wegen barbusiger Proteste mehrere Monate im Gefängnis gesessen haben. Macht man das einfach so nur aus "Krankheit" heraus? Bestimmt eher nicht!
Gegen die Frau wurde Anzeige wegen "Störung der Religionsausübung" und wegen "Hausfriedenbruch" erstattet. Für die Störung der Religionsausübung kann es in der BRD eine Geldstrafe oder eine Haftstrafe bis zu drei Jahren geben. So der Strafrahmen.
Man darf gespannt sein, wie nun diejenigen reagieren, die sich über das Verhalten russischer Kräfte gegen Pussy Riot seinerzeit so empört haben ... Vielleicht macht es für jene dann gar einen "großen" Unterschied, ob das, was bei uns hierzulande als "Störung des Religionsfriedens" bezeichnet wird und "unbedingt geahndet gehört", andernorts wieder "etwas ganz anderes" ist, harmlos, hinzunehmen, auf dessen Folgen man mit dem bundesdeutschen Finger der Empörung ob der Bestrafung zeigen darf und muß. Wie gesagt, man darf gespannt sein!
Und ob es sich wirklich um "eine arme, kranke Frau" (gehört dazu nicht eher Mut als die von Meisner diagnostizierte "Krankheit" als Handlungsfundament?) da handelt, sollte sich Kardinal Meisner mit seiner schon sehr pastoral anmutenden Diktion besser noch einmal sehr gut und gründlich mit Blick auf eigenes Tun und eigene Befindlichkeit überlegen. Vielleicht galt ja der Protest genau seinen häufig in der Öffentlichkeit verkündeten Vorgaben und Feststellungen, seiner häufig allzu dogmatisch erscheinenden Rechthaberei und den Versuchen einer faktischen Bevormundung Andersdenkender in unserem Land. Wahrscheinlich macht er es sich zu leicht, vorschnell in diese medizinischen Diagnose zu flüchten. Was ihm nicht vorstellbar (er-)scheint, dünkt ihm als krank? Auch eine Form von Diskussionsverengung, auch ein Zeichen für Pflege der Politischen Korrektheit --mit der wir aber in der Klärung von Problemlagen gewiß nicht weiter kommen können!
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bezweifle nicht, daß ein Nacktheit auf dem Altar religiöse Gefühle verletzen kann. Andererseits muß Protest, will er zumindest ein klein wenig wirksam sein, schon an der Stelle erfolgen, wo er entsprechend wahrnehmbar werden kann. Die Frage ist: Inwieweit gilt es diese Dichotomie auszuhalten? Die Antwort darauf werden wohl die Gerichte geben. Die Wertentscheidung, die solches Verhalten letztlich regelt und bewertet, erfolgt natürlich auch durch die Gesellschaft, mittlerweile sicherlich durch "Political Correctness" limitiert, damit unvollkommen und vor allem unvollständig, oberflächlich, von vielen Fakten abstrahierend. Aber beim Blick über den Zaun heißt es dann: gleiche Maßstäbe anzulegen.
Und kann einen wirklich Gläubigen diese Form der Nacktheit mit dem Ziel, an Ungereimtheiten (um es gelinde auszudrücken!) zu erinnern und Besserung einzufordern, wirklich ernsthaft in seinen religiösen Gefühlen verletzen? Wird der Glaube in unserem Kulturkreis nicht durch viel gefährlichere Entwicklungen bedroht? Darüber sollten die Kritiker des sicherlich unorthodoxen Verhaltens (aber ein solches zeigten ja die Frauen in der Folge der 68er Entrüstungen durch Entblößung ihrer Busen vor Gericht auch einmal und sorgten für die entsprechende Irritationen -- und es hat schließlich ja auch etwas bewegt! Außer nur den Blick für Schönheit und Ästhetik ...) auch einmal gründlich nachdenken.
Nota bene: Ich fand es ja schön anzusehen -- mal etwas anderes. Ich weiß, ich weiß ... Die Empörungsmaschinerie ob meiner Schlußfeststellung ist gut geölt. Mein Blick auf viele Hintergründe aber auch ...
*) Der Begriff "Femen" leitet sich von dem alt.lat. femen, feminis ab, ist bedeutungsmäßig identisch mit dem ebenfalls lat. femur, feminis = Oberschenkel. Die Bewegung wurde in de Ukraine gegründet, richtet sich vor allem auf Protest gegen die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen. Um die nötige öffentliche Aufmerksamkeit auf breiter Basis zu erzielen, haben sie sich unter anderem zu Oben-ohne-Präsentationen entschieden. Als Unterdrückungsinstrumentarium werden von Femen auch die Kirchen gesehen. So hat eine der Protagonistinnen von Femen, Inna Schewtschenko, seit April 2013 politisches Asyl in Frankreich erhalten, in einem Interview sinngemäß erklärt, das einzig Gute an den Kirchen sei, daß sich ihr Schlechtes sehr schnell zeigt, die Leute sich dann dadurch von den Kirchen abwenden, folglich immer weniger Menschen sich von den Kirchen vereinnahmen lassen und das Problem "Kirche" sich in absehbarer Zeit von selbst lösen wird. Wenn sich die Dame da mal nicht irrt ...
UND WIE GING DIE GESCHICHTE NUN AUS? EBEN FOLGENDERMASSEN: "Das Amtsgericht Köln verurteilte eine Femen-Aktivistin zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20 Euro, weil sie während des vom ehemaligen Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner im Kölner Dom abgehaltenen Weihnachtsgottesdienstes im Jahr 2013 nach Beginn des Gottesdienstes weitgehend unbekleidet auf den Hauptaltar sprang, um von dort lautstark politische Erklärungen in den Kirchenraum zu rufen. Auf ihren nackten Brüsten trug sie dabei den Schriftzug 'I am God' " (Amtsgerichte Köln, Aktenzeichen 647 Ds 240/14, Urteil vom 3. Dezember 2014)
6 Die eine Moral gegen eine gänzlich andere "Moral" ... (Was einem Unternehmer auch so alles widerfahren kann; wünschenswertes Motto: das darf doch nicht wahr sein ...)
Zumindest aus der Werbung mit dem Affen dürften Trigema und der Unternehmer Wolgang Grupp aus Burladingen bekannt sein. Ein Mensch, der konsequent und erfolgreich, gleichzeitig aber auch seinen Mitarbeitern gegenüber verantwortlich, seinen Weg verfolgt. Aber das bedeutet noch lange nicht, daß andere Seiten dies immer zu schätzen wissen, hier genau: ihn dieses sozial verantwortliche Verhalten ungestört, sozusagen ohne satanische Verlockungen, beschreiten lassen können. Aber vielleicht zunächst etwas mehr über die sicherlich (zumindest aus meiner Sicht) ethisch und moralisch bewundernswerte (dies deshalb, weil es in unserer Gesellschaft leider eben nicht mehr so ganz selbstverständlich ist!) Haltung dieses Unternehmers. Grupp gab Auskunft darüber, wie er über soziale Gerechtigkeit, über den Mindestlohn, über das bedingungslose Grundeinkommen sowie über das Phänomen der Eigeninsolvenz u.a. denkt. So fordert Grupp die Politik auf, "endlich zu handeln, damit die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch größer wird." (web.de online, 16. Mai 2018) Und so antwortet er auf die Frage, wie sozial er denn als Unternehmer sei, wie folgt: "Das muss man von zwei Seiten betrachten: Als Unternehmer bin ich zunächst einmal nicht sozial. Ich bin Egoist und will Geld verdienen. Ich habe aber gemerkt: Wenn ich Geld verdienen will und es mir gut gehen soll, dann muss es meinem Umfeld auch gut gehen. Das heißt, ich muss unbedingt sozial sein. Denn je anständiger ich mit meinen Mitarbeitern umgehe, desto besser arbeiten sie für mich. Geben und Nehmen – das ist meine Logik. Wenn mir ein Angestellter konstant zur Seite steht, dann ist er bei mir gut aufgehoben. Das heißt, sein Arbeitsplatz ist sicher. Und ich stehe ihm zur Seite, wenn er ein Problem hat. So halte ich es in meinem Unternehmen seit 49 Jahren." Er zahle einer Näherin zunächst einen Einstiegslohn in Höhe von 9,80 Euro und wenn sie gute Leistungen zeigt, werde dieser Betrag bereits nach einigen Wochen erhöht. Er sieht dieses Verfahren als Leistungsanreiz. Ungerecht findet Grupp es, daß Geringverdiener hierzulande aufstocken müssen, sprich staatliche Hilfe benötigen obwohl sie vollzeitig tätig sind. Er betrachtet es als "Schande für uns Unternehmer", daß man in Deutschland überhaupt einen Mindestlohn einführen mußte und kommentiert dies u.a. folgendermaßen: "Wenn eine Firma jemanden beschäftigt, dann muss sie ihn auch entsprechend bezahlen. Egal, welchen Beruf er ausübt – selbst wenn derjenige Papierkörbe leeren muss. Und wenn ein Paketdienstleister seine Paketboten nicht gut bezahlen kann, muss er sich eben überlegen, das Porto zu erhöhen." Die Politik müsse endlich erkennen, daß ihre Maßnahmen zu Ungerechtigkeit führen, denn es darf nicht sein, daß "Firmen Insolvenz anmelden können und die Gläubiger und Arbeitnehmer dafür zahlen müssen". Seine Haltung gegenüber Unternehmertum macht er sehr deutlich: "Wir brauchen unbedingt die Haftung und Verantwortung zurück in unserer Gesellschaft: Wer mit Millionen pokert und Gewinne macht, kann Multi-Millionär werden. Okay. Aber wer verliert, muss auch wissen, dass er der Erste ist, der dafür bezahlt. (...) Solange man problemlos Insolvenz machen kann, in dem man vorher rechtzeitig alles zur Seite geschafft hat und Arbeitnehmer und Steuerzahler die Zechen bezahlen müssen, kann mit diesem Wirtschaftssystem etwas nicht in Ordnung sein. Es ist doch nur logisch, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. Es verwundert doch sehr, dass Kanzlerin Merkel im letzten Jahr gesagt hat, es dürfe nicht sein, „dass die Steuerzahler für unternehmerische Risiken haften“ – und gleichzeitig will die Politik das Insolvenzrecht aufweichen."
Wolfgang Grupp ist der Aiffassung, daß bei entsprechender Haftungsgrundlage "auch die Gier und Größenwahn eingedämmt" wären, denn ein jeder, der gerne zockt, würde dann eben auch etwas besser und umsichtig aufpassen.
Schön und wünschenswert wäre es, wenn alle Unternehmer hierzulande zumindest ein wenig mehr in diese Richtung tendieren würden beziehungsweise mehr zu einer solchen Orientierung gezwungen wären. Leider ist die Wirklichkeit davon meilenweit entfernt ... Wie es hier im Lande entgegen aller erhoffter Moral, entgegen verantwortungsvoller ethischer Ausrichtung jedoch (zumindest teilweise) wirklich laufen kann (und läuft), dafür bietet Wolfgang Grupp ein sehr nachdenkliches Beispiel: "Das müssen sie sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Ich erhalte ein Schreiben von einer Anwaltskanzlei, die sich um Insolvenzen kümmert. Ich sollte mir doch überlegen, Insolvenz anzumelden, weil ich dadurch reicher werden würde. (Fettdruckhervorhebung, d.V.) Das darf doch nicht wahr sein. So lange die Politik so etwas gewähren lässt, dürfen wir uns über nichts mehr wundern." Gut, bei Herrn Grupp bissen jene Verführer Gott sei Dank auf Granit. Aber wie schaut es denn anderswo dann aus? Zumindest in meinen Augen scheint es sich hier sehr wohl um eine mögliche Art von Geschäftsmodell zu handeln, es klingt eher nach einer durchaus auch üblichen Praxis -- dieser Schluß liegt für mich auch deshalb nahe, weil offensichtlich keine Hemmungen bestanden hatten, jenes "Angebot" bzw. diese "Aufklärung" zu unterbreiten. Was eigentlich als "dreist" empfunden werden sollte, scheint hier eher als "normale" Beratung verstanden worden zu sein, keinerlei Skrupel oder Furcht vor Bekanntwerden. Wenn es so ist -- und der Anschein ist zumindest gegeben --, dann hat die Politik hier wieder einmal mehr die falschen Weichen gestellt! Die hier einschlägig tätig gewordene Anwaltskanzlei hat sich hier sicherlich "nur" auf die geltende Rechtslage berufen und ihr Tun an den eigenen ökonomischen Interessen ausgerichtet.
Warum schafft die Politik es nicht, derartigen Machenschaften (wie sie hier laut Grupp von einer Anwaltskanzlei betrieben wurden) einen Riegel vorzuschieben?! Weshalb werden hier nicht tatsächlich wirksame Gesetze verabschiedet, Gesetze, welche die Kluft zwischen Sonntagsreden und einschlägigen Versprechungen einerseits und Zuwinderhandlungen auf der anderen Seite effektiv schließen?! Ein derartiges unfaßbares Angebot zeigt doch leider auf, wie hehres Denken und frommes Wünschen in der Realität doch auf einer kontraproduktive Praxis treffen, sehr zum Nachteil von Anständigkeit und Ehrlichkeit! Wer nach dem Grund von Politikverdrossenheit sucht, der oder die dürfte hier ein weiteres Mal sehr fündig werden ...
7 So einfach wie vielfach euphorisch behauptet wurde (und von Teilen immer noch wird) scheint es mit der Integration halt doch nicht zu sein ...
(Wie die Wirklichkeit allein schon im Schulsystem die Dilemmata aufzeigt, allerdings nur für jene, die Wirklichkeit auch als notwendigen Ausgangspunkt für Handeln wahrnehmen wollen / können ...)
Diese Aussage trifft natürlich zu. Wir erinnern uns, wie von führenden Stellen zu Beginn der enormen Flüchtlingswelle fast alle Probleme klein geredet wurden. Verharmlosung und euphorische Beschönigungen gingen Hand in Hand. Wer sich als skeptisch oder gar ablehnend zeigte, wurde von all denjenigen, die sich als "gut" verstanden, die sich mit einer angeblichen Willkommenskultur bekränzten, die das alles als (problemlos) machbar und handhabbar definierten, diffamiert, häufig gar in die "rechte Ecke" (das funktioniert hierzulande leider immer, ohne daß die wirklichen Gründe für Bedenken oder Ablehnung berücksichtigt werden!) gestellt. Diejenigen, welche da nicht so mitjubeln konnten (sei es aus gutem Grund, sei es aus "nur" gefühlten Bedenken), waren da häufig die "Ewiggestrigen", die "Herzlosen", die "Inhumanen", die "Rücksichtslosen", um nur einige der abwertenden Attribuierungen zu nennen. Dieses demagogische Spiel wurde vielfach von der hohen Politik über die niedrigeren Chargen bis hin zu den sich für ethisch-moralische Fragen besonders zuständig haltenden Stellen betrieben.
Was auffiel, was hätte auffallen sollen: All die bisherigen und sehr fundierten Erkenntnisse über Enkulturation und Sozialisation wurden plötzlich beiseite gewischt (dies natürlich nur von jenen, die überhaupt mit dieser Problematik vertraut sind, die große Masse, versteht davon ohnehin viel zu wenig!), es wurden Dinge als "leicht machbar" definiert, die es sui generis überhaupt nicht sind, nicht sein können. Wer hat denn damals schon nach den Bedingungen der Möglichkeiten gefragt? Wer hat sich der Mühe unterzogen, zunächst einmal die wirklichen und notwendigen Ziele einer (vielleicht) gelingenden Integration zu benennen und dann in der Folge die Voraussetzungen dafür zu explorieren? Wohlgemerkt: es geht hier erst einmal überhaupt nicht um eine Kosten-Nutzen-Analyse o.ä.! Es geht zunächst einmal darum, wie wirkliche Menschlichkeit, wie ein echter Humanismus auf einer recht elementaren Ebene überhaupt umzusetzen ist. Aber dazu hätte es der Fähigkeit und des Willens zum Diskurs bedurft. Zu einem solchen war und ist unsere Gesellschaft jedoch leider nicht in der Lage. Diese Unfähigkeit zu diskursiver Eröterung hat vielfache Ursachen, neben fehlender Bildung, einschlägig gepflegter Ignoranz dürfte vor allem auch u.a. die Praxis der geübten politischen Korrektheit zu nennen sein. Statt Rationalität auf der Basis eines umsetzbaren Humanismus ergab man sich hier dem reinen Wunschdenken mit all den daraus resultierenden Nachteilen und Fallstricken.
Wie bekannt, kam das Erwachen schnell, die Wirklichkeit holte selbst die Träumer dann ein (freilich haben so manche Profiteure aus der Flüchtlings- und Asylproblematik weiterhin ihr ureigenes Süppchen gekocht, mögen die Gründe finanzieller oder auch "nur" ideologischer Art sein!). Und die Politik wurde schließlich auch dann hellwach, als sie nicht mehr darüber hinweg sehen konnte: die eigenen Machtfelle sind stark gefährdet. Plötzlich kam auch aus jenen Mündern, die vorher Machbarkeitsphantasien und Beschwichtigungstiraden lauthalt pflegten, ein ganz anderer Tenor ... Völlig neue Töne, man redete plötzlich rein inhaltich auch denjenigen nach dem Maul, deren Bedenken man zuvor geflissentlich überhört hatte. Aber es war leider schon zu spät: zumindest quantitativ nennenswerte Gruppierungen hatten sich (noch mehr) vom "Staat" abgesondert, fühlten sich von der Politik und anderen Repräsentanten (wie z.B. Kirchen, Gewerkschaften) nicht mehr vertreten, organisierten ihr Eigenleben, ihre eigenen Formen von Interessenwahrnehmung. So gesehen ist es aus meiner Sicht höchst pharisäerhaft, wenn die bislang hier "führenden" Parteien das Aufkommen anderer Gruppierungen wie AfD und Pegida lauthals (und wohl auch vielfach hilflos sowie unsachlich) beklagen, denn all jene, welche die Stimme des Volkes bzw. großer Teile der Bevölkerung nicht (hinreichend) ernst genommen hatten, welche die Nöte und Ängste großer Teile der Bevölkerung mehr oder weniger ignorierten, sind ursächlich für das Erstarken anderer Kräfte verantwortlich!
Dabei wäre es ein leichtes gewesen, sich ergebende und drängende Probleme zu erkennen, somit vielleicht auch rechtzeitig und wirksam angehen zu können. Aber man wollte es wohl einfach nicht, dachte wohl ein "Weiter-so!" würde schon funktionieren. Wer so dachte und denkt, ist zumindest kontraproduktiv gutgläubig, wohl aber auch extrem töricht, eben einem zerstörerischen Wunschdenken verhaftet. Euphemistische Betörungen und Beteuerungen waren und sind alles andere als hilfreich!
Auch jene, die in diesen schwierigen Zusammenhängen immer sogleich die Moralkeule schwangen und schwingen, entpuppen sich häufig als alles andere als moralisch und ethisch höherwertig. Man denke nur an die Fachkräftediskussion! Da wird hier lauthals gefordert, man müsse eine Art Fachkräfteeinwanderungsgesetz schaffen, damit "funktionierende und der Gesellschaft dienliche" Kräfte ins Land kommen. Ein Land, in dem man jahrelang Potenzial hat brach liegen lassen, in dem man der Nachwuchsförderung zumindest nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hat, möchte nun angesichts des Facharbeitermangels wertvolle Kräfte aus jenen Ländern abziehen, die zum Aufbau ihrer Gesellschaft und Wirtschaft genau jene Kräfte dringend benötigen. Das ist zutiefst unmoralisch, es ist zudem auch deshalb verlogen, weil man hierzulande immer wieder die Notwendigkeit der Fluchtursachenbekämpfung betont, um nicht von Migranten überrannt zu werden. Es ist richtig: Wir müssen verdammt mehr für diese ärmeren, noch nicht so entwickelten Länder leisten! Hierzu gehört aber neben viel höheren finanziellen Beiträgen der reichen Länder zur Entwicklunghilfe auch der Verzicht auf Abwerbung wertvoller Arbeitskräfte. Daß wir obendrein mit den Märkten in jenen Ländern verantwortungslos, also alles andere als partnerschaftlich o.ä., umgehen, sei an dieser Stelle zusätzlich erwähnt. Letztlich handelt es sich bei all jenen praktizierten Ungereimtheiten um eine Art Ausbeutung in allenfalls moderneren Gewändern ...
Wir dürfen also auf gar keinen Fall tüchtige und qualifizierte Arbeitskräfte von Entwicklungsländern abwerben, weglocken! Wir dürfen es aber auch nicht dulden, daß junge, kräftige Bürger aus jenen Ländern von dort zu uns fliehen und dort nicht mehr zum Aufbau zur Verfügung stehen! Wir müssen zusätzlich durch Qualifizierungsmaßnahmen dafür sorgen, daß jene Länder wieder ausgebildetes Personal zur Eigenentwicklung er- und behalten! Und Unzulänglichkeiten sowie Ungereimtheiten in unseren eigenen Arbeitsmärkten sind überwiegend hausgemacht und entsprechend dann auch hier zu verantworten und zu beheben, aber nicht auf Kosten anderer Länder.
Es hieß ja zu Beginn der rasanten Fluchtbewegung, hierher kämen überwiegend "gut ausgebildete" Kräfte. Recht bald mußte man dann auch seitens Politik eingestehen, daß dem doch nicht so war und ist. So man diesbezüglich nicht von Anfang an bewußt getäuscht hatte, machte sich sehr schnell eine Ernüchterung breit. Ganz im Gegenteil: es wurden für zumindest gründlich denkende Menschen leicht absehbare Schwierigkeiten, Belastungen jedweder Art von maßgeblichen Stellen schlicht nicht zur Kenntnis genommen, häufig gar die Möglichkeit deren Eintretens bestritten ...
Es ließe sich hier eine schier unendlich lange Liste jener Ungereimtheiten im Denken und Handeln, im Ignorieren von Wirklichkeit aufzeigen, stellvertretend seien einige wenige beispielgebende Sachverhalte kurz angesprochen. Ich möchte mit einem Beispiel aus dem Bildungsbereich, also aus jenem Bereich, aus dem bei uns der so vielfach beschworene "Rohstoff" kommen soll, beginnen. Es ist nämlich ein eklatanter Widerspruch zu sehen zwischen dem was unsere "hochkomplexe" und "aufgeklärte" wie "innovatorische" Gesellschaft leisten können muß um weiter jenen hochtrabenden Ansprüchen gerecht werden zu können und dem, was die maßgeblich dafür zuständigen Institutionen, die Schulen, überhaupt tatsächlich noch zu leisten imstande sind.
Unbestritten wurden Anforderungen hinsichtlich Leistungen in den zurückliegenden Jahren sukzessive gesenkt (dies zeigt sich an den Prüfungsanforderungen und den Bewertungskriterien wie Noten und sogenannten Feedback-Gesprächen, in denen letztlich alles andere als zielführend -- so das Ziel eine qualitativ sehr hochwertige Bildung und Ausbildung sein sollte! -- gewirkt wird), dagegen nahm der Anteil der Unterrichtsstörungen, der abweichenden Verhaltensweisen (dies der beschönigende Ausdruck eines ehemaligen bayerischen Pädagogikprofessors für Disziplinlosigkeiten, Angriffen verbaler als auch körperlicher Art und multiplen Weigerungen den schulischen Pflichten nachzukommen) extrem zu. Natürlich wird dies von Politik und Verwaltung immer wieder gering geredet, vor allem auch dadurch, daß mit Floskeln suggeriert wird, man befinde sich auf der Höhe der Anforderung, bewege sich zügig auf "Industrie 4.0" zu (inwieweit dies überhaupt ein Grund für Jubel wäre, wenn es denn wirklich so ist, bliebe übrigens erst einmal noch zu untersuchen ...) und habe moderne Antworten in einem modernen Bildungssystem.
Wer diesen Sonntagsreden Glauben schenken mag, der oder die sollte vor allem die seit Jahren jene Worte Lügen strafenden bestehenden (und zunehmenden) Klagen aus Handel, Industrie und Handwerk sowie weiterführender Bildungseinrichtungen endlich zur Kenntnis nehmen: Nichtbeherrschung der Grundtugenden, Fehlen von Basisqualifikationen, Ausbildungsunfähigkeit, mangelnde Studierfähigkeit (extrem hohe Abbruchquoten belegen dies natürlich, wenngleich hier dann sogleich wieder jene "Experten" auf der Bühne erscheinen, die mit externaler Attribuierung der Ursachen jonglieren ...) Daß dann sehr häufig Zeugnisse mit ihren guten Ziffernnoten (bekanntlich sind jene ordinal skaliert und trotz des Anscheins nicht äquidistant!) und den daraus (mathematisch gesehen unsinnigerweise errechneten Durchschnitten!) Verwunderung auslösen, weil deren Aussagen mit der dann tatsächlich gezeigten Kompetenz und Performanz so ganz und gar nicht in Einklang stehen, sollte eigentlich wenig überraschen! Einfacher ausgedrückt: Es besteht der Trend, daß Zeugnisse viele Inhaber besser darstellen als sie realiter sind. (Man denke nur einmal an die Zunahme der Abiturabschlüsse mit 1.0 ...; dies dann mit dem Studierverhalten vergleichen und schon wüßte man, woran man mit diesem "Bild der Bildungswirklichkeit" tatsächlich ist.
Dabei wird es (nicht nur medial vermittelt, es genügte, einfach Augen und Ohren offen zu halten und die eigenen Sinne zu bemühen!) tagtäglich deutlich, daß unser gegenwärtiges Bildungssystem krank ist, zumindest stark kränkelt. Zu viele Aufgabenstellungen (darunter auch eine Anzahl falscher, weil überhaupt nicht an Schule leistbar!), zu wenig Personal, fehlende notwendige Infrastruktur, nicht mehr handhabbare Heterogenität in vielen Klassen, kontraproduktive häusliche Erziehung (sofern dort in vielen Familien überhaupt noch eine stattfindet!), häufige Diffamierung des Lehrpersonals, mehr Schein als Sein (hier haben allerdings falsche Prioritätensetzungen innerhalb von Schulen und durch Aufsichtsorgane auch ihren gehörigen Anteil, meistens weil man nach oben und nach außen nicht negativ auffallen möchte und deshalb vorhandene Probleme mit irgendwelchen Aktionismen zu übertünchen versucht!) und so weiter. Dahinter und als Grund für andere Problemlagen steckt mehr oder weniger ausgesprochen immer noch die völlig falsche Vorstellung, wonach Schule der Reparaturbetrieb unserer Gesellschaft sein soll. Aber genau das kann Schule unmöglich leisten, allenfalls kann sie einen kleinen Beitrag zur Besserung der Verhältnisse leisten, wofür es allerdings dann anderer Voraussetzungen und adäquater Ausstattung bedarf! Sehen wir uns nun einmal etwas in der konkreten Praxis um ...
So haben Lehrkräfte einer Berliner Grundschule (Bezirk Neukölln) öffentlich auf Mißstände an ihrer Schule aufmerksam gemacht, dies auch in einem "Brandbrief" an die zuständige Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Es werden die Zustände an dieser Schule beklagt. Das Schreiben wurde von 33 Lehrkräften und Sozialarbeitern der Sonnen-Schule verfasst und auch dem Berliner Tagesspiegel zugespielt. Es werden chronischer Personalmangel, Mißstände durch gescheiterte Inklusion (eine zusätzliche, bundesweit m.E. zu wenig durchdachte Zusatzaufgabe für Regelschulen, deswegen ist da auch bereits ein Scheitern im Konzept angelegt!) und sozial auffällige Problemschüler beklagt. Der Einwandereranteil beträgt nach diesen Klagen rund 90 Prozent, das Viertel ist von Einwandererkindern geprägt. So soll sich auch die Rektorin dieser Schule beklagt haben, daß moslemische Kinder dort feindlich auf Kreuze reagierten und die Eltern darauf bestünden, daß ihre achtjährige Tochter im Schwimmunterricht einen Burkini trage. Es sei auch schon vorgekommen, daß von jenen Kindern selbstgebastelte Puppen, deren Gestell aus einem Holzkreuz bestanden habe, zerstörten. Sogar auf die Koordinatenkreuze im Mathematikunterricht würde in jenen Kreisen mit Ablehnung reagiert. Ein Mädchen sei von einer Mitschülerin als "schlechte Muslima" bezeichnet worden, weil sie im Unterricht gesungen habe. Vor dem Hintergrund laufe der eigentliche Schulbetrieb, besonders der Unterricht eher "nebenher". Für mich leicht nachvollziehbar ist die Kritik der Rektorin auch, was die "Inklusion" angeht. Denn diese ist unter den gegebenen Umständen blanke Theorie, kann in der schulischen Wirklichkeit überhaupt nicht wie gefordert geleistet werden. Dazu fehlen halt wesentliche Voraussetzungen. Hier hat man einmal mehr das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, statt zunächst genau zu klären was "Inklusion" überhaupt sein soll, wie sie sich manifestiert, und dann aber auch noch -- ganz wichtig und unverzichtbar! -- die Bedingungen für ihre Möglichkeiten zu untersuchen. Vielleicht an dieser Stelle aus meiner Sicht nur kurz:.Es fehlen die notwendige Infrastruktur, die notwendige personelle Ausstattung, aber auch eine individuelle Berücksichtigung der jeweils psychischen Situation von Inklusionsschülern ist nicht zielgerecht erfaßt worden!
Die Pädagogen fassen all die gegebenen Probleme an ihrer Grundschule laut Tagesspiegel so zusammen: "Neben diesem Problem treibt die Pädagogen die Forderung der Politik nach „unbegrenzter und alternativloser Inklusion“ um, die laut den Lehrern unter diesen Bedingungen nicht gelingen könne. Der normale Schulbetrieb laufe nur noch „nebenher“. Um „extrem von Gewalt, Mißbrauch, Vernachlässigung, Lernstörung, Schulversagen bedrohten Kindern beizustehen“, müßten Formalitäten bewältigt werden, „die nichts mit unserem Lehrauftrag zu tun haben“. Laut eigenen Angaben sind 90 Prozent der Schüler an der Sonnen-Grundschule nichtdeutscher Herkunft und stammen aus rund 20 Nationen."
Auch wird die Bildungssenatorin im Brandbrief davor gewarnt, angehende Lehrer gegen deren Willen an die Schule zu versetzten, denn dies wäre "fahrlässig". In Berlin sorgte vor kurzem ein ähnlicher Fall an der Schöneberger Spreewaldschule für Schlagzeilen: dort habe es in einem Jahr 25 Gewaltvorfälle gegeben, darunter laut den Angaben der dortigen Rektorin auch Morddrohungen, tätliche Angriffe und Vandalismus.
Generell trifft für Berliner Grundschulen ein Einwanderungshintergrund für viele Schüler zu. An knapp der Hälfte jener Schulen betrage der Anteil von Schülern mit ausländischen Wurzeln mehr als 50 Prozent, so die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Herbert Mohr (in Zahlen: an 158 von 359 Berliner Grundschulen hat mehr als die Hälfte der Schüler einen Migrationshintergrund).
Es geht mir hier nicht darum, irgendwelche Menschen von irgendetwas auszugrenzen. Es geht schlicht und einfach nur um die Feststellung, daß unter derart gegebenen Voraussetzung eine von oben immer wieder geforderte und angekündigte Integration auf der Basis dessen, was in unserer a) Leistungsgesellschaft und b) Demokratie für ein eigenständiges, selbstverantwortliches Leben gefordert ist (hinzu kommen vor allem als Stichworte: Mündigkeit und Toleranz!) von der Schule einfach nicht zu leisten ist. Schon gar nicht in dem begrenzt zur Verfügung stehenden Zeitrahmen, denn Schule sollte ja nicht "ewig" dauern sondern baldmöglich (die hierfür formalen Setzungen dürften ja allgemein bekannt sein!) in Berufsbildung und Erwachsenenleben überführen. Nun ist das hier genannte Beispiel jener Berliner Grundschule nicht typisch für den gesamten Schulbetrieb, aber immer mehr ähnliche Beispiele mit derartigen Problemlagen finden sich mittlerweile nicht nur auch in anderen Großstädten sondern auch dort, was gemeinhin mit "auf dem Lande" bezeichnet wird. Es werden hier von maßgeblichen Stellen (und natürlich auch von anderen Vereinfachern) die Einflüsse und Rigidität von bereits erfolgter Enkulturation sowie Sozialisation leider außer Acht gelassen; es wird nicht erkannt, daß jene Kinder hier nicht plötzlich als eine Art von "tabula rasa" erscheinen, sondern bereits als -- wenn auch kindliche bzw. jugendliche -- Persönlichkeiten. Hinzu kommt, daß ihr soziales und familiales Umfeld es nicht gerade erleichtern dürften, plötzlich mit (als teilweise völlig anders empfundenen) neuen Tugenden und Haltungen, wie sie eben in unserem Kulturkreis zumindest weitgehend üblich und bekannt sind (diese Aussage impliziert natürlich, daß es auch Problemfälle bei jenen geben kann, die eigentlich in unserer Kultur bereits aufgewachsen sind ...), reibungslos vertraut zu werden. In diesem Zusammenhang spielen natürlich auch Identitätsaspekte eine große Rolle. Man kann (und darf) nicht einfach eine gelebte Vergangenheit auslöschen, denn damit nimmt man Menschen ein Stück ihres gelebten Lebens, ein Stück ihres Werdens. (Diese Problematik haben sehr viele Ostdeutsche sicherlich nach der Wende erfahren / erleiden müssen, wenn ihnen mehr oder weniger zu verstehen gegeben wurde, ihr "Früher" war alles bzw. weitgehend schlecht und die BRD-Realität ist das Gute, das Richtige.) Es wird also die "Hartnäckigkeit / Beständigkeit" von erfolgten Enkulturations- und Sozialisationsprozessen nicht erkannt bzw. geleugnet -- dies gegen jegliche wissenschaftliche Erkenntnis! Man sollte um diese Problematik schon wissen, vor allem wenn man sich auf Entscheidungsebenen bewegt.
Um es nochmals und sehr kurz zu sagen: Das was als Vielfalt (von mir aus auch mit dem schwammigen, verharmlosenden "Mulitkulti") vielerorts gepriesen wird, ist weniger bunt als schwierg, ist (zunächst einmal) weniger bereichernd als immens belastend, wenn man eine Gesamtbilanz aufmacht (die übrigens auch jene zu erfassen hat, die Schwierigkeiten machen und sie haben -- was beileibe nicht dasselbe ist!) Und die zeitliche Komponente darf dabei -- will man eine ehrliche Analyse leisten -- nicht unberücksichtigt bleiben. (Es macht ja wenig Sinn weder für ein Individuum noch für die Gesellschaft, wenn jemand erst in fortgeschrittenem Alter, sagen wir ab 30 ff., den Status und Stand erreichen sollte, den andere in aller Regel schon mit 16-18+ ausweisen.)
Leider gibt es gerade was unser Bildungswesen angeht auch jede Menge hausgemachte Defizite! Vielleicht sind jene sogar höher zu gewichten, weil sie "hausgemacht" (hier: durch native Sozialisation und Enkulturation bedingt) sind. Die Entwicklung innerhalb unserer Kultur verläuft nämlich alles andere als zuversichtlich stimmend, wenn man auf den "Rohstoff Bildung und Mündigkeit" abhebt.
Fremdbestimmung wird beispielsweise besonders deutlich im Freizeitverhalten und im Massenkonsum. Nur da gibt es wenig Aufbegehren sondern eher ein bereitwilliges Unterordnen und Mitlaufen; in Schule und Arbeitswelt jedoch sofort mehr oder weniger massive Renitenz, wenn eigentlich notwendige Tugenden wie Ordnung, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Einsatzbereitschaft, selbständiges Denken, Eigeniniative, Genauigkeit etc. abverlangt werden. Hochtrabend mag man in gewissen Kreisen von erfolgter "Kulturrevolution" sprechen (hier werden dann freilich Aspekte wie Mündigkeit, Kritikfähigkeit, Engagement von jeweiligen Interessenlagern sehr schnell und leider allzu häufig einer ideologischen Ein- bzw. Ausgrenzung unterzogen!), das was eigentlich als Massenkonsum mit Gefahren für Nachhaltigkeit und ausgewogenem Verhältnis von Lebenswelten zu bewerten wäre, wird gemeinhin euphemistisch als eine Art "Auf-der-Höhe-der-Zeit-sein" verklärt und als soziale Aufgeschlossenheit gefeiert. Und all jene, die sich der Erziehung veweigern, die Verantwortungsübernahme meiden hängen sich liebend gerne das Mäntelchen des Laissez-faire um, auf diese Art das eigene Versagen zu kaschieren. Daß vor allem auch im letzteren Fall die Sündenböcke für eigene Fehler außerhalb des eigentlich eigenen Zuständigkeitsbereich blitzschnell gesucht und vermeintlich gefunden werden, erklärt jene Sozialisationstypen mehr als deutlich ... Thomas Ziehe hat jenen Typus, der einer Erfüllung eigener Bedürfnisse absolute Priorität einräumt, dabei jedoch keineswegs bereit ist, Eigenleistungen zu erbringen, sehr treffend bezeichnet: der narzißtisch gestörte Sozialisationstyp.
Wenn es aber dann einmal kracht, wenn plötzlich andere Mächte das Sagen allzu unmittelbar spürbar übernommen haben, wenn die Abhängigkeit zum Leiden, zur Qual wird, dann tut man plötzlich so, als habe man das alles nicht sehen, nicht absehen, nicht antizipieren können. Imre Kertész hat diese Entwicklung einmal sehr zutreffend festgehalten: "Es endet immer auf dieselbe Weise: Die Zivilisation erreicht eine Reifestufe, auf der sie nicht nur unfähig ist, sich zu verteidigen, sondern auf der sie in scheinbar unverständlicher Weise ihren eigenen Feind anbetet." Wobei ich einschränken möchte: "Zivilisation" dürfte hier eher als deskriptive Begriff für diverse Entwicklungsstufen gemeint sein und nicht eine qualitative Höherentwicklung unterstellen ...
Vielleicht liegt ein Stück der Misere auch darin, daß wir unsere gewachsene Kultur nicht mehr so wertschätzen können / wollen und damit auch Tür und Tor für Beliebigkeiten öffnen. Vor allem für jene, die gerne vergessen, daß Wahrhaftigkeit und Anstrengungsbereitschaft unabdingbar aufeinander verworfen sind! Vielleicht wäre diesbezüglich auch etwas mehr Trennschärfe für sinn- und wertstiftende Begriffe hilfreich. Aber ich fürchte, damit wären viele überfordert, andere würden eine solche Entwicklung wohl auch nicht begrüßen (können). Die Probleme (und nicht nur die der Integration!) werden so leider wie bisher geübt der politischen Korrektheit und der Ära der "großen Wörter" (nicht: der großen Worte!) überlassen, damit werden jene Kräfte der Vereinfacher auf allen Seiten sich lautstark und überwiegend inhaltsleer positionell behaupten. Leider. Und die Probleme werden einer wirklichen Lösung entrückt.
Es war in der Vergangenheit sicherlich falsch, daß keine effektiven Maßnahmen gegen den demographischen Wandel und die sinkenden Geburtsraten unternommen worden ist; man hat alles einer für qualitatives Wachstum schädlichen Wachstumsideologie untergeordnet, wie überhaupt auf einigen Gebieten man hierzulande glaubt, mit und über Quantität andere Lösungen finden zu können, die mehr sein können als das, was "Menge" (bedenke an dieser Stelle ruhig einmal auch die Forderung des: multum non multa! ...) in der ihr immanenten Begrenztheit überhaupt zu schaffen imstande ist. Selbst wer ausschließlich oder überwiegend am materiellen Wohlstand des Landes interessiert ist, dürfte durch eine kompensatorische Einwanderung kaum zum gewünschten Ziel kommen. Auch an dieser Stelle sei deshalb nochmals an die grundlegenden Probleme von Enkulturation, Sozialisation und jeweiliger Bildung erinnert. Wunschdenken hilft da leider nicht weiter. Ein möglicher Weg könnte natürlich sein, unseren Wohlstand abzusenken, uns wieder auf immaterielle Ziele zu beschränken (was sicherlich aus qualitativer Sicht eine höhere, eben dem Konsum eine geringere Rolle einordnende als auch Fremdbestimmungsaspekten eingrenzendere Lebensqualität bedeuten könnte!); aber diese "Lösung" dürfte wohl kaum wünschenswert sein, zumindest nicht für die große Masse der Bevölkerung, schon gar nicht für jene, die aus Gewinninteressen ihre Pfründe gefährdet sähen. (Dabei werden wir übrigens letztlich, wenn das Reden über Fairness und weltweite Verantwortung nicht eine Chimäre bleiben soll, nicht umhin kommen, zugunsten der Entwicklungsländer unseren Wohlstand spürbar einzuschränken! Aber auch hier sind gegenläufige Wirkkräfte wohl stärker -- damit auch die Zunahme der Migrationsbewegungen.)
Eine Anmerkung zum Schluß noch: Wir müssen unsere Kultur nicht verstecken, sie nicht aushöhlen lassen, aber sie wird sich fortentwickeln. In welche Richtung, das könnten wir in unserem jeweiligen Rahmen ganz gut mitbestimmen und mitgestalten. Mit Besserwisserei und Belehrungsverhalten gegenüber anderen allerdings sollten wir uns füglich zurückhalten. Insofern verstehe ich nach wie vor den Satz "Deutschland, halts Maul!", den ich vor vielen Jahren in Hamburg an der Fassade eines besetzten Hauses gesehen habe. Wir haben genug Grund, vor der eigenen Türe erst einmal zu kehren. Wir haben genug eigene "Hausaufgaben" zunächst einmal zu erledigen ... Andere verhalten sich aus deren guten Gründen eben in vielen Dingen anders, vielleicht auch deshalb notwendigerweise, weil andere Voraussetzungen und eine andere Historie basisgebend sind.
Andererseits sollten wir unsere wertvolle Errungenschaften nicht nur verteidigen, sondern dazu immer wieder auch ein Bekennen zeigen, denn nur so wird signalisiert, daß wir gewissen Dingen und Gedanken sowie Haltungen einen Wert zumessen. Hierzu gehört auch Abgrenzung gegenüber Forderungen und Umtrieben, die unserer Kultur und ihrer adäquaten Fortentwicklung (erinnert sei diesbezüglich an Karl R. Poppers piecemeal technique) schädlich werden könnten oder es bereits sind. Dieses Land hat (in erster Linie für uns natürlich) einen großen Wert, ist Heimat und bietet vielfältige Möglichkeiten zur eigenen Personengenese sowie zur Gestaltung. Dazu gehört natürlich auch, aus der Geschichte zu lernen, allerdings mit der Einschränkung, sich mit unrühmlichen und verbrecherischen (zeitlich relativ kurzen) Abschnitten einer sehr, sehr langen Geschichte von anderen nicht immer wieder erpressen und mit unhaltbaren Forderungen überziehen zu lassen. Die jetzige Generation jedenfalls hat und trägt keine Schuld. Das halten andere Nationen für sich jeweils nicht anders, ganz im Gegenteil: sie lassen ihre Vergangenheit einfach Vergangenheit sein (allerdings machen sie es sich damit leider auch wieder etwas zu einfach; die eigene Geschichte muß benannt werden können, daraus jedoch eine Schandmal für alle zukünftigen Generationen zu generieren, ist kein tauglicher Weg für eine gesunde und friedvolle Entwicklung eines Landes).
Wer aus der Vergangenheit für alle Zeiten ableiten möchte, daß Deutschland eine ganz besonders große Verantwortung gegenüber Migrationsbewegungen und Integration, gar für eine unbegrenzte Aufnahme habe, befindet sich auf einem geistigen Irrweg; wir haben auch keinerlei Grund mehr, uns gleichsam "aus Sicherheitsaspekten" in ein System eingliedern zu lassen, "damit wir nicht mehr anderen gefährlich werden können! (oder so ähnlich in diversen Formulierungen!). Wenn wir uns "eingliedern" lassen, dann aus freien Stücken, wobei die Gründe hierfür gut überlegt sein sollten und nicht den Hauch falscher Solidaritätsforderungen von dritter Seite aufkommen lassen dürfen. Das gilt von der Schuldenkrise in diversen (europäischen) Ländern über militärische "Beistandspflichten" bis hin zur Asyl- und Migrationsproblematik. Man sollte hier andere nicht über uns bestimmen lassen und wir sollten jene Länder, die sich hier nicht ihrer Autonomie berauben lassen, auf gar keinen Fall schelten oder ihnen gar (mit Mittelentzug und anderen Sanktionen) drohen.
Und all jene Personen, die unserem Land -- auf welche Art auch immer -- destruktiv gegenüber stehen, sollten eindringlich und sehr konsequent auf diese unerwünschte und kontraproduktive Haltung hingewiesen und gegebenenfalls entsprechend sanktioniert werden. Jedenfalls gehören Personen, die aktiv unser Land desavouieren oder sich in die Nähe von Leuten begeben, die mit Haß- und Hetzparole wirken zu müssen glauben, beispielsweise schon gar nicht in (politische) Spitzenpositionen! Daß es vor diesem Hintergrund höchst bedenktlich ist, daß wir es zulassen, daß eine Frau wie Claudia Roth, die im Pulk von Leuten mit einem Transparent "Deutschland, du mieses Stück Schweiße!" demonstriert hatte, gar noch zur Bundestagsvizepräsidentin gewählt wird, liegt für mich auf der Hand. Mit einer positiven Haltung zu diesem Land hat das, ungeachtet aller Kritik, die man gegen gewisse Gegebenheiten hierzulande äußern kann (und m.E. auch muß!), wirklich nichts mehr zu tun. Solche Repräsentanz ist schädlich für das Gesamt. Warum gibt es -- und ich meine mit "daß wir es zulassen" nicht den quantitativen Aspekt einer Wahl, der ja durch Mehrheiten geleistet wird -- hier nicht genügend Empörung, innerliche Distanz zu derartigem Affront, zu einer derartigen Abwertung unseres Landes? Sensibilität ist das jedenfalls nicht, schon gar nicht ein Zeichen von Differenzierungskompetenz. Es gibt viel harmlosere Fälle, in denen derartige und ähnliche Entgleisungen wirksam geahndet wurden, zumindest durch Mißachtung und nicht noch durch eine Institutionalisierung belohnt ...
Ich möchte noch kurz auf die Aufregung um Mesut Özil und Ilkay Gündogan eingehen, die bekanntlich durch einen gemeinsamen Auftritt mit dem türkischen Präsidenten Erdogan in den Fokus gerückt sind. Beide hatten Erdogan ein Trikot mit der Aufschrift "Mein Präsident" überreicht.Das hat in der Öffentlichkeit sehr ambivalente Gefühle erzeugt. Geht man vom Wortsinn aus, dann kann man durchaus interpretieren, daß eine Aussage wie "Mein Präsident" eine Identifikation darstellt. Aber welche? Eine tiefe innere oder "nur" eine an die legitime Position gekoppelte? Wenn ich beispielsweise Angele Merkel als "meine Bundeskanzlerin" bezeichnen würde, dann kann ich damit einfach schlicht ausdrücken, diese Frau ist, weil ich Bürger von Deutschland bin, auch "meine" Kanzlerin; einfach deshalb, weil sie vom Parlament (dessen Zusammensetzung die Folge von Wahlen ist) dazu mehrheitlich gewählt worden ist. Die Aussage muß also nicht zwangsläufig auch eine Art innere Bindung oder gar Zuneigung bedeuten (in Bezug auf Merkel würde ich das für meine Person entschieden zurückweisen, denn ich halte von der Frau und deren Kompetenz für dieses Amt nicht viel). Da Özil und Gündogan einen Doppelpaß haben (einen Status, der ihnen von unserem Bundestag ermöglicht wurde) kann es durchaus sein, daß neben der rein sachlich gebotenen Bindung (beide sind also auch Bürger der Türkei) eine (mehr oder weniger tiefe) emotionale Bindung zu Erdogan besteht (oder auch keine oder nur eine geringe). Was ist also denn tatsächlich geschehen, was ging in ihnen wirklich vor, als sie Erdogan jenes Trikot mit dieser Aufschrift da überreichten? Ein Kotau vor Erdogan? Eine rein höfliche Geste? Eine gefühlsmäßige Aufwallung, vielleicht auch als Signal an ihre gefühlte zweite (oder auch: erste) Heimat? Oder was sonst noch alles an Deutungen möglich sein mag ... Wir wissen es schlicht nicht.
Wer da nun argumentiert, man müsse Özil und Gündogan für ihren Auftritt mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan allein schon deshalb dankbar sein, weil "kein Gauland, kein Pegida-Protest (...) die Integrationslüge überzeugender zum Platzen (hätte) bringen können" kann genauso gut richtig wie falsch liegen. Von der Übergabe eines -- zugegeben bei meiner Einschätzung Erdogans recht seltsam anmutenden -- Trikots lassen sich meines Erachtens keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob Özils und Gündogans "Integration" gänzlich oder in Teilen mißlungen ist oder nicht. Daß Erdogan und seine Anhänger Özils und Erdogans Verhalten für ihre Zwecke funktionalieren könn(t)en, dies wahrscheinlich auch tun, sollte nicht das eigentliche Problem sein! Denn derartige Versuche, auf Trittbrettern Erfolgreicher und als Identifikationsperson fungierender Menschen, mitzufahren und durch sie zu profitieren, finden wir auch in unserer politischen Landschaft (wie vor allem auch in der Werbung) zuhauf. Man sollte also nicht mit Steinen werfen, wenn man selbst im Glashaus sitzt. Ob die Integration der beiden Fußballspieler mit Doppelpaß gelungen ist oder nicht, zeigt allein deren Alltagsgestaltung. Und die dürfte sich nicht sehr von -- um bei einem reliablen Vergleichsmaßstab zu bleiben -- anderen Fußballspielern und gut verdienenden Sportidolen etc. unterscheiden. Ich finde, es bedarf bezüglich Özils und Erdogans Verhaltensweise im Umgang mit Erdogan auch keiner Rechtfertigungsversuche in die eine oder andere Richtung.
So wurde beispielsweise formuliert: "Nun werden dem Inhaber eines deutschen Passes und dem Doppelstaatler politische Naivität zugeschrieben, die Fußballern gleich welcher Herkunft generell eigen sei. Doch die Überreichung des Trikots mit der Aufschrift 'Mein Präsident' war alles andere als naiv, sondern eine klare Positionierung und Loyalitätserklärung!" Wenn man ihnen in einem Satz "politische Naivität" unterstellt, dann jedoch gleichzeitig postuliert, hier handelte es sich um "eine klare Positionierung und Loyalitätserklärung", dann ist das ein Widerspruch an sich. Unterstellt man andererseits jedoch, beide Fußballer seien alles andere als "(politisch) naiv", dann ergäbe sich noch lange nicht im Umkehrschluß eine "klare Positionierung und Loyalitätserklärung." Kann sein, daß es so ist, kann aber auch sein, daß es nicht so ist. Und wie auch immer die Antwort darauf ausfallen mag bzw. könnte: soviel Verhaltens- und Denkspielraum sollte man allen zugestehen, die ansonsten auf der Grundlage unserer Werteordnung sich bewegen. Fußballer (u.a.) werden ganz bewußt in ihrem Status inszeniert, sie geraten (allerdings nicht nur in unserer Gesellschaft!) fast schon automatisch in die Rolle von Identifikationssubjekten. Wie schnell findet man sich da immer wieder auch in einer Kosten-Nutzen-Perspektive wieder! Wird man dann auch noch gar Welt- oder Europameister ist man sehr schnell -- man mag diesen doch recht breiten Konsens gut finden oder auch nicht, aber Fakt ist er allemal! -- zu einer Art "Musterdeutschen" avanciert. Diesen Status teilen Özil und Gündogan mit all ihren Kollegen (zumindest solange, bis Niederlagen wieder für Volksempörung sorgen ...). Ob es gefällt oder nicht , Fußball-Millionäre (Anm.: mir gefällt es nicht, daß hier derartige Summen umgesetzt werden!) sind sicherlich kein Maßstab dafür, ob Integration auf breiter Ebene gelungen ist oder nicht bzw. gelingt oder nicht!
Nochmals ein (sicherlich hypothetisch anmutender) Versuch, Aspekte des Verhaltens der beiden Fußballer im Umgang mit Erdogan zu erspüren: Könnte es denn nicht sein, daß hier nur das gemacht wurde, was im Profifußball (und auch sonstwo) längst üblich ist, nämlich ein Verhalten zu zeigen, das den Marktwert steigert? Am wahrscheinlichsten erscheint mir, daß hier ein Bündel von Motiven vorliegt, unter anderem zusammengesetzt aus Höflichkeit, Kalkül, Gier nach Lob und Hofiertwerden, gewiß auch aus etwas Subalternität, Geltungsbedürfnis und Gedankenlosigkeit. Und wer denkt denn auch schon bei jeder Begegnung immer sogleich an mögliche Auswirkungen und Fremdeinschätzungen! Der Blick in diverse Öffentlichkeitsveranstaltungen hierzulande -- auf allen Ebenen -- dürfte dies hinlänglich bestätigen ... Viele nehmen sich selbst eben gerne allzu wichtig! (Dieser Vorwurf geht vor allem in Richtung Politiker und Politikerinnen sowie Personen aus dem Showbusiness!). Vielleicht ist ja diese Aussage eine zumindest halbwegs zutreffende Bewertung der "Trikotübergabe", sofern man von Ausnahmeerscheinungen ausgehend eine Generalisierung vornehmen zu können glaubt: "Eine Versammlung aus Fußball-Millionären zum Vorbild für eine multikulturelle Gesellschaft zu machen, heißt neoliberales Kalkül mit linkem Wunschdenken zu verbinden. Doch die Herkünfte, Traditionen, kulturellen Prägungen sind stärker. Özil und Gündogan haben sich von ihrem politischen Mißbrauch befreit. Gut so! Bedeppert stehen diejenigen da, die das Integrationsmärchen in die Welt gesetzt haben." Womit wir allerdings auch -- hoffentlich! -- sehr schnell zur Beantwortung der Frage hinsichtlich Herkunft, Tradition und kultureller Prägungen der beiden (auch und wohl überwiegend deutschen) Fußballspieler kommen sollten und müssen; da dürfte es, so meine Vermutung, keine oder kaum nennenswerte Unterschiede zu all ihren anderen Fußballkollegen geben ...
Nachtrag und Ergänzung: Wenn dann Medien am 16. März 2019 schon wieder spektulieren, weil mehrere türkische Medien dies berichtet hätten, daß der türkische Präsident Erdogan auf Mesut Özils Hochzeit eingeladen worden sei, dann sollte man das endlich als das nehmen, was es ist: für den Fortgang der Welt absolut unbedeutend. Soll doch jeder für sich entscheiden, wen er wie lange und warum um sich haben möchte bzw. ertragen kann. Aber ich kann mir die kommende Aufregung im Blätterwald und Mediendschungel bereits heute wieder lebhaft vorstellen. Da bleibt nur noch die Frage: Wie wichtig ist uns das, was Özil tut und sich gönnt und was er unterläßt. Er erscheint mir ohnehin längst als Opfer der vielfach grassierenden Kurzlebigket von Popularität. Haben wir wirklich keine wichtigeren Probleme zu lösen?
8 Es gibt viel zu viele Bundestagsabgeordnete! (Längst überfällig: die Verkleinerung des bundesdeutschen Parlaments!)
Nach der Wahl 2017 ist der Bundestag schon wieder vergrößert worden. Den Steuerzahler kosten die Gesamtausgaben für das Parlament nun laut einem Entwurf des Bundeshaushalts für 2028 955,6 Millionen Euro, eine Steigerung um 9,8 Prozent. Wir haben nun 79 Abgeordnete mehr, insgesamt also 709. Dies ergibt Mehrkosten in Höhe von 64 Millionen Euro. Die Kosten für die Mitarbeiter der Abgeordneten stiegen im Vergleich zum letzten Etatentwurf vor der Bundestagswahl um 27 Millionen auf 239,6 Millionen Euro. Die Ausgaben für die Bundestagsfraktionen stiegen um ein knappes Fünftel (= 20,5 Millionen) auf insgesamt 108,6 Millionen Euro.
Es stellt sich die Frage, ob Deutschland wirklich ein so großes Parlament benötigt. Zudem, ob die Qualität des Arbeitens dort nicht mit weniger Abgeordneten und Personal nicht verbessert werden könnte, dies bei der dann erheblichen Einsparung von Kosten. Vergleicht man die Parlamente zahlreicher anderer Länder (die zudem -- Beispiel USA -- erheblich größer als Deutschland sind!) scheint es dort offensichtlich auch mit weniger Personal zu funktionieren. Die Forderung nach einer Verkleinerung des Parlaments erheben einige schon seit Jahrzehnten. Nun hat sich auch der neue Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) jüngst für eine Änderung des Wahlrechts ausgesprochen, damit das Parlament wieder verkleinert werden könne. Schäuble sagt, der Bundestag müsse "erkennen, daß seine Akzeptanz in der Öffentlichkeit Schaden nimmt, wenn er nichts ändert." Eine späte Einsicht von Herr Schäuble, wie ich meine. Aber halten wir ihm zugute: better late than never. Allerdings deutet die zunehmende Kritik an der Parlamentsarbeit doch zumindest ein wenig darauf hin, daß in weiten Kreisen der Bevölkerung die "Akzeptanz" des Bundestags "in der Öffentlichkeit" längst "Schaden" genommen hat ...
Hier hat eben die Politik einmal mehr kläglich versagt, eine Ursache für die Weigerung, das Parlament zu verkleinern, dürfte gewiß auch der Umstand sein, daß die jeweils gewählten Parlamentarier kaum den Ast, auf dem sie -- gut dotiert und frei von den Irrungen und Wirrungen des Arbeitsmarktes -- sitzen, freiwillig absägen.
Derzeit ist das Bundesgebiet in 299 Wahlkreise eingeteilt. Pro Wahlkreis wird ein Direktkandidat gewählt ("Erststimme" auf dem Wahlzettel!), jener bzw. jene hat also einen Sitz im Bundestag sicher, ungeachtet dessen wieviele Sitze einer Partei prozentual zustehen. Hinzu kommen dann nochmals 299, nach dem Verhältniswahlrecht über die Liste vergebene Abgeordnete ("Zweitstimme" auf dem Wahlzettel!), insgesamt also 598 Abgeordnete. (Früher in der alten BRD waren es 2x248 = 496.) Die über diese durch die Anzahl der Wahlkreise festgelegte Zahl (598) hinausgehende Anzahl (derzeit eben: 709 statt "nur" 598!) ergeben sich durch sogenannte Überhangmandate. Wenn nun eine Partei in einem Bundesland über die Erststimme mehr Mandate erhält als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehen würde, führt dies zu jenen Überhangmandaten (denn ein gewählter Erststimmenkandidat erhält ja einen zugesicherten Sitz im Parlament!). Dies allein kann also schon zu einer relativen Vergrößerung des Parlaments führen.
Wie die Parlamentarier aber hier sehr sorgsam und wenig selbstlos auf ihre Pfründe achten und wie dadurch das Ziel einer wirksamen und deutlichen Verkleinerung des Parlaments in eine weite Ferne rückt, mag man aus einem im Februar 2013 verabschiedeten Gesetz erkennen: Demnach müssen seither alle Überhangsmandate durch sogenannte Ausgleichsmandate ausgeglichen werden; erzielt eine Partei Überhangsmandate, muß die Zahl der Sitze im Bundestag solange erhöht werden, bis wieder das Größenverhältnis der einzelnen Fraktionen ihrem Zweitstimmenanteil entsprechend ausgeglichen ist. Es werden aber auch andere Gründe, wie zum Beispiel Rundungsprobleme, die zu einer Abweichung von der Zweitstimmenverteilung führen, durch Ausgleichsmandate kompensiert.
Norbert Lammert (CDU) hatte vor Jahren bereits versucht, die Zahl der Abgeordneten auf 630 begrenzen zu lassen, erhielt dafür jedoch -- wen wundert es, s.o.! -- nicht die erforderliche Rückendeckung. (Das dürfte ihm als altgedienten Parlamentarier allerdings bereits im Vorfeld seiner Forderung bewußt gewesen sein ...) Die seinerzeitige Expertenbefürchtung, der Bundestag könne "auf bis zu 700 Abgeordnete" anwachsen, ist mittlerweile von den Fakten sogar übertroffen worden: 709 (!!!) Abgeordnete -- dies hier nochmals zur Erinnerung -- tummeln sich in dieser Legislaturperiode im Bundestag, in der vorletzten Legislaturperiode waren es bei 32 Überhangmandaten übrigens (bereits) 630 ...
9 Fluchtproblematik, Asyl und Vorbilder (Immer wieder: trügerische Hoffnungen, falsche Versprechungen und fortschreitende Ausbeutung) sowie Gedanken um Begrifflichkeiten
Zunächst eine notwendige Vorbemerkung um Mißverständnissen über meine Ansichten vorzubeugen: Flucht und Asylbegehren sowie anderen Formen der Migration ist hier nicht wirksam zu begegnen, sofern man Privilegierung vermeiden und Hilfe für Arme nicht als allgemeine Verpflichtung begreifen möchte bzw. kann! Es kann nicht angehen, daß wenigen "geholfen" wird und ansonsten andere, in ihren jeweiligen armen Ländern zurückgebliebenen Menschen ihrem existentiellen Schicksal überläßt. Die Aufgabe muß deswegen sein: Unmittelbare Hilfe, diese in einem ungleich größeren Ausmaß als es bislang geschieht, in den Ländern zu leisten, die Unterstützung bitter nötig haben.
Das Geld, das hierzulande in einer Art "Asylindustrie" (Verwaltung, Rechtshändel, Infrastruktur, u.a.m.) landet, ist in einer zielführenden Entwicklungshilfe sinnvoller angelegt! Aber: diese muß auch finanziell in ganz andere Dimensionen übergeführt werden, sprich: wir müssen viel, viel mehr zahlen und leisten!
Es ist immer noch ein Zeichen von rücksichtslosem Kapitalismus -- auch wenn das natürlich weitgehend bestritten wird --, wenn man junge Kräfte aus armen Ländern von dort abziehen hilft (vor allem oft mit der rücksichtslosen Haltung, hierzulande den Fachkräftemangel auf Kosten der ärmeren Länder beseitigen zu wollen ...) -- Kräfte die dort für den Aufbau und für Weiterentwicklung dann fehlen.
Was wir hier leisten müssen: Nicht die Migrationsbewegungen mit der Folge, die Ausbeutung jener notleidenden Länder weiter faktisch zu befördern, sondern an Ort und Stelle massive Hilfe jedweder Art zu leisten! Dazu gehört natürlich auch eine Hilfe bei Ausbildungsbemühungen: Wir müssen Kräfte aus jenen Ländern hier auf unsere Kosten ausbilden (in allen Bereichen, von handwerklicher Qualifikation bis hin zu universitären Anschlüssen), aber nach erfolgter Qualifizierung müssen diese Kräfte zum Nutzen ihrer Heimat wieder dorthin zurück. (Wie wir unsere hausgemachten Defizite hierzulande dann lösen, ist dann notwendig unsere ureigene Haus-Aufgabe, jedenfalls geht dies nicht auf Kosten notleidender Länder!)
Das kostet natürlich viel, sehr viel Geld! Woher dies nehmen? Aus unserem Wohlstand! Wir müssen unseren Wohlstand erheblich reduzieren, Überschüsse benennen, abschöpfen und das daraus resultierend Geld sowie andere Mittel den notleidenden Ländern, ihren Menschen zugute kommen lassen.
Dazu gehört freilich auch: unsere Wirtschaft nicht mehr so, wie es derzeit geschieht, gegenüber jenen anderen Ländern zu privilegieren und die Wirtschaftsmärkte der armen Ländern zu schützen (und nicht weiter auszubeuten!), damit auch dort Wirtschaft effektiv betrieben werden kann, damit auch dort dann all die einheimisch produzierten Waren absetzbar (also: konkurrenzfähig!) sind, aber auch um das dann dort sich einstellende Exportpotential auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu machen. Ein Stichwort hierfür: eine Art Meistbegünstigenklausel für diese Länder durchsetzen!
Das was wir bislang an Wirtschaftshilfe leisten, ist jedenfalls entschieden viel zu wenig. Anders gewendet: uns geht es zu gut, jenen Menschen in den ärmeren Ländern geht es (meistens eben nicht: selbstverschuldet!) viel zu schlecht. Also müssen wir hier mehr Aufwand für eine echte und durchschlagende Entwicklungshilfe betreiben! Eine Lösung könnte (und sollte) sein, uns mit einer weiter gefaßten Luxussteuer (sowohl was Konsum als auch was Produktionsverfahren und Marktbedienung angeht) zu belasten und die Erlöse aus dieser dann ganz und zweckgebunden der Entwicklungshilfearbeit zuzuführen.
Natürlich würde uns das einiges vom jetzigen "Reichtum" und momentaner "Lebensqualität" nehmen, vor mir aus: uns etwas "ärmer" machen, aber den ärmeren Ländern zumindest ein Stück weit etwas von ihrer Armut nehmen -- einen Weg für ein menschliches Dasein im Alltag dort ebnen. Das sind wir ihnen schuldig! Und sogenannte gute Worte als auch geleistete "Beruhigungspillen" für die eigene Gewissensberuhigung sind nicht zielführend. (All diese Überlegungen stelle ich in einer anderen Abhandlung ausführlicher dar, hier sollten diese kursiven Gedanken zunächst genügen.) Vielleicht ließen sich dann auch Begriffe wie "Nachhaltigkeit" und "Naturschonung" bei uns in tatsächlich gelebte und gestaltete Wirklichkeit umsetzen ... (wohl langfristig gesehen durch Ressourcenschonung auch eine qualitativere Lebensgestaltung ...)
Kurz: Wir müssen durch viel größere Opfer und durch eine konsequentere Politik (vor allem gegenüber Despoten und Unterdrückern sowie Ausbeutern!) dafür sorgen, daß es jenen Armen besser gehen kann, daß sie human, sicher leben und ihr Land entsprechend gestalten können!
Wir werden dann materiell weniger haben, dadurch aber auch die Möglichkeit zu einem qualitativeren Leben mit all jenen Möglichkeiten bekommen -- die Statussymbole würden dann (notwendigerweise) andere, weniger am Materiellen orientierte, werden. Vielleicht hätten wir dann auch tatsächlich mehr Entschleunigung, weniger an Oberflächlichkeit orientierten Bedürfnisbefriedigungsanstrengungen, schlicht: mehr Menschlichkeit. Vor allem auch deshalb: weil wir anderen wirklich helfen. Dieser Weg der Hilfe kann zielführend sein, für uns und für die anderen, die armen und hilfsbedürftigen Menschen in notleidenden Teilen der Welt. In jenen Ländern müssen wir mit einem riesigen, den derzeitigen Aufwand mit weit, weit übersteigender Anstrengungsbereitschaft wirken und bewirken! Dazu gehört auch eine entscheidende Änderung unserer Asyl- und Migrationspolitik! Die gegenwärtigen Verfahrensweisen sind nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein, vermindern kaum das Elend; erfolgt keine entscheidende Kehrtwendung werden die Probleme (auch bei uns!) weiter zunehmen, eskalieren.
Als eine Leitlinie (unter mehreren) für wirklich effektive Entwicklungshilfe ist sicherlich dieser Gedanke extrem hilfreich: "Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben." (Konfuzius, Chinesischer Philosoph, vermutlich von 551 v. Chr. bis 479 v.Chr.). Dies ist jedoch unbedingt zu ergänzen: Sorge dafür, daß für jenen Mann die Fischgewässer ihm erhalten bleiben (und nicht durch fremde Fangflotten ausgebeutet werden) und daß er für seinen Fang die angemessenen Märkte vorfinden kann (also keine Überschwemmung seiner Märkte mit subventionierten Billigprodukten und keine Abschottung von anderen möglichen Absatzmärkten ...)
Derzeitige (oder genauer: anhaltende) Asylproblematiken:
Wie wir aus den Medien am 16.05.2018 erfahren, scheiterte erneut eine Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern. Es handelt sich insgesamt um 10 Personen. Eine Familie aus Aserbeidschan (Eltern mit ihren zwei Kindern) konnten ohne Zwischenfälle in die Slowakei abgeschoben werden. Jedoch anders verhielt es sich bei 6 Ausreisepflichtigen aus Sierra Leone. Jene sollten nach Italien zurückgeschickt werden. Zwei der Ausreisepflichtigen wurden jedoch in der Unterkunft überhaupt nicht mehr angetroffen (waren wohl untergetaucht), eine 21 jährige Mutter widersetzte sich der Polizei und mußte gefesselt werden, ein 19 jähriger Afrikaner verletzte sich absichtlich, wurde deshalb in ein Krankenhaus gebracht und kam danach wegen Widerstands gegen Polizeibeamten in die Psychiatrie. Gegen die beiden letztgenannten Personen wurden durch die Zentrale Ausländerbehörde Niederbayern beim Amtsgericht Deggendort Abschiebehaftbefehle beantragt. Ein weiterer Afrikaner jener Abschiebegruppe leistete dann am Flughafen München Widerstand, durfte dann zunächst in Erding bleiben und beim dortigen Amtsgericht wurde auch für diesen Abschiebehaft beantragt.
Es ist auffallend, daß Widerstand gegen Abschiebemaßnahmen zunimmt. Für mich entsteht der Eindruck, daß dahinter bisweilen auch Interessengruppen stehen, die daran entweder verdienen oder aus erklärter moralischer Perspektive unter Mißachtung der Rechtslage eine Art von Eigenmächtigkeit entfalten.
Da jubeln natürlich schon wieder viele, wenn im Mai 2018 (Erhebung vom März 2018!) vom Institut für Arbeitsmarkt für Berufsforschung verkündet wird, ein Viertel der Zugewanderten sei bereits "in Arbeit". Hinschauen, von welcher Qualität diese Arbeit ist! Wie nachhaltig derartige Stellen sind! Auch was denn unter "Fachkraft" (vor allem mit welchen Qualifikationen hier eine Korrelation einhergeht ...) häufig verstanden wird! Denn auch da gilt in erster Linie: es ist längst nicht alles Gold, was glänzt ... So berichtet tagesschau.de am 31.05.2018 online, daß 25 Prozent der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge inzwischen eine Arbeit hätten. Viele von ihnen arbeiten nach Erhebungen des IAB (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung) vom März 2018 in "Jobs, in denen keine guten Deutschkenntnisse erforderlich sind". Bei dieser Meldung sollte nicht übersehen werden, daß allerdings nur jeder Fünfte sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
11 Prozent arbeiten "im Gastgewerbe und im Dienstleistungsunternehmen -- oftmals in der Reinigung, Logistik und Security. Herbert Brücker, Leiter des IAB-Forschungsbereichs Migration gegenüber der Rheinischen Post: "Das liegt an den Qualitfikationen, die sie mitbringen: Viele Flüchtlinge haben schon vorher in Dienstleistungsfirmen gearbeitet." Jeder Zweite hat laut IAB eine Anstellung als Fachkraft, nur die wenigsten Flüchtlinge arbeiten in der Industrie. Das IAB sieht die Beschäftigungsquote von 25 Prozent dennoch als "relativ gering" an, betont, daß 15 Prozent aller Geflüchteten, die Hartz IV beziehen, eine Arbeit hätten, von der aber nicht leben könnten und somit aufstocken müßten. Folge davon: es steige so zwar die Zahl der Erwerbstätigen, aber gleicheitig auch die der Hilfebedürftigen.
Das IAB geht davon aus, daß "viele Flüchtlinge erst im Jahresverlauf auf Jobsuche gehen (werden), da die Mehrheit von ihnen ihre Sprach- und Integrationskurse erst noch beenden müsse." Ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchung des IAB: Die Durchsetzungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt unterscheide sich sehr stark nach den Herkunftsländern; Füchtlingen aus Pakistan gelinge es dem Bericht zufolge "besonders häufig" eine Anstellung in Deutschland zu finden (im Februar 2018: 40% davon eine Anstellung), auch bei Migranten aus Nigeria und aus dem Iran sei die Anstellungsquote "hoch", nicht so bei den Syrern (sie stellen die meisten Asylanträge, nur jeder Fünfte habe es in eine Arbeit geschafft).
Ich meine, qualitative Beschäftigung sieht anders aus! Grund zu großer Hoffnung oder gar zum Jubeln gibt es ganz gewiß nicht! Und man sollte nicht der Versuchung unterliegen, Vorstellungen, die bislang mit "Fachkraft" ("Facharbeiter") assoziiert wurden, auf diese nun neu verwendeten Begrifflichkeiten unkritisch übertragen! Eine genaue Untersuchung und Benennung der tatsächlichen Qualifikationen wäre da sehr hilfreich. So mag in vielen Ohren der Hinweis auf Anstellung in der "Logistik" als ein hohes Qualitätsmerkmal klingen; darunter sind aber viefach ganz einfache Hilfsarbeitertätigkeiten in Warenlagern und im Transportgewerbe zu verstehen; die anspruchsvolle logistische Planungs- und Durchführungstätigkeiten obliegen ganz gewiß viel höherwertigen Qualifikationen. Und was in Bezug auf die jeweiligen Herkunftsländer als "bereits erworbene Erfahrung im Dienstleistungssektor" angeführt wird, wäre schon einmal zu untersuchen, inwieweit es hier nicht doch erhebliche Unterschiede zu den Anforderungen in unserem Dienstleistungsbereicht gibt ...
Die Integration von vielen Flüchtlingen in unser Wirtschaftssystem dürfte nach wie vor nur ein schwer zu lösendes Problem sein, wenn man Effizienz und Nachhaltigkeit sowie eine zielführende Qualifikationsmerkmale als Grundvoraussetzungen unterstellt. Da reichen Vorbildung und Vorerfahrungen sowie auch andernorts erworbene Basisqualifikationen oft bei weitem nicht aus. (Damit möchte ich jedoch keineswegs ausdrücken, daß unsere praktizierte Lebensweise und Arbeitsweise allgemein beispielgebend sein muß, aber sie ist -- ob es einem gefällt oder nicht -- insofern determinierend, wenn man in diesem Land leben muß oder will. Die vorherrschenden Voraussetzungen bzw. ihnen entsprechen zu können entscheiden letztlich auch über Teilhabe oder Ausgrenzung.)
Die Gewährung von Hilfe für Flüchtlinge ist für Staat und Gesellschaft nicht gerade billig. Jedoch wir sind jenen, die flüchten müssen, Hilfe schuldig. Es ist immer wieder davon die Rede -- und zwar richtigerweise! --, man müsse die Fluchtursachen bekämpfen. Und da leisten die reichen Länder immer noch viel zu wenig, oft nur ist es ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein Gesichtspunkt sollte beim Bemühen um eine Verbesserung der Verhältnisse in den notleidenden Ländern nie außer Betracht bleiben. Mit dem Geld, was hierzulande für einen Flüchtling pro Tag aufzuwenden ist, könnte man in deren Heimatländern ungleich größere Hilfe leisten. Das setzt natürlich voraus, daß solchermaßen aufgewendete Beträge auch jenen Hilfsbedürftigen umittelbar zur Verfügung stehen und nicht in irgendwelchen dubiosen Kanälen verschwindet. Aber diese Anstrengungen haben wir sinnvollerweise zu leisten. Es müssen auch mindestens diese Summen, die man hierzulande für Flüchtlinge zur Verfügung stellt, in den Ländern dort eingesetzt und nicht etwa mit dem Kaufkraftargument wieder gekürzt werden. Natürlich reichen auch diese Beträge bei weitem nicht aus, die reichen Länder müssen Hilfeleistungen auf der Basis "Hilfe zur Selbsthilfe" erheblich aufstocken! Auf diese Weise lassen sich Menschen mit Sicherheit davon abbringen, ihr Heimatland zu verlassen. Jene, die aber trotzdem den Weg der Flucht wählen, muß dieser erheblich unattraktiver gemacht werden; es geht auch nicht an, daß wir wertvolle Kräfte zum Aufbau von ärmeren Ländern direkt oder indirekt abziehen.
Als ein Beispiel führe ich hier einmal die Aufwendungen der Stadt Hamburg für Flüchtlinge im Jahr 2017 auf: 779,1 Millionen Euro, wovon die Stadt 632,1 Millionen aufbringen mußte, der Rest kam vom Bund. (Im Vergleich zu 2016 sind die Kosten allerdings um 110 Millionen Euro gesunken: die Gesamtkosten beliefen sich auf 899 Millionen Euro, die Hansestadt mußte davon 574 Millionen tragen.) Für Unterbringung wurden 2017 ca. 415 Millionen Euro fällig (Erstaufnahmeunterkünfte und Folgeunterkünfte), für Sozialleistungen 120 Millionen (darunter 77 Millionen für Taschengeld), der Rest für Gesundheitskosten (Arzthonorare etc.). Der Beschulungsaufwand der Asylanten betrug knapp 90 Millionen Euro, worin Personalkosten für Integrationsklassen enthalten sind. Private Sicherheitsunternehmen erhielten 43 Millionen, das städtischen Unternehmen "Fördern und Wohnen" 30,6 sowie Firmen für Containervermietung bekamen 35,5 Millionen Euro. Ein weiterer namhafter Posten kam noch hinzu: der Betrieb des Abschiebegefängnisses am Flughafen kostete fast 3 Millionen Euro. Eine weitere halbe Million Euro wurde als Startkapital für freiwillig Ausreisende zur Verfügung gestellt.
Wer hier sieht, wer alles in die Erledigung der fälligen Aufgaben involviert ist, der wird sicherlich auch erkennen, daß durch die Fluchtbewegung auch hierzulande einige recht gut verdienen. Es steht also auch ein Interessenbezug (neben humanitärer Gesinnung) im Blickpunkt. Vielleicht rührt ja daher auch der nicht selten benutzte Begriff von der "Flüchtlingsindustrie" (wir hören bisweilen auch: "Asylindustrie"). Wer an etwas verdient, wird wohl auch nur in den allerseltensten Fällen dazu beitragen wollen, den Ast auf dem man sitzt, abzusägen. Man hat also bei all den Diskussionen um Asyl und Flucht sehr wohl auf ideologische Bezüge zu achten und diese zu thematisieren.
Mir ist aber ein andere Gesichtspunkt hier viel wesentlicher: Was könnte man mit all diesen Riesensummen erst für die armen Menschen vor Ort leisten! Und das sollte man tun! Für mich ist auch klar, daß selbst diese enormen Beträge zusätzlich noch aufzustocken sind. Woher dafür das Geld nehmen? Man könnte zunächst einmal einsparen, z.B. bei Rüstungsausgaben und Militäreinsätzen. Für weitere Einsparmöglichkeiten wird man, so denn der Wille vorhanden ist und eine neue Prioritätensetzung endlich einmal wirklich akzeptiert und umgesetzt wird, sehr leicht und schnell fündig.
Eine aus meiner Sicht sehr angemessene und sicherlich in mehrfacher Hinsicht zielführende Möglichkeit wäre die Institutionalisierung einer Art Luxussteuer (ich wiederhole mich diesbezüglich gerne, denn sehr vielen bei uns geht es wirklich sehr, sehr gut, um nicht zu sagen, im Vergleich mit den Armen, unverantwortlicherweise zu gut ...) und hier diese Abschöpfung in eine Zweckgebundenheit überzuführen: Geld ausschließlich für Entwicklungshilfe vor Ort. (Die Produkte, welche einer derartigen Steuer unterworfen werden sollen, müßte man sehr weit fassen -- vielleicht so: immer auch den Aspekt objektivierbarer Notwendigkeit da mitdenken.) Es ist mir klar: leider hat auf Grund der normativen Kraft des Faktischen (zumindest derzeit) dieser Gedanke einen sehr utopisch anmutenden Charakter. Jene, die nichts oder nur ganz wenig zu verlieren haben, dürften sich damit jedoch sicherlich leichter anfreunden können als jene, die um ihre Statussymbole und vermeintlichen Unverzichtbarkeiten fürchten. Die Furcht vor einer Absenkung des Lebensstandards, der Lebensqualität (wie die dann in einem solchen Fall auch immer definiert ist, in aller Regel wohl kaum durch immaterielle Werte ...), würde sehr schnell die Runde machen -- und: Wählerstimmen kosten ... (womit das Status-Quo-Denken auch schon wieder die Richtung, in die es "auf gar keinen Falle gehen darf" andeutet ...). Aber man sollte doch hier etwas einhalten und sich ruhig auch mal zur Abwechslung ein großes Maß an Tiefsinnigkeit erlauben: Nicht nur unsere Umwelt, damit unsere eigentliche Lebensgrundlage, dürfte es uns danken, wenn wir das Materielle, das faktische Bekämpfen der Nachhaltigkeit, die Versiegelung von Landschaften und andere überwiegend an oberflächlicher Seinsweise orientierte Bestrebung zugunsten von mehr qualitativen Wachstum stärker eindämmen.
Immer mehr, immer schneller, immer größer, immer luxuriöser und weitere jener Orientierungsweisen tun der Menschheit allein schon deshalb nicht gut, weil das Erfüllen dieser teuflischen Maxime immer auch auf Kosten von anderen geht. Da braucht man sich überhaupt nichts vorzumachen! Und man gefährdet zumindest auf lange Sicht unsere eigentlichen Lebensgrundlagen. (Sicher, egozentrisch gedacht kann man mit einer "Weiter-so-Devise" auch das "Nach-mir-die-Sintflut-Attitüde" pflegen, aber dann sollte man sich wirklich nicht besser hinzustellen versuchen als das, was man tatsächlich ist: nämlich ein zerstörerisches, geistig und seelisch verarmtes Element.)
Unregelmäßigkeiten bei der Gewährung von Asyl? (als ob man nicht schon genug Probleme bei der Lösung von Fluchtangelegenheiten hätte ...)
Interessant und sehr aufschlußreich finde ich übrigens die unerträgliche Affäre um positive Asylentscheidungen ohne aus- bzw. zureichende Gründe. Hier wird wieder einmal deutlich, wie aus Interessenbezogenheiten das Mögliche als das Unmögliche in der Öffentlichkeit verkauft wird. Man stelle sich vor, irgendjemand hätte vor der Zeit als nichts mehr zu verheimlichen war, verlautbaren lassen, jene Stellen seien schon auf Grund von Personalnot nicht in der Lage die Verfahren ordnungsgemäß abzuwickeln oder gar einen Verdacht bezüglich möglicher Mißbräuche bei Asylentscheidungen geäußert! Wer so gesprochen hätte, wäre wohl mit Sicherheit entsprechend abqualifiziert wenn nicht gar verunglimpft worden. Erst als diese Unregelmäßigkeiten nicht mehr zu verheimlichen waren, wurde dann auch seitens etablierter Politik die (zweifelsohne berechtigte!) Empörung geäußert.
Und natürlich wurde die Verantwortung unverzüglich eben nicht einer völlig falschen Politik (Stichwort u.a.: Angela Merkels Grenzöffnung und ihr stetes Alternativlosigkeit-Diktat!) zugeordnet sondern extern attribuiert. Aber diese unerträgliche Vorgehensweise der Machtausübenden (aber auch von Teilen der diese Macht eigentlich kontrollieren Sollenden) ist so neu ja nicht ... Interessant finde ich diese Vorgänge, weil sie einmal mehr zeigen, wie dicht Wahrheit und Täuschung beieinander liegen und aufschlußreich ist es unter anderem, weil auch diese Vorgänge verdeutlichen, wie gefährlich es ist, wenn echter Diskurs, wenn echte Diskussion, wenn echte Debatte bei Auseinandersetzungen in und um Problemlagen nicht stattfindet und wenn zudem durch eine unsägliche Political Correctness -- immer wieder praktiziert und von einschlägigen Interessengruppen mit Wolfsgeheule bis hin zur Diffamierung Andersdenkender und kritischerer verfahrenden Personen verteidigt! -- nur das als Denke akzeptiert bzw. zugelassen wird, was einem genehm und bei der Verfolgung eigener Interessen nicht hinderlich ist.
Laut SZ vom 20. Mai 2018 soll auch die Bamf-Präsidentin Jutta Cordt schon sehr früh von den Unregelmäßigkeiten gewußt haben -- so belegen es interne Mails. Was die Unregelmäßigkeiten bei Asylentscheidungen in Bremen angeht soll bereits im Januar 2016 dies dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bekannt geworden sein. Im Februar 2017 sollen Jutta Cordt sowie ein Mitglied der Behördenleitung und ein Abteilungsleiter "Hinweise auf dubiose Fälle" erhalten haben. (Diese Nachrichten liegen der SZ und dem NDR vor -- hier einmal ein Hoch auf gute Medienarbeit!) Der zuständige Abteilungsleiter des Bamf habe zwar im Februar 2017 zwar eine Prüfung angeordnet, diese solle aber "geräuschlos" geschehen. Er wolle nicht, heißt es demnach in seiner E-Mail, "dass alles bis ins Detail geprüft wird." (so die SZ) Warum eigentlich "geräuschlos"? Soll oder darf die Öffentlichkeit nicht erfahren, was tatsächlich Sache ist? Und warum nicht "dass alles bis ins Detail geprüft wird"? Sind es nicht gerade auch die Details die bei rechtlichen Aufarbeitungen oft sehr relevant sind? Darf in einer Demokratie das Volk nicht erfahren, was entgegen einer proklamierten und zugesicherten Problemlösungsstrategie falsch läuft -- bis hin zu Rechtsbruch? Eine derartige Verschweigenstaktik wäre doch einer Demokratie gerade nicht würdig; solche negativen Vorgehensweise wirft man hierzulande doch immer wieder gerne sogenannten Bananenrepubliken und anderen als unliebsam deklarierten Staaten vor. Man muß hierzulande offensichtlich doch sehr aufpassen, daß man nicht selbst in dem Glashause sitzt, aus dem man dann besser nicht mit Steinen auf andere wirft ... Um nicht falsch verstanden zu werden: ich kritisiere hier den Versuch der Täuschung, des Unter-den-Teppich-Kehrens seitens Verantwortlicher, ich freue mich natürlich über gute Aufklärungsarbeit durch z.B. einige Medien, die verhindert, daß solche Praxis auch noch in Stein gemeiselt werden kann.
Es stellt sich -- neben wohl zahlreichen anderen -- auch die Frage, weshalb Jutta Cordt zwar im April 2018 einen Überblick der Abläufe der internen Untersuchungen gegeben hat, dort jedoch die E-Mails vom Februar 2017 nicht erwähnte. Laut Stephan Mayer (CSU), Innenstaatssekretär, war zuvor bekannt geworden, daß es am 25. Januar 2016 enen anonymen Hinweis beim Ombudsmann des Bundesinnenministeriums gegeben hatte. (laut dpa und einem Bericht in der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung).
Warum wird eigentlich nicht unverzüglich alles schonungslos aufgedeckt, weshalb kommen jene Unerhörtheiten nur scheibchenweise auf den Tisch und dann noch häufig nur deshalb, weil bereits Druck von außen dies erzwingt, ein Leugnen, ein Tabuisieren unmöglich macht?
Natürlich gibt es dafür zum Beispiel aus der Psychologie gute Deutungsmuster, welche allerdings derartiges Verhalten zwar erklären aber nicht entschuldigen! Wenn es dann mit Blick auf das Bremer Amt heißt, die damalige Leiterin habe eben aus humanitären Gründen diese falschen Asylbescheide ausgestellt, sie wollte doch nur den notleidenden Menschen helfen, dann mag das ihre private Haltung ("Gutmenschhaltung") sein, von mir aus auch als ein "edel sei der Mensch, hilfreich und gut" angesehen werden; aber in einer Behörde oder Institution, in der nach Recht und Gesetz zu entscheiden ist, hat eben eine solche persönliche Haltung nicht handlungs- und entscheidungsleitend zu sein!
Im Jahr 2016 habe das Bamf Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet, gegen die damalige Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle (die übrigens angeblich auch Fälle an sich gezogen und beschieden hatte, für die Bremen gar nicht zuständig war! Wie ist das denn überhaupt möglich? Eine Form von Behördenwirrwarr?) sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Dieses sei im März 2017 abgeschlossen worden mit der Entscheidung, ihre Bezüge zu kürzen. Bereits am 21. Juni 2016 sei die Leiterin ihrer Position enthoben worden. "Nach staatsanwaltlichen Durchsuchungen am 18. und 19. April war bekannt geworden, dass die frühere Leiterin der Bremer Bamf-Stelle zwischen 2013 und 2016 mindestens 1.200 Menschen Asyl gewährt haben soll, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Bereits zuvor war bekannt geworden, dass es erste interne Hinweise 2014 gegeben haben soll und 2016 disziplinarrechtliche Untersuchungen gab."
Gegenüber dpa hatte eine Sprecherin des Innenministeriums geäußert, "die Innenrevision des Ministeriums habe in den Jahren 2016 und 2017 punktuell über einzelne Aspekte der Vorwürfe erfahren", der Personalreferent des Ministeriums sei im April 2017 über den Abschluß des Disziplinarverfahrens unterrichtet worden. Da sei es um den Vorwurf gegangen, die Leiterin in Bremen " in circa 26 Fällen Anträge außerhalb ihrer Kompetenz positiv beschieden", es sei jedoch damals weder das Ausmaß noch die strafrechtliche Relevanz des Fehlverhaltens erkennbar gewesen. Laut dieser Sprecherin habe Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erstmals am 19. April 2018 von den Vorgängen in der Bamf-Außenstelle Bremen erfahren.
Laut WELT online vom 08.06.2018 kann der Innenausschuß "jetzt mit Fakten belegen: Das Chaos bei den Asylentscheidungen ging schon 2013 los. Damals hatte die BAMF-Führung mit drastischem Personalmangel zu kämpfen. Die Kanzlerin war offenbar informiert. (...) Je penibler der Innenausschuss sich mit den Missständen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) befasst, desto offenkundiger wird die Verantwortung der Politik für das Versagen von Deutschlands zentraler Flüchtlingsbehörde.
Von Anhörung zu Anhörung spricht mehr dafür, dass die Fokussierung auf die Außenstelle in Bremen dem Vorgang nicht gerecht wird – und die ungenügende Personalausstattung nicht nur des BAMF für eine große Zahl falscher Asylentscheidungen gesorgt haben könnte. „Bremen war in jeder Außenstelle“, sagte am Freitag Personalratschef Rudolf Scheinost – womit er nicht auf den von der Staatsanwaltschaft untersuchten Vorwurf abzielte, einzelne positive Asylbescheide seien gekauft worden, sondern auf die systemische Überlastung viel zu kleiner Apparate durch eine stetig wachsende Flut von Anträgen. Und das Desaster begann nicht erst im Herbst 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise. Die Zahl der Asylsuchenden stieg vielmehr bereits ab 2012 deutlich." Laut WELT habe Scheinost 2013 der Kanzlerin Merkel erklärt, er benötige dringend mehr Personal. Die Kanzlerin soll dann zum damaligen Innenminister Friedrich (CSU) gesagt haben: "Hans-Peter, schreib' da mal auf (...) Herr Scheinhorst braucht mehr Mitarbeiter." Merkel hatte da offensichtlich auch den Namen des Personalratschef nicht richtig verstanden gehabt ... Viel hat Scheinosts Bitte nicht bewirkt: 2013 wurden dann ganze 32 neue Stellen bewilligt. Bei einer Personalausstattung von damals rund 7000 Mitarbeitern kann man da ja wahrlich nicht davon sprechen, auf eine Notlage angemessen reagiert zu haben! Effektive Qualitätssicherung für die Arbeit im BAMF sähe ganz gewiß anders aus, spätestens ab 2015 war dann davon gar nichts mehr zu spüren: "das in den internen Vorschriften verfügte Vieraugenprinzip blieb auf der Strecke." (WELT, ebd.) Und diese Misere gelte "nicht nur für Bremen." Weiter heißt es in dem Bericht der WELT: "Als die Zahl der Antragsteller immer weiter wuchs, wurden Dolmetscher eingestellt, deren Seriosität oder auch nur Kompetenz nicht mehr überprüft wurde. Die IT-Ausstattung der Behörde war weit unter dem erforderlichen Niveau. Scheinost nannte im Ausschuss ein IT-Budget von acht Millionen Euro für 2013, das viel zu niedrig gewesen sei. Der Gesamthaushalt des BAMF betrug rund 800 Millionen Euro. Die Anerkennung eines Asylantrags gehe schneller als die Ablehnung, wussten Mitarbeiter, die gewaltige Überstundenkonten vor sich herschoben, nicht selten am Samstag zur Arbeit anrückten und teilweise über ein „Klima der Einschüchterung“ durch die Vorgesetzten klagten." (ebd.) Wo hier das Dilemma eigentlich lag / liegt, wird doch deutlich: beim Versagen auf der politischen Ebene. Der Gesamtpersonalrat hatte in einem Brief an Jutta Cordt (Behördenleiterin!) es deutlich gemacht: "nicht die Mitarbeiter seien für die Misere verantwortlich, sondern die Behördenchefs." (ebd.) Es gab aber auch schon früher so einen Brandbrief: am 11. November 2015 schrieb der Personalrat an Frank-Jürgen Weise (Vorgänger Cordts), als BAMF-Chef seit September jenes Jahres im Amt, daß mit Blick auf das "Mehraufkommen" von "systemischen Mängeln" die Rede sein muß, daß die Qualität auf der Strecke bleibe und dies sei "mit rechtsstaatlichen Verfahren nicht vereinbar." Man könnte auch die Tatsache, daß etwa 40 Prozent der 2017 abgelehnten Asylanträge erfolgreich vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden konnten, als Beleg für die systemischen Mängel und Überforderung der Mitarbeiter sehen; allerdings -- die Gerichte sind mit der Antragsflut ebenfalls überbelastet -- wirft WELT online auch die Frage auf, ob nicht auch die Juristen kapitulierten "vor der schieren Masse wie zuvor die Behördenmitarbeiter." Eines scheint mir jedoch unverzichtbar: die eigentliche Verantwortung lag und liegt hier bei der Politik, bei deren Versagen. Und in diesem Zusammenhang erscheint es mir allerdings mehr als billig, wenn vor allem Kreise aus der Opposition den derzeitigen Innenminister Horst Seehofer für die Fehler der Vergangenheit mitverantwortlich machen wollen. Dies ist einfach nur plump, politische Demagogie. Vorwürfe sind hier sicherlich aber an seinen Vorgänger zu richten und an diejenige, welche ihn in dieses Amt genommen hat: Thomas de Maizière und Angela Merkel.
Bemerkenswert ist sicherlich auch, daß die neue (kommisarische) Leiterin der Bamf-Außenstelle Bremen Josefa Schmid (sie hatte die von ihrem Amt abberufene Ulrike B. zunächst abgelöst) recht schnell wieder von dieser Position abgezogen wurde. Warum? Darüber wird natürlich gerätselt. Jedenfalls wollte Josefa Schmid selbst in dieser Leitungsposition in Bremen verbleiben. Hat man es ihr übel genommen, daß sie auf ganz besonders und hartnäckig auf all die Verfahrensfehler hinwies? Könnte ja so gewesen sein ... Verwundern würde es mich nach all den Vorfällen wirklich nicht. Jedenfalls macht der Anwalt von Ulrike B. den Prüfbericht von Josefa Schmid als Quelle verschiedener Anschuldigungen gegen seine Mandantin aus. Jener Prüfbericht soll 99 Seiten umfassen und die Verfehlungen der Außenstelle auflisten. Weil Schmid ihr Vorgehen nicht mit der Bundesbehörde abgestimmt hatte, war sie daraufhin woeder abgezogen worden. (Quelle: Weser Kurier vom 06.06.2018)
Die Ermittlungen gegen die ehemalige Leitern der Bremer Außenstelle Ulrike B., eine 57-jährige Regierungsdirektorin, seien nach Vermutungen ihres Rechtsanwalts durch eine Intrige in Gang gekommen. Sie sei aus niederen Motiven von einem ihrer Mitarbeiter bei der Bamf-Bundesbehörde angeschwärzt worden. (Hintergrund sollen disziplinarrechtliche Beschwerden gegen jenen Mann gewesen sein, von sexuellen Übergriffen ist diesbezüglich die Rede.) "So erst seien die Ermittlungen wegen mutmaßlichen Asylmissbrauchs und Bestechung in Gang gekommen. Der Mann habe einen Rochus auf Ulrike B. gehabt, 'die waren sich spinnefeind' sagte Erich Joester am Mittwoch dem WESER-KURIER." (Weser Kurier vom 06.06.2018) Der Anwalt vertritt Frau B. im Verfahren gegen sie. "Die 57-jährige Regierungsdirektorin war bis vor zwei Jahren Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle. Ihr und fünf weiteren Beschuldigten, darunter ein Bremer Anwalt, wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, in mindestens 1200 Fällen „bandenmäßig“ dafür gesorgt zu haben, dass Flüchtlinge ohne rechtliche Grundlage einen Schutzstatus erhielten. Ermittelt wird auch wegen Bestechung und Bestechlichkeit. Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück." (ebd.)
Der Anwalt von B. vertritt die Auffassung, der Schmid-Bericht sei "zusammengeschusterter Kram" und entbehre jeder Basis. Er hat den Verdacht, Schmid sei gezielt vorgegangen, um B. in ein schlechtes Licht zu rücken. "Beide haben sich im vergangenen Jahr auf den Chefposten in der Außenstelle beworben." B. wollte also trotz des Ärgers mit der Zentrale in Nürnberg wieder zurück in ihre alte Funktion. (Weser Kurier vom 05.05.2018)
Es ist natürlich wichtig, daß bis zum Beweis des Gegenteils auch hier stets die Unschuldsvermutung gilt, woran sich eigentlich alle Beteiligten und Interessierten zu halten haben. Vom rechtlichen Fortgang der Angelegenheit(en) einmal abgesehen, bleibt für mich die leitende Frage nach den eigentlichen Ursachen. Ich denke die unterdessen geübte Kritik an der politischen Begleitung der Affäre während einer Personalversammlung trifft es recht gut: "Das Bamf sei mitnichten eine „Chaos- und Durchwinktruppe“, erklärte demnach ein Vertreter des Gesamtpersonalrats. Der Skandal sei mehrschichtig, er gehe von nicht geprüften Bescheiden über strukturelle Probleme bis hin zur politischen Aufarbeitung", so wird der Personalrat in der "Welt“ und den "Nürnberger Nachrichten“ zitiert ...
Zu der Einlassung, Frau B. könne "angeschwärzt" worden sein, möchte ich allgemein für derartige Hintergründe noch kurz anmerken: Sollte jemand tatsächlich gegen Recht verstoßen haben, ist es doch grundsätzlich egal, wie das dann zutage tritt. Unrecht bleibt immer Unrecht, ungeachtet dessen, wie es aufgedeckt wurde (allerdings sind hier strafrechtlich relevante Maßnahmen jeweils entsprechend anders zu bewerten!).
Natürlich kann man es als moralisch verwerflich sehen, wenn jemand eine andere Person "anschwärzt" (sofern nicht die Tatbestände der Beleidigung oder gar der Verleumdung erfüllt werden), aber eine Aufdeckung von Unregelmäßigkeit über diese fragwürdige Methode des Anschwärzens ändert nichts am eigentlichen Rechtssachverhalt und dessen Untersuchungsmaßnahmen. Ist etwas gesetzeskonform oder nicht abgelaufen, das ist doch die eigentliche Frage. Wer dies öffentlich macht und welche Motive dahinter sich verbergen, hat hier zur rechtlichen Beurteilung keine Relevanz.
In der Sendung Anne Will vom 10.06.2018 erklärte die Bundeskanzlerin zum Skandal um Asylbescheide beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf): "Die politische Verantwortung nehme ich voll auf mich." Die Überforderung des Bamf in der Flüchtlingskrise habe zwar eine Vorgeschichte gehabt, trotzdem habe die damalige Notsituation ein Eingreifen seitens der Bundesregierung erforderlich gemacht. Die Kanzlerin bestreitet aber, dass Schnelligkeit zulasten von Gründlichkeit als Ziel bei der Prüfung von Asylanträgen ausgegeben worden sei. Hier interessiert mich vor allem: Wie sieht das konkret aus, wenn jemand die "politische Verantwortung" "voll auf sich" übernimmt? Was bedeutet das für das jeweils subjektive Handeln? Anders formuliert: Wie muß dieses Übernehmen von politischer Verantwortung denn konkretisiert werden, damit es nicht nur bei bloßen Worthülsen bleibt?
Die FDP hat ja da auf einen Untersuchungsauschuß gedrungen. Dieser sollte -- so die Intention des FDP-Chefs Christian Lindner -- auch die politische Verantwortung seit 2014 prüfen, als sich bereits der wachsende Flüchtlingszuzug andeutete. Inwieweit hier dann auch die Ankündigung der AfD auf jeweilige Unterstützung ein positives Echo erzeugt, erscheint mir fraglich; denn schließlich wollen all die anderen Parteien mit der AfD nichts zu tun haben, grenzen sich von ihr entschieden und gänzlich ab. Bekanntlich ist für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Parlament die Unterstützung eines Viertels der Abgeordneten Voraussetzung. Da müßten jeweils drei der vier Oppositionsparteien AfD, FDP, Grüne und Linke sich einig sein. Sind sie jedoch in aller Regel nicht. Was Lindners Forderung angeht, ist allein schon die Linke voll dagegen und die flüchtlingspolitische Fraktionssprecherin der Grünen, Luise Amtsberg, sagte gegenüber Bild am Sonntag, ein Ausschuß solle "in erster Linie die Missstände im Bamf untersuchen, nicht die angebliche Grenzöffnung 2015." Zudem wird der Vorwurf erhoben, Lindner und der AfD gehe es um eine Abrechnung mit Kanzlerin Angela Merkel: "Für diese taktischen Spielchen ist die Situation aber zu ernst. Wir Grüne wollen aufklären und gleichzeitig den Blick nach vorn richten und reformieren."
Da zeichnet sich offensichtlich kein gemeinsamer Nenner ab. Auch stellt sich die große Mehrzahl der Länder quer, wenn es um Seehofers Forderung nach Asyl-Ankerzentren geht. Ebenfalls herrscht keine hinreichende Einigkeit hinsichtlich schnelle Abschiebung und der Modi deren Durchführung. Wo eigentlich schnelles Handeln geboten wäre, dürften wir Bürger wohl noch länger auf Lösungen warten.
Es bleibt -- immer und überall -- zu klären: Werden die Rechtsgrundlagen bei der Gewährung oder Ablehnung von Asyl eingehalten oder nicht. Um nicht mehr oder weniger geht es hier doch!
Zwei Meinungen zum Nach- und Überdenken zur Problematik:
Karin J. schrieb zur Theamtik im Allgemeinen und Besonderen: "Was soll das geeiere? Es ist völlig egal welcher Nationalität jemand angehört oder welches Verbrechen ausgeführt wird. Jeder sollte sehen welche abartige Type Menschenleben nicht achtet. Und hier komme ich kurz zur Politik. Alle Politiker/innen in der Welt, die Waffenverkäufe autorisieren, nehmen billigend Verbrechen wie Morde und Kriege in Kauf.
Was die Zustände in Deutschland angeht, so wundert mich nichts mehr. Schon bevor die Flüchtlingskrise los ging, wusste man nicht mehr, was sich hier im Land herum treibt. Ganz bunt wurde es, als Frau Merkel den Startschuss für die Nichteuropäer gab. Es kamen nicht nur tatsächliche Flüchtlinge, sondern alles, was sich an dem Wohlstand in Deutschland bereichern wollte und noch will. Der geringste Teil hat Ambitionen am Arbeitsleben teilzunehmen. Und unsere Politiker/innen habensich die 3 indischen Affen zum Vorbild genommen. Hätte sie
nicht jahrelang am eigenen Volk vorbei regiert und den Neuankömmlingen suggeriert, wie leicht man hier an Geld kommt, wäre auch eine AFD nicht so stark von den enttäuschten Menschen gewählt wurden. Statt aber mal mit sich selbst ins Gericht zu gehen und endlich eine Kehrtwende zu machen, hämmert man auf das selbst gezüchtet Kind (AFD) herum und jammert. Stattdessen muss man seit geraumer Zeit feststellen, dass hier im Land jeden Tag Mord und Todschlag an der Tagesordnung ist, was es früher in dieser Form definitiv nicht gab. Und dann gibt es auch noch den Täter – vor Opferschutz. Das ist erbärmlich. Sieht man noch die milden Urteile, muss man zwangläufig an der Rechtsstaatlichkeit zweifeln. Diese Zustände im Land hat nicht die AFD zu verantworten, sondern die Regierungen nach der Ära Kohl. Man muss daran zweifeln, dass wir noch wahre Volksvertreter haben, die tatsächlich die Interessen des deutschen Volkes vertreten. Man hört nur noch die Worte, EU, Flüchtlinge, Krisengebiete in der Welt, der böse Putin und der unberechenbare Trump. Nur die Krisen in Deutschland interessieren sie nicht."
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 10 Die Sache mit der jeweils "richtigen" Wortwahl -- nicht immer zielführend ... Wer und was definiert, was diskriminierend ist, wer spielt "Sprachpolizei"?
Die Sache mit der angemessenen Wortwahl gerät nicht selten auch dann zu einer heiklen Thematik, wenn es um Migration, Flucht und Asyl geht. Gerade der Begriff "Asylant" scheint mir, entgegen der praktizierten politischen Korrektheit, alles andere als diskriminierend zu sein, auch wenn es mittlerweile "gelungen" ist, den Begriff mittlerweile als mindestens verpönt zu diskreditieren. Er ist nämlich, wie zu zeigen sein wird, nur dann "diskriminierend", wenn -- entgegen dem eigentlichen Wortsinn! -- von bestimmten Kreisen darauf abgehoben wird, eine entsprechende subjektive, negative Deutung vornehmen zu wollen. Und auf diesem Gebiet haben es doch einige Kräfte, mainstreamhaft einflußreich, mittlerweile auf eine recht dogmatischen Beeinflussungsebene geschafft ...
Es zeigt sich hier: das nach dem 2. Weltkrieg aus gutem Grund geschaffene Asylrecht ist nicht mehr zeitgemäß, vor allem haben die Abläufe der Durchführung mittlerweile teilweise eine Art Eigendynamik geschaffen, wo gegenzuwirken ist! Das fängt bereits mit der Definition von Begrifflen an. Dahinter steckt jedoch m.E. eine ideologische Position, welche Sachverhalte umzudeuten trachtet. Was ist denn gegen den Begriff "Asylant" ("Asylantin") einzuwenden? Da wird vielfach behauptet, er wäre diskriminierend. Er ist es jedoch nicht, es sei denn man kreiert oder unterstellt subjektiv (aus welcher persönlichen oder intersubjetiv geteilten Orientierung auch immer!) eine! Aber schauen wir uns das alles einmal näher und gründlicher an ...
Unter "Asyl" wird ein "Zufluchtsort" (für Verfolgte) verstanden. Ursprünglich auch ein "Heim" für Obdachlose. Der Begriff stammt aus dem griechischen "asylon" (= Freistatt, Ort der Sicherheit). Im Zusammenhang ist dies mit dem griechischen "asylos" (= unverletzt, sicher, unverletzlich, unberaubt) zu sehen. Die griechische Vorsilbe "a-" bedeutet eine Verneinung ("a-" = nicht!) und das griechische "sylan" (ein Verb!) meint "berauben", griechisch "sylon" ist der "Raub" bzw. der "Tempelraub". Ursprünglich wurde mit "Asyl" das Gegenteil von "Tempelraub / Raub beschrieben, also: Sicherheit, der Tempel sozusagen als sicherer Zufluchtsort. (Vielleicht leiten ja auch jene, die sich hierzulande mit dem Angebot "Kirchenasyl" zumindest faktisch gegen die staatliche bedingte Gesetzeslage stellen, aus jenen Zusammenhängen die Legitimation für ihr Tun ab ...).
Man kann also sagen, wenn jemand ein festes, ein sicheres Asyl hat, dann ist er "unverletzlich" (sowohl physisch als auch psychisch -- frei von Verfolgung).
Je nach Gesetzeslage in einem Land wird Asyl gewährt oder auch verweigert. Es ist eine Voraussetzung für die Asylgewährung, daß jemand um "Asyl" bittet, um "Asyl" ersucht. In moderneren Staaten ist es nun so, daß die Gewährung bzw. Nichtgewährung von Asyl an rechtliche Voraussetzungen gebunden ist. Sind diese gegeben, dann muß Asyl (im jeweils entsprechenden Verfahrensweg!) gewährt werden, sind sie es nicht, dann ist Asyl zu verweigern. Beim "Asyl" handelt es sich um ein Individualrecht. Man tritt also nicht in Konkurrenz zu anderen, sondern hat je nach Voraussetzung und Hintergrund persönlich einen Anspruch auf Asyl oder auch nicht. Es handelt sich also hierbei nicht um eine "Bewerbung" im üblichen Sinn! Es sollte vor diesem Hintergrund bereits einleuchten, daß allein schon der Begriff "Asyl" impliziert, daß auch der Begriff "Asylant" keine Diffamierung sein kann! Denn was bedeutet diese Nachsilbe "-ant" eigentlich? Die Nachsilbe "-ant" ist lediglich ein nachgestelltes Element zur Wortbildung: es handelt sich hierbei also, sofern ein Person aus einer Verbableitung so bezeichnet wird, um jemanden, der etwas tut (bei Sachen dann übrigens darum, daß durch sie etwas "bewirkt" wird).
Der Asylant, die Asylantin "tut" also irgendetwas, hier dann spezifisch: man bittet um Asyl, man ersucht sozusagen Hilfe vor Verfolgung etc. (Auf gerundspezifische Aspekte durch Wortbildungen mit der Nachsilbe "-and" gehe ich an dieser Stelle nicht weiter ein, da sie zum Verstännis der Abgrenzung zu Wortbildungen mit "-ant" nicht notwendig ist -- bei jenen Wortbildungen werden Bezeichnungen ür eine Person oder Sache bewirkt, welche von einer Verbhandlung betroffen werden sollen (z.B. Konfirmand als jemand, der konfirmiert wird; Informand als einer, der informiert wird; Proband als Person welche untersucht bzw. geprüft wird -- abgleitet vom lateinischen Verb "probare" = prüfen, untersuchen, erproben; Vorstand, abgeleitet von "vorstehen").
Nun könnte man aber nachvollziehen, daß der Begriff "Asylant" diskriminierend wäre, wenn zumindest Wörter mit der Nachsilbe "-ant" ausschließlich oder überwiegend eine negative Konnotation hätten. Dem ist aber nicht so (es sei denn man unterlegt allem das Schlechte, eine Eigenschaft, welche leider nicht wenigen Zeitgenossen und Zeitgenossinnen zuzuschreiben ist!). Schauen wir uns beispielhaft wenigstens ein paar dieser Wortbildungen an: Passant (im Normalfall wohl kaum von Übel ...), Musikant (jemand, der musiziert), Informant (jemand, der informiert, im Gegensatz zum -- s.o. -- "Informand", der bekanntlich informiert wird). Weitere derart ableitbare Nomen: Adjutant, Debütant, Demonstant (sicherlich für manche -- je nach Art des Demonstrierens -- eher unerwünscht ...; aber gehen wir ruhig einmal davon aus, daß Demonstieren in einer Demokratie essentiell ist, dann sollten wir auch diesen Begriff zunächst als positiven betrachten ...), Repräsentant (je nach Art und Inhalt des Repräsentierens kann man hier subjektiv sicherlich negative bzw. positive Deutungen vornehmen), Lieferant (in unserer Konsumgesellschaft wohl ein besonders positiv besetzter Begriff -- zumindest in aller Regel!), Fabrikant (schafft Arbeitsplätze, was sicherlich die allermeisten als positiv sehen dürften!), Intendant, Mandant, Ministrant, und, und, und -- die Reihe positiver Begriffe mit "-ant" ließe sich schier endlos fortsetzen.
Natürlich gibt es auch (überwiegend) eindeutig negative Beispiele: Die meisten dürften den "Qerulant" nicht gerade wertschätzen, sicherlich auch nicht den Typus "Simulant", wohl kaum auch den Aggressor "Okkupant", ebensowenig dürfte von seinen eigenen Kreisen einmal abgesehen der Spekulant auf große Sympathien hoffen dürfen und ob ein Komödiant immer mit Zustimmung rechnen darf, sei einmal dahingestellt.
Wir sehen also -- man kann sich durchaus der Mühe unterziehen, weitere, auch ambivalente (s.u.) Beispiele zu untersuchen --, von einer negativen oder gar diskrimierenden Weise kann bei Personen, deren Tun mit der Nachsilbe "-ant" konkretisiert wird, überhaupt nicht sprechen! Vielfach hängt es doch in bestimmten Bereichen vom jeweiligen (individuellen) Verhalten ab, inwieweit sich hier eine negative oder positive Betrachtungsweise anbietet. Diese Ambivalenz gilt es dann entsprechend aufzuzeigen. In aller Regel dürfte doch ein Kommandant positiv zu bewerten sein. Oder etwa nicht? Richtig: es hängt vom jeweiligen "Machtausüber" ab, wie er gesehen wird, aber nicht nur von ihm: sondern auch von der Empfindlichkeit bzw. vom Grad der Wehrfähigkeit der durch ihn betroffenen Personen. So manche hierarchischen Strukturen lassen da herzlich grüßen ... Und wie steht es um "Emigrant"? Willkommen wohl überall dort, wo er sich anständig zu benehmen weiß und gar noch im Land (als Arbeitskraft) benötigt wird, anderen nicht die "Butter vom Brot" nimmt. Ein typischer Begriff der beides vermitteln kann: Postives als auch Negatives. (Bitte hier nicht sogleich die übliche Moralkeule politischer Korrektheit schwingen! Ich habe bei den Möglichkeiten unterschiedlicher Bewertungsmodi durchaus auch jene Deutschen hier im Blick, die immer und überall mit der üblen "Hoppla-jetzt-komme-ich"-Mentalität aufkreuzen sowie mit besserwisserischer Penetranz die Welt durchpflügen!) Nicht anders verhält es sich hier natürlich, wenn vom "Immigrant" die Rede ist. Wobei dann bei "Ignorant" hoffentlich dann doch wieder eher konsequent eindeutig zu urteilen sein sollte: nur von Übel sind jene Typen, für Ambivalenz wohl kaum ein Platz! Auch dürfte es schwierig sein, bei "Dilletant" das Positive zu ergründen ...
Und wer glaubt, der eigene natürliche Geruch ist den anderen nicht zuzumuten bzw. unangenehm, der oder die -- nun komme ich noch kurz zu "Sachen" -- wird wohl "Deodorant" nur als wohltuend definieren, je nach Einstellung zur Mathematik bzw. je nach einschlägiger Fähigkeit dürfte die Einstellung zu "Quadrant" und "Radiant" entweder positiv oder negativ sein und bei wem es brennt, der dürfte sicherlich heilfroh sein, wenn ein "Hydrant" in der Nähe ist.
Na ja: ich denke für all diejenigen, die hier umfassend zu reflektieren versehen, dürfte es klar sein: nachdem der Wortsinn es nicht hergibt, dürfte "Asylant" nur für diejenigen als abwertender Begriff gelten, welche sich hier als Speerspitze sprachlicher Bevormundung sowie als Ex-cathedra-Deuter des Weltgeschehens verstehen wollen. Vielleicht haben jene aber auch nur ein besonderes Faible, zu gründeln in den Untiefen geistiger Niederungen oder die Schlichtheit einfach nur das verstehen zu wollen, was ihrem engen Horizont vermeintliche Sicherheit verschafft. Sozusagen die Solidarität der Unmündigen etwa? Man könnte es durchaus auch so sehen ...
Warum in Deutchland Asylant durch Asylbewerber (oder wie in Österreich gar als: Asylwerber) im öffentliche Sprachduktus (mehr oder weniger "gewaltsam") ersetzt wurde, und zwar dergestalt, daß all jene, welche am ursprünglichen Begriff "Asylant" eigentlich aus gutem Grunde festhalten, diffamiert, häufig gar in die rechte Ecke bugsiert werden, läßt schon sehr tief blicken! Vor zeigt sich hier die Unfähigkeit (oder der Unwillen!?) zu diskursiver Auseinandersetzung und ein deutlicher Hang gewisser Kreise zur sprachlichen Bevormundung der Gesamtbevölkerung. Mehr Trennschärfe wird durch solche Eskapaden gewiß nicht erreicht, eher das Gegenteil. (Vielleicht betätigen sich ja auf diesem Feld der künstlichen Sprachverwandlungen einige nur deshalb, weil sie ansonsten eine andere Form des Lebensunterhaltes sich suchen müßten ...)
Es wäre zielführender (und nicht nur sachlich ehrlicher!) gewesen, wenn man in Deutschland sich wenigstens am Schweizer Umgang mit "Asyl" orientiert hätte: dort werden "Asylanten" synonymisch als "Asylsuchende" bezeichnet -- was genau dem Begriff "Asylant" dann auch wieder entspricht.(Denn jene Menschen suchen um Asyl nach, begehren Asyl -- sie "bewerben" sich nicht darum, denn dazu fehlt es an den entsprechenden Voraussetzungen ...)
Wer "Asyl" als abwertend empfindet, sollte sich auf jeden Fall mit der Materie zunerst einmal gründlich und kritscher auseinandersetzen, vielleicht auch in seiner eigenen Persönlichkeit suchen, ob dort Antworten für diesen verqueren Umgang mit Sprache zu finden sind. Asylanten sind eben Personen, die in einem Land, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, Asyl suchen: Aufnahme und Schutz vor politischer, religiöser oder sonstiger Verfolgung. Das Völkerrecht unterscheidet jene von Menschen, welche aus eigenem Antrieb (z.B. in der Hoffnung auf verbesserte Lebenssituation) ihr Land verlassen (= Migranten) beziehungsweise von Personen, die zur Flucht (z.B. durch Krieg) gezwungen sind (= Flüchtlinge).
Daß auch im Völkerrecht jene über deren gestellten Asylantrag noch nicht entschieden wurde, als "Asylbewerber" bezeichnet, erscheint mir eher willkürlich (vielleicht auch weil einer politischen Korrektheit folgend) als sachlogisch begründbar. Natürlich könnte man jeden beliebigen Begriff, sofern eine entsprechende quantitative Übereinkunft herrscht, durch einen x-beliebigen ersetzen (banales Beispiel: der Begriff "Banane" gefiele nicht mehr weil er zunehmend mit "Bananenrepublik" assoziiert wäre, also würde beschlossen diese Frucht nun umzubenennen, beispielsweise in "Gelbschalenfrucht"). Die Frage ist jedoch: macht es Sinn einen bislang trennscharfen Begriff mit einem eher verwässerten, nicht dem sprachlichen Fortschritt dienenden zu substituieren. Natürlich nicht! Wer in diesen Zusammenhängen darauf pocht, so sei es eben mit der (sicherlich ablaufenden) Fortentwicklung von Sprache ganz allgemein, der sollte dieses Argument dann nicht verwenden, wenn statt üblicher Fortentwicklung häufig an den Haaren herbeigezogene Sprachbevormundung, somit künstliche Veränderung, eigentlich ursächlich sind! (Hier lassen die Pseudodiskussionen um "Zigeunerschnitzel", "Neger", "Mohrenköpfe", "Negerküsse", Änderungsforderungen bei Kinderbüchern, etc. grüßen -- eigentlich alles harmlose und ohne repressiven Impetus verwendete Begrifflichkeiten, die nur dadurch ihre angeblich diffamierende Funktion -- Stichwort: "Sprache als repressives Instrumentarium") -- erhalten haben, weil hier Empörungsaffine ihr ureigenes Betätigungsfeld, vielleicht sogar nach der Haltet-den-Dieb-Methode, geschaffen haben. Daß diese Empörungsereiferungen sich dann schnell zu einer Art Empörungswelle ausweiten, sich verselbständigen und dann sprachliche Fakten schaffen, sollte stets vor dem Hintergrund der Ursache-Wirkung-Problematik untersucht werden: Was war denn zuerst, das -- um eine dieser Wellen aufzugreifen! -- "Unwort" (diese unsägliche alljährlich wiederkehrende Oberflächlichkeit dürfte ja sattsam bekannt sein!) oder ein ganz normales deskriptives trennscharfes Wort, welches dann künstlich und auch durch Nutzung von Massenhysterie erst desavouiert wurde. Daß hier dann einige "Sprachwissenschaftler" besonders eifrig mitmischen, sollte wenig verwundern. Schließlich geht es auch um Erhalt der jeweils eigenen Position. Nein, nicht immer ist Bedeutungswandel eines Begriffs sachimmanenter Natur oder Ausfluß dynamisch-stringenter Sprachentwicklung, sondern allzu häufig verbergen sich dahinter Fremdbestimmungsversuche und selbsternannte Deutungshoheitsformen. Das sollte nicht kritiklos hingenommen werden, hier sollten subalterne Verhaltensmuster korrigiert werden -- allein schon im Sinne einer (auch unbedingt notwendigen!) Verbesserung gesamtgesellschaftlicher Diskussionsqualität (mit dem Endziel eines echten Diskurses), aber auch im Interesse eigener Autonomiebestrebungen, die notwendige (wenn auch noch nicht ganz hinreichende!) Voraussetzungen für mündige Bürger und Bürgerinnen sind. Hier gilt es, der angesichts der Wirklichkeit doch recht weisen Aussage meines ehemaligen Mathematik- und Physiklehrers K. Gillhuber die Substanz zu nehmen: "Dumm bleibt dumm, da helfen keine Pillen." So darf man sich die Wirklichkeit nicht entwickeln lassen, wir brauchen mehr an Qualität, nicht noch weniger!
Jene fremdbestimmenden "Sprachenbestversteher" (und leider auf den fruchtbaren Boden oberflächlichen Denkens stoßend, dadurch leider allzu oft intersubjektive Übereinkunft erzielend!) sollten sich einmal gründlich damit beschäftigen, was der Philosoph Karl Jaspers über das "vermeintiche Verstehen" und über den Umgang mit Sprache generell (wozu natürlich besonders auch der Kontext, in den ein Begriff gestellt ist, gehört!) so zutreffend ausformuliert hat: "Die Grenzenlosigkeit möglichen Bedeutens scheint der Auslegung beliebigen Raum zu geben. Es ist möglich, aus irgendwelchen Texten, welche als autoritativ anerkannt werden, fast jedes beliebige Problem herauszuholen. Das Philosophieren in Form von Kommentaren zu vorliegenden Texten hat immer wieder diese abstrusen Formen angenommen. Aus Anlaß gegebener Texte werden nicht diese verstanden, sondern in der Scheinform des Verstehens eigene Gedanken entwickelt." (Karl Jaspers, Die Sprache, Piper, München 1964, S. 17; auch im 2. Teil seines Buches "Von der Wahrheit", München 1947, im Kapitel "Die Sprache", S. 395 - 449) Was hier von Jaspers über "Texte" gesagt wird, trifft natürlich auch auf einen derer wesentlichen Bausteine zu: Wort, Begrifflichkeit, (möglichst trennscharfe!) Definition. Offenkundig darf es auch hier natürlich kein "Scheinverstehen", wozu logischerweise eigenmächtige Umdeutungen der jeweiligen Begrifflichkeit gehören, geben. Nochmals Karl Jaspers in diesem Zusammenhang: "Sonst werden etwa Neubildungen, absichtlich erzwungene Satzgebilde, Ausbreitungen von Kostbarkeiten der Sprache zu Gegenständen, die von der Sache abziehen, sie mehr verschleiern als erhellen, aber durch kunstvolle Spielerei die täuschende Erbaulichkeit außerordentlicher Bedeutungen geben. Man gibt sich, statt an die Sache, an die Sprache hin.Statt den Gedanken in der Sprache als einem folgsamen Medium zum Sprechen zu bringen, wird im Gesprochenen der hinzukommende Gedanke erwartet, dem trivialen Gedanken ein täuschender Putz gegeben, der Banalität eine Scheintiefe, der Plattheit eine zu ahnende Hintergründigkeit. (K. Jaspers, a.a.O., S. 53)
Und es ist wohl gerade in heutiger Zeit nicht weit hergeholt, wenn man behauptet, daß die Zunahme sprachlicher Scheingefechte -- freilich unter dem Mantel von "täuschendem Putz", allzu häufig eher mit Scheintiefe, mit Banalität, mit trivialen Gedanken, dabei offensichtlich weniger mit "kunstvoller Spielerei" (so ein Diktum wäre schon wieder zuviel der Ehre für jene Sprachakrobatik), dafür eher mit dumpfer, eigentlich leicht durchschaubarer Wiederholungsmonotonie --, nicht der Erhellung sondern faktisch einer Verschleierung von sinnlosen und nicht der eigentlichen Sache nützenden Neubildungen dient. (Dieses Phänomen ist ein weiterer Ausdruck fehlender Fähigkeit zu Diskussion und Diskurs, zieht sich durch die allermeisten politischen Auseinandersetzungen, Talk-Shows und andere medial veranstaltete "Diskussions-"formate sowieso, ist vor allem auch Ausdruck, dafür, andere nicht verstehen zu wollen respektive es nicht zu können, sich inhaltlich wie die Katze um den heißen Brei zu schleichen, eigenes Unvermögen zu kaschieren, letztlich auch: mangelndes Bemühen um Ehrlichkeit und die Abwesenheit der Suche nach "Wahrheit". Eines der jüngsten Beispiele für diese negative Haltung / Entwicklung stellt übrigens auch die Me-Too-"Debatte" dar ...)
Ich darf den unsinnigen Drang zu (Wort-)Neubildungen mit einem eigentlich banalen und, zugegeben, etwas überzogenen Beispiel einmal erklären: Jemand gefällt plötzlich der Begriff "Tisch" nicht mehr, weil z.B. von einem solchen auch schon mal Nazis gegessen und diesen entsprechend gebraucht haben und kommt deshalb auf die Idee, diesen Begriff zu tabuisieren und nach einer anderen Benennung für diesen Gegenstand zu suchen. Er sucht sich für seinen "Sprachkrieg" Mitstreiter (die findet man immer, ungeachtet der jeweiligen Zielsetzungen), um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen und das Ergebnis einer Allgemeinheit überzuschütten ... Absurd? Ja, das würde auch ich gerne so sehen. Ist jedoch so absurd leider nicht! Aber leider geschieht dies immer wieder, gerade im Kontext mit der Auf-, Ver- und Überarbeitung unserer diesbezüglich mehr als unrühmlichen nationalsozialistischen Vergangenheit. Warum kann / darf man dann aber die alte -- und harmlose, ausschließlich auf subjektive Kompentenzen und Bedürnisbefriedigung gerichtete, im Grunde genommen sehr tolerante -- lateinische Lebensmottosentenz "suum cuique" (= Jedem das Seine) nicht mehr verwenden, ohne sogleich von einer empörten Mehrheit an den Pranger gestellt zu werden. Auch widersprüchlich scheint es mir, wenn die kapitalistische Wirtschaftsweise, aber nicht nur diese, sondern auch psychologisch orientierte Sozialforschung u.a., betont, wie wichtig Arbeit für den einzelnen ist, wie bedeutsam sie für seine Lebensgrundlage sei, wie sie existenzbestimmend wirke, daß sie wesentlichen Anteil an der Persönlichkeitsbildung habe und außerordentlich identitätsstiftend die Psyche der Menschen beeinflusse. Wie wurde stets -- gerade zu Zeiten der Ost-West-Konflikte und angesichts des "Wettlaufs der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme" -- immer der Zusammenhang von Arbeit und Freiheit proklamiert. (Hier muß ich einschränken, daß ich persönlich der Arbeit nicht diesen hohen Stellenwert zuordnen kann und möchte, für mich bleibt sie eher ein unverzichtbares Mittel, ein notwendiges "Muß" zu Absicherung primärer Bedürfnisse, um, darauf aufbauend, dann andere realisieren zu können. Ich schreibe der Arbeit -- heute dies eher wieder zunehmend -- ein starkes "Entfremdungspotential" zu, auch wenn ich da in den Augen vieler dann als rückwärtsgewandt, "von gestern", oder gar marxistisch denkend -- was natürlich eine unsinnige Verkürzung wäre! -- oder mit anderem Vokabular des Nichtangepaßtseins "bekränzt" werden sollte. Salopp gesagt: Für die meisten dürfte Erwerbsarbeit nach wie vor nur ein "notwendiges Übel" sein. Daß immer wieder versucht wird, über diesen Aspekt mit euphemistischen und scheinheiligen Strategien hinwegzutäuschen, ist ideologisch wie auch individualpsychologisch gut erklärbar.). Wer da aber es nun wagt, festzustellen (nochmals: ich würde wegen des inhaltlichen Zweifels an der Richtigkeit diese Aussage nicht tätigen!), Arbeit mache frei, der oder die wird unverzüglich eines Antisemitismus beschuldigt werden ... Dabei waren es die Nazis, die in einem nicht mehr zu überbietenden Zynismus diese uralte Aussage schändlichst mißbraucht haben. Wenn man nun einige der von ihnen verwendeten Begriffe und Aussagen (nochmals: Inhalte wurden von den Nazis deformiert) einer Art Sprachpolizei zuschanzt, dann geht man einen gefährlichen Weg; dies auch, weil man damit den Nazis selbst noch im Nachhinein eine Definitionsmacht faktisch zugesteht.
Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: es gibt sicherlich Fälle, in denen nicht nur sprachlich gesehen Wachsamkeit notwendig ist, denn fraglos ist Sprache auch Macht. Aber mit einem Quasi-Verbot von Begriffen wird man -- was unanständiges und beleidigendes Verhalten angeht -- der Sache keinen guten Dienst erweisen.
In diesem Zusammenhang sei zur weiteren "Erhellung" an ausgewählte Begebenheiten -- übrigens lange vor AfD-Zeiten! -- erinnert, wie hierzulande häufiger sorglos bis hin zu gefährlich mit Worten verfahren wurde (ohne daß dies leider weiter auf die große Waagschale geworfen worden wäre): genügen sollen hier ein paar wenige, gleichwohl traurige (weil dahinter m.E. armseliges Verhalten steckt) Hinweise, so auf Stoibers Diktion von "durchrasster Gesellschaft", Ex-Kanzler Schröders Lehrerschelte ("faule Säcke"), Ludwig Erhardts "Pinscher" (auf Günter Graß und Rolf Hochhuth gemünzt), Franz-Josef Strauß mit seinen "Ratten und Schmeißfliegen" (auf sog. linke Intellektuelle bezogen), dagegen jedoch meiner Meinung nach eher schon wieder lustig und geistvoll Herbert Wehners "Übelkrähe" (zum CDU-Bundestagsabgeordneten Jürgen Wohlrabe in einer Bundestagsdebatte). Die Liste ließe sich leicht fortsetzen ... Jedenfalls sollten hier alle Seiten (besonders Politiker und Politikerinnen, aber auch viele Medienmacher und "Experten") stets bei kritischen Einlassungen berücksichtigen, inwieweit man selbst im berüchtigten Glaushause sitzt und von dort aus bekanntlich nicht mit Steinen werfen sollte!
Natürlich verhält es sich leider auch so, daß man sich hierzulande, was Diffamierungen und Beschimpfungen sowie Verächtlichmachen angeht, nicht "nur" an die Devise hält "Bleib im Land und nähr' dich redlich!". Längst ist man hier -- wie zusätzlich beschämend! -- über alle Grenzen hinweg geschritten: Und dafür, wie man sich auf diesem unrühmlichen Gebiet fortbilden und vervollkommnen kann, liefern Online-Foren und einige Medienbeschäftigte (man denke nur an "Ziegenficker" ...) schlimmste Beispiele. Da etwas "aufzuräumen" wäre vielleicht ein wirkliches und notwendiges Betätigungsfeld -- aber das wird aus welchen Gründen auch immer weitgehend tunlichst unterlassen. Da haut man schon lieber auf "Asylant", "Zehn kleine Negerlein", "Mohrenkopf", "Zigeunerschnitzel" u.a. ein. Hannover war da seinerzeit sehr schnell: Aus dem "Zigeunerschnitzel" mußte "Balkanschnitzel" werden und nun wäre das Gericht "regional veranktert und niemand muß sich mehr angegriffen fühlen", so erläuterte ein Küchenchef. Aber es bleibe weiter bei: "Zigeunersauce". Schön, wenn in all dem jemand eine Logik noch erkennen kann. Eine Frage möchte da dennoch gleich aufwerfen: Wie lange wird es dauern, bis jemand an der Assoziation Balkan-Schnitzel Anstoß nehmen wird? Sicherlich wird da bald jemand fündig werden ...
Der Frankfurter Philologe Horst Dieter Schlosser, bekannt auch durch die Initiative "Unwort des Jahres" (tätig dort von 1992 - 2011) wurde einmal nach einer Begiffsdefinition für "Unwort" gefragt. Seine Antwort lautete: " Als Unwort bezeichne ich ein Wort, das im deutlichen Missverhältnis zur beschriebenen Sache steht. Es wird verwendet, um die Sache nicht beim Namen zu nennen, sie zu verschleiern oder zu übertreiben. Das kann unbewusst erfolgen, häufig steckt aber Absicht dahinter."
Ich persönlich halte zwar bereits den Begriff "Unwort" für sinnlos: denn ein Wort ist immer ein Wort und dieses mit der Vorsilbe "un-" zu versehen, um ihm einen negativen Anstrich zu verpassen, kann nicht der Beliebigkeit anheim gestellt werden. Sicher es gibt derartige Beispiele wie z.B. bei "Unwetter", "Unkraut", "Unwillen", aber ich denke eine derartige Umgestaltung ins Negative sagt mehr über die Präferenzen der diesen Begriff dann Gebrauchenden aus denn über die eigentliche inhaltliche (definitorische) Qualität. Ungeachtet meiner Ablehnung des Begriffes "Unwort" dürften all jene, welche unbedingt darauf beharren mußten, "Asylant" durch angeblich diskriminierungsfreie Vokabeln zu ersetzen, auch "Asylant" in Unwortnähe gerückt haben. Aber "Asylant" steht eben nicht "im deutlichen Missverhältnis zur Sache", es nennt die Sache genau beim Namen, es übertreibt somit auf gar keinen Fall und verschleiert wird damit ohnehin nichts. Also nochmals die Frage: Was war / ist so falsch am Gebrauch von "Asylant", was ist da auch nur ein Hauch von Diffamierung bzw. Diskriminierung?! Warum war / ist hier bei uns nicht wenigstens die Schweizer Lösung (zur Erinnerung: "Asylsuchender" / "Asylsuchende") möglich, denn die zeigt deutlich auf, worum es eigentlich geht? Davon aber einmal abgesehen: es bedarf keiner Substitution des Begriffs "Asylant", da er inhaltlich eben nicht diskriminiert, nicht abwertet, nicht unsachlich ausgrenzt.
Im Übrigen wird die von Schlosser angesprochene Absicht von daran interessierter Seite oft auch dann bereits unterstellt, wenn dafür überhaupt keine Ansatzpunkte gegeben sind, es wird sozusagen das eigene Denken in andere hineinprojiziert. Oft fehlt es offensichtlich auch am Willen, belastende beweisbare Anhaltspunkte zu suchen, also -- insoweit Texte betroffen sind -- eine gründliche und sachliche Exegese vorzunehmen.
Es ist doch lächerlich, wenn aus Gründen einer vermeintlichen Political Correctness (für deren Vertreter gilt jedoch leider zumeist: für sie ist dies alles andere als "vermeintlich" ...) aus "Königsberger Klopsen" nun "Kaliningrader Klopsen" gemacht werden, wenn "schlesische Weißwürste" zu "Slaska biala" verwandelt werden -- in beiden Fällen handelt es sich doch weiter um Traditionsgerichte (der Ostpreußen und der Schlesier), aber auch nicht besser sind die teilweise unerträglichen Beschönigungen (Euphemismen) von ebenso unerträglichen Sachverhalten. Relativ harmlos mag es da noch bei "Entsorgungsparks" ablaufen (jene Orte haben doch wirklich nicht im entferntesten mit "Park" etwas zu tun), auch, viel problematischer ist da jenes dämliche "alternativlos" (suggeriert doch eigentlich nur eines: man will keine Diskussion zulassen, man möchte sich nicht mit anderen Gesichtspunkten befassen -- Fakt ist: fast nichts ist in der Wirklichkeit "alternativlos", manche möchten das nur nicht so haben!) und man sollte einmal Hühner fragen, ob es ihnen wirklich besser ergeht, wenn ein unmerklich vergrößerter Hühnerhaltungskäfig nun plötzlich als "Klein-Voliere" umschrieben wird (Voliere impliziert zumindest eine großzügigere Flugmöglichkeit, sicherlich letztlich auch mit gitterhafter Begrenzung) ... Die Leser kennen bestimmt jede Menge von derartigen Sprachwirkungen (siehe auch nochmals weiter oben!), die Wirklichkeit verharmlosen, unangemessen beschönigen -- dagegen sollte in erster Linie vorgegangen werden und nicht sich (aus Feigheit, aus Dummheit, aus Wichtigmacherei, aus Spieltrieb?) auf sprachliche (und andere! Stichwort: Ausgrenzung ...) Nebenkriegsschauplätze begeben. Ich frage mich auch, ob Sinti oder Roma beziehungsweise weiteren Ethnien, die häufig immer noch mit dem Begriff "Zigeuner" umschrieben werden, wirklich geholfen ist, wenn man sie nun als "mobile ethnische Minderheit" bezeichnet (vgl. Welt Print 29.11.2007, geht angeblich auf Kurt Beck in seiner Zeit als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz zurück)? Dagegen spricht nicht nur die Tatsache, daß die meisten dieser Menschen nämlich kein nomadenhaftes Dasein leben sondern seßhaft sind. Also schon einmal ein sachlicher Fehler in der Definition, es fehlt dem Begriff allerdings nicht nur deshalb bereits an Trennschärfe.
Thilo Sarrazin wird -- um ein weiteres Beispiel zu nennen -- der Begriff "Kopftuchmädchen" zugeschrieben. Er soll bereits damals zu seinen Zeiten als Bundesbankvorstand diesen Begriff geprägt haben. Die tatsächliche Autorenschaft konnte ich nicht ausfindig machen. Jedenfalls habe er in einem Interview gesagt: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert."
Dieser Begriff "Kopftuchmädchen" soll von Reinhard Mey und anderen Bürger damals zum "Unwort des Jahres" eingereicht worden sein, weil er den Nachwuchs als unerwünscht diskriminiere. Man kann es so sehen (und wahrscheinlich bewerten es die meisten auch so), vor allem dann, wenn man auf ein Indivduum abhebt. Aber wollte Sarrazin tatsächlich den einzelnen Menschen hier beleidigen oder nicht vielmehr auf mögliche der demokratischen Entwicklung schadende Erziehungseinflüsse hinweisen? Wie auch immer: ein Begriff ist stets in seinem Kontext zu sehen, losgelöst von diesem können ansonsten auch die abstrusesten Unterstellungen vorgenommen werden, was letztlich keine fruchtbringende Diskussion mehr über eine Thematik zuläßt. Ist hier das "Kopftuch" als Ausdruck einer Erziehungskategorie zu sehen und zu verstehen, also auch als sichtbares Zeichen einer eindeutigen Erziehung oder aber als reines Bekleidungsstück mit subjektivem Aspekt, gar mit dem Ziel einer Diffamierung? Wer Sarrazin genau gelesen hat (mittlerweile gibt es ja zahlreiche Bücher von ihm), der oder die dürfte es sich zumindest mit der Antwort nicht ganz so leicht machen ... Immerhin steht bei Sarrazin der Begriff in einem von ihm eindeutig abgegrenzten Zusammenhang, nämlich in dem, daß er persönlich (sic!) findet, niemanden anerkennen zu müssen, "der vom Staat lebt (sic!), diesen Staat ablehnt (sic!), für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt (sic!) und ständig neue Kopftuchmädchen produziert." Ich kann mir gut vorstellen, daß er hier mit "Kopftuchmädchen" ein pars pro toto (hier: Ergebnisse dysfunktionaler Erziehung) meint, dies vor allem im Zusammenhang mit Vernachlässigung der Erziehungspflicht mit dem eigentlich, zu fordernden Ziel, Kinder zu mündigen, verantwortungsbereiten Bürgern heranzubilden, die in diesem demokratischen Staat, fußend auf einer bestimmten Werteordnung, dann auch Staatssubjekt sein können, also diese Rolle ausfüllen. Daß er zudem nur auf jene Kreise abhebt, aus denen eine Ablehnung unseres Staates kommt, daß es dann sicherlich widersprüchlich ist, sich eben von jenem Staat aushalten zu lassen, gehört mit hinein in eine sachliche Erörterung seiner Gesamtaussage. Wer hier diese Aussage nur auf den Begriff "Kopftuchmädchen" reduziert (ich wiederhole mich hier ganz bewußt!), zeigt zumindest, daß er / sie hier etwas diskussionsabstinent sich verhält und damit (sei es gewollt, sei es ungewollt) dem Vorschub leistet, was man zu bekämpfen vorgibt: der Diffamierung. Um Mißverständnissen entgegenzuwirken: Ich selbst hätte den Begriff "Kopftuchmädchen" nie und nimmer verwendet, nicht nur weil damit auch allein schon geschlechtsspezifisch eine Einseitigkeit konnotiert wird. Aber das Problem, welches Sarrazin angesprochen hat, ist ja leider nicht nur ein fiktives. Vor allem betrifft es nicht nur einige Menschen mit Migrationshintergrund (o.ä.), sondern auch nicht wenige sogenannte Autochthone, denn auch darunter gibt es eine erkleckliche Anzahl von Personen, die den Staat ablehnen, beschimpfen, nicht an ihm und mit ihm arbeiten, für sich aber trotz aller Kritik dann kein Hindernis sehen, von genau diesem Staat ihr Dasein finanzieren zu lassen. Aus der Sicht der Pädagogik dann folgendermaßen gewendet: Alle diejenigen, welche ihre Verantwortung für und Pflicht zur Erziehung (der eigenen und der anderer) nicht ernsthaft und verantwortungsvoll wahrnehmen, sind von Sarrazins Vorwurf aus meiner Sicht betroffen und angesprochen (auch wenn er es leider nicht so umfassend aufgegriffen hatte) ! Und auch hier gilt wieder: Isolierte Begriffe als Diffamierung zu interpretieren (also ohne Kenntnisnahme des Zusammenhangs) und dies dann dem Sprecher vorzuwerfen, sollten besonders jene unterlassen, die diesbezüglich selbst stets im Glashaus sitzen: es macht keinen Sinn (um es gelinde zu sagen), immer wieder anderen Stammtischparolen o.ä. vorzuwerfen, wenn man selbst diesbezüglich genug eigenen Dreck vor der Türe hat. Gerade auch in der Politik gibt es da leider ein paar ganz widerliche und schlechtes Beispiel gebende Exponenten ...
Bisweilen ist es übrigens auch durchaus angebracht, mit dem Gegenteil von Euphemismus zu arbeiten! Damit kann vielleicht auf etwas deutlicher hingewiesen werden, als des die "höfliche" Sprache vermag, vor allem, was anschließende Wirkung angeht. So hat eine Tierschutzorganisation im Zusammenhang mit der tierquälenden Käfighaltung von Hühnern vom "Hühner-KZ" gesprochen. Natürlich war die Empörung aus den verschiedensten Richtungen groß. Daß Vertreter jener Massenbetriebe auf die Barrikaden gingen, war natürlich abzusehen (und wohl auch so gewollt, denn man wollte ja ein Zeichen setzen, auf Unerträgliches aufmerksam machen.) Daß hier natürlich auch gleich wieder einige Sprachpolizisten auf der Matte standen und es unerträglich fanden, eine Vokabel aus der NS-Vergangenheit zu bemühen, verwundert mich übrigens genauso wenig. Aber: Ist es wirklich unmoralisch, sittenwidrig, wenn man unerträgliche oder gar kriminelle Handlungen in diesen Kontext stellt, wenn er bildhaft angemessen ist? Ich meine: Nein. Es gibt sicherlich jede Menge Dinge, wo Sprache eindeutig zu sein hat, sofern man auf Verständnis, Begreifen, Ergreifen und Veränderung von Mißständen abzielt! Manchmal ist ein Dysphemismus, also ein sprachlicher Ausdruck, der über Personen, Dinge oder Sachverhalte eine negative Wertung beinhaltet und/oder negative Assoziationen zu diesen zu bewirken versucht (Synonym dafür auch: Kakophemismus), durchaus angemessen und vor allem auch: zielführend!
Eine anderer nicht uninteressanter Hintergrund wird durch den Begriff "türken" geliefert. Ich hörte den Begriff -- in jungen Jahren -- erstmals im Berufsalltag. Durch Kontexte, aber auch durch mehr oder weniger präzise Erläuterung durch Arbeitskollegen, konkretisierte sich für mich so allmählich die Bedeutung. (Mir war es von Anfang an nicht klar, was das mit der Türkei, mit Türken, o.ä. Assoziationen zu tun haben könnte.) Gemeint war / ist: so tun als ob (da könnte man in der Tat an so manchen Macho denken ...), jemanden etwas als Wirklichkeit vorspielen, das realiter eigentlich nicht hält, was es verspricht. (Natürlich sollen es die so Getäuschten nicht merken! Das ist ja der Sinn von "türken"). Kurz: täuschen! Auch beim Militär wurde (wird?) der Begriff verwendet, vor allem immer dann, wenn Inspektionen durch höhere Vorgesetzte angekündigt waren. Da wurde dann geputzt, gesäubert, aufgeräumt -- vor allem auch: versucht, Unangenehmes "außer Sichtweite und Wahrnehmungsmöglichkeit" zu schaffen ... Man versuchte -- meistens klappte das, leider! aus kritischer Sicht, möchte ich sagen!, sogar --, den hohen Herren ein X für ein U vorzumachen. Das Problem ist hier nicht der eigentliche geschichtliche Hintergrund (denn der hat in dieser negativen Bedeutung mit den Türken überhaupt nichts zu tun!), sondern, nachdem wohl kaum noch jemand die Begriffsentstehung gegenwärtig hat, zu fragen, ob dieses Verb "türken" (nochmals: mit der negativen Bedeutung des Täuschens!) für türkische Bürger heutzutage nicht doch als diffamierend zu werten und damit zu vermeiden ist. Ich meine: man sollte diesen Begriff heute nicht mehr gebrauchen! Auch wenn der geschichtliche Hintergrund eigentlich ein ganz anderer ist: er geht auf die Türkenkriege zurück, in denen sich Deutsche als stärker darstellten als sie es tatsächlich waren, sie täuschten also die Türken, nicht umgekehrt. Kurz: die Deutschen waren die eigentlich Täuschenden. Es gibt auch die Version, wonach "getürkt" ein Wort der Anerkennung bedeutete, damals als die Türken vor Wien standen. Aber all das kann heute kaum ein türkischer Mitbürger wissen, er oder sie würde aller Wahrscheinlichkeit nach den Gebrauch von türken = täuschen negativ auf sich münzen. Und dank jeder Menge anderer und eindeutiger trennschärferer Möglichkeiten, ein Täuschen, das Betrügen, ein Manipulieren, etc. verbal auszudrücken, sollte man zu adäquateren Synonymen greifen. Nur hier ist es eindeutig heute: der Begriff erklärt nicht mehr sachlich. Dabei ist es unerheblich, ob er einmal von der einen oder anderen Seite mißbräuchlich gebracht wurde. Aber leider gibt es (siehe oben) immer wieder so eine Art Tabuisierungspolizei, welche versucht, Begriffe, die einmal auch von der "verkehrten" oder gar verbrecherischen Seite benützt wurden als No-go zu desavouieren. Einer dieser Begriffe ist "entartet", also: aus der Art geschlagen. Wir kennen den Begriff und die Ableitungen daraus vor allem aus der Biologie (plötzlich unvermutete Veränderung im Pflanzenwuchs beispielsweise, eine bis dato nicht bekannte Verhaltensänderung in der Tierwelt gegenüber der bekannten Norm, u.a.), ebenso aus der Quantenmechanik (Entartung des Energieniveaus), allerdings auch überliefert aus der Naziherrschaft, wo z.B. der Begriff "entartete Kunst" zum Kampfbegriff gemacht wurde (dabei waren sich jene Verbrecher selbst untereinander nicht immer so einig, welcher Künstler hier zu subsumieren war und wer nicht!).
Unbestreitbar ist sicherlich, daß der Begriff durch die Verwendung im sogenannten Tausendjährigen Reich extrem belastet ist. Aber den Begriff gab es schon lange vor Hitler und seinen Schergen sowie Mitläufern. Nun kann man diese Belastung (in einem historisch gesehen relativ kurzen Zeitraum geschehen!) kultivieren oder aber die Begrifflichkeit wieder jenen aus ihrem (faktisch nun auch retrospektiv hineininterpretierten) Allmachtsanspruch) nehmen, entreißen. Der letztere Weg scheint mir der sinnvollere!
Nochmals gefragt: Darf man nun den Begriff nicht mehr verwenden, weil jene Verbrecher ihn mißbraucht haben? Ich meine: Nein! Das hieße, jenen auch noch im Nachhinein eine Definitionsmacht zuzusprechen, die ihnen einfach nicht zukommt, nicht zukommen darf! Aber es ist bekannt: Wer diesen Begriff heute benutzt, der oder die begibt sich auf gefährliches Eis, macht sich angreifbar. Das heißt: nicht ein jeder, nicht eine jede ... Als beispielsweise Günter Grass der deutschen Presse eine "Entartung" bescheinigte, "löste (dies) in derselben kaum ein Räuspern aus". (welt.de, 02.11.2007) Das ging wirklich glimpflich ab: " 'Na gut, ich korrigiere das Wort', sagte der Dichterfürst schließlich kleinlaut auf Nachfrage; damit war die Sache wieder völlig aus der Welt." (ebd.)
Ganz anders dann jedoch beispielsweise bei Bernd Lucke (damals noch AfD, ein Mitgründer, der sich allerdings später aus der Partei ausgetreten ist und sich von ihr distanzierte). Wer Luckes Weg verfolgt hatte, dabei in seinem eigenen Urteil sachlich geblieben wäre, hätte wohl nie und nimmer nach dessen Gebrauch des Wortes "Entartung" ihm rechte oder gar rechtsradikale Gesinnung unterstellen können. Am Wahlabend 2013 hatte Bernd Lucke sich über die Politik in diesem Land unter anderem folgendermaßen geäußert: "Wir haben so viel an Entartung von Demokratie und Parlamentarismus in den letzten vier Jahren erlebt." Damit hat er auf Entwicklungen angespielt, die einer Demokratie nicht gerade gut zu Gesicht stehen. Vor allem auch richtete sich diese Kritik gegen die Selbstherrlichkeit mit der bisweilen am Volk vorbei entschieden wurde. (Später haben wohl alle Parteien erkannt, daß es eben nicht geht, daß man gar nicht bzw. zu wenig "auf das Völk hört", nach dem Erstarken der AfD hieß es dann plötzlich besonders von den Altparteien, man habe verstanden, die Bürger würden zukünftig konsequenter einbezogen, ihre Sorgen würden ernst genommen, u.s.w.; so mancher Politiker erschien mir da plötzlich wie der aus den Märchen bekannte Wolf, der bekanntlich Kreide gefressen hatte ... Jedenfalls zeigten selbst die Reaktionen nach jener Wahl, verbunden mit angeblichen Läuterungen, doch recht deutlich, daß Luckes Kritik am Politikstil doch nicht so ganz unbegründet gewesen war!) Aber: "Entartung" ... Und schon wurde von allen möglichen und unmöglichen Seiten Empörungs- und Diffamierungslawinen losgetreten. In vorderster Front vor allem jene, die um eigenen Machtverlust fürchteten und so mancher tatsächliche oder eingebildete Presse-Zar.
Ganz besonders ungeschickt (so die mildere Ausdrucksvariante!) ging m.E. einmal mehr Frank Plasberg mit Lucke um: in einem Einspieler präsentierte Plasberg Luckes Aussage vom Wahlabend ("Entartung", s.o.) und kommentierte, Sprache verrate etwas darüber, wo man herkomme. Die FAZ.NET vom 01.10.2013 kommentierte ganz zutreffend, Plasberg "machte Lucke damit ganz unverhohlen den Vorwurf, ein verkappter Nazi zu sein, der den Nazi-Jargon quasi mit der Muttermilch aufgesogen habe." Als Lucke dann bei Plasberg das tat, was er bereits in einer anderen Talkshow gemacht hatte, nämlich sich gegen diesen Vorwurf zu wehren, darauf hinweisend, das Wort "entartet" sei "in einer spontanten Rede gefallen." FAZ.NET: "Auf diesen Moment hatte der Moderator offensichtlich gewartet, um in einem weiteren Einspieler zu zeigen, dass Lucke das Wort auch schon zuvor mehrmals verwendet hatte." (ebd.)
Ich habe die Sendung seinerzeit selbst gesehen (mich dabei über Plasbergs Verhalten, weil in meinen Augen völlig unsachlich und reißerisch sowie bar jeglicher Diskursivität als auch journalistisch eher unterste Schublade, geärgert ... Von fairem, anständigen Umgang keine Spur, so mein Empfinden und das anderer, die den Beitrag ebenfalls gesehen hatten) und es war unschwer zu erkennen, daß Bernd Lucke sich über Plasbergs Verhalten ärgerte, dies wohl auch gerechtfertigt als Unverschämtheit empfinden mußte. Auch die FAT.NET sah das wohl so: "Man sah ihm an, dass er sich ungerecht behandelt fühlte." (ebd.) Lucke bestätigte, er habe das Wort schon "öfter verwendet", verwies dabei gleichzeitig, daß zum Beispiel auch Altkanzler Helmut Schmidt und Wolfgang Schäuble, der (damalige, d.V.) Finanzminister, dergleichen getan haben, zudem "würden auch Mediziner und Informatiker den Begriff verwenden, ohne dass ihnen jemand Nähe zum Nationalsozialismus unterstellen würde". (ebd.) Aber Plasberg gab sich mit dieser Erklärung leider nicht zufrieden, aber als gekonnte journalistische Arbeit kann ich sein weiteres Verhalten wirklich nicht sehen: er hatte einen Mediziner ausgegraben, "der zwar bestätigte, dass Krebsforscher das Wort auch verwenden, aber nur bei „entarteten Zellen“, und eigentlich verbiete auch das der historische Kontext." Also ein Einzelfall, eine Einzelmeinung ohne jeglichen repräsentativen (auch ohne: autoritativen!) Wert, dessen persönliche Ansicht in allen Ehren, gleichwohl unbrauchbar, um hieraus weiter die Moralkeule zu schwingen.
Nochmals die FAZ.NET: "Lucke wehrte sich weiter und sagte, er habe das Wort nicht in einem autoritären Sinne verwendet. Er habe – als er von „entarteter Politik“ sprach - lediglich darauf aufmerksam machen wollen, dass die Bundesregierung in der Eurokrise den Bundestag oft genötigt habe, über komplizierte Fragen viel zu schnell zu entscheiden. Dabei hätten die Parlamentarier länger darüber nachdenken sollen. Aber so genau wollte das plötzlich gar niemand mehr wissen." Es ist Plasberg zumindest in dieser Sendung nicht gelungen, wirklich Erhellendes zu Bernd Luckes Arbeit und Einstellung beizutragen! Ganz im Gegenteil, er hat Luckes Erklärung beharrlich in der Substanz ignoriert und schien mir eher sich in Richtung Sensationslust und Selbstdarstellung zu orientieren. Guter Journalismus sieht m.E. anders aus, für den wirklich an Information interessierten Zuseher ist diese Umgangs- und Vorgehensweise ein Ärgernis. Iich wiederhole mich nochmals: Luckes Biographie, seine Arbeit, seine Thesen, seine Pläne, all das gab nichts her für den, wenn auch bisweilen nur impliziten Vorwurf, er habe Affinität zu Nazijargon etc., und bei entsprechender Vorbereitung hätte Plasberg das alles wissen können und dies dann, um guten Journalismus zu entsprechen, in die Sendung einbringen müssen. Aber natürlich war Plasberg der Beifall bestimmter Kreise gewiß, darunter sicherlich auch der von konkurrierenden Altparteien sowie eher voyeuristisch orientierter Leute, ganz zu schweigen von jenen, denen das Denken längst abhanden gekommen ist oder es überhaupt nie soweit gebracht haben. Nochmals an Plasberg und alle jene von mir unterstellten "Followern": Bernd Lucke hatte klipp und klar stets betont, niemand der vorher Mitglied der NPD gewesen sei, könne Mitglied der AfD werden, denn die NPD-Orientierung sei Zeichen eines "eklatanten Mangels an Urteilsvermögen", zugleich hatte er sich stets gegen Ausländerfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus gewandt. Daß Luckes Kritikschwerpunkt aus den Euro-Bezügen kam, hätte auch Frank Plasberg wissen können und müssen ...
Man sollte sicherlich die Macht eines Begriffes nicht unterschätzen, aber vor allem gilt: noch teuflischer wäre eine Überschätzung, schon gar nicht tragfähig ist sie dann, wenn der Begriff aus dem Zusammenhang gerissen, damit eine Fehleinschätzung eines Menschen generiert wird und letztlich faktisch so Diffamierung und Hetze ihren Lauf nehmen. Wer bestimmt denn über die "Rechtschaffenheit" eines Begriffes? Wer wagt es sich, hier zum Oberaufseher, zur Oberaufseherin hochzuschwingen?
Recht oberflächlich und dadurch häufig auch verkürzend bleiben jene, die schnell bei der Hand sind, wenn es darum geht, so eine Art "Sprachwächtertum" auszuagieren. Da wird schon mal behauptet, man müsse "endlich aus der Euphemismus-Tretmühle ausbrechen", denn wer unsere Sprache nicht hinterfragt, "will sich nicht mit Rassismus beschäftigen". (taz vom 12.10.2013) Na, da sollte man den Ball doch einmal besser etwas flacher halten: als ob Euphemismus nicht gängige Praxis auf allen Gebieten, in allen Themenkreisen, bei fast allen, vor allem bei jenen die sich selbst für besonders gescheit halten, ist. Wie schnell ist man doch bei uns ideologieschwanger geneigt, immer anderen Euphemismus vorzuwerfen und den Balken im eigenen Auge zu ignorieren! Beschönigt wird gerne dort, wo man sachlicher Auseinandersetzung ausweichen und anderen Menschen die eigene Zielsetzungen aufzwingen möchte.
Da findet man es dann oft "erstaunlich", daß erst jetzt "Begriffe, in denen sich der tradierte Alltagsrassismus spiegelt", in Frage gestellt werden. Da wird dem einigen Leckermäulen sicherlich mundende "Mohrenkopf" (siehe auch weiter oben!) unterstellt, hier "spiegelt sich der kolonialistische Blick wieder, der schwarze Menschen zum Objekt degradiert." (ebd.) Wie sachlich (und auch: wie logisch) ist es da denn, wenn man aufgefordert wird, sich einmal vorzustellen, es gäbe im Kongo ein Gebäck, "das als 'Missionarskopf' verspeist würde? Und ohne weiter groß gedanklich Atem zu holen wird sogleich konstatiert, "der Gedanke an einen ins Symbolische verlagerten Kannibalismus läge nicht fern." (ebd.) Darauf muß man erst einmal kommen ... Mir drängt sich da schon die Frage auf: Wie krank ist das denn?
Nein: Wir brauchen wirklich keine wie auch immer geartete Form eines "Sprach-Wächterrats"! Mit Betroffenheitsreflexen sollten Sprachkritiker und jene, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen dafür halten, allenfalls kritisch, reflektorisch zu tun haben, eben um Unfug und Widersprüchlichkeiten aufzudecken. Gerade politische Korrektheit sollte für sie ein "rotes Tuch" sein.
Sehen wir uns zum Schluß noch ein wenig weiter in den Versuchen um "Sprachsäuberungsaktionen" um. So soll(te) es auch der Begrifflichkeit "Menschen mit Migrationshintergrund" (vor über 10 Jahren von der Pädagogikprofessorin Ursula Boos-Nünning geprägt) an den Kragen gehen, so Wissenschaftler z.B. der Humboldt-Universität aus dem Jahre 2014. Angeblich zeige sich gerade im Kontext mit "Migration" die demagogische Macht von Sprache als Mittel der Ausgrenzung. Wenn laut jener Studie 38 Prozent der Befragten (wer wurde eigentlich ganz konkret und mit welchem Wortlaut befragt?!) glauben, wer ein Kopftuch trage, kann keine Deutsche sein (wie ist "Deutsche" hier definiert? Deskriptiv nach dem Erscheinungsbild oder normativ nach Wert- und Zielsetzungen?!), dann sieht man dies als einen erschreckenden Befund, dem jene Wissenschaftler über Begriffe beikommen wollen ... Also weg mit "Menschen mit Migrationshintergrund"! Solche Begriffe "verschärfen die Unterschiede zwischen Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund." Na denn ... Noch scheinen jene Wissenschaflter selbst sich dieser Begrifflichkeiten bedienen zu müssen, um Bezüge erklären zu können, nicht wahr?! Und was ändert sich am äußeren Erscheinungsbild, wenn der Begriff über Herkunft, über Genese, über Entwicklung ausradiert wird? Wird dann das Kopftuch plötzlich so wahrgenommen (sofern überhaupt!?), daß man autochthones So-Sein unterstellt. Lächerlich, der Gedanke! Wenn das "Kopftuch" keine Rolle spielen soll bei davon abgeleiteter Zuordnung, dann geht das am allerwenigsten über Tabuisierung von Sein und Herkunft. Nein, gerade damit muß man sich auseinandersetzen, sich kennenlernen, das Anderssein als Auseinandersetzung in einem positiven Sinn verstehen.
Schon seltsam: da hat man jahreland die (längst gescheiterte, weil total überfrachtete) Multikulti-Idylle-Idee monstranzhaft vor sich hergetragen und glorifiziert, Schwierigkeiten in der Entwicklung geleugnet, steht nun -- leider! aber auch nicht besonders überraschend! -- vor den Trümmern im jähen Erwachen und glaubt nun, indem man sachlich-deskriptive Begriffe wegstaubsaugert, in einer Art Friede-Freude-Eierkuchen- Magie, Ausgrenzung bzw. Integration in den Griff zu bekommen. Scheint mir doch reichlich naiv zu sein, sozusagen aus dem Efeuturm vom Wunschdenkensofa aus gedacht. Da wird dann die Überlegung geschürt, Sprache spiele "in der Diskussion um Einwanderung und Integration eine entscheidende Rolle." Potzblitz, wer hätte das denn ohne wissenschaftlichen Beistand wissen können, daß in einer Diskussion "Sprache" eine dominierende Rolle spielt! Danke für derart wichtige Hinweise, gut daß nicht schlecht bezahltes Expertentum derart engagiert zu Werke geht. Die Crux ist nun aber mal: man weiß entweder sofort oder sehr schnell, wer Deutscher ist, wer nicht, und wer noch nicht -- dies ungeachtet einer wie auch immer gearteten Bezeichnung. Man weiß ebenfalls einigermaßen schnell, ob ein Prozeß auf dem gewünschten bzw. erwünschten Weg ist oder nicht. Und man weiß, ungeachtet der wortimmanenten Fixierung, ebenfalls schnell mit wem und mit was man es jeweils zu tun hat. Bleiben wir zunächst einmal ganz deutschbrav innerhalb der eigenen (Erfahrungs-)Grenzen: Geht es den Lehrlingen nun besser, nachdem man sie in Azubis umbenannt hat? Ist die anstrengende Arbeit und vor allem sind die situativen Bedingungen einer Putzfrau besser geworden, indem man sie nun als "Raumpflegerin" zu hofieren vorgibt? In diesem Fall ist es offensichtlich: es ist eher schlechter geworden für jenen Berufsstand. Der Beispiele ließen sich jede Menge anführen; wir würden immer wieder allzu häufig bei der Situation anlanden, wo zwar euphemistische Umschreibung dazu beitragen, die wahre Wirklichkeit wegzuleugnen. Nein, es ist besser, die Dinge so beim Namen zu nennen, daß sie deskriptiv das auch tatsächlich leisten was mit ihnen ursächlich sprachlich verbunden ist und vice versa.
Natürlich kann Sprache auch als Mittel der Ausgrenzung verwendet werden; dies ist aber ziemlich leicht zu erkennen, wenn das der Fall ist. Vor allem weil Sprache nicht im luftleeren Raum stattfindet! Es hat weder einen beleidigenden Anschein, wenn man damals von "Gastarbeiter" gesprochen hat (zumindest nicht für jene Arbeitskräfte, eher als euphemistische Umschreibung wurde hier versucht, über Ungastlichkeit hinwegzureden ...), ein "Flüchtling" ist eben jemand der von was auch immer geflohen ist und "Asylant" beschreibt ohne negative oder positive Konnotation jemanden, der um Asyl ersucht. Was an den Begriffen einen ideologischen Bezug herstellen kann, was gar diffamierend oder beleidigend wirken könnte, das sind jene Umdeutungen und das Hineingeheimse von Ungeheuerlichkeit, zu der überwiegend jene befähigt sind, die in Verkennung von Realität ihre ureigene Sprachproduktion generieren und dann meist in der Folge auch genügend "Mitstreiter" finden , welche in das gleiche Empörungshorn blasen. Dadurch verliert Sprache erst ihre "Unschuld", sofern sie so etwas überhaupt in Reinheit haben kann ... Was so jedenfalls nicht erkannt und eingestanden wird, ist die tatsächliche Wirklichkeit, was erreicht wird, ist ein weiteres Stück Verlogenheit im Kielwasser praktizierter politischen Korrektheit. Und wehe denen, die das Vokabular weiterhin in ihrem eigentlich zutreffenden Wortsinn und Gehalt verwenden. Hier zeigen sich auf Seiten der Sprachmoralapostel nicht nur verkürztes Denken, Abstraktion vom Wirklichen, die Eigenschaft zu Rechthaberei und der Trieb, endlich einmal etwas an Wichtigkeit (natürlich nicht selten auch: an Gutmenschentum) zu gewinnen, sondern auch die allzu schnelle Bereitschaft, jenen die einen Begriff offensichtlich falsch verwenden das Feld zu überlassen und dafür das Wort lieber selbst zu killen und es mit irgendeinem anderen Wort, meistens mit einem auch noch recht unsinnigen, zu substituieren. Da wird dann auch schnell mal gesagt, jedes Wort habe unterschiedliche Bedeutungen und Konnotationen. Richtig. Dies ist auch abhängig von jeweiligere Sprachkompetenz und Performanz. Nur wer darf hier ex-cathedra spielen? Wer darf die alleinige Deutung vorgeben, dabei von der ursprünglichen Bedeutung so einfach abweichen, sie aufs Abstellgleis stellen? In Deutschland ist nach wie vor der Hang zur präskriptiven Grammatik, zu präskriptiven Sprachverwendung denk- und handlungsleitend (das ist beispielsweise in angelsächsischen Ländern nicht so repressiv und bevormundend der Fall, dort bemüht man sich überwiegend in deskriptiver Form das Sprachverhalten zu erfassen!)
Da erfahren wir dann ganz neue Dinge wie: "Sprache ist mächtig!" Stimmt, mit der kleinen Einschränkung, daß sie mächtig sein kann. Nur Sprache ist niemals isoliert und steht permanent auch unter Beobachtung derer, die sorgsam das Echte vom Künstlichen zu trennen achten. Diese Sprachaktivität hilft natürlich, unsere Beziehung zu ordnen, die Begriffe, die wir im Denken (hoffentlich geschieht das auch hinreichend!) und Reden (hoffentlich überwiegt hier die Qualität gegenüber der Geschwätzigkeit!) (be-)nutzen, prägt natürlich auch eine politische Realität. Das tun aber auch jene, die besserwisserisch oder in einem Anfall von pseudoaufklärerischem Sendungsbewußtsein versuchen Definitionsmacht zu erlangen. So gesehen wird Sprache auch schnell zu einer Art Kunstprodukt, nämlich dann, wenn mit ihr nicht mehr das ausgedrückt werden kann / darf, was Wirklichkeit realiter beschreibt oder dies zumindest versucht. Wenn uns der Linguist Martin Wengeler erklärt, Asylant war einst ein unschuldiges Wort und "es wurde in den 60er Jahren auf völlig harmlose Art und Weise benutzt", im Duden tauche es erst in der 18. Auflage 1980 auf, und das "nicht ohne Grund", dann halte ich ihm zumindest zweierlei entgegen: Asylant war nicht einst ein unschuldiges Wort sondern ist immer noch eines und unschuldig im Wortsinn war es allein schon deshalb nicht, weil die (Hinter-)Gründe, die jemanden zum Asylanten machten alles andere als "unschuldig" waren.
Wenn nun in diesem Zusammenhang auch noch die Banalität verkündet wird, daß wir nach schnellem Erfassen, Bewerten und Bestätigung gieren, wir deshalb anfällig für Täuschungen und Irrtümer wären und daß die demagogische Macht von Sprache im Sprechen über Flüchtlinge immer wieder nachweisen läßt, dann fällt mir zunächst einmal schon die hier vorgenommene Generalisierung auf! Ich denke, jene Sprachwissenschaftler würden all diese (menschlichen) Unzulänglichkeiten nicht auf sich selbst angewandt wissen wollen und sich demzufolge von diesem "wir" aller Wahrscheinlichkeit ausklinken. Wäre ihr gutes Recht (sofern die Substanz das dann auch rechtfertigt). Dann aber erhebt sich sehr wohl die Frage: Warum diese Undifferenziertheit in der Aussage? Nein, meine Damen und Herren aus der Sprachbestimmungsecke: so einfach ist es halt doch nicht. Es läßt sich auch hier nicht alles über einen Kamm scheren. Und wenn wir dann hören müssen, "Gerade in diesem Themenfeld gibt es viele Wörter, die mehr über den aussagen, der sie verwendet, als über den Menschen, den sie bezeichnen. Neger ist so ein Wort. Und Zigeuner. Oder Asylant.", dann möchte ich sagen, wie wahr, wie wahr, und fragen, weshalb denn man in einigen Kreisen so schnell bei der Hand ist, eine negative Konnotation zu konstruieren. (Wir sollten uns in diesem Zusammenhang an Plasbergs unsägliches Verhalten gegenüber Lucke, s.o., erinnern, ein Musterbeispiel für den hier zumindest implizit erhobenen Vorwurf ...) Und nicht untypisch, daß in derartigen Kontexten sofort wieder etwas ausgeholt wird, daß man versucht, einen weiteren Erörterungsschauplatz zu eröffnen, ohne den ersten überhaupt richtig abgehandelt zu haben: da kommen dann die beiden Paradbegriffe "Neger" und "Zigeuner" wohl gerade wieder mal recht. Übrigens hat Roberto Blanco, man mag seine Lieder und ihn als Unterhaltungskünstler mögen oder auch nicht, in einem Interview einmal ein klares Wort ausgesprochen: Neger komme von niger/nigra/nigrum, was "schwarz bedeute" und das sei er nun mal, er empfinde nichts Anrüchiges in dieser Bezeichnung, Weiße seien halt nun mal weiß und Neger nun mal schwarz. (Bitte nicht den Begriff "Neger" mit wirklichen Schimpfwörtern, von denen es in der Tat -- ich möchte sie hier wirklich nicht aufzählen! -- einige gibt, verwechseln. Manchmal habe ich den Eindruck, so mancher Wissenschaftler und Experte beweige sich auf dem Tretroller des vorauseilenden Gehorsams. Natürlich funktioniert das auch: Rede wem auch immer nur lange genug ein, daß ein ihm gegenüber verwendeter Begriff eine Beleidigung, eine Mißachtung darstellt und er wird dies dann irgendwann schon so annehmen und -- bei einigermaßen Geschick -- vielleicht sogar dann für ureigene Ziele funktionalisieren ...
Aber ich möchte nochmals auf den Begriff "Asylant" zurückkommen: "Es waren vor allem Sprachkritiker und Aktivisten der Political Correctness, die die Verwendung des Begriffs "Asylant" beanstandeten. Allein die Endung: -ant. Wie in Simulant, Ignorant, Querulant, Denunziant. Alles Begriffe, die negative Assoziationen hervorrufen, behaupteten die Kritiker, die für eine diskriminierungsfreie Sprache kämpften." (SZ - online- vom 11. Dezember 2014: "Sprache im Migrationsdiskurs. Warum "Asylant" ein Killwort ist.) Demnach soll der Sprachwissenschaftler Jürgen Link hier den Begriff "Kill-Wort" verwendet haben. Da wird dann auch der angeblich negative Touch abgeleitet: "Das Wort erfuhr eine schleichende Stigmatisierung, weil es selbst stigmatisiert. (sic!,Hervorh. d.V.) Immer wieder wurde es mit Komposita versehen: Scheinasylant, Asylantenheim, Asylantenstrom." (ebd.)
Eine derartige Argumentation sehe ich wieder als leider nicht gerade untypisch an: Es werden nur negative Assoziationen aufgelistet, daß diese mit dem Ursprungsbegriff aber überhaupt nichts zu tun haben, wird zumindest nicht diskutiert, wenn nicht gar unterschlagen. Jene Begriffe sind doch eher als Neuschöpfungen (von welchen Kreisen auch immer) zu sehen, sprechen allenfalls einen Aspekt an, der mit dem Kontext Asyl zu tun hat. Dadurch wird auf jeden Fall der Begriff "Asylant" in seiner eigentlichen Substanz selbst nicht allein schon zu einem diskriminierenden!
Der Sprachwissenschaftler Wengeler gibt bezüglich des Begriffs als seinen persönlichen Eindruck wieder, daß er in der "öffentlichen Diskussion (...) kaum benutzt" werde. Da wird auch behauptet: Auch wenn der Begriff "hin und wieder noch gebraucht werde, seit "Mitte der 1990er ist der Begriff aus dem öffentlichen Sprachgebrauch größtenteils verschwunden." (ebd.) Träfe dies so zu, dann ließe sich allein schon aus der Verwendung von "größtenteils" eine gewisse Selbstherrlichkeit hinsichtlich Festlegung von Relevanz ausmachen: Wer definiert denn, wer und was dann noch und in welchem Umfang zum "öffentlichen Sprachgebrauch" gehört, gehören darf? Ich finde, hier wurde schlicht zu kurz gegriffen, eine Art von sehr subjektiver Wirklichkeit konstruiert (was man bekanntlich anderen gerne immer wieder mal vorzuwerfen pflegt ...) Das ist in meinen Augen entweder eine Wirklichkeitsblindheit oder aber eine willkürliche Abgrenzung dessen, was hier unter "öffentlich" zu verstehen ist.
Und wenn Wengeler nun mit Blick auf eine angebliche Bedeutungsverschiebung des Wortes "Asylant" behauptet, der "Asylant, das ist nun einer, der aus zweifelhaften Gründen Asyl sucht, der uns bedrängt, das Grundgesetz ausnutzt." (ebd,), dann sehe ich das sehr kritisch. Wer oder was auch immer am Betreiben von Umdefinition(en) beteiligt ist, sollte kritisch hinterfragt werden (gegebenenfalls im Interesse sprachlicher Exaktheit dagegengewirkt werden!); rein deskriptiv eine (tatsächliche oder auch nur unterstellte) Wirkung zuzuschreiben und dann den betroffenen Begriff selbst zu verunglimpfen kann ja wohl nicht der Weisheit letzter Schluß sein! Es sollte auch -- vor allem aus wissenschaftlicher Perspektive -- vermieden werden, einzelnen Publikationsorganen (Wengeler verweist wie folgt: "Zum Beispiel in Medien wie Bild und Spiegel") faktisch mehr Autorität in Sachen Sprachgebrauch zukommen zu lassen als ihnen gebührt. Gerade die Zeitung BILD wird bekanntlich immer wieder ob ihrer auf Emotionalität ausgerichteten Sprache kritisiert -- sicherlich zu Recht, insofern man an Sachlichkeit in der Berichterstattung interessiert ist. Und die nun als "Zeugen" für die Wandlung eines Wortes zu einer Art Wortungeheuer benennen wollen? Auch das Magazin Der Spiegel? Na ja, ich bezweifele, daß Medien (auch das TV!) hier eine Definitionsmacht eingeräumt werden sollte; Aufgabe wäre es, gerade hier einen kritischen Blick zu bewahren und Sprachmißbrauch zu kritisieren. Das ist allerdings dann eine andere Vorgehensweise, als quasi Resignativ eine Entwicklung einfach nur zur Kenntnis zu nehmen und das Ergebnis abzusegnen. (Warum ist man hier plötzlich so zurückhaltend, angeblich wohl auch objektiv, betreibt aber beispielsweise seitens Jury Unwort des Jahres einen vorgeblich sprachkritischen Weg? So wird das m.E. zu einer noch größeren Farce, wohl auch zu einer Alibiveranstaltung bzw. zu einer Art Sprachspielwiese mit Ausrichtung auf Sensationsbefriedigung -- womit man dann aber auch die Ebene einiger Medienmitwirkenden einnehmen würde ...) Kaum nachvollziehbar, zumindest wenn man sich an logischen Gesichtspunkten orientieren möchte, ist es vor dem Hintergrund einiger kritisierten Komposita, wenn ihnen dann ein Begriff wie "Flüchtlingsland" als neutraler Begriff gegenübergestellt wird. Hat man da übersehen, was irre oder böse oder eben ignorante Geister mit diesem Begriff an Negativem ausdrücken könnten?! Nein, es wäre ehrlicher, würde man den jeweils extrem hohen Grad von Subjektivität bei der Auswahl und Bewertung von Wörtern einräumen, vielleicht in vielen Fällen wäre es sachlich auch geboten, ein dem zugrunde liegendes Mitläufertum (hier als intersubjektive Übereinkunft einer wie auch immer großen Zahl von Gleichdenkern und Gleichfühlenden zu sehen!) einräumen und auf Ex-cathedra-Vorgaben und affine Aussagen verzichten.
Übrigens die Gründler nach "Sprachvergehen" werden natürlich unaufhörlich fündig. Als eines der letzten Beispiele fand man im Bundeswehr-Kontext den "zeitlich nicht mehr erträglichen" Begriff "Einmannpaket". Klar, dieses köstliche Verpflegungspaket wird ja seit geraumer Zeit auch an Frauen ausgegeben. Da scheint es naheliegend eine Diffamierung der Frauen zu sehen ... Einmannpaket. Dieses lukullische Element muß ja geradezu ob jenes Namens ein Angriff auf Emanzipation sowie eine Geringschätzung der holden Weiblichkeit sein. Also nichts wie weg damit. Der Inhalt wird natürlich derselbe bleiben -- für den, wem's schmeckt, ob männlich oder weiblich. Aber welcher begriffliche Ersatz wird nun das Problem lösen? "Die Soldaten sind aufgerufen, sich an einem Ideenwettbewerb zu beteiligen und Vorschläge für einen neuen Namen einzureichen. Diese müßten den 'Vorgaben der sprachlichen Gleichstellung' gerecht werden, aber auch so formuliert sein, daß die bisherige Abkürzung EPa erhalten bleibe." So die Bestätigung aus der Truppe. (Quelle: JF vom 30. Juni 2021, Felix Krautkrämer, "Essensration. Nicht geschlechtergerecht: Bundeswehr benennt Einmannverpackung um.") Also nicht mehr "Einmannpaket", aber dies unter Beibehaltung des Kürzels EPa. Sozusagen ein militärischer Beitrag zu einer Art von Lösung der Quadratur des Kreises ... Finis Einmannpaket! "Doch damit ist jetzt Schluß, zumindest mit dem Namen. Denn die Bundeswehr hat entschieden, daß die Bezeichnung „Einmannpackung“ nicht mehr zeitgemäß ist. Wie das Fachmagazin Soldat & Technik unter Berufung auf einen Bericht im Intranet der Bundeswehr berichtet, entspreche der Name „nicht den Vorgaben der sprachlichen Gleichstellung“. Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) in Bonn soll deshalb nun bis Ende September Vorschläge für eine neue Bezeichnung ausarbeiten. „Nach mehreren Jahrzehnten der Zugehörigkeit von Frauen in den Streitkräften ist der Begriff ‘Einmannpackung’ nicht mehr Zeitgemäß“, heißt es im Bundeswehr-Intranet." (Quelle: JF, ebd.)
Ach so, ich hätte da eine Idee, wie man ändert und gleichzeitig EPa-treu bleiben könnte: "Ein-Personenangebot", aber wenn dann jemand (= ein Sprachgründler) entdecken sollte, daß "Person" die Weiblichkeit unangemessen benachteiligt, was dann? Tip(p): das Paket dann einfach ignorieren und hungern (hält ja zudem auch schlank ...).
NOTA BENE: Ein aus meiner Sicht eher makabres Beispiel für Sprachpolizistentum liefert (natürlich?) auch die Stadt München: Dort verzichtet die MVG aus Furcht vor Rassismus-Vorwürfen zukünftig auf den Begriff "Schwarzfahrer". So hieß es bislang in den öffentlichen Verkehrsmitteln "Schwarzfahren kostet 60 Euro!", fürderhin wird es nun heißen "Ehrlich währt am längsten" und laut einem Sprecher der MVG (Münchner Verkehrsgesellschaft) handele es sich bei dieser Neuausrichtung um eine "Maßnahme für eine zeitgemäße Kommunikation" (so gegenüber der Bild-Zeitung). In diesem Zusammenhang sollte man auch wissen und beachten, daß bereits seit 2021 der "Arbeitskreis Panafrikanismus München" die Abschaffung des Begriffs "Schwarzfahren" fordert, denn dieses Wort habe "wie viele Begriffe und Konzepte der deutschen Sprache einen rassistisch konnotierten, ideologischen Hintergrund".
Allerdings hat, wie der Sprachwissenschaftler Eric Fuß erläutert, der Begriff "Schwarzfahren" überhaupt nichts mit sogenannten "schwarzen" Menschen, Afrikanern, u.a. zu tun, sondern er komme aus dem jiddischen Wort "shvarts" (=Armut), gemeint sind also arme Menschen, die sich keinen Fahrschein leisten könnten, und nicht schwarze. Aber wer -- aus welchen Gründen auch immer -- sich angegriffen fühlen, rassistisch beleidigt, in seiner Ehre gekränkt oder ausgebeutet empfinden möchte, der oder die wird dazu immer einen Grund, immer die dazu passende (an den Haaren herbeigezogene) Konstruktion, finden.
Derartige Kampfbemühungen von Minderheiten, die letztlich (leider immer wieder mit Erfolg) der Mehrheit und einer gewachsenen Kultur ihre Vorstellung von Richtig und Falsch aufzwingen wollen, erzeugen vielfach gegenläufiges Unverständnis bis hin zu Aggressionen und Überprüfung dessen, wo Grenzen der Toleranz zu verlaufen haben. Beispiele hierfür einmal "Goldonkel" in der JF vom 8. Juli 2021: "Wenn jemand, der hierher gekommen ist und Versorgung fordert und sich an althergebrachten Begriffen und Namen stört und irgendwelche Forderungen wegen Rassismus stellt, dem empfehle ich sofort das Land zu verlassen und dorthin zu gehen , wo er herkommt und wo er unter seinesgleichen, ohne Rassismus leben kann." und "Grenzverletzer" (JF, 8. Juli 2021) mit seiner Aussage "Der Arbeitskreis Panafrikanismus München e.V., der hinter diesem kranken Klamauk steckt, indem er sich fortlaufend mokiert, wird von der Stadt München, dem Ausländerbeirat und dem Bundesministerium des Inneren finanziert. Ich habe keine Fragen weiter und lediglich die Hoffnung, dass die schwarzen Kassen bald leer sind." Kürzer fasste sich dagegen der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU): "Die haben doch alle einen Knall!" (so gegenüber der BILD) und er könne über so etwas nur den Kopf schütteln. Ich möche jedenfalls Ramsauer diesmal auf gar keinen Fall widersprechen, denn ich empfinde diesen Sprachterrorismus als kulturfeindlich und in höchstem Maße intolerant.
10a Die Sache mit der jeweils "richtigen" Wortwahl ... (Ergänzende Gedanken mit Fokus auf "Sprachbilder")
Wilheim von Humboldt hat sich über Sprache und Verstehen einmal folgendermaßen geäußert: "Keiner denkt bei dem Wort gerade und genau das, was der andre denkt", schrieb bereits Wilhelm von Humboldt, "und die noch so kleine Verschiedenheit zittert, wie ein Kreis im Wasser, durch die ganze Sprache fort. Alles Verstehen ist daher immer zugleich ein Nicht-Verstehen." Eine Schlußfolgerung daraus könnte sein, es mit sprachlicher Kommunikation dann ganz sein zu lassen, wenn ohnehin kein adäquates Verstehen zu erzielen ist. Jedoch verbietet sich dies allein schon deshalb, weil es in aller Regel nicht durchgängig praktikabel ist. Eine andere Möglichkeit wäre es natürlich, jedes Wort so lange einzugrenzen und in einer Art Feinabstimmung zu erläutern, daß andere Gesprächsteilnehmer (hoffentlich!) dann zumindest wissen, was gemeint ist. Leider in der Praxis wegen des damit verbundenen Zeitaufwands ebensowenig anwendbar. Und übrigens sollten Worte ja genau Sachverhalte verdichten, trennscharf beschreiben und so flüssige Kommunikation unterstützen. Nehmen wir zunächst einmal ein aktuelles Beispiel (Juni 2018): Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland bezeichnete die Nazizeit als "Vogelschiß in der langen deutschen Geschichte". Wörtlich hatte er gesagt: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte. (Unterstr. d.V.)" Allerdings hatte er vorher die Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus mit Millionen ermordeter Juden und Millionen Kriegstoten betont. Ich sehe den Fehler Gaulands darin, daß er hätte wissen müssen, wie seine Aussage wieder für andere Zwecke und Positionen funktionalisiert wird. Das bewies umgehend beispielsweise die CDU-Generalsekretärin Annegret Kamp-Karrenbauer als sie twitterte: "50 Mio. Kriegsopfer, Holocaust und totaler Krieg für AfD und Gauland nur ein “Vogelschiss”! So sieht die Partei hinter bürgerlicher Maske aus." Mit dieser einseitigen und m.E. falschen Interpretation war sie freilich keineswegs allein, aus allen möglichen politischen und medialen Ecken setzte sich eine Art Empörungsmaschine in Bewegung.
Was hatte Gauland denn tatsächlich gesagt? Vor allem: Gemessen an der langen deutschen Geschichte ("in über 1000 Jahren") war die Nazizeit nur eine sehr kurze Epoche, bildlich (und sicherlich nicht sehr gekonnt!) in Gaulands Diktion ein "Vogelschiss". Er bezog sich somit eindeutig auf den zeitlichen Anteil der Naziherrschaft an der gesamten deutschen Geschichte. Daß man dann auch noch seinen Worten in den Mund legt, er hätte all die Kriegsopfer, den Holocaust, den totalen Krieg, die 50 Millionen Kriegsopfer als "Vogelschiß bezeichnet, somit verharmlost, ist in meinen Augen schon eine dreiste Verdrehung dessen, was er tatsächlich gesagt hat. Hier wird Humboldts These vom Verstehen und Verstehenkönnen natürlich belegt, Karl Jaspers würde hier -- wenn man die milde Variante seiner Kritik beim Umgang mit Sprache wählt -- von einem "Scheinverstehen" sprechen, bei dem man in das Gesagte das hineininterpretiert, was man gerne heraushören möchte. Gaulands Fehler -- da wiederhole ich mich -- war, daß er seinen zahlreichen Gegnern durch die Wortwahl einmal mehr Munition geliefert hat, den Stab über ihn zu brechen. Allerdings behaupte ich: auch eine andere Wortwahl bei Beibehaltung der inhaltlichen Aussage hätte eine tatsächliche oder (aus Funktionalisierungsgründen!) vermeintliche Empörung ausgelöst.
Jedenfalls hat sich Gauland durch den öffentlichen Druck, aber auch durch innerparteilichen Druck (z.B. seitens Meuthen), dann zu einer Entschuldigung durchgerungen. Da heißt es dann plötzlich: "Ich habe den Nationalsozialismus als Fliegenschiss bezeichnet. Das ist eine der verachtungsvollsten Charakterisierungen, die die deutsche Sprache kennt. Das kann niemals eine Verhöhnung der Opfer dieses verbrecherischen Systems sein." Hatte er nun vergessen, daß er die zeitliche Komponente eigentlich angesprochen hatte? (Es ist irrelevant ob nun Fliegenschiss oder Vogelschiss die Wortwahl war!) Gauland hat nach meinem Dafürhalten auch hier sprachlich ungeschickt reagiert. Da er im politischen Bereich wohl kaum mit Ignorieren von Unterstellungen weiterkommen kann (leider!), blieb ihm ja nichts anderes übrig als zu reagieren. Hier hätte eine erneute Darstellung dessen, was er bezüglich des zeitlichen Rahmens ausdrücken wollte (und auch ausgedrückt hat!) genügt. Er hatte ja nicht die Grausamkeiten und Unmenschlichkeit der Nazidiktatur mit seinem Wort bagatellisiert, sondern -- man kann es nicht oft genug wiederholen! -- den zeitlichen Anteil. Daß hier der von Gauland gewählte Begriff (Vogelschiß / Fliegenschiß) von einigen als beschreibende zeitliche Kategorie in Frage gestellt wird, dürfte metaphorisch schwerlich aufrecht zu erhalten sein, (so ein Vogelschiß dauert eben nur kurz!), man mag sich hier allenfalls am linguistischen Code stören (aber das kann man auch bei Politikeräußerungen immer wieder tun -- das sprachliche Niveau ist eben auch dort nicht immer besonders hoch ..).
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie schnell fahrlässig oder absichtlich mißverstanden werden kann. Nochmals sei an Karl Jaspers erinnert, der in solchen Kommunikationsfallen von einem Scheinverstehen spricht, sei es nun absichtlich oder nur durch oberflächlichen Umgang mit der Sprache bewirkt. Und das klingt bei ihm -- zur Erinnerung! -- so: "Die Grenzenlosigkeit möglichen Bedeutens scheint der Auslegung beliebigen Raum zu geben. Es ist möglich, aus irgendwelchen Texten, welche als autoritativ anerkannt werden, fast jedes beliebige Problem herauszuholen. Das Philosophieren in Form von Kommentaren zu vorliegenden Texten hat immer wieder diese abstrusen Formen angenommen. Aus Anlaß gegebener Texte werden nicht diese verstanden, sondern in der Scheinform des Verstehens eigene Gedanken entwickelt." (s.o.., Jaspers, Die Sprache)
Immer wieder gibt es Ärgernisse ob verwendeter Sprachbilder. Dabei muß man sich schon fragen, ob nicht erst durch eine Unterstellung seitens Empfängers dem jeweiligen Sender "Böses" zugeschrieben wird. Hierzu ein weiteres Beispiel: Es dürfte jedem klar sein, was mit dem Sprachbild "Ansturm" gemeint ist. So ein Ansturm drückt natürlich auch eine Menge, eine Masse, eine Drucksituation aus. Kommen nun arme Menschen und suchen hier im Lande Zuflucht und wird dann angesichts einer riesigen Zahl von in das Land Hereindrängenden vom "Ansturm der Armen" gesprochen, dann bezeichnen nicht wenige diese Begrifflichkeit als eine "entmenschlichende Metapher". Warum eigentlich? Es ist nun mal ein Ansturm (Massenbewegungen unterstellt!), es kommen nun mal Arme (und nur diese werden mit jenem Begriff umschrieben!).
Wie verquer der Umgang mit einigen Begrifflichkeiten da sehr schnell gerät, habe ich bereits am Bespiel "Asylant" aufzuzeigen versucht. Wenn Sprachbilder mehr oder weniger häufig mit Chaos und Bedrohung in Verbindung gebracht werden, dann sollte das angesichts der tatsächlichen Situation nicht verurteilt werden, sondern einfach den Versuchen einer realistischen Beschreibung zugeschrieben bleiben. Da wird dann schon mal sehr schnell quasi sprachpolizeilich ermahnt. Ist es denn zielführender, Wirklichkeit mit Euphemismen erklären zu wollen, also mit leider nicht seltenen Falschdarstellungen? ( Zunächst einmal ein paar "harmlose" Euphemismen: Wird eine Müllhalde denn wirklich besser, angenehmer oder gar zu einem Ort für Lustwandeleien, wenn man sie nun als Entsorgungspark hofiert?! Bestimmt nicht. Windpark, Freizeitpark o.ä. lassen ebenfalls grüßen ... Warum dies "harmlos" hier in Anführungszeichen? Beschönigungen sind eben letztlich nie so richtig harmlos, weil hier Versuche, etwas zu verschleiern, wirksam werden. Weil Wahrheit verfälscht wird. Weil Sprache hier in einem schlechten Sinne funktionalisiert wird!)
Bisweilen wird dann schon mal sich empört, daß Beschreibungen von Fluchtbewegungen mittels Metaphern, die mit "Wasser zu tun haben" erfolgen: Welle, Strom. Flut. Wenn dann jemand dann noch die Frechheit besitzt, zu beschreiben, "das Boot ist voll", dann möchte man diesem Bild einen Riegel vorschieben. Warum eigentlich? Es kann natürlich sein, daß das Boot eben nicht voll ist, daß vielleicht -- falls überhaupt diese Assoziation anvisiert sein sollte -- nicht mit einem Untergang zu rechnen ist, u.s.w. Darüber muß man doch diskutieren dürfen, auch mit diesem Sprachbild, das keineswegs entmenschlichenden Charakter hat, sondern lediglich eine jeweils von einer mehr oder weniger großen Intersubjektivität getragene Sichtweise offenbart. Wer hier Anstoß an Assoziationen mit "Wasser" nimmt und diese gerne aus dem Sprachverständnis entfernen möchte, der geht entschieden zu weit. Sprache läßt sich eben auch nicht beliebig reduzieren, soll sie nicht an Kommunikationsvielfalt verlieren!
Ganz schlimm sehen manche es dann auch, wenn von welcher Seite auch immer geäußert wird, die "Asylantenflut" müsse "eingedämmt" werden. Ich finde es immer noch besser, wenn diese Gedanken so da sind, wenn diese Einschätzung vertreten wird, diese auch in dieser Bildhaftigkeit zuzulassen. Entmenschlichend ist da nichts, sondern hier wird der Grundstein zu einer Diskussion über Für und Wider, über Notwendigkeit, über Machbarkeit und Grenzen, um nur einige Punkte zu nennen, gelegt und eine Auseinandersetzung erst möglich.
Daß hier in dem Bemühen, Sprachbilder zu eliminiern, auf einigen Seiten keine Grenzen gesetzt sind, verwundert ja längst nicht mehr. So hat man auch schon mal entdeckt, die "Militärmetaphorik" werde immer wieder verwendet. Dies nicht nur im Zusammenhang mit "Ansturm (sic!) der Armen", nein hierunter falle auch "Abwehr (sic!) illegaler Einwanderer", "Einfallsroute", "Lage an den X-Grenzen habe sich verschärft". Also weg mit all diesen Begriffen? Weg mit Abwehr? Weg mit "Einfall"? Weg mit "Lage", zumindest wenn sie sich verschärft hat? Das kann es doch nicht sein! Ich sehe das als tumbe Versuche, Sprache zu vergewaltigen, ihr die Bandbreite zu nehmen, sie zu verarmen. Gerügt wird auch eine sogenannte "Warenmetaphorik": so zum Beispiel im Zusammenhang mit Import und Export von Arbeitskräften. All diese Metaphorik habe schwerwiegende enthumanisierende Wirkung, so heißt es. Wird hier nicht längst die Stufe zur Lächerlichkeit überschritten? In einer Konsumgesellschaft empört man sich plötzlich über eine Warenmetaphorik! Fast schon eher ein Zeichen an Gutgläubigkeit hinsichtlich der tatsächlichen Situation von Arbeitskräften könnte man da zusätzlich herauslesen ... Wer den öffentlichen Duktus bis hin in die maßgeblichen gestaltenden Kreise auch nur ein wenig aufmerksam verfolgt, dürfte sich eigentlich schon seit Jahrzehnten nicht mehr über diese Art der Verdinglichung wundern, jedenfalls neu ist das ja nicht, schon gar nicht erst in der Folge zunehmender Fluchtbewegungen.
Natürlich stimmt es, was der Sprachwissenschaftler Wengeler sagt: "Unser Denken ist vielfach metaphorisch geprägt. Sprache und Denken sind unauflösbar miteinander verbunden." Das ist jedoch eine Binsenweisheit. Aber eines kann man aus dieser Aussage doch wohl kaum: herauslesen, eine Logik, Sprachbilder zumindest in einem größeren Ausmaß zu eliminieren. Bei all diesen Unterfangen spüre ich vor allem eines: die Vertreter der Politischen Korrektheit haben sich und ihre Truppen (sic!) in Bewegung gesetzt. Es ist natürlich auch falsch, wenn gesagt wird, eine Debatte um Worte sei nur eine Scheindebatte. Das trifft insofern nicht zu, weil Worte möglichst trennscharf beschreiben sollen. Eine Debatte um Worte kann, ja muß, durchaus der Begriffsklärung dienen, vor allem dann wenn hinsichtlich Bedeutung kein oder zu wenig an Konsens besteht. Einfacher gesagt: Man muß schon wissen, was ein Wort bedeutet, was damit gemeint ist, was es erklärt. Ist aber ein Wort eindeutig, wie z.B. "Asylant", dann ändert doch eine Neubenennung des Sachverhalts und der damit erfaßten Personen nichts an deren gesellschaftlichen Situation, an ihrer Seins-Wirklichkeit. Wenn hier z.B. Wengeler fordert, man müsse auf die Gruppen, die "von abwertendem Sprachgebrauch betroffen sind", Rücksicht nehmen und das sei nicht zu viel verlangt, wenn er verlangt, man müsse "sprachlich respektvoll und höflich sein", dann kann ich dem unter der Voraussetzung zustimmen, daß man nicht vorher willkürlich einen Begriff abwertet und diese Abwertung dann zu einer allgemein verbindlichen Kategorie erhebt. Es ist nun mal Fakt, daß erst durch gewisse Aktivitäten andere auf den Begriff kommen, sie würden nun selbst durch diesen Begriff ihrer Würde beraubt, in ihrer Ehre gekränkt oder einseitig dargestellt.
Natürlich kann man ohne Probleme zu einem Asylanten im Sinne von jeweils zu erwartender Reversibilität "höflich", "respektvoll", schlicht menschlich sein; dabei wird der Begriff "Asylant" allerdings erst dann zu einem Problem, wenn gleichsam von außen dem "Asylanten" suggeriert wird, der Begriff sei diffamierend. Nochmals zur Erinnerung: Asylant bedeutet schlicht und einfach, daß derjenige um Asyl bittet. Und es ist auch von anderen erwartbar, daß sie eine gewachsene Sprache als solche akzeptieren und nicht plötzlich in einer Art des Sprachgrundelns einen Eifer an den Tag legt, möglichst Angriffspunkte für Wortdiffamierungen zu finden. So wird das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt ... Wenn Sprachwissenschaflter und andere in diesen Zusammenhängen fordern, man müsse "sprachsensibel" handeln, dann sollten sie besonders jene im Auge behalten, die gerne etwas in eine Sache hineinheimsen, was so gar nicht da ist. So mancher dürfte dann aber auch bei seinem eigenen Tun fündig werden.
Interessant ist auch eine Bewertung Wengelers zu Begriffen wie "Armutsflüchtling", "Armutszuwanderung" und "Sozialtourismus": "Diese Begriffe werden genutzt, um den Menschen legitime Fluchtgründe abzusprechen." Ja, kann so zutreffen, aber was, wenn es genau jene Gründe sind, die zur Flucht führen? Wie das dann benennen? Nein, es sind nicht diese deskriptiven Begriffe als Problem zu sehen, sondern eine eventuell im Einzelfall falsche Bewertung! Und hier gilt es, diese falsche Bewertung offen zu legen und nicht den Begriff selbst als solchen "verbieten" zu wollen. Und wenn jemand aus Armut flieht, will er oder sie nicht am Reichtum teilhaben und von den Sozialsystemen hier profitieren? Es ist doch geradezu naiv, anzunehmen, Armutsflüchtlinge kommen hierher um weiter arm zu bleiben. Nein, deren Problem zu benennen ist der erste Schritt auch zu einer Verbesserung derer Verhältnisse! Armutsflüchtling war bis vor nicht allzu langer Zeit ein weithin akzeptierter, einen konkreten Sachverhalt beschreibender Begriff. Frage: Wer hat tatsächlich an der Begriffsschraube gedreht, damit dies nun anders sein sollte?
Deutsche Sprachwissenschaft versteht sich im Gegensatz zur angelsächsichen immer noch überwiegend als präskriptive Unternehmung; insofern wäre es systemimmant stimmiger und auch ehrlicher, würde man sich dort mit mehr oder weniger künstlichen Sprachveränderungen etwas mehr zurückhalten und nicht immer wieder -- es muß gesagt werden: der politischen Korrektheit huldigend -- eine neue Sprachsau durchs Dorf zu jagen.
Oder um es mit den Worten eines Forenteilnehmers einer deutschlandweit verbreiteten Zeitung, der aus meiner Sicht letztlich auch die Unaufrichtigkeit, die Verlogenheit, die Pseudoaktivität (sofern man an wirklicher Verbesserung der Verhältnisse überhaupt interessiert ist!), in jenen Diskussionen ihrer Masken befreit, abzuschließen: "Man kann es auch übertreiben.Mohrenstraße,Zigeunersoße,Mohrenkopf usw. muß alles umbenannt werden.Müssen wir bei der Frankfurter / Braunschweigermeatwurst etwas streichen. Der Berliner beim Bäcker muss auch anders heißen.Das geht schon länger so, das Wienerwürstchen darf in Wien auch so heißen,die Wiener sind keine Kannibalen deshalb essen sie Frankfurter, wahrscheinlich sind die Zarter. Lasst die deutsche Sprache in Ruhe, so bekloppt ist man nur hier in Deutschland."
Ja, es stimmt, allerdings nur zum Teil bis auf jenes "so bekloppt ist man nur hier in Deutschland": dies lehrt uns beispielsweise der kritische Blick über den großen Teich auf ein Gesetz, das alle geschlechtsspezifischen Wörter im Senat verbannt; ein besonders spracheifernder Senatssprecher verstieg sich sogar in einem Gebet dann zu dem Ende "Amen and Awomen". Und woher all die sprachpolizistischen Anstrengungen ursprünglich kamen, mit denen nun auch wir hierzuland traktiert werden, dürfte hinlänglich bekannt sein. Stellvertretend hierfür sind unter anderem die Auswüchse der "Critical Race Theory" (wohl eher eine Methodik, Angriffe gegen die Werte der liberalen Demokratie auszuführen als tatsächlich und wirksam etwas gegen Rassismus und / oder Benachteiligung unternehmen zu wollen) sowie die Exzesse der Sprachreduktionsversuche im Gefolge jener letztlich von Judith Butler (bekannt u.a. als die Genderphilosophin von Berkely) angeregten Neudefinitionen, welche sich gegen das biologische Geschlecht als Alleinstellungsmerkmal richten und vor dessen Hintergrund seit geraumer Zeit auch hierzulande einige Apologeten ihr sprachliches (und in Teilen wohl auch gedankliches) Unwesen treiben.
11 Fördergelder -- nicht immer zielführend ... Nicht allen, die edle Ziele vorgeben,sollte man bedingungslos Vertrauen schenken!
Man kann sich beim Bund um Fördergelder für Projekte und Gruppen, die sich dem Kampf gegen Rechtsextremismus verschrieben haben, bewerben. Bekannt wurde, daß jene Projekte und Gruppen teilweise vom Verfassungsschutz auf extemistische Bestrebungen durchleuchtet werden. Auf Anfrage der Linksfraktion teilte die Bundesregierung mit, daß seit 2004 das Bundesamt für Verfassungsschutz insgesamt 51 derartige Initiativen und Projekte überprüft haben soll. Jene hatten Fördergelder durch das Bundesprogramm "Demokratie leben!" beantragt. Die Verantwortung für dieses Programm liegt beim Bundesfamilienministerium. In 46 Fällen sei die Überprüfung erfolgt, nachdem die Initiativen sich um Fördergelder beworben hatten. In fünf Fällen erfolgte die Überprüfung nach Aufnahme der Förderung.
Dieses Bundesprogramm ("Demokratie leben!") gibt es seit 2015 und es läuft noch -- bisheriger Stand -- bis 2019. Im letzten Jahr betrug die Fördersumme 104,5 Millionen Euro.
Die Linkspartei kritisierte diese Überprüfungen. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, meinte, es könne nicht angehen, "daß auf Grund völlig unberechtigter Vorwürfe ein Projektträger und dessen Mitarbeiter vom Geheimdienst überprüft werden. Es wäre das Mindeste, die Betroffenen über die Überprüfung zu informieren." Laut Jelpke brauche es vielmehr ein klares gesellschaftliches Signal, daß der Kampf gegen Rechtsextremismus nicht extremistisch sei, sondern ein demokratisches Muß.
Hierzu möchte ich bemerken: Es ist wichtig, den Kampf gegen Rechtsradikalismus konsequent zu führen. Dies gilt aber auch für Linksextremismus (Stichwort: Randale, Autos "abfackeln", Menschen bedrohen, politische Intoleranz gegenüber Andersdenkende, etc.). Natürlich ist es notwendig, zu prüfen, inwieweit die möglichen Geldmittel nicht zweckentfremdet verwendet werden bzw. Organisationen zuteil werden, die selbst nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung operieren. Zuzustimmen ist Frau Jelpke jedoch in ihrer Forderung nach Information der Überprüften. Und ob ein Kampf gegen Rechtsextremismus (bzw. Linksextremismus) per se nicht schon "extremistisch" ist, zeigt sich erst in der Art des Vorgehens jener, die sich als Sachwalter von Demokratie ausgeben und als solche verstehen. Es ist eben auch ein "demokratisches Muß", festzustellen, wie integer und glaubwürdig die jeweiligen Gruppierungen und Projekte sind. Ihre Stimmigkeit muß der Überprüfung unterliegen können. Fehlen diese Voraussetzungen, darf es auch keine Fördermittel geben.
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12 Blick auf eine ausgewählte Tätigkeit von Linksextremisten
In Niedersachsen baute sich eine Gruppe teils Vermummter vor dem Wohnhaus eines Polizisten auf. Sie terrorisierten den Polizisten und dessen Familie durch Einschüchterungen und Bedrohungen. Es waren rund 60 Linksautonome, die Banner anbrachten und versuchten, die Familie einzuschüchtern. Politiker verurteilen den Vorfall scharf. Diese "scharfe Verurteilen" geschieht bekanntlich immer nach Entgleisungen oder gar kriminellen Handlungen. Leider fehlt dann in der Folge als Konsequenz jenes Handeln, das derartig verwerfliches Tun entsprechend sanktioniert, dem Bürger vermittelt, der Staat übe auch in solchen Fällen sein Gewaltmonopol wirksam aus. Reden allein hilft den Betroffenen jedenfalls nichts, das Vertrauen der Bürger in das Sicherheitsversprechen der wehrsamen Demokratie dürfte ebenfalls stark unterminiert werden ...
Nach dem Versuch von Anhängern der linksautonomen Szene, die Familie eines Polizisten aus Niedersachsen einzuschüchtern, setzt es scharfe Kritik. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat einen Aufmarsch von 60 teils Vermummten vor dem Haus eines Polizisten nahe Hitzacker scharf kritisiert. "Ich bin absolut davon entsetzt. Das ist eine unfassbare Grenzüberschreitung", schrieb er bei Facebook. "Wenn der Name und die Adresse dieses Beamten aus Hitzacker auf einschlägigen Seiten der linksautonomen Szene veröffentlicht werden und er dann zuhause mit seiner Familie Opfer einer solchen Bedrohungslage wird, können wir das nicht hinnehmen und müssen reagieren." Frage: Wie wirksam und nachhaltig wurde reagiert?
Nach einem Polizeibericht hatte die Gruppe "gezielt das Grundstück und private Wohnhaus eines örtlichen Polizeibeamten in der Samtgemeinde Elbtalaue heimgesucht". Durch lautstarke Stimmungs-mache, Anbringen von Bannern und durch ihre Vermummung hätten die Teilnehmer versucht, dessen Familie einzuschüchtern, die allein Zuhause war. Nach dem Eintreffen von Polizeikräften soll es zu "Handgreiflichkeiten und Widerstandshandlungen" gekommen sein. Die Polizei erteilte Platzverweise und nahm mutmaßliche Täter in Gewahrsam. Vorausgegangen sein soll dem am Nachmittag eine friedlich verlaufene Demonstration in Gorleben. Der Ort ist als Kulminationspunkt der Anti-Atomkraft-Proteste bekannt.
Boris Pistorius habe inzwischen mit dem betroffenen Beamten gesprochen und sich den Fall aus dessen Sicht schildern lassen, sagte Pistorius und sprach von einer "unfassbaren Aktion". Auch Politiker von CDU, FDP, der AfD und den Grünen verurteilten den Aufmarsch. Und es ist unübersehbar, unleugbar, was der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft DPolG Alexander Zimbehl sagte zu dem Vorfall: "Dieser Angriff zeigt deutlich, wie weit mittlerweile die Gewalttaten gegen Polizeibeamte vorangeschritten sind und dass es Gruppen in dieser Bevölkerung gibt, die überhaupt keine Skrupel mehr haben, gegen Polizisten auch persönlich vorzugehen"und er forderte "eine eindeutige Reaktion seitens der Politik". Und diese sollte in derartigen Fällen jeweils unmittelbar, mit aller gebotenen Härte und der Ausschöpfung aller rechtsstaatlichen Mittel endlich auch erfolgen!
12a Wird hier mit dem (früher einmal trennscharfen) Begriff "Links" von den "Neo-Linken" nicht Schindluder getrieben? Werden hier nicht Ziele und Inhalte sowie Gestaltungsformen verkannt?
Blicken wir zurück (auch wenn die Gegenwart jeweils lehrt, daß derartige Rechtswidrigkeiten immer wieder Aufsehen erregen -- leider dann meistens nicht mehr ... So schreibt Welt Digital am 21.05.2018: "Linksradikale meinen, auf der 'guten‘ Seite zu sein") und fragt "Ist nun der Klassenkampf zurück? Oder zumindest Versuche, diesen zu reaktivieren?" Der Hintergrund war, daß linke Aktivisten wieder einmal in mehrere Häuser in Berlin eingedrungen waren. Und die Reaktionen aus der Poltik? Sehr unterschiedlich: "Grüne und Linke zeigen Verständnis für die Besetzung und loteten einen Kompromiss aus. CDU und AfD warnen vor einer Eskalation." (ebd.)
WELT DIGITAL schildert die Szenerie und deren Auswirkung recht deutlich: "Am Montagmorgen sieht es vor dem Haus in der Bornsdorfer Straße 37 im Berliner Bezirk Neukölln vermüllt aus: Auf dem Kopfsteinpflaster liegen Plastikverpackungen, Glasscherben und Essensreste. Auf dem Bürgersteig parken mehrere grasgrüne Mieträder einer Supermarktkette. Unbeeindruckt vom Müll um ihn herum, putzt ein Mann im Schlafanzug seine Mercedes S-Klasse. Mit Feierlaune hatte das alles jedoch nichts zu tun ... Die Berliner Polizei räumte den Seitenflügel des Hauses Nummer 37b am Sonntagabend gewaltsam, nachdem ihn Aktivisten mehrere Stunden lang besetzt hatten. Der Eigentümer des Gebäudes in der Bornsdorfer Straße habe Strafantrag und ein Räumungsbegehren gestellt, so die Berliner Polizei. Die Räumung wurde dann unverzüglich vollzogen. Einem Polizeisprecher zufolge befanden sich 56 Personen in dem Mehrfamilienhaus. Auf der Straße protestierten zeitgleich bis zu 200 Personen gegen die Räumung. Ein Rettungswagen sei vor Ort gewesen, Verletzte gab es nach Angaben der Polizei nicht. Dem widersprachen die Besetzer: "Einige Personen wurden beim gewaltsamen Eindringen der Polizei verletzt“. Soll man damit dann Mitleid haben? Wohl kaum. Hier haben wohl jene die Saat gesät, die sie dann ernten mußten."
Die Besetzer begründeten ihr Handeln mit einer angeblich "illegalen Zweckentfremdung des Hauses", denn "seit fünf Jahren lässt das landeseigene Wohnungsbauunternehmen Stadt und Land die Borni leer stehen." Damit sei nun endgültig Schluß, denn in der Borndorfer Straße werde man nun einen Raum schaffen, an dem "Menschen zusammenkommen können, ohne etwas dafür zu zahlen." Dabei hofften die Besetzer auf die Bausenatorin Katrin Kompscher (Die Linke), darauf daß sie die Wohnungsbaugesellschaft anweisen werde, die Besetzung zu dulden. Diese Hoffnung war jedenfalls vergebens. Die Verhandlungen zwischen den Besetzern auf der einen Seite und Bundestagsabgeordnetem Canan Bayram (Grüne) und dem Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Sebastian Scheel (Linke) auf der andern scheiterten letztlich.
Den Besetzern war von Vertretern der Wohnungsbaugesellschaft unter anderem angeboten worden, ihnen unbefristet Wohnraum im Haus zur Verfügung zu stellen, sofern sie das besetzte Haus zunächst räumten. Danach sei der Gesprächskontakt jedoch abgebrochen worden, woraufhin der Eigentümer die Polizei um Hilfe bat.
Nicht verwunderlich, daß die Linke Berlin es "schade" fand, daß es mit den Besetzern zu keiner Einigung kam, denn das "Anliegen" (hier sollte der Begriff gründlichst auf seine Tauglichkeit im vorliegenden Kontext untersucht werden!) sei "richtig", das Gesetz dürfe nicht den privaten Profit über die Bedürfnisse des Menschen stellen. Zustimmung kam, wohl wenig überraschend, auch von der Bürgermeisterin des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Die Grünen): "Die Räumung eines städtischen Hauses in Neukölln halte ich politisch für falsch. Hier hätte die Regierung ein Zeichen setzen können, dass Berlin sich gegen den Ausverkauf der Stadt wehrt und darum neue Modelle ausprobiert." (ebd.) Eine Zwischenanmerkung erscheint mir hier notwendig: Im Zusammenhang mit derartigen Vorgängen wird immer wieder (verharmlosend) von "Aktivisten" gesprochen, so war es auch hier der Fall. Auch dieser Begriff bedarf einer sorgfältigen ideologiekritischen Analyse, besonders weil er im Kontext mit Rechtsbrüchen eher verharmlosend und euphemistisch überzogen wirkt ...
Wiederholt wurde / wird in Berlin gegen steigende Mieten demonstriert, dabei ist die Stimmung häufig sehr aufgeheizt. Einsatzkräfte werden nicht selten mit Flaschen bombardiert und mit anderen Mitteln angegriffen. Dies bringt die Beamten immer wieder in Lebensgefahr. Kritik gegen die liberal anmutende Haltung der Berliner Regierenden kam u.a. von CDU und AfD. Timur Hussein, CDU-Fraktionsvorsitzender von Friedrichshain-Kreuzberg: "Die Besetzungen kommen aber nicht von ungefähr, sondern haben politische Unterstützung von Linken und Grünen. Hier wird eine Stimmung geschaffen, in der Linksradikale meinen, auf der ‚guten‘ Seite zu sein, quasi als Ausführungsorgan der linksgrünen Politik." (ebd.) Er erinnerte zudem daran, daß die Grünen-Bundestagsabgeordnete Bayram für die Enteignung von Wohnraum plädiert hatte -- dies im Bundestagswahlkampf. Georg Pazderski (AfD) sagte zu den Vorfällen: "Das lebensgefährliche Bombardement von Polizisten mit Gehwegplatten von den Dächern besetzter Häuser darf sich nie mehr wiederholen. Darum ist es richtig, sofort und mit aller gebotenen Härte gegen die linksextremen Hausbesetzer vorzugehen und alle Häuser umgehend zu räumen." (ebd.) Zudem warnte er vor weiteren gewalttätigen Ausschreitungen; Erfahrungen aus der Vergangenheit wiesen darauf hin. Wohnungsmangel können nur durch "bauen, bauen, bauen" beseitigt werden und nicht durch "sozialistische Bau- und Mieterpolitik oder illegale Aktionen".
Bei einigen Häusern waren nur Transparente aus den Fenstern gehängt worden, es handelte sich also um "Scheinbesetzungen". In jenen Häusern traf die Polizei keine Personen an. Hier wurden mögliche Ablenkungsmanöver als Grund für dieses Handeln genannt. Einige dieser scheinbesetzten Häuser gehören Landeswohnungsunternehmen.
Fakt ist: die Misere auf dem (Berliner) Wohnungsmarkt gehört gelöst; und zwar schnellstmöglich. Es kann nicht sein, daß sich hier wenige auf Kosten der Mehrheit einer Bevölkerung bereichern. Ich bin allerdings der Auffassung, daß Gewaltaktionen nicht nur illegitim sind, sondern auch niemals zielführend wirken werden, sondern nur die Fronten verhärten und erneutes Unrecht generieren. Letztlich bleibt "nur" die Möglichkeit, durch Wahlverhalten und massives, gleichwohl friedliches Bürgerengagement die Herrschenden zum Handeln zu zwingen. Auf gar keinen Fall dürfen jene unter Protesten leiden, die für die Aufrechterhaltung der sogenannten Freiheitlich-Staatlichen-Grundordnung (FDGO) verantwortlich sind -- die Polizisten und andere Hilfskräfte.
Das war im Jahr 2018. Hat sich die Lage nun im Juli 2021 geändert? Leider nein. Erst vor kurzem wurden erneut Polizisten bei ihrer Aufgabe, Ordnung wieder herzustellen heftig behindert und tätlich angegriffen. Von einem Haus wurden sie gar mit Pflastersteinen beworfen ... Meine Vorstellung von dem was (theoretisch) aus früherer "linken" Theorie abzuleiten ist (wohlgemerkt: von der Theorie, nicht von der sich auf diese fälschlicherweise berufende Praxis!), ist jedenfalls ein gewaltloses und sozialverantwortliches Handeln. Davon sehe ich derartige Vorgänge, wie wir sie immer wieder in den Städten (vor allem auch am 1. Mai) erleben, weit entfernt. Wirkliche "linke Orientierung" im eigentlich ideologischen Sinn der (ursprünglichen) Theorie sollte sich vor allem durch ein Menschenbild auszeichnen, das Respekt und Unversehrtheit für alle garantiert ... Was hier betrieben wird, ist nichts anderes als das, was Linke den anderen gerne vorwerfen: Repression, Gewaltausübung, Entrechtung, Intoleranz, Unfähigkeit zum Diskurs, Menschenverachtung und rücksichtsloser Umgang mit Eigentum anderer (man denke nur an die unzähligen gewaltsamen Beschädigungen der Autos sogenannter "Kleinbürger", die sich all das mühsam zusammensparen mußten ...).
12b Und so beschreibt die Linke Sahra Wagenknecht Teile der Problematik:
(wird demnächst ausgeführt)
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 13 Europa: Ja! Aber ein etwas anderes Europa! Eines der dann auch wirklich eigenverantwortlichen Staaten ...
154 Wirtschaftsprofessoren haben sich gegen wesentliche Elemente der gegenwärtigen Euro-Politik gestellt. Darunter: der Ökonom Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Instituts in Köln, Dirk Meyer von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, Gunther Schnabl von der Universität Leipzig und Roland Vaubel von der Universität Mannheim sowie Hans-Werner Sinn, langjähriger Ifo-Präsident.
Eine der wesentlichen Forderungen: die europäische Währungs- und Bankenunion dürfe nicht "noch weiter zu einer Haftungsunion" ausgebaut werden. Man stellt sich gegen die Forderungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und die von Jean-Claude Juncker (derzeit noch EU-Kommissionschef), welche bei entsprechender Realisierung die Geldpolitik der EZB noch stärker polarisieren würden. Die großen Anleihenkäufe der EZB kämen "schon jetzt einer Staatsfinanzierung über die Zentralbank gleich", so die Kritik. Bekannterweise wird von beiden ein europäischer Finanzminister mit einem eigenen Budget gefordert.
Ich habe ohnehin den Eindruck, daß viele von Macrons Forderungen, sehr konziliant und verführerisch freundlich vorgetragen, einer strengen ideologiekritischen Prüfung unterzogen werden müssen. Geht es ihm wirklich so sehr um "Europa" oder nicht vielmehr darum, die wirtschaftlichen und sozialen Miseren Frankreichs über andere Länder (vor allem: die mit besserer Stabilität) zu kompensieren, also Frankreichs Dilemmata zu sozialisieren? Der Verdacht liegt jedenfalls nahe ... Auch Juncker macht es sich sehr einfach: er schlägt einen Investitionsfond zur gesamtwirtschaftlichen Stabilisierung und einen zur Unterstützung struktureller Reformen in den Eurostaaten vor. Da sind doch weitere Transfers und Kredite an Länder zu erwarten, die -- so die Wirtschaftswissenschaftler -- "es in der Vergangenheit versäumt haben, die notwendigen Reformmaßnahmen zu ergreifen" und "es wäre falsch, Fehlverhalten zu belohnen".
Problematisch ist auch die diskutierte Zusammenlegung der nationalen Einlagesicherungssysteme: "Wenn die Einlagensicherung für Bankguthaben wie geplant vergemeinschaftet wird, werden auch die Kosten der Fehler sozialisiert, die Banken und Regierungen in der Vergangenheit gemacht haben." Das nationale Haftungsprinzip, ein Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft, in der Eurozone dürfe nicht weiter untergraben werden! So befürchten die Verfasser dieser Kritik ferner, daß bei der Umwandlung des Euro-Krisenfonds ESM in einen Europäischen Währungsfonds unter EU-Recht der Einfluß von Nicht-Eurostaaten wachsen und der Bundestag unter bestimmten Umständen sein Kontrollrecht verlieren werde.
Es dürfen nicht kommen: der Euro-Finanzminister mit einem Budget sowie die Vergemeinschaftung der Einlagensicherungstöpfe! Dagegen ist auch eine deutliche Mehrheit der Fachkräfte, wozu leider Politikerinnen und Politiker allzu häufig nicht zu zählen sind. Sie vertreten aus meiner Sicht meistens "nur" Interessen, plappern nach, was ihnen von Experten oder sogenannten Experten vorgegeben wird, ohne dies durch eigene Kompetenz dann durchdringen zu können. Auch die Bevölkerung, sofern ihr klaren Wein über die Folgen eingeschänkt und sie nicht durch Euphemismen und / oder verkürzte Darstellungen eingelullt wird, dürfte wohl kaum irgendeine "Freude" an der Sozialisierung von Lasten und der Unterstützung von Verantwortungslosigkeit und Schlendrian haben. Es ist ja auch eine dümmliche Verkürzung der Sachverhalte, wenn man im Zusammenhang mit dem "Euro" die Friedensaspekte resp. die Kriegsgefahren an die Wand malt. Menetekel! Die Geschichte lehrt jedenfalls, daß es ohne Euro eine bereits relativ lange Friedenszeit innerhalb Europa gegeben hat, daß mit dem "Euro" eher der Dissens unter den europäischen Ländern gewachsen ist ... Auch das festzustellen, gehört zur Wahrheit.
Wenn einige prominente deutsche und französische Ökonomen, wie geschehen, von Deutschland verlangen, mehr Risikoteilung zu akzeptieren, wenn Frankreich dann mehr Disziplinierung durch den Markt akzeptiere, dann mag das für viele gut und stimmig klingen, dürfte jedoch eher von einer Art Wunschdenken geleitet sein. Die Frage ist und bleibt: Wer gibt was ab und zu welchem Preis? Und wer profitiert in erster Linie oder gar allein? Es wird nicht funktionieren -- das mit der Einheit in einem gemeinsamen Verantwortungsgefühl, einer gemeinsamen Schwerpunktsetzung. Es werden immer partikulare Interessen und Besonderheiten vorherrschen, die man eben nicht über einen (europäischen) Kamm scheren kann. Europa wird allenfalls als Staatenbund souveräner Einzelstaaten eine wirtschaftliche und soziale Zukunft haben. Die Vereinigten Staaten von Europa mit der Vorbedingung, daß die einzelnen Länder ihre Autonomie, und da vor allem ihre Wirtschaftsgestaltung, weitgehend aufgeben, werden allenfalls auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner zu schaffen sein, damit jedoch genau das nicht bewirken können, was gerade von Politikern immer als eines der Hauptziele propagiert wird: nämlich im Wettbewerb mit anderen Großmächten wie China und den USA bestehen zu können.
Wir erinnern uns noch, daß Hans-Werner Sinn und Walter Krämer 2012 eine große Unterschriftenaktion gegen eine Bankenunion im Euroraum organisierten. Denn eine solche bürdet bei Insolvenz von Banken (hier vor allem sind die in südlichen Ländern gefährdet; in dieser Gefährdungslage sind -- man muß nicht groß staunen -- französische Banken stark involviert; wohl deshalb auch Macrons Bemühen umd Sozialisierung von Lasten, die er freilich sprachlich schön geschickt kaschiert, dabei den großen Europäer mimend!) die Haftungsrisiken dem Steuerzahler in solide wirtschaftenden Ländern auf!
Wir erinnern uns ebenfalls: Wie wurden doch jene größeren Gruppen von Wirtschaftsprofessoren, die vor der Einführung des Euros (mit Argumenten, die sich in der Folge dann auch bewahrheiteten!) warnten, gerade von politischer Seite bisweilen geradezu verächtlich gemacht und angefeindet. In jenem Gewoge entstand übrigens damals auch die AfD, die man heute mit allen Mitteln zu bekämpfen versucht ... Man hätte das, bei klarerem Blick, bei mehr Sachverstand und weniger Wunschdenken, viel, viel einfacher haben können. (Andererseits dürfte die Existenz der AfD für die etablierten Parteien letztlich ein Plus sein -- was sie natürlich nie einräumen würden! --, kann man doch so von eigenen Versäumnissen und eigener Unfähigkeit, Probleme zu lösen, zumindest für die Öffentlichkeit wirksam ablenken ...) Man hätte "nur" sich etwas ehrlich machen müssen darüber, was die Einführung des Euro mit der Folge der dabei vielen nicht eingehaltenen Vorgaben (teils mit falschen Voraussetzungen und Täuschung wie im Falle Griechenlands den Beitritt "erschlichen") tatsächlich für Auswirkungen auf die einzelnen Mitgliedsländer und für das Gesamt haben würde. Aber das hat man tunlichst unterlassen. "Pretending" was the name of the game ...
Es besteht weiterhin die Gefahr, daß Deutschland (und andere überwiegend stabil wirtschaftende EU-Länder) durch die von anderen Sicht- und Gestaltungsweisen getragenen Ländern (wie Italien, Griechenland, Spanien, ja auch: Frankreich) in den Sog abwärts hineingezogen wird. Dies betrifft dann nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die soziale (im weitgefaßten Verständnis!) Seite. Gibt es denn nicht in einigen Ländern Aspekte der Selbstbereicherung auf "unsere" Kosten? Wie steht es zum Beispiel mit dem vielgerühmten Handelsvorteil, wenn wir Schulden von Ländern übernehmen zu hätten, die jene letztlich für die Bezahlung unserer Produkte machen? Zahlen wir dann nicht letztlich selbst für diese Exporte und die anderen bekommen jene dann mehr oder weniger sanktionslos umsonst? Zugegeben, ein sehr drastisches Szenario. Aber nicht undenkbar, wenn man all die vielen Sozialisierungsversuche von Lasten, welche die Diskussionen um Europa "bereichern", zugrunde legt! Vor diesen Hintergründen ist es doch verständlich, daß Experten rechtzeitig (aber leider: ungehört) ihre Warnungen uns verkündet hatten. Auch verständlich, weil nicht nur ökonomisch nachvollziehbar, daß die Forderung nach einem Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten erhoben worden waren. Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland hatten und haben eben andere Voraussetzungen als die leistungsfähigern und leistungswilligeren Staaten (z.B. Niederlande, Belgien, Luxemburg, Großbritannien -- damals ja noch ohne Brexit-Attitüden ..., Dänemark, Irland, Schweden, Norwegen z.B.); bei den neu hinzugekommenen osteuropäischen Staaten gilt es ebenso, genauer hinzusehen. Nicht alle von diesen tragen dazu bei, die Lasten zu verringern ... Also auch dort ist Differenzierung vorzunehmen. Die so -- zumindest zunächst -- getrennten Einheiten könnte man durchaus kooperieren lassen (Meistbegünstigenklauseln, Zollunion, diverse Austauschformen auf allen Ebenen), bis dann (irgendwann) die tatsächlichen Grundlagen für ein tieferes und praktikables Miteinander geschaffen sind. Und falls das -- aus welchen Gründen auch immer -- dann doch nicht gelingen sollte, dann ist es halt so.
Leider wird auch die Europawahl 2019 die Antwort, wem man denn seine Stimme geben soll, nicht leichter machen. Da sind die absoluten Anti-Europäer (mit teilweise irrationalen Vorschlägen und Denkmuster, die zudem leider bewirken, daß die positiven Gedanken jener von ihren "erklärten Gegnern" kaum aufgegriffen werden dürften), dann die "Blind-Europäer" (so nenne ich sie mal), welche alle Bedenken in den Wind schlagen und auf Teufel komm raus den "Weg nach Europa" beschreiten, eben blind gegenüber all den vielen Fallstricken und Gefahren, welche so eine eindimensionale Denkweise zusätzlich fördert. Und dann noch die eher "liberal" Gesonnen, die sich besonders in Wischi-Waschi-Antworten (auf eigentlich sehr schwierige Fragestellungen!) sonnen und meinen, damit sei man bereits auf einem zielführenden Weg. Nochmals: es wird so dem möglichen Wähler alles andere als leicht gemacht (einfacher haben es da natürlich die tumben Mitläufer der jeweiligen Richtungen, die Beifallklatscher in Sachen Oberflächlichkeit -- die wissen natürlich, wie man brav "kreuzelt" ...) und so dürfte es wenig bis gar nicht überraschen, wenn die Wahlbeteiligung entsprechend gering ausfällt. Dann wird es wieder heißen: man habe die eigenen Anhänger nicht mobilisieren können, vielleicht wird auch das Wetter -- wie immer es an jenem Wahltage dann auch sein mag -- verantwortlich gemacht, ja, man wird schon -- wie auch sonst bei Wahlen üblich -- die ganze Bandbreite dümmlicher Argumente auszuschöpfen wissen, aber -- leider! -- eines wird wohl nicht oder falls doch, in sehr geringem Ausmaß, geschehen: sich einzugestehen, daß diese Form von "Europa", daß diese Form von "Gigantomanie-Parlament", daß diese Art von "Gesundrednereien" bei einem Großteil der Menschen einfach nur Mißtrauen, Skepsis, Ablehnung erzeugt und alles andere als Begeisterung erweckt ...
Und es ist vor allem immer wieder interessant (oder eher: ärgerlich), zu beobachten, wie in Aktionen intersubjetiver Übereinkunft sich die "Größen" des Geschehens gegenseitig aufzuwerten -- und als effektiv hinzustellen! -- versuchen: Macron, natürlich immer wieder der Luxemburger Juncker, der erst die Tage (April 2019) "unsere" doch (auch weltweit!) so sehr überschätzte Angela Merkel hofierte, indem er ihr eine bedeutende Zukunft auf Europaebene nach ihrem Abgang von der bundesdeutschen Politikbühne (der m.E. schon seit langer, langer Zeit überfällig ist!) voraussagte / anriet. Ja, ja, solche Meister und Meisterinnen politischer Salto Mortale, mit ihren "Höhenflügen" getreu der Devise "I am so far behind I think I am first!" braucht das Land, braucht Europa ... Da weiß man, weshalb oft nur geringe (oder gar keine) Freude bei den Bürgern aufkommt, warum Zuversicht nicht zu wachsen vermag. Wir brauchen keine Führungspersonen, die sich durch wenig (ökonomischen u.a.) Sachverstand hervortun, die sich beratungsresistent (stattdessen dann beharrlich und rechthaberisch, von einer merkwürdigen Dogmatik getragen) erweisen
Aber blicken wir ungeachtet persönlicher Abneigung (bzw. anderer Präferenzen) gegenüber bestimmten Verantwortungsträger nochmals kurz in die Vergangenheit. Sie zeigt uns: man hat das alles gewußt, zumindest man hätte es auch auf breiter Ebene wissen können, ja müssen.
Italien war bereits beim Euro-Start 1999 zu marode für eine Teilnahme an der Währungsunion. Dies geht aus Akten der Regierung Kohl hervor, die bis 2012 unter Verschluss gehaltenen wurden (siehe SPIEGEL, 6.5.2012).
Die Dokumente aus den Jahren 1994 bis 1998 zeigen, dass Italiens Schieflage bei der Euro-Einführung den deutschen Euro-Gründungsvätern bekannt war: So wies Januar 1998 der außenpolitische Berater von Kohl, Joachim Bitterlich, in einem Vermerk darauf hin, dass die angebliche Defizitreduzierung Italiens nur auf außergewöhnlichen Effekten beruhte. Ebenfalls im Januar 1998 hielt der Staatssekretär im BMF, Jürgen Stark, nach dem Treffen mit einer ital. Regierungsdelegation fest, die "Dauerhaftigkeit solider öffentlicher Finanzen" sei "nicht gewährleistet"... Der damalige Wirtschafts-Abteilungsleiter im Kanzleramt, Sighart Nehring, notierte anlässlich einer Besprechung mit Kohl, Waigel und Bundesbankchef Tietmeyer, mit den "hohen Schuldenständen" Italiens seien "enorme Risiken verbunden".
Interessantes kann man auch aus Irlands Beseitigung des damaligen desolaten Zustandes lernen; der Ökonom Sinn hat dieses irische Phänomen als "bemerkenswerten Fall" gekennzeichnet. Irland habe am stärksten abgewertet und die Wettbewerbsfähigkeit wieder hergestellt: "Das geschah aber nicht wegen der Hilfen, sondern weil das Land schon Ende 2006 in die Krise kam, keine Hilfe erhielt und den Gürtel notgedrungen enger schnallen musste – mit Preis- und Lohnsenkungen“, so Sinn. Zu dem Zeitpunkt, als 2011 die Rettungsgelder kamen, habe die irische Selbsthilfe sofort aufgehört: "Zum Glück war die Arbeit da erledigt." (Sinn)
Wenn man das reale Bruttoinlandsprodukt heute und vor der Krise vergleiche, stehe Italien mit einem Minus von 5 Prozent in Europa sogar auf dem zweitletzten Platz vor Griechenland. Deutschland komme auf plus 13 Prozent, Frankreich auf plus 8 Prozent, Spanien auf plus 4 Prozent und Portugal auf plus-minus 0.
Betrachtet man nur die Produktion der Industrie und des verarbeitenden Gewerbes ("Manufacturing output“) in den jeweiligen Ländern im Vergleich zu der vor der Eurokrise, sähen die Zahlen für Italien mit minus 17 Prozent noch schlechter aus. Deutschland kommt in diesem Vergleich auf ein Plus von 9 Prozent, Frankreich auf ein Minus von 9 Prozent und Griechenland und Spanien sogar auf ein Minus von jeweils rund 20 Prozent. "Diese Zahlen werfen Licht auf die ökonomischen Probleme, die zu dem heftigen und dramatischen Aufstieg der radikalen Parteien in diesen Ländern in den vergangenen Jahren geführt haben", meint Sinn.
Unübersehbar gab es zwar in Griechenland, Spanien und Frankreich etwas an Bewegung. Aber von welchem nachhaltigen Wert war / ist diese denn? Den gewissen Aufschwung, der in Südeuropa seit der Eurokrise zu beobachten ist, nennt Sinn einen "Keynesian Flash"; ein Strohfeuer, das durch Rettungspakete, Stützungsmaßnahmen, die künstliche Senkung der Zinsen und die verschiedenen EZB-Anleihenkaufprogramme erzeugt worden sei. Dieser ökonomische Impuls habe dazu geführt, dass in Südeuropa der Sektor der nicht-handelbaren Güter wie der lokalen Dienstleistungen einen gewissen Aufschwung genommen habe. Das habe allerdings die Anpassung der überhöhten Löhne nach unten verhindert und zum Teil auch schon wieder Lohnsteigerungen ermöglicht. Der internationale Sektor der handelbaren Güter in diesen Ländern wie die Industrie habe dagegen nicht davon profitiert. Zum Teil gebe es jetzt nicht nur "trotz" des Schein-Aufschwungs dort Schwierigkeiten – sondern zum Teil sogar gerade deswegen. "Die Probleme der Wettbewerbsfähigkeit blieben bestehen", sagt Sinn. Das zeige ein Vergleich der realen Wechselkurse, also der Preise der selbst erzeugten Güter in diesen Ländern relativ zum Rest der Eurozone. "Danach haben Italien und Portugal zehn Jahre lang nichts Messbares geleistet, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern", sagt Sinn. Nur Griechenland und Spanien – "und ein bisschen auch Frankreich" – hätten sich bewegt. "Bei Griechenland und Spanien ist aber auch der Anpassungsbedarf besonders groß und der Weg besonders weit", meint Sinn. Beide Länder hätten unter dem Einfluss der Hilfsprogramme aufgehört, wettbewerbsfähiger, also billiger, zu werden.
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14 Der Bundesfreiwilligendienst wurde am 1. Juli 2011 institutionalisiert, grundsätzlich sicherlich ein guter Gedanke, aber offensichtlich zu optimistisch gesehen; vielleicht gilt auch hier einmal mehr: gut gedacht ist nicht immer auch gut gemacht ... Seit dessen Einführung haben zahlreiche junge Menschen ihren Dienst vorzeitig quittiert, die Abbruchrate liegt in den alten Bundesländern (35 Prozent) höher als im Osten (26 Prozent). Es heißt, daß schon jeder dritte "Buftdi" (so die "Bereicherung" im deutschen Wahn der Abkürzungsmanie) den Dienst vorzeitig wieder aufgibt. Geschaffen wurde dieser Dienst als eine Art Ersatz für den zusammen mit der Wehrpflicht abgeschaffenem Ersatzdienst (= Zivildienst). Teilgenommen an jenem Dienst hatten bislang circa 307.400 Frauen und Männer, im Zeitraum zwischen Juli 2011 und März 2918 verließen 98.633 Frauen und Männer vorzeitig den in der Regel auf 12 Monate anberaumten Dienst. Dies räumte die Bundesregierung auf Anfrage der Linksfraktion ein, nannte jedoch keine Gründe für die hohe Abbruchquote. Die Sprecherin für bürgerschaftliches Engagement der Linken, Katrin Werner, meinte, daß als Gründe der Erhalt eines Studienplatzes oder einer Lehrstelle denkbar seien. Allerdings betonte sie auch, wenn schon fast ein Drittel der Dienstleistenden ihre Stelle vorzeitig aufgebe, müsse auch einmal über "die Qualität des Dienstes, der Arbeitsbedingungen und des Bildungsprogramms" nachgedacht werden. Welch grandiose Einsicht, aber warum immer erst ex post, weshalb immer nur aus vereinzelter Perspektive, weshalb keine grundlegenden Überlegungen bei all jenen, die politische und gesellschaftliche Verantwortung tragen?
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15 Quo vadis Cultura et Germania? Ich denke man kann es aus der Frageperspektive so kurz fassen, wie es Ingeborg B. in einem Forum formuliert hat: "Die Menschen werden immer fauler, das Denken und Erinnern übernimmt bei vielen Menschen Google, das Einkaufen faul auf dem Sofa die unzähligen Internet Shops, Freunde finden Facebook, Parterner in dating lines, Autos die selbst fahren, eine ganze Generation die von Smartphonen abhängig ist!!! Wo führt dieser Wahnsinn noch hin???"
Auch wer jetzt zu "Corona-Zeiten" sich über all das Klagen und Gejammer über angeblich oder tatsächlich "entgangenes Leben" wundern sollte, wer die Disziplinlosigkeit gegenüber notwendigen Restriktionen erlebt, wer die Dreistigkeit, Geldgier und ich glaube auch: Dummheit, angesichts der Fußballhysterie im Kontext der EU-Meisterschaft 2021 beobachtet, wer also all diese grassierende Unvernunft angesichts von Bedrohungslagen erfährt, der wird die Frage der o.g. Leserbriefschreiberin zumindest nachvollziehen können: "Wo führt dieser Wahnsinn noch hin???" Und gerade was die Fußballmanie im Zuge der EM angeht, kritisieren gerade viele Politiker die verbreitete Unvernunft heftig, allein sie bleiben letztlich dann doch untätig, um dem Wahnsinn wenigstens etwas Einhalt zu gebieten. Weshalb? Populismus? Schielen auf Wählerstimmen? Furcht vor Machtverlust?
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16 Warum kann man gegen Kriminelle und Verbrechen nicht mit mehr Vorsorge vorgehen? Nachgelagertes Trauern und Jammern sind zu wenig ...
Immer wieder liest man von schlimmsten Verbrechen, zuletzt wieder von der Messerattacke auf Passanten in Würzburg. Was folgt dann mit steter Regelmäßigkeit? Empörungsrufe, Ausdrucksformen des Entsetzens, Niederlegung von Blumen und Kränzen für die Opfer (die freilich davon nichts mehr haben, denen man hätte besser im "Vorfeld" geholfen), natürlich die obligatorischen Trauermessen und die üblichen Äußerungen vor allem aus prominenten (oder jenen, die sich selbst dafür halten) Mündern. Nicht zu vergessen: die Ausdrucksformen von Verständnislosigkeit des Geschehens, begleited von der (sicherlich nicht selten eher pharisäerhaften) Frage, wie denn so etwas passieren hatte können ...
Das Problem aus meiner Sicht ist vor allem dies: gewisse Themen werden im Vorfeld nicht mehr ernsthaft genug aufgegriffen und diskutiert, in einer Woge von Political Correctness wird sorgsam vermieden, Problemfelder anzusprechen und wo man eigentlich auf Grund von Erfahrungen längst hätte notwendige Konsequenzen ziehen müssen (und bei gutem Willen auch: können) bleibt man letztlich mehr oder weniger untätig. Und all das wiederholt sich beim nächsten kriminellen Vorfall. Aber zielführend ändert sich meistens: nichts. Dabei wäre es Auifgabe des Staates, der bekanntlich das Gewaltmonopol hat, die Bürger und das sichere soziale Zusammenleben zu schützen. Und dies zwar für ALLE, die in unserem Land nach Recht und Ordnung leben und sich um Sozialverträglichkeit ihres Verhaltens bemühen. Wie aber gegen jene wirksam vorgehen, welche sich weigern oder aus anderen Gründen als unfähig erweisen, Recht, Unversehrtheit und Eigentum anderer zu respektieren und wertzuschätzen? Diese Frage bedarf einer Antwort, dieser Sachverhalt verlangt nach wirksammen und damit zielführenden Maßnahmen. Und hier sind die Bedingungen der Möglichkeit für derartige Umsetzungen zu prüfen; falls (noch) nicht verhanden, sind sie eben zu schaffen. Dies beinhaltet auch eine Überprüfung internationaler Verträge, die den Staat hindern, zum Schutz seiner rechtschaffenen Bürger entsprechende Maßnahmen durchzusetzen. Das ist im Interesse aller hier im Rahmen der vorgegebenen Ordnung lebenden Menschen, ungeachtet der Ethnie, der Religionszugehörigkeit bzw. Weltanschauung, der jeweiligen Identität. Ich halte es auch für mehr als fragwürdig, wenn man den Hintergrund unserer Kultur -- wie es leider häufig geschieht -- als irrelevant, beliebig oder gar als einem "bunten Zusammenleben" hinderlich abtut und aufs Abstellgleis zu schieben versucht. (Leider finden sich gerade im politischen Bereich immer wieder nicht wenige Politikerinnen und Politiker, die hier ein schlechtes Beispiel geben!). Ein Land, ein Staat, ja: auch eine Nation (vielen gefällt auch dieser Begriff nicht mehr, meinen ihn der Beliebigkeit preisgeben zu müssen ...) ist sicherlich in fast allen Fällen etwas Gewachsenes, etwas Gewordenes, gewiß auch: etwas immer auch Werdendes (gemäß der Tatsache, daß alles auch im Fluß, im Wachsen, im Reifen begriffen ist) und das zeigt sich vor allem auch in der Kultur eines jeweiligen Landes. Zugegeben, nicht alle Kulturen sind miteinander kompatibel, was jedoch kein Freibrief dafür ist, andere Kulturen zu mißachten oder umdefinieren zu wollen (dafür gibt es leider auch in der Gegenwart einige negative Beispiele!), aber dies beinhaltet auch, daß eine Kultur einer anderen nicht ihre Werte aufzwingen darf, daß solchen Versuchen jeweils energisch entgegenzutreten ist. Hier gilt natürlich auch das Diktum von der "wehrhaften Demokratie". Ein Land, in dem sich Parallelwelten aufbauen, etablieren, festsetzen, diese dann auch noch Ansprüche an die autochthone Bevölkerung richten, jene mit nötigenden Mitteln oder gar rechtswidrigen Verhaltensweisen durchzusetzen versuchen, verliert nicht nur seine wesentliche Substanz, sondern dürfte früher oder später die eigene Identität verlieren. Damit es soweit nicht kommt, heißt es: den Anfängen zu wehren. Und dies bedeutet in erster Linie, die vorgefundene Rechtssetzungen, allen voran die Inhalte des Grundgesetzes, in ihrem Bestand zu garantieren. Franz Josef Strauß (nicht unbedingt eines meiner Vorbilder ...) hatte sinngemäß einmal gesagt, es gehe nicht an, daß der Schwanz mit dem Hund wedelt sondern es bleibt dabei, daß das Umgekehrte der Fall ist. Und wo der Mann recht hat, da hat er recht ...
Um einer falschen Interpretation meiner Ausführungen vorzubeugen, wiederhole ich es nochmals: Der Schutz vor Kriminellen, aus welchem Hintergrund so eine Tat auch immer erfolgen könnte, muß ALLEN zuteil werden, die hier im Land leben und sich an hiesige kulturelle Gepflogenheiten des Zusammenlebens halten, die sich natürlich zudem auf dem Boden von Recht und Ordnung bewegen sowie sich in unsere Gesellschaft aktiv einfügen.
Besonders problematisch, weil es Vorurteile schüren könnte, ist der öffentliche und mediale Umgang mit kriminellen Taten, die von Asylanten, Migranten, o.ä. begangen werden. Hier hilft es nicht und niemanden, wenn man Monate oder gar Jahre später feststellt, eine Tat hätte "höchstwahrscheinlich verhindert" werden können. Leider fallen derartige Delikte meistens einer Generalisierung anheim, was natürlich verhindert werden muß. Aber das gelingt nicht, wenn hier mit Tabus, wenn hier aus Gründen sogenannter politischer Korrektheit mit Verschweigen, Beschönigung, Relativierung, falschem Verständnis, etc. gearbeitet wird. Leider nicht das einzige, wohl aber ein sehr einschneidendes Geschehen, stellt hier das Attentat auf dem Berliner Weihnachtsmarkt dar ...
Der jeglicher nationalistischer und vereinfachender Gedanken unverdächtige und renommierte Psychologe und Islamismusexperte Ahmad Mansour bringt es wohl auf den Punkt, wenn er sagt, wir "gehen mit Flüchtlingen mit einer unglaublichen Doppelmoral um". Er stellt bei einigen Asylbewerbern eine "Verachtung der Gesellschaft" fest, er konstatiert eine neue Gewaltwelle von labilen Personen, die sich radikalisieren. (Diese Erkenntnis dürfte allerdings durch all die immer wiederkehrende kriminellen Exzesse auf breiter Ebene vorhanden sein, sofern man bereit ist hinzusehen, sich zu erinnern, sich um ein zumindest weitgehendes objektives Urteil bemüht!). Ahmund Mansur vertritt den Standpunkt, daß Menschen, die hier um Asyl bitten, "natürlich" mehr psychologische Betreuung bräuchten. Aber er konstatiert zusätzlich auch etwas anderes, das er kritisch sieht: "Aber erst einmal brauchen wir als Gesellschaft ein anderes Selbstbewusstsein und eine andere Wahrnehmung für die Probleme, die wir haben. Wir wollen es ja gar nicht wahrhaben, dass es Probleme mit der politischen Einstellung und der psychischen Lage von Geflüchteten gibt. Wir wollen ja nicht unter Verdacht geraten, die extreme Rechte zu bestätigen." Und aus Erfahrungen seiner Lehrtätigkeit berichtet er: "Ich bin immer wieder erstaunt über manche Teilnehmer meiner Kurse für Pädagogen und Sozialarbeiter, die in der Integrationsarbeit tätig sind, die überhaupt nicht wahrhaben wollen, dass Geflüchtete auch etwas Negatives mitbringen können. Als ob es bei ihnen ausschließlich um Propheten handeln würde!" (Quelle: Zeitung WELT vom 28.06.2021, Interview geführt von Claudia Becker).
Ich denke, Ahmad Mansour, ein profunder Kenner der Materie, hat das festgestellt, woran es hierzulande letztlich auch mangelt: an richtigem Hinschauen, an Distanz zum Wunschdenken und an der Distanz zu heteronomen Einflußfaktoren. Es fehlt hierzulande daran, die Dinge beim richtigen Namen zu nennen und dann daraus auch die notwendigen sowie wirksamen Schlüsse zu ziehen. Das konnte man jüngst erst wieder erleben, als Franziska Giffey dieses forderte: "konsequente Abschiebungen auch nach Afghanistan oder Syrien, sofern in Deutschland lebende Migranten schwere Verbrechen begangen haben. Diese Fälle müssten mehr aus der Opferperspektive betrachtet werden." (ntv, 4. Juli 2021). Auch gegenüber Bild am Sonntag sprach sie deutliche Worte: "Ich bin da ganz klar: Schwerverbrecher und terroristische Gefährder müssen abgeschoben werden." Daß der Aufschrei, besonders aus der linken Ecke hier nicht ausbleiben würde, dürfte ihr sicherlich klar gewesen sein. Insofern ist der dann gegen sie aus einigen Ecken erhobene Vorwurf des "Populismus" schon absurd. Faktisch hat sie sich damit unter den gegebenen Verhältnissen eher angreifbar gemacht. Dabei ist das natürlich Unsinn, sie hat grundsätzlich Migration und Asyl nicht in Frage gestellt: "Wenn Menschen vor Krieg und Zerstörung fliehen, müssen wir ihnen helfen. Wer aber schwere Straftaten (sic! Hervorh. d.V.) begeht, wer Menschen vergewaltigt oder ermordet, hat sein Recht auf Asyl verwirkt." Und weiter führte sie noch aus: es sein dann "der Schutz der hier lebenden Bevölkerung (sic! d. V., also alles andere als eine nationalistische Ausgrenzung ...) höher zu werten als der Schutz eines Menschen, der die Rechte anderer mit Füßen tritt." Sie forderte, solche Einzelfälle müßten "stärker aus der Perspektive der Opfer" betrachtet werden. Franziska Giffey bezog sich auch auf die Messer-Attacke in Würzburg (siehe hierzu meine Ausführungen weiter unten) und meinte als Konsequenz daraus muß folglich mehr Sensibilität im Umgang mit auffällig gewordenen Asylbewerbern gezeigt werden. Giffey wörtlich: "Der Messerangriff in Würzburg ist ein großer Schock, der wieder dazu führt, dass einige Menschen den Glauben an Sicherheit und Integration in Deutschland verlieren." (ebd.) Und das sind große Gefahren, meine ich: daß die Menschen den Glauben an die Schutzfunktionen verlieren, daß sie soziale Nähe zu wirklich Schutzbedürftigen meiden, somit deren Integration erschweren oder gar unmöglich machen, aber auch das Faktum, daß man über gewisse Dinge nicht zu sprechen hat (eben einmal mehr der Politischen Korrektheit zu folgen hat, das eigene Denken und Reden jener unterordnen muß)!
Der aus Somalia stammende Asylbewerber war dem Amtsgericht Würzburg aus vier Verfahren bereits "bekannt" (s.u.), war auch wegen verschiedener Vorfälle schon mehrfach in die Psychiatrie eingewiesen worden; er hatte in einem Würzburger Kaufhaus sich ein Küchenmesser genommen, insgesamt auf zehn Menschen eingestochen, drei Frauen starben dabei. Die Ermittler sehen zudem vorerst einen islamistischen Hintergrund der Tat für naheliegend. Wohl auch auf diesen Umstand bezieht sich Franziska Giffey offensichtlich, wenn sie -- aus meiner Sicht richtigerweise -- meint, daß so eine Tat aber "nie aus heiterem Himmel" komme, sondern "immer der letzte Teil einer Kette" sei, man habe "die Anzeichen für eine Radikalisierung oder für eine schwere psychische Erkrankung (...) entweder nicht gesehen oder nicht beachtet." Das kritisiert sie eben. Hier fordert sie verantwortliches Handeln: "Das dürfen wir nicht hinnehmen. Wir müssen sensibler werden und schneller reagieren." Ihre Haltung hat Franziska Giffey auch gegenüber dem Tagesspiegel (04.07.2021) nochmals erklärt: Menschen, die vor Krieg und Zerstörung fliehen, müsse geholfen werden, sagte Giffey, schränkte gleichzeitig nochmals aber ein, "Wer aber schwere Straftaten begeht, wer Menschen vergewaltigt oder ermordet, hat sein Recht auf Asyl verwirkt."
Derartige Äußerungen führen -- wen wundert es denn groß! -- natürlich neben berechtigten und notwendigen ehrlichen Bemühungen, einen Diskurs über die Thematik anzufachen zumeist zu mehr oder weniger durchsichtigen politischen Aktionen, für sich selbst auf populistische Art und Weise einen Vorteil zu erhaschen (die jeweils kommenden Wahlen lassen da ebenfalls schön grüßen ...). Wie geistvoll ist denn in diesem Zusammenhang das, was der Linken-Ex-Fraktionschef Udo Wolf zu bemerken wußte: die Aussagen Giffeys seien "reaktionärer Unions-Unsinn"?! Und wie sachdienlich ist Niklas Schraders (Innenpolitik) Twitter-Äußerung: "Wie tief ist Frau Giffey eigentlich gesunken? Das Recht auf Asyl kann man nicht 'verwirken', es gilt für alle."? Kein Wunder, daß Schrader Franziska Giffey vorwirft, sie fische mit ihrer Position "am rechten Rand" und Menschen in Kriegsgebiete zu schicken "heißt, sie in Lebensgefahr zu bringen". Schrader weiter: "Wer suggeriert, man könne durch Abschiebung mehr Sicherheit schaffen, übernimmt die Erzählung der Rechten", denn für Straftäter habe man "einen Rechtsstaat in Deutschland, dem Frau Giffey offenbar misstraut." (vgl. taz vom 04.07.2021) Vielleicht sollte man eher jenen Politikerinnen und Politkern mißtrauen, die derartig blauäugig und einseitig mit dem umgehen, was sie für Wirklichkeit halten und was offensichtlich der tatsächlichen Wirklichkeit zuwiderläuft bzw. sie stark verzerrt.
Wenn schon ein Blick auf Rechtslagen, dann sollte er umfassend erfolgen und auch entsprechend kommuniziert werden. Was die durch einzelne Asylbewerber und wenige Migranten erzeugten Rechtsprobleme angeht, muß man darüber offen und sachlich -- vor allem ohne Anfeindung von Gegenargumenten -- diskutieren: Auch hier gilt natürlich die Rechtsgüterabwägung und wenn jemand kriminell wurde bzw. mit kriminellen Absichten in ein Land kommt bzw. der Antrag auf Asyl kaschieren soll, daß es sich z.B. um Wirtschaftsflüchtlinge handelt, ist es sehr wohl, auch rechtlich, legitim, differenzierende Betrachtungsweisen anzustellen.
Und inwieweit Aussagen wie die von Antje Kapek (Berliner Grünen Fraktionschefin) sachlogisch sind, darf man durchaus einmal näher kritisch begutachten. Sie hat gegenüber der taz gesagt: "Wenn ich mit der Opferperspektive argumentieren will, dann erreiche ich durch Abschiebung gerade das Gegenteil von Sicherheit." Wirklich? Und dann ergänzte jene Politikerin der Grünen noch, wenn man Opferschutz ernst meine, dann müsse man Menschen, die hier Straftaten begangen haben, "auch dem deutschen Rechtsstaat aussetzen." Ins ähnliche Horn stieß Bettina Jarasch (Die Grünen, ebenfalls Bewerberin wie Giffey um den Berliner Bürgermeisterinnen-Posten im Herbst 2021): "Straftäter gehören hinter Schloss und Riegel und nicht in ein Abschiebungsflugzeug ins Ungewisse." Auch in diesem Kontext erscheint mir die angedachte Möglichkeit aus dem Innenministerium, die Staatssekretär Helmut Teichmann Ende Juni 2021 andeutete, als eine der schlechtesten Optionen (es würden derzeit allerdings mehrere geprüft!): inhaftierten Syrern einen Teil der Reststrafe zu erlassen, wenn sie dafür dann ausreisen ... Von dieser Möglichkeit könnten derzeit rund 50 Personen betroffen sein, sofern dann die Staatsanwaltschaft einer solchen Maßnahme auch zustimmen würde. Das Innenministerium teilte weiter mit, 347 Syrer hätten im Jahr 2019 vom deutschen Staat (also vom Steuerzahler, von jenen die eben Steuerpflichtig sind!) finanzielle Unterstützung für die "Rückkehr in ihr Heimatland" erhalten. 2020 kehrten 83 Menschen mit staatlicher Hilfe nach Syrien zurück, 2021 sind "in den ersten fünf Monaten 42 Syrierinnen bei der Rückkehr unterstützt worden. (Daten von ZEIT ONLINE vom 4. Juli 2021). Daß in derartigen Fällen auf einigen Seiten auch die legitime Frage der Garantie für ein nicht nochmaliges Zurückkommen jener subventionierten Rückkehrer nach Deutschland gestellt wird dürfte freilich nicht groß verwundern. Anders gewendet: Gibt es da nicht die faktisch institutionalisierte Möglichkeit für ein widerrechtliches Geschäftsmodell?
Na denn, und was ist mit Gefährder und Gefährderinnen? Hat der Staat überhaupt faktisch die Möglichkeiten, durch Rund-um-die-Uhr-Observationen seine Bürger vor jenen zu schützen? Soll es nicht möglich sein, bleiben bzw. werden, Menschen, welche Staatsziele gefährden, als eine persona non grata ausweisen zu dürfen?! Hat ein Staat kein Recht und keine Möglichkeiten (mehr), entsprechende gesetzliche Abhilfe zu schaffen? Sollte man dagegengerichtete internationale Abkommen, die diese Souveränität einschränken und zur Hilflosigkeit verdammen, nicht besser aufkündigen? Ich denke, dies alles sind durchaus Fragen und Überlegungen, die sachlich diskutiert werden sollten; Polemik zum Kochen eigener parteipolitischer Süppchen ist da auf jeden Fall überhaupt nicht hilfreich!
Und inwieweit die Argumentation des innenpolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion in Berlin, Benedikt Lux, wonach die Abschiebung beispielsweise nach Syrien ohnehin schwierig sei, weil es dafür erstmal diplomatische Beziehungen zum syrischen Regime geben müßte, das Urteil rechtfertigt, daß bereits "insofern" Giffeys Abschiebe-Position "ein bisschen abgehoben und vor allem populistisch" sei, verwundert mich. Gerade wer mit seinen Argumentationen selbst im Glashaus sitzt, sollte mit Diffamierungen nzw. Falschetikettierungen sich besonders zurückhalten.
Besonders kritisch wird mit Franziska Giffey und ihrer Forderung nach Abschiebung unter der Überschrift "Bei Abschiebungen nicht abschreiben. Fabian Hillebrand über die neueste Variation einer zweifelhaften Forderung -- diesmal wieder aus der SPD" (Das Blättchen -- nd JOURNALISMUS VON LINKS vom 05.07.2021) umgegangen. Dort wird zunächst darauf hingewiesen, daß "einst (...) im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in aller Klarheit stand 'Politisch Verfolgte genießen Asylrecht' (stand)", jedoch seine mittlerweile "dem sechzehnten Artikel viele Zusatztitel und Paragrafen angehängt worden, die vor allem eins zu verhindern versuchen: dass dieser Satz auch wirklich gilt." Fabian Hillebrand verweist darauf, "schon 1997 blökte Gerhard Schröder, kriminelle Ausländer müssten raus, und zwar schnell." Nun würde Franziska Giffey hierfür eine neue Variante liefern. Hildebrand fordert, sich dem "Problematischen" an der Aussage "Ich bin da ganz klar: Schwerverbrecher und terroristische Gefährder müssen abgeschoben werden." (Giffey) einmal näher zu stellen.
Hillebrand argumentiert mit einem Blick aus seinen ersten Punkt, "Abschiebungen" lösen die Probleme nicht, das stecke bereits im Begriff. Er verweist auf den bayerischen CSU-Innenminister, der 2017 die Abschiebung einer Gruppe Aghanen verteidigt habe, u.a. weil "zwei Vergewaltiger unter ihnen seien". Aber aus Datenschutzgründen wurden dann die afghanischen Behörden "nicht informiert, wer da zurückkommt". Als zweiten Punkt nennt er folgenden Sachverhalt: "Zweitens werden unrechte Forderungen durch andauernde Wiederholung nicht zu Recht. Es gibt einen kleinen Teil von Flüchtlingen, der schwere Straftaten begeht. Man muss mit ihm in Deutschland umgehen, nach rechtsstaatlichen Maßstäben. Wenn man gegen die Todesstrafe ist, kann man nicht Menschen in ein Land abschieben, in dem ihnen die Todesstrafe droht." Drittens verweist er, was beispielsweise die Abschiebung nach Syrien angeht, darauf, daß hier eine Intensivierung der Zusammenarbeit "mit dem Diktator Baschar al-Assad" notwendig wäre, damit würde man "die außenpolitischen Bemühungen der letzten Jahre konterkarieren und sich abhängig von einem Diktator machen". Hillebrand hebt hier mögliche Erpressbarkeiten hervor, wie das Beispiel der EU-Türkei-Deals zeige. Als vierten Punkt zeigt Hillebrand auf, man könne das Recht auf Asyl nicht "verspielen", denn es gelte universell. Auch lehnt der den Begriff "Gastrecht" offensichtlich ab, denn "Menschen fliehen aus Afghanistan oder Syrien, weil sie dort nicht leben können", sie seine in Deutschland nicht "zu Besuch" sondern "hier als Rechtssubjekte". Was Kriminalität angeht, schreibt Hillebrand: "Macht sich ein Flüchtling, wie mutmaßlich zuletzt in Würzburg, mehrerer Morde schuldig, geht er in den Knast, wie andere Verurteilte auch. Und bleibt dort möglichst lange – aber eben in Deutschland." Hillebrand meint nun, seine vorgebrachten Argumente gegen Abschiebung seien hinreichend, meint aber, wen das noch nicht überzeuge, "zum Vorstoß von Franziska Giffey": "Kriminelle Flüchtlinge werden bereits abgeschoben – zum Beispiel nach Afghanistan. Es gab in den letzten Jahren auch immer wieder Abschiebungen von vermeintlichen Gefährdern und Kriminellen. Seit dem Abzug der internationalen Truppen fanden zwar keine Abschiebungen mehr statt, dies könnte aber bloß eine Momentaufnahme sein. Generell sind Rückführungen möglich. Genauso wie Abschiebungen nach Syrien: Ein genereller Abschiebestopp dorthin ist zum Jahreswechsel auf Betreiben von CDU und CSU ausgelaufen."
Fabian Hillebrand schlußfolgert nun, daß Giffey etwas fordert "was längst schon Realität ist" und sie demzufolge um "rechte Stimmen" buhle. Hillebrand: "Abschiebungen in zwei der gefährlichsten Länder der Welt zu fordern heißt vor allem, dass man im Wahlkampf mit Populismus bei Rechten auftrumpfen möchte, statt mit den Rechten der Menschen und ihrer Würde." Er meint, die SPD gebe "einem das Gefühl, dass sie Rechts immer erst dann als ernsthafte Gefahr sieht, wenn ihnen Stimmenverlust droht", wenn "sie nur Ausländer oder Linke auf dem Land verprügeln, haben sie kein Problem, aber wenn es in den Wahlkampf geht, und die Umfragen im Keller sind, versucht man schleunigst, die Rechten rechts zu überholen." Ich denke, Fabian Hillebrand hat spätestens im letzten Punkt (da muß man wahrlich kein Freund / Anhänger der SPD sein, um dies festzustellen!) die Ebene einer sachlichen Würdigung verlassen; er sollte auch nicht übersehen, daß gerade auch von ultralinker Seite immer Wieder Rechtsverstöße inszeniert und begangen werden. Hier die SPD gar als eine Art rechten Buhmann hinzustellen, erscheint mir jedenfalls, sachlich falsch und somit ungerechtfertigt. Auch differenziert er erneut nicht, wenn er schreibt "Der Sound klingt nach den Parteiprogrammen der AfD und Union"; auch hier sollte zunächst eine inhaltliche Beachtung der Unterschiede jener beiden Parteien erfolgen -- und es gibt da erhebliche Unterschiede, wie man bei Kenntnis beider Parteipositionen wissen kann und sollte. Wenn Hildebrand Giffey dann rät, "diesen Kurs schleunigst wieder verlassen" zu sollen, kann man ihm je nach eigener Position vielleicht folgen, wenn er aber dann in Anspielung auf ihren aberkannten Doktortitel schreibt "Sie hat jüngst schon genug schlechte Erfahrungen mit Abschreibung gemacht." begibt er sich schon wieder auf jene Ebene, die einer sachlichen Diskussion zuwiderläuft, die einen Diskurs verunmöglicht und einen ansonsten durchaus diskussionswürdigen Beitrag leider in das verzerrt, was er und viele andere immer wieder richtigerweise verurteilen: in eine unerträgliche Polemik.
Aber zurück zu dem, was überhaupt in der Öffentlichkeit die Diskussion um Abschiebungen immer wieder erneut entfacht: zum kriminellen Verhalten ganz weniger auf Kosten der Allgemeinheit ... Hierfür zur Erinnerung einige Beispiele, stellvertretend für zahlreiche andere.
In Leipzig "haben zwei Syrer eine Frau sexuell belästigt und einen Zeugen bewußtlos geschlagen. Aus einer Gruppe heraus tanzten sie in der Nacht auf Sonntag Frauen im Palmengarten an und bedrängten sie, teilte die Polizei mit." (JF vom 28. Juni 2021) Die Belästigung einer Frau, die sich den Angriffen der Syrer widersetzte, wurde von einem Zeugen gefilmt, woraufhin die 18 und 22 Jahre alten Syrer den Zeugen bedrohten und ihn aufforderten, das Video zu löschen. Jener weigerte sich jedoch, schlug einer der Ausländer zu und nahm das Mobiltelefon an sich. Der Zeuge verfolgte den Dieb, wurde von diesem durch einen Schlag dann bewußtlos zu Boden gestreckt. Die Polizei konnten die beiden Syrer stellen, gegen sie wurde wegen Körperverletzung, sexueller Belästigung und Bedrohung ermittelt. Es dürfte wohl nicht zu bezweifeln sein, daß beide Täter sich nicht auf dem Boden unserer Rechtsordnung bewegt haben, es offensichtlich auch nicht können. Die Ursache hierfür könnte durchaus auch in deren anderen bisherigen Sozialisation und Enkulturation liegen. Andererseits muß festgestellt werden, daß die Mehrheit der Asylbewerber und Migranten sich durchaus mit unserer Sozialordnung zurechtfinden, ja diese geradezu wegen der Grundrechte zu schätzen wissen!
In der o.g. Zeitungsmeldung steht zu lesen: "Bei Sexualstraftaten sind Deutsche häufiger Opfer von ausländischen Tätern als umgekehrt. So vergingen sich 2019 knapp 1.800 Nichtdeutsche an einheimischen Opfern. Die umgekehrte Täter-Opfer-Konstellation gab es in 458 Fällen. (ag)" Dabei gibt es sicherlich auch eine hohe Dunkelziffer.
Wenn man die Gesamtpopulation der jeweiligen Gruppen als Bezugsgröße hinzuzieht, sind diese Zahlen schon sehr erschreckend und sollten zumindest Anlaß zu eingehender, sachlicher Erörterung der Problemlagen geben. Wird eine derartige Auseinandersetzung unterbunden oder unter (impliziter) Anwendung der Prinzipien einger politischen Korrektheit einseitig geführt, darf man sich erstens nicht darüber wundern, daß das Vertrauen in die Schutzfunktion des Staates schwindet und zweitens auch nicht darüber, daß in der Öffentlichkeit dann leider generalisierende Mechanismen sich ausbreiten.
Stellvertretend hierzu einige Kommentare anläßlich des Leipziger Vorfalls. W. Lammert (JF, 28. Juni 2021) meint: "Solange die meisten Parteien und Medien Asylkriminalität zum Tabu erklären, wird es so Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr so weiter gehen. Und—- der deutsche Michel schläft und schläft….." Ähnlich in den Gedanken wohl auch "Population Matters" (JF 29. Juni 2021): "Unser Land, unsere Kultur & Regeln. Daher: Sofort abschieben mit lebenslang verwirktem Recht auf Rückkehr! Schon Kindergärtnerinnen wissen, was Exempel für Gleichgesinnte bedeuten!" Ein anderer zog in diesem Kontext gar eine Parallele zum Verhalten gegenüber anderen Meinungen und Kulturen vor dem Hintergrund eines (aus meiner Sicht freilich eher letztlich fürs Leben faktisch eher unbedeutsamen Sportereignisses) und schrieb: "Heute hat die Mannschaft von Löw in England das bekommen, was sie verdient hat. Sie hat verloren und ist aus EM ausgeschieden. Die unsägliche Hetze bei dem Spiel gegen Ungarn in München war mehr als erschütternd. In England gab es heute die Quittung dafür!" (P. Ehrlich, 29. Juni 2021) Im letzten Kommentar ist offensichtlich die bundesdeutsche Einmischung in innere Angelegenheiten ungarischer Politik angesprochen; bekanntermaßen betreibt Ungarn gegenwärtig eine restriktivere Einwanderungs- und Asylpolitik, grenzt sich auch in anderen Bereichen zumindest etwas von den meisten EU-Ländern etwas ab. Es ist natürlich aus meiner Sicht auch Unsinn, dem Sport als solchen -- zumal er längst zu einem Konsum-Moloch mutiert ist -- hier sozialkritische Bedeutung zuzuschreiben. Insofern halte ich es hier sachimmanent falsch, von einer "Quittung" sui generis zu sprechen. Aber es ist schon erschreckend, wenn man sich das Verhalten des deutschen Publikums und einiger Spieler gegenüber den ungarischen Gästen vor Augen hält -- Respekt, Toleranz, differenzierende Betrachtungsweisen, waren da jedenfalls nicht zu konstatieren. Aus meiner Sicht war dies eher den Kategorien von "Pöpelhaftigkeit" zuzuordnen, mit Engagement, mit Verantwortung, mit Solidarität, mit Toleranz hatte all das jedenfalls nichts zu tun, auch wenn man es gerne so verkauft hat (und es leider auch so bei vielen Menschen angekommen ist ...)! Aber viel wesentlicher: diese zwei (drei) Beispiele zeigen doch recht deutlich, was im Denken von Menschen geschieht, wenn Sachverhalte gar nicht oder nur recht einseitig behandelt werden. Und bei kriminellem Verhalten halte ich eine öffentliche, sachbezogene, die Dinge beim Namen nennende Erörterung unververzichtbar.
16a Ein kurzer Blick ins Nachbarland Österreich nun. Der FDP-Vorsitzende Herbert Kickl forderte angesichts der nun geschilderten Tat "den sofortigen Abbruch von Asylverfahren, wenn Flüchtlinge straffällig werden. Zugleich sollte ihnen bei jeder Form einer Straftat der Schutzstatus aberkannt und die Abschiedung eingeleitet werden." (so gegenüber der Nachrichtenagentur APA) Wer hier nun sogleich wieder an Franziskas Giffeys Forderung denkt, tut ihr Unrecht, denn ihre Forderung bezog sich schon gar nicht auf ein "bei jeder Form einer Straftat" oder ein "straffällig werden"; sie bewegt sich da eher in sehr engen Grenzen, was die Bandbreite von Straffälligkeit angeht.
Was war aber der Auslöser für Kickls öffentlichen Vorstoß (den ich jedoch in dieser allgemeinen, leider nicht eng eingegrenzten Form für falsch halte)? Die Meldung stammt vom 28. Juni 2021 (APA). Zeugen fanden das 13-jährige Mädchen in Wien tot an einen Baum gelehnt. Das Mädchen wies zahlreiche Blutergüsse auf. Gerichtsmediziner fanden heraus, daß es erstickt wurde. Offensichtlich ein gewaltsamer Tod. Drei Verdächtige wurden festgenommen.
Die 13-Jährige lebte mit ihren Eltern in Tulln an der Donau. Zuvor hatte die Familie auch in Wien-Donaustadt gelebt, nur 500 Meter vom späteren Fundort des Opfers. Das Mädchen war mit einer Freundin am Freitag unterwegs gewesen, hätte eigentlich am Abend nach Hause kommen sollen, als sie am Samstagmorgen noch immer nicht zurückgekehrte war, erstatte die Mutter Anzeige. Das Mädchen sei auch in der Vergangenheit "mehrfach abgängig gewesen". Am Samstag fand man sie tot auf, am Montagabend nahm die Polizei zwei Männer als Verdächtige fest, sie sind 16 und 18 Jahre alt. Zeugenaussagen hatten auf ihre Spur geführt. Beides stammen aus Afghanistan. Der 18-Jährige lebt seit 2015 in Wien, er war wegen Drogendelikten und Diebstahls vorbestraft. Deshalb wurde ihm der Status als subsidiärer Schutzberechtiger aberkannt. Der 16-jährige Asylbewerber war erst im April 2021 durch Familienzusammenführung nach Österreich gekommen. In der Nacht zum folgenden Donnerstag wurde noch ein dritter Verdächtiger festgenommen, ein laut "Austria Press Agentur" (APA) 23-jähriger Afghane; er war in der Vergangenheit wegen Rauschgiftdelikten verurteilt worden. Zur Tatzeit soll er sich ebenfalls in der Wohnung des 18-jährigen Afghanen aufgehalten haben. Nach einem weiteren, einem vierten Tatverdächtigen werde derzeit per europäischem Haftbefehl gefahndet.
Laut Karl Nehammer (ÖVP, österreichischer Innenminister) und Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl habe die 13- Jährige die am Montag festgenommenen Verdächtigen gekannt und sei zudem freiwillig in die Wohnung des 18-jährigen Afghanen mitgegangen. Das Opfer soll vor seinem gewaltsamen Tod unter Drogen gesetzt worden sein, um sie sexuell gefügig zu machen. Laut Pürstl war Ecstasy angewendet worden, es sei zu "Straftaten gegen die sexuelle Integrität" des Mädchens gekommen. Die Staatsanwaltschaft habe bereits mehrere Gutachten in Auftrag gegeben, um nähere Aufschlüsse zur genauen Todesursache zu bekommen.
Dieser Mord hat natürlich in Österreich (und wohl nicht nur dort) für großes Entsetzen gesorgt und erneut eine Asyl-Debatte ausgelöst. Neben dem Kommentar von Herbert Kickl (s.o.) hat auch Kanzleramtsministerin Edtstadler Konsequenzen gefordert: "Menschen, die von uns Schutz wollen und unsere Werte mit Füßen treten und das auch noch in Taten zum Ausdruck breingen, haben bei uns nichts verloren" und man werden nach dem "barbarischen Mord" über Änderungen bei Abschiebungen nachdenken. Edtstadler verwies darauf, daß der 18-jährige Afghane trotz dreier Verurteilung Berufung gegen seine Abschiebung einlegen konnte. Auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich gegen ein Überdenken von Abschiebungen nach Afghanistan aus (dies hatten die mitregierenden Gründen gefordert!): "Einen Abschiebestopp nach Afghanistan wird es mir mir nicht geben."
Dieser durchaus exemplarische Fall wirft neben den strafrechtlichen und asylbezogenen Problemen ein weiteres auf: nämlich die Gefahr, daß Menschen zukünftig im Zuge von Generalisierung den Kontakt mit Asylanten und Migranten meiden, ihnen bestenfalls distanziert wenn nicht gar feindlich gegenüberstehen. Jenes Mädchen (wie auch vor allem viele andere Jugendliche in ähnlichen Sozialbezügen) hat vertraut, hat offensichtlich Nähe gesucht, dies sicherlich auch vor dem Hintergrund eines "Kein Mensch ist illegal!" oder anderen Formen der Wertschätzung, wollte einen Beitrag zur Integration leisten, hat Toleranz gegenüber "Fremden" gelebt -- und mußte im vorliegenden Fall dafür mit ihrem Tod bezahlen. Durchaus vorstellbar, daß viele Eltern vor dem Hintergrund jener Exzesse und kriminellen Handlungen zukünftig versuchen werden, ihren Kindern eine aus ihrer Sicht notwendig erscheinende Distanz auferlegen, was letztlich dazu führt, daß Integration wie sie eigentlich wünschenswert wäre nicht stattfinden kann. Es leiden unter den Verbrechen einiger wenigen also jene Menschen, die hier ein neues, verantwortungsvolles Leben aufbauen wollen, die nichts wollen als in Frieden und unter Achtung von Grundrechten ihr Leben zu gestalten. Gerade dieser Aspekt erfordert aus meiner Sicht ein wirkames und schnelles Handeln gegenüber all jenen, welche mit unserer Gesellschafsordnung nicht umgehen können / wollen. Also ein Plädoyer dafür, die Abschiebe- und Duldungspraxis entsprechend und spürbar zu ändern.
16b Wir erinnern uns (hoffentlich! -- dies als Mahnung an jene Trauerreden, deren Worte von schwerem Inhalt sind, aber dann doch relativ schnell dem Vergessen anheim fallen ...) an den Fall in Freiburg, wo ein Flüchtling eine junge Frau vergewaltigte und sie in der Breisam dann ertrinken ließ, wir haben nicht die damals 15 Jahre alte Mia aus Kandel vergessen, die kurz nach Weihnachten von einem Asylbewerber aus Afghanistan erstochen wurde, wir erinnern uns an zahlreiche Übergriffe in Schwimmbädern, auf öffentlichen Plätzen, an "Antanzszenen" mit denen Frauen erheblich belästigt und in ihrer Selbstbestimmung beeinträchtigt wurden (und es vereinzelt auch immer noch werden) und wir erinnern uns an das Mainzer Mädchen Susanna, 14 Jahre alt, die am 23. Mai 2018 von einem irakischen Asylbewerber grausam ermordet wurde.
Es ist hier nicht der Platz alle von Asylbewerbern und Migranten verübten kriminellen Handlungen mit Todesfolge aufzuzählen, schon gar nicht dürfen aus jenen Einzelfällen generalisierende Schllußfolgerungen gezogen werden; es muß selbstverständlich auch an dieser Stelle immer wieder besonders betont werden, daß jene Kriminellen eine Minderheit sind, daß sie allen anderen Asylbewerbern ("Asylanten") und Migranten durch ihr Verhalten und Tun schweren Schaden zufügen, ihnen letztlich die notwendige Integration erschweren. Gleichwohl hat das Schicksal Susannas auch einen besonders exemplarischen Hintergrund, der aufzeigt, daß der Staat die Einwanderungsbewegungen nach Deutschland zumindest nicht immer im Griff hat, somit auch den Schutz der hiesigen Staatsbewohner gefährdet bzw. faktisch einschränkt.
Weshalb ich gerade dieses traurige Schicksal hervorhebe (Quelle unter anderen: Der Mordfall Susanna F., Wikipedia) hat auch seinen Grund darin, weil hier aufgezeigt werden kann, wie manchmal Vertrauen schamlos und rücksichtslos ausgenützt werden kann, damit Voraussetzungen nolens volens geschafft werden, die Eltern zur Vorsicht bezüglich des Umganges ihrer Kinder mit "Fremden" mahnen könnten (dies wohl auch faktisch häufig dann so umgesetzt wird!), somit die eigentliche notwendige und sinnstiftende Begegnung mit Fremden, ein gegenseitiges Kennenlernen zum Abbau eventuell vorhandener Vorurteile, verhindert werden, letztlich also notwendige Bedingungen für eine erfolgreiche Integration zumindest nicht gefördert, wenn nicht gar gänzlich unmöglich gemacht werden. Das Mädchen Susanna hatte nämlich eine Clique im zehn Kilometer entfernten Wiesbaden kennengelernt, zu der auch der Bruder ihres späteren Mörders Ali Bashar (der hat sich später als falsch herausgestellt!) gehörte. Wahrscheinlich fehlte sie wegen dieser Kontakte seit Februar 2018 häufiger in der Schule, der Gesamtschule Mainz-Bretzenheim. Am Abend ihres Verschwindens soll laut Zeugenaussagen Susanna nahe der Flüchtlingsunterkunft Wiesbaden-Erbenheim, in der Bashars Familie wohnte, gesehen worden sein. Da Susanna am 22. Mai 2018 nicht nach Hause gekommen war, meldete ihre Mutter sie am 23. Mai 2018 bei der Polizei als vermißt. Nachdem Susanna bereits ermordet worden war, erhielt ihre Mutter noch eine WhatsApp-Nachricht vom Handy ihrer Tochter mit dem Inhalt, man solle nicht nach ihr suchen. Die Mutter erkannte da allerdings, das dies nicht Susannas Sprachstil war und teilte dies den Behörden, die anfänglich nicht von einem Verbrechen ausgegangen waren, mit. Und es stellte sich später heraus: die auf Deutsch geschriebene Nachricht war von Susannas Mörder Bashar, der nach der Tat das Mobiltelefon des Mädchens einbehalten hatte, geschrieben worden.
Im Prozeß gegen den Mörder Ali Bashar (Prozeßbeginn am 12. März 2029) sagten Freundinnen und Bekannte des Opfers aus, Susanna habe zuerst Kontakt zum jüngeren Bruder des Angeklagten (Ali Bashar) geknüpft und sich in ihn verliebt. Der Bruder sei jedoch nicht an einer festen Beziehung interessiert gewesen. Es habe sich so auch der Kontakt zu Ali Bashar ergeben, Susanna hätte jedoch Angst vor dem gehabt, Ali Bashar soll sie auch gegen ihren Willen "befummelt" haben. Ich halte an dieser Stelle schon einmal fest: ein Mensch nähert sich Fremden mit Offenheit, dabei ergibt sich sogar der Wunsch nach noch größerer Nähe, stellt sich den Forderungen nach Toleranz und Integration -- und zahlt letztlich in diesem konkreten Fall dafür mit ihrem Leben ...
Bereits zu Prozeßbeginn gab Ali Bashar die Tötung Susannas zu. Er habe sie von hinten angegriffen und erwürgt. Er behauptete, er habe eine Beziehung mit Susanna F. gehabt, in der Tatnacht sei es zu einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen, die ihm vorgeworfene Vergewaltigung stritt er ab. Allerdings sagte im Prozeß ein Mithäftling aus, Ali Bashar habe ihm gegenüber nicht nur den Mord, sondern auch die Vergewaltigung bestätigt.
Am 29. Mai 2018 gab eine Bekannte von Susanna der Mutter den Hinweis, der Leichnam Susannas liege an einem Bahngleis. Bis zum tatsächlichen Fund der Leiche verging allerdings noch eine ganze Woche. Ein weiterer Hinweis über den möglichen Fundort kam von einem anderen Asylbewerber, dier in derselben Unterkunft wie der Täter wohnte: die Polizei erhielt ihn am 3. Juni 2018, der verscharrte Leichnam wurde neben Bahngleisen in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft dann gefunden.
Einen Monat später wurde übrigens auch dieser Hinweisgeber wegen gemeinschaftlicher Vergewaltigung, zusammen mit Ali Bashar begangen, in einem anderen Fall festgenommen. Da wurde auch das zunächst angegebene Alter von 13 Jahren auf 14 Jahre (Strafmündigkeit") korrigiert.
Das Gericht ließ auch ein psychiatrisches Gutachten über die Persönlichkeit Ali Bashars erstellen. Zitiert aus Wikipedia: "Das Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie, die mehr als 15 Stunden mit Ali Bashar gesprochen hatte, diagnostizierte eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit starken psychopathischen Zügen. Sie beschrieb ihn als egozentrisch, manipulativ und empathielos. Er habe keine Interessen, die über das eigene Wohlergehen hinausgingen, sei „ausgeprägt selbstbezogen“, pflege einen „ausbeuterisch-parasitären Lebensstil“, sei „auf die eigene Bedürfnisbefriedigung fixiert“ und lasse sich „vom Staat alimentieren“. So habe er aus purer Faulheit seit Kindheitstagen weder die Schule besucht noch sei er längere Zeit einer Arbeit nachgegangen. Über die Tötung von Susanna habe er kühl, sachlich, emotionslos und ohne Reue gegenüber Susanna oder ihrer Familie gesprochen: „Ich hab’ nur ein Mädchen totgemacht.“ Er verachte Frauen und sehe ihre Rolle im Kochen, Putzen und Daheimbleiben. Ferner sollten Frauen seiner Ansicht nach keinen Kontakt zu anderen Männern haben und Jungfrau sein. Er sei zudem überzeugt, in Deutschland könne man Sex mit jedem Mädchen haben, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Man erhalte Geld, ohne zu arbeiten, und komme jederzeit problemlos an Alkohol und Drogen."
Aus meiner Sicht ist hier nun eine Zwischenbemerkung notwendig: Wer ein derartiges Menschen- und Gesellschaftbild hat, wer so die Schwerpunktsetzung seiner Lebensgestaltung sieht, der bewegt sich mit Sicherheit nicht auf dem Boden unserer Werteordnung. Er stellt auch eine Gefahr für die Allgemeinheit dar. Wer mit diesem Hintergrund bei uns Asyl begehrt oder aus anderen Gründen immigrieren möchte, sollte keinen Anspruch auf einen Aufenthalt hier haben, nicht einmal einen temporär geduldeten. Es ist immer gefährlich für die Allgemeinheit, wenn derartige psychologische Auffälligkeiten und "Wertepositionierungen" erst im Nachhinein festgestellt werden: man müßte hier wirksame Möglichkeiten schaffen, derartige Prüfungen bereits vor irgendwelchen Zusagen und Bewilligungen durchzuführen und bei Auffälligkeiten sofortige Abschiebungen vollziehen. Zuviel Rücksichtnahme auf supranationale Befindlichkeiten sollten gegenüber dem Schutz der eigenen Bevölkerung und der Verwirklung desselben stets nachrangig sein. Etwaige Gesetzeshindernisse gehörten hier überprüft und ggf. korrigiert.
Das Landgericht Wiesbaden verurteilte Ali Bashar am 10. Juli 2019 wegen Mordes und Vergewaltigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit Feststellung der besonderen Schuld, was eine vorzeitige Haftentlassung dann ausschließt. An die Mutter und an die Halbschwester der Ermordeten hat er jeweils 50.000 Euro Hinterbliebenengeld zu zahlen. (die Frage sei erlaubt: wie sollen den jene Trauernden jemals dieses Summer erhalten ...) Gegen das Urteil legte Ali Bashar Revision beim BGH ein, der sie am 12. Mai 2020 verwarf; das Urteil wurde damit rechtskräftig.
Erwähnenswert zum Aufzeigen gewisser Zustände ist m.E. durchaus auch, daß ein zuvor schon bestehender anderer Verdacht gegen Ali Bashar sich Anfang Juli 2018 erhärtete: im März und nochmal im Mai 2018 hatte er in der Flüchtlingsunterkunft eine elfjährige Deutsche vergewaltigt. Deshalb wurde ihm ein weiterer Haftbefehl eröffnet. Es erhärtete sich dann auch noch der Verdacht, daß der afghanische Jugendliche Mansoor Q. (er hatte der Polizei vom Mord an Susanna F. berichtet!) die zum Tatzeitpunkt elfjährige Deutsche noch ein weiteres, für das Mädchen drittes Mal, zusammen mit einem 12-jährigen Bruder von Ali Bashar vergewaltigte. Hier ergingen die Urteile im Oktober 2019: der bereits wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte Ali Bashar wurde schuldig gesprochen und zu einer weiteren Haftstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Mansoor Q., zum Tatzeitpunkt noch minderjährig, wurde schuldig gesprochen und zu 4 Jahren und 6 Monaten Jugendhaft verurteilt. Der zum Tatzeitpunkt zwölfjährige Bruder Ali Bashars war aufgrund seines Alters schuldunfähig bzw. strafunmündig.
Bei Interesse lohnt es sicherlich, einmal den gesamten Ablauf und Hintergrund des Verhaltens der Familie "Bashar" zu analysieren (auch hier: Wikipedia, s.o., mit den guten Quellenangaben als Einstiegsmöglichkeit). Nach fast einem ganzen Jahr Aufenthalt in Deutschland stellte die Familie erst im September 2016 Asylanträge, die im Dezember 2016 für die Eltern und sieben ihrer acht Kinder abgelehnt wurden. Gegen die Ablehnung reichte die Familie dann 2017 über einen Anwalt Klage beim Verwaltungsgericht Wiesbaden ein. In der Klageschrift wurde die Begründung angekündigt, sie werde folgen. In den 17 Monaten bis zur Wiederausreise der Familie (sie war nach Ali Bashas Mord unter anderem Namen sofort über die Türkei ausgereist. Jedenfalls sollten der gesamte Ablauf nachdenklich stimmen und Überlegungen nach Besserung der Verhältnisse einleiten: "Obwohl die fehlende Begründung binnen eines Monats nachgereicht und die Klage nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist von Amts wegen ohne Weiteres hätte abgewiesen werden müssen, erfolgte seitens des Verwaltungsgerichts keine Reaktion. Das vorläufig aufenthaltsgestattende Verfahren blieb weiter anhängig." ("Das Beste für die Familie", Der Spiegel vom 16. Juni 2018)
Nochmals: es handelt sich um Einzelfälle! Eine Generalisierung verbietet sich grundsätzlich. Nicht nur erlaubt, sondern sogar notwendig, sind jedoch Überlegungen, wie man verhindern kann, daß der Überblick über die Leute, die nach Deutschland migrieren oder als Asylbewerber eintreffen, verloren geht! Es kann nicht angehen, daß Menschen mit kriminellen Neigungen hierzulande ihr Unwesen treiben können. Es ist nämlich nicht damit getan, wenn dann im Nachgang an Verbrechen immer wieder tonnenweise Kerzen aufgesellt werden, Mahnwachen inszeniert werden, Gedenkgottesdienste abgehalten werden, mehr oder weniger gescheite, vor allem fast immer dann beschwichtigende Reden gehalten werden ... Den Opfern hilft das überhaupt nicht mehr! Und auch die Angehörigen von Opfern dürften durch all die -- sicherlich gutgemeinten -- "Aufmärsche" und Aktionen nur wenig, wenn überhaupt, Trost finden.
Die Aufgabe muß heißen: aus all den einzelnen Vorkommnissen gut lernen und zukünftig wirksame Prophylaxe betreiben.
Wer hier die "Beschwichtigungstour" betreibt, verschließt nicht nur die Augen vor der Wirklichkeit, sondern sorgt dafür, daß derartige Vorfälle ganz gewiß nicht aus unserer Welt zu schaffen sind. Auch wenn es einigen nicht gefallen dürfte (Gutmenschen, Wunschdenker, Beschwichtigungsneurotiker, etc.): wir müssen wieder viel mehr stärkere Akzente hinsichtlich unserer gewachsenen Kultur setzen, diese mehr betonen, so betonen, daß die mit ihr verbundenen Regeln und Gebote auch hinreichend bekannt werden und entsprechende Aufmerksamkeit finden. Dazu gehört natürlich auch, daß wir selbst hier immer wieder ein Bekenntnis ablegen müssen, daß wir entsprechende Zeichen setzen. Wer hier soziale Beliebigkeit hofiert, wer sich gar in einer Art Auflösungseuphorie gegen gewachsene Strukturen stellt oder dagegen aufbegehrt oder gar dagegen massiv angeht, der wird wohl erst dann aufwachen, wenn es zu spät ist. Kurz: unsere wirklichen Werte, die Inhalte abendländischer-christlicher Kultur in Verbindung mit den Erkenntnissen aus Humanismus müssen betont und intensiv gelebt werden. Ich verkenne nicht, daß es entsprechend anderer Sozialisation und unterschiedlicher Enkulturation soziale Reibungsflächen entstehen können; sofern jene jedoch in einem lebendigen Austausch zu fruchtbringender Fortentwicklung führen, sich also gegenseitig "befruchten", dürfte das unproblematisch sein -- eine diesbezügliche "Offenheit" ist zu leisten, wenn aber die Divergenzen jene Linien überschreiten, die Unversehrtheit, Eigentum, Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, Mitmenschlichkeit, u.a.m. gefährden, dann müssen wirksame Grenzen gesetzt werden, muß vor allem auch unverzüglich gehandelt werden. "Wir schaffen das!", so das doch recht naive Merkelsche Diktum ist in dieser Allgemeinheit falsch! Wir können eben nicht alles schaffen, wir müssen auch unsere Grenzen kennen und ziehen, nicht nur die, welche auf reine (materielle) Leistungsfähigkeit ausgerichtet sind!
Blicken wir nochmals ein wenig zurück, wie damals angesichts des grausamen Mordes an Susanna in der Öffentlichkeit reagiert wurde. Mehr als einhalbes Dutzend Demonstrationen und Trauerkundgebungen waren in den Straßen von Mainz angekündigt. Die einen marschieren gegen kriminelle Flüchtlinge und illegale Einwanderungen, die anderen heftig gegen Vorurteile und Rassismus. Die AfD rief zu ihrer eigenen Mahnwache unter dem Motto "Es reicht!" Von dem Versuch beiden Aspekten -- der Not jener, die fliehen müssen, die Hilfe suchen einerseits und der Ohnmacht derjenigen, die von Kriminalität und Angriffen einiger Asylbewerber o.ä. betroffen sind auf der anderen Seite -- gerecht zu werden, kaum Ansätze zu erkennbar. Eher schon dies: es scheint ein Riß durch unser Land zu gehen. Die Muster der Betrachtung scheinen gleich bzw. sehr ähnlich: Ein grausames Verbrechen, ein totes Mädchen, ein beschuldigter Flüchtling (oder auch mehrere). Jeder einzelne Fall schürt Empörung, Wut, Hilflosigkeit, Ohnmacht, gar Haß. Und auch die Frage -- womit ich an meine o.g. Anmerkungen bzgl. Generalisierung anknüpfe --, ob es sich angesichts doch relativ zahlreicher, zumindest extrem auffälliger Fälle überhaupt noch um "Einzelfälle" handelt, wird immer wieder gestellt. Auch hier letztlich die beiden Fraktionen (s.o.), der tiefe Riß. Die Ethnologin und Leiterin des Forschungszentrum Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität, Susanne Schröter, mahnte damals: "Das ist jetzt kein Einzelfall mehr!" Sie spricht von einem Kulturen-Clash in Deutschland und die Gesellschaft müsse sich jetzt Konzepte für den Umgang mit patriarchalisch geprägten und aggressiven Männern überlegen.
Jedenfalls hat (nicht nur) der Fall Susanna polarisiert und politisiert so schnell und vernehmlich wie selten zuvor, so der Anschein. Die Bild-Zeitung forderte in einem Kommentar, die Bundesregierung müsse die Familie um Verzeihung bitten; Angela Merkel meldete sich vom fernen Kanada aus zu Wort und nannte dies einen "abscheulichen Mord", der entschieden geahndet werden müsse. Stimmt gewiß, macht jedoch das Mädchen nicht wieder lebendig! Die Mutter Susannas hatte sich Anfang 2019 in einem offenen Brief direkt an Angela Merkel gewandt und sie für den Tod ihrer Tochter mitverantwortlich gemacht. Sie berichtete zusätzlich, der Mörder Ali Bashar werde in sozialen Netzwerken gefeiert, "sogar mehr als Erdogan -- weil er eine Jüdin umgebracht hat, eine 'jüdische Schlampe'". Im Gegensatz zum Bundespräsidenten habe Merkel auf den Brief nicht reagiert. (Nora Gantenbrink, Ingrid Eisele: Mutter der getöteten 14-Jährigen: "Susanna geriet an einen durch und durch bösen Menschen", Stern vom 27. Juli 2019) Wären unter diesen Umständen da persönliche Worte der Bundeskanzlerin an die Mutter nicht angebracht gewesen, hätte das nicht zum Mindestmaß an Einfühlungsvermögen gehört? Ich meine: ja, diese Zeit und auch die Kraft dazu hätte Frau Merkel aufbringen müssen ...
Dabei konnte die Kanzlerin ja nicht so ganz ahnungslos sein. Schon im Sommer der sogenannten Flüchtlingskrise, als Hunderttausende ins Land kamen, wurde davor gewarnt, daß die Stimmung in der Bevölkerung kippen könnte. In der Silvesternacht 2015/16 war es dann wirklich soweit. So langsam entwickelte sich die "Willkommenskultur" zumindest auf relativ breiter Ebene zu einer "Wutkultur". Teilweise wurde sicherlich aus der Haltung "Wir schaffen das!" eine Art von "Wir gegen die." Beides sehe ich jedoch als schlicht unangemessen, weil an der Wirklichkeit vorbeigehend. Hier zeigt sich einmal mehr: in Deutschland fällt man von einem Extrem schnell in ein anderes, dies jeweils unter faktischer Betonung der Einseitigkeit unter eindimensionalen, vom jeweiligen Gesamtproblem abstrahierenden Vorgehen und Argumentieren. Es fehlt der sachliche, nüchterne, also auch der umfassende Blick zum Erfassen der Wirklichkeit. (Dies gilt natürlich nicht nur für die Flüchtlingspolitik, da finden wir überall entsprechende Parallelen, so jüngst auch in der Umweltkrise, im Umgang mit der Verkehrsplanung, mit Corona, und, und, und ...) Aber jeder kriminelle Übergriff eines Asylbewerbes fällt fast schon unvermeidbar auf das Gesamt zurück. Der Mord an Susanna zeigt das einmal mehr!
In diesem Zusammenhang sprach dann ein Medienschaffender, "da wird Susanna zum Opfer der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel stilisiert." Mit dieser Aussage verfehlte jener Schreiber dann doch etwas das, was Pietät einem abverlangen sollte. Natürlich benützte auch die AdD sogleich diesen Mord für eigene Zwecke und schossen dabei weit über das Ziel hinaus (unter anderem verlangten sie den Rücktritt von Angela Merkel); allerdings sollte man auch nicht die Augen davor verschließen, nur weil auch die AfD darauf hinweist, daß in der Flüchtlingspolitik immer noch allzu viel im argen liegt, der Verbesserung bedarf! (Wenn die AfD sagen würde, daß 3x4 = 12 sei, würde man ja auch nicht sagen, das ist falsch, nur weil es die AfD auch so berechnet hat ...)
Natürlich zeigt das Schicksal des Mädels Susanna auch zahlreiche Dinge, die man nicht übersehen sollte, die man nicht unbeantwortet lassen darf: die Abläufe und Umstände dieses Falls sind sicherlich auch willkommene Kost für radikale Flüchtlingsgegner, da sie so viel Ungeklärtes, so viel Widersprüchliches, ja offensichtlich auch zumindest eine Überforderung hiesiger Behörden ausweist; ein irakischer Flüchtling beantragt in Deutschland Asyl, dies auch auf dem Hintergrund einer Namensproblematik, der Antrag wird abgelehnt, er verhindert mit Rechtsmittel seine Abschiebung, er ist mehrfach wegen Pöbeleien und Prügeleien mit der Polizei aneinandergeraten, sein Name erscheint im Kontext mit der Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens, flüchtet dann, wie es scheint: problemlos, in einer Nacht- und Nebelaktion mit einem von der zurück in seine Heimat über Istanbul nach Erbil im Irak, um schließlich in Zaxo (in der Autonomen Region Kurdistan) anzukommen, wird dort dann von kurdischen Sicherheitsbehörden am frühen Morgen des 8. Juni 2018 festgenommen, wird von den kurdischen Behörden wieder abgeschoben, fliegt zurück nach Deutschland, aus Sicherheitsgründen eskortiert von dem Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums, Dieter Romann, und Beamten der Bundespolizei. Angekommen in Frankfurt / Main wird Ali Bashar dann nach Wiesbaden überführt. Auf dem Flug zurück nach Deutschland haben die den Flug begleitenden Beamten (zehn Beamte, darunter fünf Angehörige der GSG 9) nur die Sicherheit der anderen Passagiere gewährleistet; Ali Bashar sei während des Fluges nicht gefesselt gewesen und angeblich zudem freiwillig an Bord geblieben.
Zwischen Deutschland und dem Irak gibt es kein Auslieferungsabkommen, was dann zum Anlaß genommen wurde, gegen Romann und die Beamten wegen dieses Vorgangs mehrere Anzeigen zu einzureichen; es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Freiheitsberaubung eingeleitet ... Allein hier sieht man, wie diffizil die Lösung eines zunächst einfach zu erscheinenden Falles sein kann. Im Januar 2019 wurde jedoch dieses Ermittlungsverfahren wegen Freiheitsberaubung durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Bundespolizei für die Entgegennahme einer anzuschiebenden Person gemäß § 71 Absatz 3 Nummer 1d eingestellt.
Nicht-juristisch betrachtet dürfte es bei vielen auf Unverständnis stoßen, wenn ein Mörder wieder dorthin gebracht wird, wo er seine gerechte (verglichen mit den drakonischen Strafen in seinem Heimatland) Verhandlung im Zuständigkeitsbereich für seine kriminelle Handlung erwarten kann / muß, er dann, nachdem er einem Menschen das Leben genommenn hat, Hilfe beim Versuch der Durchsetzung einer Verurteilung wegen Freiheitsberaubung erhält. Gut, wenigstens war er mit seinem Ersuchen nicht erfolgreich, der Staat hat sich hier als wehrhafte Demokratie erwiesen.
Teilweise auch wiederholend noch zwei, drei Aspekte zur weiteren und an dieser Stelle abschließenden Betrachtung: Das Gesamt des Ablaufs kann schon den Eindruck erwecken oder gar erzeugen (und sofern bereits vorhanden: bestätigen), daß sich hier ein Kontrollverlust eines überforderten Staates, der die Asylpolitik nicht mehr im Griff hat. Dies gilt vor allem bezüglich jenen Teilen der Gesellschaft, die Recht und Ordnung als extrem wichtig sehen (dies sollten alle Demokraten!). Ob der Ruf nach schärfen Gesetzen sinnvoll ist, kann erst eine einschlägig gründliche Analyse zeigen. Gefühlt sehe ich persönlich grundsätzlich die interne Gesetzeslage als ausreichend an, deren Anwendung leider nicht immer. Auch zahlreiche Mißstände beim Migrationsamt BAMF tragen nicht gerade zu einschlägiger Zuversicht bei ...
Allerdings gehören supranationale Übereinkünfte unbedingt auf den Prüfstand, damit gegebenenfalls unser Land wieder handlungsfähiger wird. Notfalls müssen bestehende Übereinkünfte aufgekündigt werden, auch damit Abschiebungen schnell und wirksam erfolgen können. Wird da konsequent gehandelt, dürfte sich dies auch herumsprechen, dies mit dem Ergebnis, daß nur noch jene zu uns kommen, die tatsächlich Asyl benötigen. Wirtschaftsflüchtlinge gehören jedenfalls nicht dazu, alleinreisende Minderjährige gewiß auch nicht -- auf der anderen Seite aber müssen wir unverzüglich unseren "Tropfen auf den heißen Stein" hinsichtlich Entwicklungshilfe ganz erheblich aufstocken, wozu allerdings auch gehört, die jeweils heimischen Wirtschaftszweige jener Länder nicht länger auszubeuten bzw. an ihrer freien Entfaltung zu hindern (z.B. durch subventionierte Exporte, die dann die heimischen Wirtschaft kaputt machen ...). Anlaß zu kritischen Überlegungen geben auch Vorwürfe von Susannas Mutter: Sie hatte ja Susannas Verschwinden bereits am folgenden Tag der Polizei gemeldet. Anfangs soll die Polizei auch nicht gleich von einem Verbrechen ausgegangen sein, was durchaus nachvollziehbar ist (zumal die Polizei mit relativ wenig Personal bei sicherlich großem Arbeitsvolumen mehr als ausgelastet sein dürfte, auch lösen sich viele Vermißtenmeldungen -- Gott sei Dank -- häufig auch recht harmlos auf). Die öffentliche Fahndung sei, laut Susannas Mutter, jedoch erst eine Woche später, als die Mutter von der Bekannten ihrer Tochter die Meldung erhielt, die Leiche läge an einem Bahngleis, gestartet worden. Jene Hinweisgeberin wurde zunächst jedoch nicht befragt, weil sie auf Kurzurlaub mit ihrer Mutter gewesen sein. Der entscheidende Hinweis erhalten die Beamten von einem 13-jährigen Jungen, ebenfalls ein Flüchtling aus Afghanistan. Auch wenn diese kooperative Handlung letztlich zu weiteren kriminellen Hintergründen führten ... Aber wer weiß, ob ohne diesen Jungen (dann doch so schnell oder überhaupt) die Aufklärung des Mordes hätte erfolgen können.
Hier zum Abschluß noch drei Ansichten aus Foren zur Thematik, die ich allerdings gänzlich unkommentiert (und natürlich unverändert) lasse; sie sollen einfach zu einem weiteren komplexen Nach- und Überdenken anregen, dies bitte dann unter Berücksichtigung möglichst aller Perspektiven und möglicher Positionen; ideal wäre eben das, zu dem heutezutage nur noch wenige Menschen fähig sind (auch wenn sie von sich das Gegenteil immer annehmen und entsprechend proklamieren), nämlich: ein echter DISKURS.
Dieter H.
Das Asylrecht gehört schnellstens geändert. Es war einmal so angedacht, daß Leute deren Leib und Leben bedroht ist, Asyl zu gewähren ist. Das Asylrecht war von Anfang an nicht für Wirtschaftsflüchtlinge gedacht. Wenn ein Asylantrag nach einem rechtsstaatlichen Verfahren abgelehnt wurde, darf es für die Antragsteller keine weitere Instanz mehr geben. Die abgelehnten Asylbewerber müssen das Land sofort verlassen. Unberechtigte Asylanten, Verbrecher und solche die unseren Rechtstsaat ignorieren gehören sofort abgeschoben. Das gilt auch für Alle die sich nicht ausweisen können. Wenn wir keine wirksamen Gesetze haben, erwarte ich von der Politik, dass die Gesetzeslage sofot zum Wohle des deutschen Volkes geändert werden.
Isabeau B.
Ich habe noch nie AFD oder NPD gewählt. Ich sympathisiere mit diesen Parteien auch in keinster Weise. Aber was momentan in diesem Land passiert macht mich sprachlos. Das Potential an sexueller Gewalt, dass augenscheinlich vor allem von jungen Männern mit Migrationshintergrund ausgeht, ist schockierend. Wie kann die Politik davon ausgehen, dass Männer, die (z.B.) 20 Jahre lang in einem Patriarchat groß geworden sind, die gelernt haben, dass Frauen, die ohne männliche Begleitung und womöglich noch in Shorts/kurzen Röcken unterwegs sind, nichts Besseres sind als Prostituierte und somit „Freiwild“, in wenigen Monaten eine komplett andere Sichtweise beigebracht werden kann? Diese Naivität macht mich fast sprachlos. Und Frauen wie ich und meine Freundinnen dürfen es ausbaden. Ich bin letzte Woche nun zum dritten Mal im öffentlichen Nahverkehr (tagsüber) massiv und auf sehr widerliche Weise sexuell bedrängt und genötigt worden. In meinem Freundeskreis kann jede Frau (!) von solchen Erlebnissen berichten. Es sind immer Männer mit Migrationshintergrund. Hier in Berlin verlasse ich ohne Pfefferspray nicht einmal mehr tagsüber das Haus.
Stefan G.
Wer hier noch von Einzelfällen spricht, sollte die Geschehnisse alle mal zusammenzählen es ist haarsträubend und vor allem alleinreisende junge Männer haben wie alle Männer wohl auch Bedürfnisse, salopp gesagt, das ist wohl nie so richtig bedacht worden, genauso wenig wie das vorherrschende Frauenbild dieser Leute.
Was muß denn noch passieren damit endlich mal Nägel mit Köpfen gemacht werden?
16c Ein besonders widerliches, kriminelles Handeln zeigt auch das Geschehen in einem Würzburger Kaufhaus am 25. Juni 2021. Wie Polizeipräsident Gerhart Kallert in einer Pressekonferenz schilderte, hatte sich der Täter (Abdirahman J. A., ein Afrikaner aus Somalia) in einem Kaufhaus ein Messer genommen und Frauen erstochen. Er tötete zunächst eine Frau, griff dann weitere umstehende Personen an, tötete zwei weitere Frauen. Er flüchtete dann in die Innenstadt, wo es Passanten gelang, ihn eine Gasse zu treiben; die eintreffende Polizei stoppte ihn dort mit einem Schuß in den Oberschenkel und verhaftete den Somalier dann. Laut Zeugen habe der Täter "Allahu Akbar" gerufen, Spiegel Online berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, A. habe nach seiner Festnahme gesagt, durch den Angriff habe er seinen "Dschihad" verwirklicht. (vgl. JF vom 25. Juni 2021)
Laut Generalstaatsanwalt Wolfgang Gründler habe der Afrikaner bereits im Januar 2021 in seiner Obdachlosenunterkunft Personen mit einem Messer bedroht; wegen psychiatrischer Auffälligkeiten sei er zweimal kurzzeitig in eine Psychiatrie eingewiesen worden. Er haben einen subsidiären Schutzstatus und halte sich legal in Deutschland auf. Bekannte des Täters sagten dem BR, der Asylbewerber sei in den vergangenen Wochen immer aggressiver geworden und sie hätten sich gefragt, weshalb er noch auf freiem Fuß und nicht eingewiesen worden sei.
Besonders deutliche Kritik kommt in diesem Zusammenhang vom ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen (CDU): "Das Ausländerrecht ist Ordnungsrecht und dient dem Schutz unserer Bürger. Der Vollzug des Ausländerrechts und die Ausländerpolitik haben sich sehr weit von diesem Schutzauftrag entfernt. Die Verantwortlichen müssen die Gesetze konsequent anwenden, sonst machen sie sich mitschuldig“ (so auf Twitter am 26. Juni 2021). Nun sollte man hier einmal vergessen, welche Animositäten man gegen Maaßen hat und einfach einmal das nachprüfen, was er hier geäußert und kritisiert hat. Man wird dann feststellen, daß Maaßen hier richtig liegt. (Auch wenn es den vielen erklärten Maaßen-Gegnern nicht gefallen mag ...) Er fordert nichts anderes als die konsequente Anwendung des Ausländerrechts.
Zuletzt mußten die Angaben präzisiert werden: es wurde keine Verkäuferin getötet (wie anfangs gemeldet), so die Polizei. Der 24-jährige Somalier habe insgesamt drei Frauen (Alter: 24, 49, 82 Jahre), die im Kaufhaus einkaufen wollten, mit dem in der Haushaltswarenabteilung entwendetem Messer getötet, er hatte mit dem Messer wahllos um sich gestochen, sieben weitere Menschen hatte er verletzt, fünf davon zunächst lebensgefährlich.
Die Trauerbekundungen als Folge der Morde und Tötungsabsichten kamen von prominenter Seite: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, die Landtagspräsidentin Ilse Aigner, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster; zum Gedenkgottesdienst kamen auch Angehörige der Opfer und Einsatzkräfte, zahlreiche weitere Vertreter der Politik und des öffentlichen Lebens. Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt fand diese Worte: "Die Trauer um die verlorenen Menschen wird niemals enden. (...) Ich war vorgestern Abend gelähmt und erschüttert vor Entsetzen." Er warnte gleichzeitig aber auch davor, anderer "Flüchtlinge in Sippenhaft" zu nehmen für die Tat des Somaliers, dessen Motive Ermittlern zufolge noch unklar ist.
Bei allem Respekt vor Trauerbekundungen erhebt sich für mich zeitgleich die Frage, was denn wirklich zum Schutz der Bevölkerung getan wird, damit derartige Abartigkeiten kein Betätigungsfeld finden können! Immerhin war der Somalier bereits einschlägig auffällig gewesen ... So schön Trauerworte auch sein mögen, so sehr sie bisweilen den leidenden Angehörigen helfen können, so wenig können sie Tote wieder lebendig machen. Vielleicht wäre so manche Traueransprache überflüssig, würde man rechtzeitig und gezielt handeln. Und wenn "die Trauer um die verlorenen Menschen niemals enden" soll, dann gehört aus meiner Sicht zu dieser Haltung, daß man konsequent entsprechende Prävention betreibt, also auch daß man aus Erfahrungen lernt und entsprechend handelt!
Ich kann es zumindest nachvollziehen, daß in Foren auf derartige Meldungen hin, immer wieder Ansichten vertreten werden, die so manchen nicht ins Gemüt, nicht in den Kram, passen. So kritisiert einer die Darstellung im "Merkur", weil dort u.a. von "Passanten hetzen (sic!) mutmaßlichen Täter" die Rede war und ergänzt: "Eine Sternstunde des Journalismus lieferte der Merkur: Überschrift: „Messer-Angriff in Würzburg: Passanten hetzen mutmaßlichen Täter“ Erinnert uns das an etwas? Aus dem dreifachen Mord mit zusätztlichen sechs Schwerverletzten wird ein „Angriff“ . Aus dem Heldenmut, einen Mörder an weiteren Morden zu hindern wird eine Hetzjagd. Dass die Herkunft und Religion des Täters und seine Zugehörigkeit zu dem Merkel-Migranten 2015 verschwiegen wird bedarf eigentlich keiner Erwähnung. Nun brauchen wir wieder Lichterketten und Konzerte gegen Rechts. Im Text steht er sei Asylwerber-nein er ist ein abgelehnter Asylwerber und jetzt geduldet. Hier wird niemand der erst mal da ist ,wieder nach gültiger Rechtslage abgeschoben. Das Ziel ist >50% Ausländer .Für diese Rechtsbeugung gehören die Innenminister vor Gericht. Über die Opfer heißt es jetzt: sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Was für ein Zynismus. Aus meiner Sicht gab es nur einen, der am falschen Ort war. Der hätte in Somalia sein sollen…" Ja, man sollte gerade in einem derart sensiblen Bereich mit der Wahl der Worte vorsichtig sein und sorgsam im Sinne von zielführend umgehen. Aber heutzutage scheint es einigen Leuten wichtiger zu sein, sich über Begriffe wie "Mohrenapotheke" und "Zigeunerschnitzel" sowie "Schwarzfahrer" zu empören, als zur Kenntnis zu nehmen, in welchem Kontext "hetzen" im Sinne einer Jagdmeute von Hunden völlig deplaziert ist. Aber auch in unverfänglicher klingenden Zusammenhänge sollten die Überlegung nach ehrlichen, nachhaltigen Worten niemals unterbleiben: es wird immer wieder in traurigen Anlässen betont, die Trauer werde "niemals enden"; aus einigen Erfahrungen habe ich gelernt, daß jenes "niemals" oft eine sehr geringe Zerfallszeit hat ...
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17 Das Kreuz ist Kernfrage bei der Leitkultur
Immer wieder gab und gibt es Aufregung, wenn jemand mit dem Begriff "Leitkultur" argumentiert. Dabei sagt dieser Begriff doch nichts anderes aus als daß es sich dabei um die gewachsene Kultur, die Ordnungs- und Gesaltungsprinzipien handelt, die ein Land kennzeichnen, zumindest wesentlich mitkennzeichnen. Wir sind -- zumindest auf dem Papier -- ein laizistischer Staat. Die Wirklichkeit und die Einflußmacht der christlichen Kirchen lassen bisweilen diesbezüglich so manchen Zweifel aufkommen. Da wünschte ich mir schon etwas weniger "Bevormundung" durch kirchliche Positionen, was zum Beispiel die Generalisierung kirchenspezifischer Positionen angeht. Wer hier sogleich auch an Sex denkt, liegt sicherlich nicht falsch, auch wenn die katholische und evangelische Kirche diesbezüglich (zwangsläufig, der normativen Kraft des Faktischen etwas gehorchend) zumindest einem leichten Wandel gefolgt sind. Das bedeutet jedoch nicht, daß man kirchlicherseits bzw. aus Sicht eines wirklich säkularisierten Staates nicht noch einiges dazuzulernen hätte. Oder nehmen wir als Beispiel Sterbehilfe, das Recht auf Entscheidung über das eigene Leben, über den eigenen Tod: hier maßen sich die Kirchen nach wie vor und äußerst vehement an, ihre religiöse Sicht als das Maß aller Dinge zementieren zu wollen. Deren Prämisse ist letztlich die Existenz eines Gottes, der allein über Tod und Leben eines Menschen entscheidet, entscheiden kann, entscheiden darf, und die Kirchen verstehen sich sozusagen als Sachwalter von Gottes Interessen auf Erden. Eigentlich sollte es überflüssig sein, an dieser Stelle feststellen zu müssen, daß die Existenz eines solchen Gottes durch nichts, wirklich durch gar nichts zu beweisen ist, ja vor dem Hintergrund heutiger Kenntnislage ist eine solche Existenz nicht einmal plausibel. Natürlich läßt sich psychologisch sehr leicht erklären, weshalb viele Menschen an "Gott" glauben, hoffen daß es ihn gibt. Die Antwort ist relativ einfach: Wunschdenken. Zugegeben, es ist für viele Menschen (übrigens ungeachtet des Bildungsgrades!) schwierig zu akzeptieren, daß nach dem eigenen Ende nichts mehr sein soll, daß man schlicht und einfach zu Staub wird, zu Futter für die Regenwürmer (wie es Alexis Zorbas einmal so klar formuliert hat).
Ich hatte das einmal mit einer Kommilitonin erlebt als wir im Englischen Garten während Vorlesungspausen im Gras lagen: sie wollte unbedingt über Gott und Freuds Traumdeutung sowie andere Dinge mit mir reden. Schon lange vor jenem schönen Tag hatte ich mich von meinem Dasein als gebürtiger Katholik verabschiedet, bin letztlich der Einsicht und Vernunft folgend zum Agnostiker (um nicht den dialektisch angreifbaren Begriff Atheist zu verwenden; wobei es schon ein hausgemachter Unsinn ist, jemanden, der sich als A-Theist bezeichnet als eben unter Anwendung der ansonsten von jenen Kreisen verpönten Dialektik als "Beweis" für die Existenz eines solchen Gottes unter dem Rubrum Antithes-These zu mißbrauchen -- zu solche einem Vorgehen gehört schon ein gehörig Maß an Rabulismus dazu, vor allem wenn man durch eigene Wortschöpfung und willkürliche Setzung -- "Theist" -- erst diese eher leere, auf tönernen Füßen stehende These produziert hat ...) gewandelt. Wir führten also die damals sicherlich nicht unüblichen akademischen Gespräche über Sein und Nichtsein, über Existenz und Nichtexistenz, über all das, was nicht nur das Alltagsleben mitdefiniert, also auch über "Gott und die Welt". Irgendwann sagte Susanne dann, Jochen das wäre ja furchbar, wenn es keinen Gott gäbe, das wäre ja nicht auszuhalten. Ist es schon! Für die einen! Für andere: eben nicht. Nochmals: für mich existiert kein "Gott", so schön ja manchmal der Gedanke an eine solche Existenz wäre, gewiß auch bisweilen den einen oder anderen Trost spenden könnte ...
Es läßt sich vereinfacht auch so erklären: ein Agnostiker vermeidet die ihm ohnehin sinnlos erscheinende Diskussion über Gott oder Nicht-Gott, gibt sich also extrem tolerant gegenüber all jenen, die im Gottesglauben den Sinn ihres Daseins verstehen, zeigt aber auch deutlich deren Grenzen auf, sobald sie ihn beharrlich von der Richtigkeit ihres Tuns, Denkens und Fühlens (penetrant oder gar aggressiv) zu berieseln versuchen.
Vor diesem Hintergrund meiner subjektiven Ansicht und Befindlichkeit, aber auch praktischen Orientierung für die Lebensgestaltung!, wird es nun so manche doch verwundern, wenn ich das "Kreuz", also jenes Symbol für die (vermeintliche) Existenz von Jesus und letztlich auch Gott als zumindest einen (unter mehreren) Kern unserer Leitkultur betrachte. Es ist gewachsener Bestandteil unserer (westlichen) Kultur, ist auch Symbol für einen Moralkanon (wie er bespielsweise in den Inhalten der Bergpredigt deutlich wird), für das Entstehen, Werden und Vergehen. Da wird es -- zumindest für mich persönlich -- relativ unbedeutend, ob der damit von den meisten Gläubigen assoziierte Hintergrund, also das ins Transzendente Weisende, von Substanz ist oder nicht. Ich kann es auch so formulieren: Die Frage, ob Gott existiert oder nicht, ist überflüssig und sinnlos! Nicht sinnlos jedoch, schon gar nicht überflüssig, ist es, sich mit den damit zusammenhängenden gewachsenen Kulturgütern und Inhalten auseinanderzusetzen. Im Übrigen vertrete ich die Auffassung, daß für all jene Menschen, die sich nicht damit abfinden können, daß die eigene menschliche Existenz nur endlich ist, daß es keine Seele (oder ein anderes Substrat) gibt, die in gelebte Ewigkeit oder gar zur Wiederauferstehung führt, die Gebundenheit im konstitutionellen religiösen Rahmen immer noch die bessere Lösung ist, als sich irgendwelcher obskuren oder gar idiotischen Esoterik hinzugeben!
So gesehen läßt sich meine Haltung pointiert so zusammenfassen: Wenn man schon nicht in der Lage ist, zu akzeptieren, daß der Mensch aus einem biologischen Anfang und einem ebensolchen Ende besteht, dann ist die institutionalisierte Religion (ich spreche aus unserer Sicht hier überwiegend vom Katholizismus und vom Protestantismus!) immer noch die harmlosere, weniger schädigende Variante als all das, was Esoteriker, Verschwörer, Wirklichkeitsleugner o.ä. als Ersatzleistungen, als Substitut, liefern bzw. leisten. Hier paßt aus meiner Sicht gut, was der deutsche Lyriker Emanuel Geibel einmal dichtete: "Glaube, dem die Tür versagt, / steigt als Aberglaub' durchs Fenster. / Wenn die Götter ihr verjagt, / kommen die Gespenster."
Weil eben so viele (wahrscheinlich sogar nach wie vor die Mehrzahl) Menschen für ihr Leben, für ihr Dasein, für ihr "Durchhaltekönnen" eine Relígion (von mir aus auch dann: "DIE EINE Religion") brauchen, ist es nicht grundsätzlich falsch, wenn bereits in vorchristlicher Zeit die Philosophie von einer zum Menschen wesenhaft gehörenden Religiosität sprach. Jedenfalls ist so gesehen Religion immer auch Kultur, Ausdruck einer jeweils spezifischen Kultur. Somit ist sie auch nicht problemlos substituierbar. Sollte es dann eine Art von kulturellem Vakuum geben (eher eine unrealistische Annahme, sofern man Kultur nun nicht nur qualitativ positiv bewertet), dann dürfte diese Lücke sehr schnell durch andere Weltanschauungen, Religionen, geistige Positionen, etc. gefüllt werden. Was wohl die ehemalige Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz, meinte als sie einmal sagte, eine "spezifische deutsche Kultur" sei "schlicht nicht identifizierbar"? War das ihr Wunschdenken, eine solche möge es nicht geben, damit kein Kontrast zum Dasein der hier lebenden Muslime auffällig werden kann? Oder hob sie da eher darauf ab, daß die Deutschen sich weitgehend von zentralen identitätsstiftenden Faktoren, von Geschichte, Kult und Kultur verabschiedet hätten, sich also um die eigene Kultur nicht mehr mühten und bemühten? Es stimmt natürlich schon, daß man Kultur pflegen muß, ihren Wert vor allem anerkennen und bejahen sollte. Wird Kultur als Selbstverständlichkeit gesehen, als etwas, das nicht auch stets gelebt werden muß, als etwas, das nach Bewahrung verlangt, dann besteht sehr schnell die Gefahr, daß fremde, daß neue, Einflüsse sich der Felder bemächtigen, die man selbst unbeackert läßt. Dann entsteht das was hier heutzutage immer wieder unter all den Stichpunkten wie sprachpolizeiliche Anmaßungen ("Säuberung" der gewachsenen Sprache als Kulturgut, weil Minderheiten z.B. gewisse Begriffe und Konnotationen nicht mehr dulden wollen), Political Correctness, Multikulti, Regenbogenfarbigkeit, etc. auffindbar wird, dies oft mit der Folge, daß die schweigende, sich der eigenen Kultur nicht mehr bewußt werdende Mehrheit das (kulturelle wie auch politische) Feld jenen überläßt, die in völliger Verkennung ihrer eigenen legitimen Ansprüche ihren Macht- und Einflußgelüsten hemmungslos Platz verschaffen wollen. Auch ein Agnostiker sollte es nicht hinnehmen, daß sich gegenüber der gewachsenen Religiosität in einem Lande Einflüsse breit machen, die in völliger Verkennung dessen, was sie hier vorfinden, was hier Tradition ist, was hier Brauchtum ist, was hier oft zudem gesetzlich normiert ist (z.B. Rechte der Frauen), ihre so nicht angemessene Macht zu entfalten versuchen! Kurz: Toleranz: JA, Übergriffigkeit und Unangemessenheit: Nein. Besonders sei an Ludwig Marcuses Diktum erinnert, der einmal postulierte, Toleranz ist das fehl am Platz, wo Schweigen unmmoralisch ist. Dies läßt sich vielfältig auf Alltagspraxis umsetzen. Auch auf Forderungen nach Unterlassung, auch nach Gebieten von Einhalt ...
Man hat den christlichen Kirchen im Laufe der Jahrhunderte viel abringen müssen, ihnen mancherlei Einhalt gebieten müssen. Die Vergangenheit der christlichen Kirchen ist wahrlich nicht immer rühmlich gewesen und wer meint, heute sei dies alles schon auf besten Wegen, wurde und wird durch die Mißbrauchsskandale eines Besseren belehrt. Nein, auch gegenüber den institutionalisierten Kirchen heißt es -- besonders bei Wahrnehmung säkularer Interesse -- stets wachsam zu bleiben. Aber gerade auf diesem Felde zeigen sich eben auch die zumindest relative Funktionsfähigkeit unserer Demokratie sowe die Möglichkeiten des Rechtstaats. Wie groß war da aber der Aufschrei, als Markus Söder für das Kreuz in Schulen und öffentlichen Gebäuden plädierte! Warum eigentlich? Das Kreuz ist längst zumindest zum Teil der freiheitlichen Demokratie geworden. Darüber können auch einige Ungereimtheiten zwischen Kircheninteressen einerseits und den Säkularisierungssetzungen des Staates andererseits nicht hinwegtäuschen. Und das Kreuz ist somit mehr als "nur" ein Symbol kirchlicher Aufgaben und kirchlicher Macht, wie ich meine, es ist auch ein Zeichen dafür, in unserer gesellschaftlichen Entwicklung (von der es letztlich auch nicht gänzlich verschont bleibt ...) mitgewachsen zu sein, wozu selbstverständlich als besonders sichtbares Zeichen auch die Einbettung in ästhetische Strukturen unserer Landschaft und Bausubstanz gehört. Dieser Gedankengang täuscht nicht darüber hinweg, daß mit dem Kreuz auch konservative sowie wertkonservative Erhaltungstendenzen verbunden sind. Warum diese Differenzierung? Wertkonservativ als ein qualitativer Fortschritt, jeweilige Entwicklungsstränge jeweils mitbestimmend, vor allem nicht dogmatisch beharrend, wenn ein Wandel geboten oder gar notwendig scheint. Konservativ hier von mir eher als rückwärtsgewandt im Sinne von rückständig, den Entwicklungen der Zeit nicht follgend könnend oder dies nicht wollend, also auf dem beharren "was schon immer war", "was irgendwann in grauer Vorzeit bestimmt, festgelegt wurde", ohne weitere Rücksichten auf zukünftige Entwicklungen und Kenntnisstände. Insofern konkurrieren natürlich auch Religionen miteinander: bleibt man stur auf dem stehen, was "unverrückbare Setzung" ist oder ist man offen, für neue Erkenntnisse. Einfach formuliert: Was hindert denn auch Religionen daran, "gescheiter zu werden". Welche Religion wird also in Zukunft kulturelle Lücken verhindern helfen bzw. vorhandene auszufüllen, wird die Kultur unseres Landes in einem positiven Sinn bewahren und fortschreiben helfen? Wird es einen Kampf der Religionen gegeben (in Anlehnung an jenen Clash of Civilization)?
Hier zeigt sich beispielsweise der katholische Theologe, Philosoph und Publizist Dr. Dr. David Berger (geboren 1968) teilweise pessimistisch. Ich teile seine Ansicht nicht, daß "die Leere des Atheismus (...) nur das Präludium der Scharia" sein. Atheismus ist eben nicht die von ihm so ausschließlich konstatierte "Leere", sondern zeichnet sich gerade wegen seiner Nicht-Gott-Bezogenheit eher durch einen aktiven Umgang mit der realen Wirklichkeit aus, denn wer keine Hoffnungen auf ein Jenseits hegt, dem bleibt letztlich, will er konstruktiv leben, nur als Alternative, sich intensiv mit dem jeweiligen Jetzt und Heute auseinanderzusetzen. Ein wirklicher Atheist (nochmals: ich ziehe den Begriff "Agnostiker" aus den weiter oben erläuterten Gründen vor!) zum Beispiel alles daran setzen, z.B. das Etablieren einer Scharia zu verhindern. Berger dagegen als Folge von "Atheisimus": "Wo das Kreuz verschwindet, wird der Halbmond innerhalb weniger Jahre triumphieren. An die Stelle der Menschenrechte und des Grundgesetzes werden Koran und Scharia treten. Damit ist auch klar: Wem der Erhalt unserer freiheitlichen Demokratie und unseres Rechtsstaates ein Anliegen ist, der wird sich für das Kreuz entscheiden müssen, das im aktuell gelebten Christentum für die Freiheit und das Leben steht. Aus der Ethik der Zehn Gebote und der Bergpredigt Jesu sind die Menschenrechte, aus der christlichen Philosophie die Aufklärung und der Humanismus hervorgegangen." Ich stimme ihm (gerade als Agnostiker der das Kreuz als gewachsenes und wachsendes Kulturgut sieht!) zu, wenn er die Notwendigkeit, die Wichtigkeit, die Priorität des Kreuzes in unserem (gerade auch säkularem) Kontext betont. Ich verweise hier nochmals auf meine weiter oben angestellten Überlegungen ob der Bedeutung von Religion für sehr, sehr viele Menschen; dabei kann es dann nicht um Beliebigkeit gehen, sondern ausschließlich um deren kulturelle Bezogenheit. Daß der Humanismus und die Philosophie der Aufkärung der institutionellen Kirche in langen Kämpfen erst eine menschlichere Position verbunden mit Beseitung bzw. Verringerung unangemessener Machtfülle abringen mußte, sollte nicht übersehen werden! Da waren die Kirchen alles andere als ein Motor für bessere Entwicklung und Seinsweisen ... Der Inhalt von Bergpredigt und die Ethik der Zehn Gebote werden durch dieses Eingeständnis, zu dem die Kirchen auf Grund von Faktenlage fähig sein sollten, freilich nicht geschmälert. Es gilt / galt halt auch hier: You should live what you preach! Da haben auch die christlichen Kirchen immer wieder versagt. Aber sie sind letztlich diesbezüglich (etwas / sehr viel) gescheiter geworden. Andere Religionen auch? Das wird sich erst noch erweisen müssen, wie ich meine. Nicht gerade mit großer Hoffnung auf die Zukunft meint David Berger da: "Wir stehen am Scheideweg: das Kreuz oder der Halbmond. Einen dritten Weg, eine Alternative wird es nicht geben." Und weiter: "So ist die vom Kreuz geprägte Kultur nicht nur Heimat und Geborgenheit, sie steht auch für einen Respekt vor der menschlichen Person, vor dem, was unser Grundgesetz die unantastbare Würde des Menschen nennt. Eine Würde, die unabhängig ist von Hautfarbe, sozialem Status und auch von der Religion. Das Kreuz steht für Gleichberechtigung von Männern und Frauen, für eine Gesellschaft, in der sich auch Juden mit Kippa sicher auf die Straße wagen können, in der Homo- und Transsexuelle nicht befürchten müssen, gesteinigt zu werden und kleine Mädchen nicht zwangsverheiratet werden. Daß das unter dem muslimischen Halbmond völlig anders ist, zeigen uns die täglichen Nachrichten. Der real existierende Islam steht für eine Minderbewertung von Frauen, Haß auf alle Ex- und Nichtmuslime, auf Trans- und Homosexuelle. Weil wir keinen Rückfall in die voraufklärerische Barbarei wollen, sollten wir endlich davon sprechen, daß das Christentum und damit auch das Kreuz zu Deutschland gehören."
Und zumindest was eine jahrhundertelange Entwicklung hinsichtlich kultureller Gestaltung bis hinein in die Gegenwart angeht, kann man durchaus dem Diktum Bergers folgen, wonach das Christentum und das Kreuz zu Deutschland gehören. Insofern kann ich die damalige Aussage des Ex-Bundespräsidenten Wulf, wonach der Islam zu Deutschland gehöre, nur als geschichtliche Ignoranz und falsche Zuordnunge dessen, was letztlich Kultur ausmacht, empfinden; der Islam hat mit der deutschen Kultur zumindest for the time being nichts zu tun. Was der Islam jedoch ganz gewiß ist: legitimer Glaube für die hier lebenden Islam-Gläubigen, so wie auch andere Relgionsgemeinschaften wie z.B. die Zeugen Jehovas ihr grundgesetzlich garantiertes Recht auf Religionsausübung grundgesetzlich garantiert bekommen haben. Nochmals David Berger zum Abschluß meiner Überlegungen: "Es war der Gott der jüdisch-christlichen Tradition, nicht Allah, dem die Väter unseres Grundgesetzes dort eine feste Stelle gegeben haben. Wohl wissend darum, daß – wie es das Böckenförde-Diktum sagt – der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann." Und das trifft geschichtlich zu, hat eine ewig lange Tradition, ist ein gewachsenes Kulturgut, ist längst eine wesentliche Säule unserer wie auch immer gearteten pluralistischen Gesellschaft.
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18 Anmerkungen zum Aufwachsen und Selb(st)ständigwerden ...
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Es gibt hinsichtlich Entwicklung des jungen Menschen einen meines Erachtens sehr (zu-)treffenden Spruch von Khalil Gibran (Hauptwerk: Der Philosoph):
Solange deine Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln.
Wenn sie größer werden, gib ihnen Flügel.
Khalil Gibran wurde am 6. Januar 1883 in Bischarri (heute im Libanon gelegen) geboren, 1895 emigrierte er aus dem heutigen Libanon mit Mutter, Schwester und Halbbruder in die USA (nach Boston). 1897 kehrte er in den Libanon zurück, studierte dort Französisch, Arabisch und arabische Literatur. 1899 zog er über Paris wieder nach Boston zurück. Ab 1908 studierte er dann in Paris Kunst und europäische Literatur. In seiner Dichtung und seinem philosophischen Denken beschäftigte er sich hauptsächlich mit dem Leben, dem Tod und mit der Liebe, all dies sah er als das Wesentliche für die menschliche Existenz an. Khalil Gibran starb am 10. April 1931 an Lungenkrebs, 48 Jahre alt.
Besonders gut findet man diesen Spruch beim Aufwachsen von Storchenkinder verwirklicht! Fürsorglich kümmern sich beide Elternteile um ihre Jungen, unermüdlich wachen sie und fliegen abwechselnd auf Futtersuche. Sobald die Jungen dann flügge sind -- man kann ihr entsprechendes "Vortraining" in den Nestern stets gut beobachten! -- sieht man die Storchenfamilie dann noch einige Zeit auf den gemeinsamen Ausflügen in den nahegelgenen Futtergebieten. Und dann kommt die Zeit der endgültigen Trennung von den Eltern: die Jungen suchen sich ihren eigenen Weg, zur Zeit fliegen die meisten von ihnen immer noch in den Süden, um dort zu überwintern. Dabei schließen sie sich anderen Jungstörchen zum gemeinsamen Flug an (die Trupps werden natürlich von einigen erfahrenen Störchen geleitet, denn die Jungen müssen immer noch etwas "dazulernen"). Und was machen dann die Altvögel nun ohne ihre Kinder? Sie erholen sich von den Anstrengungen der Aufzucht und fliegen erst später dann zum Überwintern in den Süden. (Mittlerweile bleiben aber auch immer mehr Störche hier, um sich die Strapazen der weiten und gefährlichen Reise zu ersparen; dies scheint der Klimawandel möglich zu machen. Übrigens: Kälte als solche ist für Störche nicht gefährlich, solange sie noch Nahrung finden können; ist jedoch alles zugefroren, werden sie diese Gebiete verlassen müssen, um geeignetere Stellen zum Überleben zu finden.) Im Gegensatz zu den Störchen, die ja fast schon "automatisch" durch ihre Flügel zu einem berechenbaren Zeitpunkt flügge werden, ist es bei den Menschen allerdings schwieriger: Um dem Spruch Gibrans gerecht zu werden, gilt es hier die richtige Balance zwischen Klammern und Loslassen zu finden, damit wohl auch den jeweils individuell geeigneten Bezug zu finden und zu erkennen. Daß dies nicht immer einfach ist, vor allem nicht immer gelingt, zeigen zahlreiche Beispiele, die man sehr leicht in seinem kleineren oder größeren Umfeld finden dürfte. Wer kennt sie denn nicht, jene Fälle, bei denen das rechtzeitige Loslassen, der passende Augenblick des Selbständigwerdens, das Leben in relativer Freiheit und verantwortungsvoller Eigenverantwortlichkeit nicht so besonders oder bisweilen auch überhaupt nicht geglückt sind ...
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 19 Unberechenbare Türkei -- Reisewarnung aussprechen und bis zu Änderung der politischen Situation endlich einmal aufrechterhalten!
Schon wieder gab es Ärger mit der türkischen Politik. In dem seit längerer Zeit dort vorherrschenden Wirrwarr aus Drohen und dann -- wenn man dann wohl die (wirtschafltichen) Folgen für das Land bedenkt -- mehr oder weniger aufrichtigem nachfolgenden Einlenken bzw. Relativieren (z.B. Widerruf von Ankündigungen, rechtliche Sanktionen unterschiedlichster Art), scheint sich kein Ende anzuzeichnen. Vor allem wird eines deutlich: erhebliche Unsicherheit bis hin zu großen Risiken wenn man sich dem Einfluß türkischer Politik und Administration aussetzt. Dieses große Risiko gilt auch für all jene, die jenes Land "nur" besuchen, sei es geschäftlich, privat oder aus touristischen Interessen!
Zuletzt gab es wieder mal einen Streit um Akkreditierungen für Journalisten. Ankara hatte dem ZDF-Journalisten Jörg Brase sowie dem Tagesspiegel-Reporter Thomas Seibert und dem NDR-Reporter Halil Gülbeyaz (er lebt nicht ständig in der Türkei) im März 2019 ohne Angaben von Gründen den Erhalt einer neuen Pressekarte verweigert. Brase und Seibert wurden aufgefordert, die Türkei sofort zu verlassen. (Jörg Brase erhielt nach Protesten mittlerweile die Pressekarte wieder.) Auch weiteren Journalisten wurde seitens Ankara bislang noch keine Arbeitserlaubnis für die Türkei erteilt.
Hierzu nahm vor allem auch Christian Lindner (FDP-Parteivorsitzender) eindeutig Stellung und forderte eine generelle Reisewarnung für die Türkei. Wörtlich gegenüber dem "Tagesspiegel": "Im Umgang der Türkei mit deutschen Journalisten zeigt sich das hässliche Gesicht der islamistischen Präsidialdiktatur, die unseren europäischen Regeln und Werten nicht mehr entspricht. Das Auswärtige Amt muss daher jetzt eine generelle Reisewarnung aussprechen." Cristian Lindner ergänzte noch, wenn Präsident Recep Tayyip Erdogan seine politischen Gegner schon am Flughafen festsetzen wolle, könnten sich Europäer (dort, d.V.) nicht mehr frei und unbefangen bewegen.
Leider reagierte das Auswärtige Amt (Deutschlands) nur mit einer Verschärfung der Reisehinweise für dei Türkei; eine Reisewarnung wurde jedoch nicht ausgesprochen. Das Ministerium hatte in den verschäften Reisehinweisen auch auf Aussagen der türkischen Regierung von Anfang März 2019 verwiesen, wonach Personen, die im Auslang etwas an Versammlungen von Organisationen teilgenommen hagben, die von der türkischen Regierung als "terroristisch" eingestuft würden und in der Türkei Urlaub machen wollten, bei der Einreise festgenommen werden könnten.
Wiederholt bekamen Personen, die sich kritisch über die türkische Regierung und Adminstration sowie über Verwicklungen des Landes in diverse politische Streitigkeiten geäußert hatten, enorme Schwierigkeiten. Kritik an Personal, vor allem am Staatspräsidenten, wird oft sehr schnell extrem negativ assoziiert, d.h. man wird dann einfach in Verbindung zu "terroristischen" Vereinigungen gebracht.
Natürlich hat jedes Land das Recht, sich gegen Angriffe, Beleidigungen und Verleumdungen zur Wehr zu setzen. Dies sollte jedoch in diskursiver und nicht repressiver Weise erfolgen! Auch ist beim Umgang mit Kritik der Wertekanon einer Wertgemeinschaft zu beachten. Hier habe ich den Eindruck (und gewiß nicht nur ich !), daß die Türkei unter Erdogan sich von unserem euroäischen Wertekanon immer weiter entfernt, vielleicht sogar bereits endgültig verabschiedet hat. (Das war in der Türkei früher einmal noch anders!) Und solange nicht absolut gesichert ist, daß jemand, der Erdogan und Co sowie die Türkei (auch schon mal heftiger) kritisiert, nicht ungefährdet in die Türkei reisen kann, also auch immer damit rechnen muß, festgenommen zu werden (wie das dann weiter verläuft, kann man an zahlreichen Beispielen ja sehen!), ist es ratsam, dieses (sicherlich sehr schöne) Land mit einer Vielzahl von (sehr freundlichen und aufgeschlossenen) Menschen zu meiden! Solange die politischen Verhältnisse und die damit verbundenen Risiken in der Türkei sich nicht wieder im Sinne von Berechenbarkeit und im Einklang mit unserem Wertekanon geändert haben, sollte man (nicht nur sicherheitshalber, vor allem aber auch deswegen!) die Türkei nicht mehr besuchen. Da mag dann ruhig auch gelten: Es gibt so viel Schönes, das ich nicht brauche ...
Hier sollten auch Touristen nicht immer nur auf den (günstigen) Preis schauen, sondern auch die Haltung, die ein Land jeweils (aus-)lebt und die mit einem Aufenthalt verbundenen möglichen politischen Risiken in die eigene Planung miteinzubeziehen. Und: es gibt zahleiche andere Länder, die mindestens ebenso reizvoll und schön sind, wo man zudem mit Sicherheit noch völlig ungefährdet ein- und wieder ausreisen kann ... (Wer zum Beispiel nach Griechenland oder Spanien reist, unterstützt die dortige Wirtschaftskraft und entlastet damit sogar auch noch den von Deutschland im Rahmen der EU zu leistenden Kompensationsaufwand für diese Länder.)
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 20 Einmal mehr ein Problem der Tierversuche:
Die Universität Ulm hat den Negativpreis des Vereins "Ärzte gegen Tierversuche" bekommen: "Herz aus Stein", so der Name des Preises. Die Verantwortlichen der Uni Ulm haben diesen Preis nicht angenommen, wurden stattdessen dabei dann mit einer offensichtlich für sie selbsterfundenen Auszeichnung bedacht. Diese, ein symbolisches rotes Herz (wohl aus Kunststoff, zumindest mein Eindruck bei einer TV-Präsentation, verlieh der Ulmer Universitätspräsident Michael Weber: "Die Universität Ulm stellt sich vor die kritisierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und betont die Wichtigkeit ihrer Traumaforschung für schwerverletzte Patienten. Traumata können Menschen jeden Alters aus dem Leben reißen, weshalb der Suche nach wirksamen Therapien ein hoher Stellenwert zukommt. Als Zeichen der Solidarität mit den Forschenden und aus Dankbarkeit für ihre exzellente, gesellschaftlich relevante Forschung verleihe ich ihnen den eigens geschaffenen Preis 'Ulmer Patientenherz', so die "Laudatio". Auf mich wirkte diese Inszenierung schon eher kabarettistisch, eher peinlich ...
Prof. Peter Radermacher, Leiter des Instituts für Anästhesiologische Pathophysiologie und einer der Hauptverantwortlichen der angeprangerten Mäuseversuche, lehnte es ab, den Negativpreis anzunehmen, und meinte in Richtung der Kritiker "auch wenn ich ihre kritische Haltung zu Tierversuchen respektiere“. Radermacher lehnte die Annahme des Negativpreises "Herz aus Stein" u.a. mit der Begründung ab, er könne nichts annehmen, was auf der Basis von Falschaussagen stehe.
Der Tierversuch war behördlich genehmigt. Aus Sicht der Uni ein Beweis dafür, dass der wissenschaftliche Nutzen das Leid der Mäuse rechtfertigt. Die Universität Ulm bestreitet das Vorgehen nicht, rechtfertigt es jedoch als "klinisch hochrelevante Traumaforschung".
Natürlich waren die beiden Positionen, die der Befürworter der Tierversuche und die der Gegner, eher antagonistisch. Gleichwohl soll es bei dieser öffentlichen Begegnung beider Seiten ein durchaus sachliches Gespräch gegeben haben, so zumindest Pressemitteilungen. Diese stellten die Auseinandersetzung sinngemäß wie folgt dar: Der Negativpreis des Vereins „Ärzte gegen Tierversuche“ geht an die Ulmer Traumaforscher, die Mäuse Tabakrauch aussetzten. Bei der Preisverleihung kommt es zur Gegendemo von Forschern. Die Verantwortlichen an der Uni Ulm drehten den Spieß am einfach um, vielleicht, weil Angriff tatsächlich die beste Verteidigung ist. Schon eine halbe Stunde vor der angekündigten Ankunft einer Delegation des Vereins "Ärzte gegen Tierversuche", die der Uni den Negativpreis "Herz aus Stein" für den "schlimmsten Tierversuch des Jahres" überreichten wollte, standen mehr als hundert Forschende und Mitarbeiter der Ulmer Traumaforschung in weißen Kitteln auf dem Campus Spalier. "Tierversuche helfen Leben retten" war auf ihren Plakaten zu lesen, oder "Trauma kann jeden treffen". Es sei hart aber fair diskutiert worden. Hier sind offensichtlich die von den Vorwürfen Betroffenen den Tierschutzaktivisten zumindest zeitlich etwas zuvorgekommen, aber ich denke, die Wirkung dieser Demonstration dürfte weniger einschneidend und wirkmächtig sein als jene Aktivitäten, welche Tierschutzaktivisten, m.E. meistens aus gutem Recht, veranstalten.
"Am dem Institut der Universität Ulm mussten Mäuse 3 Wochen lang an 5 Tagen die Woche den Rauch von bis zu 8 Zigaretten einatmen. Anschließend wurde bei ihnen – nun narkotisiert – ein Blutungsschock und eine Lungenquetschung ausgelöst, mit dem banalen Ergebnis, dass sich Rauchen negativ bei schweren Traumata auswirkt." (Quelle: Ärzte gegen Tierversuche e.V.: "Herz aus Stein“ geht an Uni Ulm für Rauchversuche an Mäusen Ärzte gegen Tierversuche verleihen Negativpreis für schlimmsten Tierversuch 2018", Neuigkeiten 02. April 2019) Dr. med. vet. Gaby Neumann, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ärzte gegen Tierversuche stellt fest: "Für uns lassen sich diese Versuche weder ethisch rechtfertigen, noch mit Sinnhaftigkeit. Letzteres allein schon nicht, da sich Mäuse in Anatomie, Physiologie und Immunologie so stark vom Menschen unterscheiden, dass ihre Reaktion auf Zigarettenrauch völlig anders ausfällt. Es ist völlig absurd anzunehmen, man könne eine chronische Lungenerkrankung wie COPD, die beim Menschen nach jahrelangem Nikotinkonsum auftritt und mit zahlreichen Begleiterkrankungen einhergeht, durch 3-Wochen zwangsweises Passivrauchen bei der Maus darstellen.“
Daß bereits eine behördliche Genehmigung ein Beweis für die Rechtfertigung von Tierleid sei, erscheint mir schon eine sehr gewagte, vor allem gerade nicht wissenschaftlicher Denkmethode entsprechende Feststellung. Sind Behörden wirklich derart sakrosankt und somit in einer Art von Ex-cathedra-Position zu sehen? Es gibt viel zu viele Beispiele dafür, daß es gerade nicht so ist ...
Mit dieser hier nun folgenden Ansicht und Forderung hinsichtlich Tierversuche, welche die Problematik m.E. sehr treffend erfasst, stimme ich schon viel eher überein:
"Also, ich habe im Prinzip nichts gegen Tierversuche allerdings mit einer kleinen Anpassung. Wer nach allen Erkenntnissen der Genetik sich noch immer einbildet etwas Besseres oder Wichtigeres im Vergleich zu anderen fühlenden Tieren zu sein, darf meinetwegen gern solche Tierversuche machen. Und zwar an dem einzigen Tier das über sich selbst bestimmen kann, also an ihm selbst. Ausserdem wäre ich sehr dafür das dumme Geschwätz über "vermehret euch und macht euch die Erde untertan" aus dem Lehrbuch für Idioten und Machtgierige zu entfernen und durch "vermehret euch soweit wie der Planet es problemlos vertragen kann und seid sorgende Wächter und Hüter über eure Mitlebewesen". Und wenn Versuche nach der Meinung einiger nötig werden, sollen diese erst scharf überlegen ob sie den Versuch auch an sich selbst oder den eigenen Kindern machen würden. Gegen Selbstversuche kann niemand Einwände erheben denn Jedem steht frei was er mit dem eigenen Körper macht." (übernommen aus einer Leserzuschrift von F.M.Lutz)
Allerdings ist grundsätzlich *) eine andere ethische und moralische Haltung gegenüber allen anderen Tieren, also nicht "nur" den Versuchsobjekten gegenüber, zu verwirklichen: dies betrifft vor allem die Massentierhaltung. Tiere dürfen nicht länger als "Sache" definiert werden; sie sind gleichberechtigte Lebenwesen auf dieser Erde -- der Mensch hat sich fürderhin entsprechend zu bescheiden und angemessener einzuordnen. Die Frage um Achtung und Respekt muß alle Lebewesen umfassen!
*) "grundsätzlich" ist hier v.a. in dessen juristischem Gebrauch zu verstehen.
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 21 Ist Hans-Georg Maaßen wirklich der Buhmann, als den ihn viele Politiker und Medienschaffende so gerne hinstellen?
Klar, daß die vielfach zu Recht kritisierenden öffentlich-rechtlichen Sender sich besonders empören (müssen). Statt in sich zu gehen, zu fragen, ob die viele Kritik bezüglich Gehälter, ideologische Positionierung, Anzahl der Sendeanstalten, Programmangebote und Bezahlmodus nicht doch gerechtfertigt ist und wie man dann entsprechend Abhilfe, sprich: Verbesserung, schaffen könne, drischt man auf den ein, der die Dinge beim Namenn nennt. Und Hans-Georg Maaßen scheint da ein besonders dankbares Objekt zu sein, haben ihn doch längst alle Guten oder die sich dafür halten auf dem Kieker. Natürlich allen voran einmal mehr Personen aus der Politik, die letzlich große Profiteure der Arbeit der ÖR sind, ein Wohlwollen in beiderseitigem Interesse ...
Natürlich provoziert Maaßen. Aber doch nicht nur er. Das tun längst sehr viele -- besonders aus der Politik und den öffentlich-rechtlichen Sendern, natürlich andere Medien eingeschlossen. Provozieren ist hierzulande doch längst zum Salz in der (leider oft eher recht dünnen) Meinungssuppe geworden ...
Hans-Georg Maaßen hat sich kritisch über den Journalismus der öffentlich-rechtlichen Sender geäußert. Damit gehört er freilich unter den Politikern nicht gerade zu senderaffinen Mainstream. Im Sender tv.Berlin hatte Maaßen zur politischen Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien gesagt: "Ich sehe nicht mehr die Ausgewogenheit der Berichterstattung." Es gebe einen "klaren Linksdrall." In diesem Zusammenhang warf er den Anstalten "Meinungsmanipulation" vor, zum Beispiel auch das Weglassen von Tatsachen und Anwendung von "Tricks". Maaßen: "Ich halte es für eine Schande, dass die Aufsichtsbehörden diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht in der Hinsicht wirklich mal korrigieren und dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr stattfindet." Er forderte einen "NDR-Untersuchungsausschuss": "Wenn man sieht, dass es da auch Verbindungen gibt zwischen der "Tagesschau" oder zwischen Personen, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und "Tagesschau" arbeiten, und der linken und linksextremen Szene - dann wäre das wirklich auch eine Untersuchung wert, dass auch die Biografie von einigen Redakteuren mal auf den Prüfstand gestellt wird, ob diese Leute die charakterliche Eigenschaft haben, (...) die "Tagesschau" durch Redaktion zu begleiten."
Auf Twitter stellte Maaßen allerdings klar, daß Presse- und Rundfunkfreiheit in Deutschland Verfassungsrang haben: "Unabhängiger Journalismus und ein politische unabhängiger #OERR (öffentlich-rechtlicher Rundfunk) sind für die Demokratie unverzichtbar. Tendenziöse Berichterstattung im #OERR kritisiere ich. Auch das gehört zur Meinungsfreiheit. Klar ist aber. Eine 'Gesinnungskontrolle' journalistischer Arbeit durch die Politik darf es nicht geben." (Meldung vom 05. Juli 2021)
Na ja, es dauerte gefühlte Sekunden, ehe die politische Prominenz auf der Matte stand. Der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil gegenüber dem Tagesspiegel: "Ein weiterer demokratiefeindlicher Ausfall von CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen, ein weiteres Mal schweigt CDU-Chef Armin Laschet. Langsam drängt sich der Eindruck auf, dass das Verhalten von Maaßen und Co nicht nur toleriert wird, sondern gewollt ist." Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter meldete sich prompt zu Wort, diesmal in der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Das Schweigen von Armin Laschet zu diesem CDU- Kandidaten für die nächste Bundestagswahl ist unerträglich." Weiter meinte er, alle Kandidaten der Union für die Wahl müßten sich zur rechtsstaatlichen Demokratie und Pressefreiheit bekennen.
Ich finde es schon seltsam, wenn man eine Person, die auf Mißstände im Rundfunk, der bekanntlich durch Zwangsgebühren finanziert wird, hinweist, hier zu diffamieren versucht. Teilweise ist die Rede von "Hans-Georg Maaßen, der CDU-Fischer am rechten Rand" und anderen fragwürdigen Etikettierungen (so vor allem Politiker der SPD, Grünen und Linken). Will man so die eigene saubere Weste herbeireden? Ist es nicht essentiell für eine Demokratie, Kritik zu üben, sie üben zu dürfen? Und wer die Öffentlich-Rechtlichen stets verfolgt, der wird wohl kaum eine gewisse Einseitigkeit und Unvollständigkeit in der Berichterstattung und in den Darstellungsformen übersehen können. Es existiert dort eben schon eine "Linkslastigkeit" mit entsprechendem Wohlwollen, vor allem wird dies deutlich in den unseligen Magazinsendungen und in Interviews. Auch fällt immer wieder auf, daß nicht immer Roß und Reiter bei Vorfällen genannt werden. Und das soll sakrosankt gegenüber Kritik sein und bleiben? Was ist das dann für ein Demokratieverständnis. Will man den Mann mundtot machen? Politiker, welche sich faktisch hier offensichtlich auf den Standpunkt stellen, Maaßen darf derartige Vorhaltungen nicht machen, dürfe solche Fragen nicht stellen, disqualifizieren sich eher selbst als Sachwalter für Diskursversuche ... Maaßen ist dafür bekannt, eine kritische Position zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung einzunehmen, er kritisiert seit längerer Zeit unter anderem auch das Rundfunkwesen, was Bemühen um Objektivität in der Berichterstattung angeht. Es ist jedoch völlig falsch, ihm eine Nähe zu rechtslastigem Gedankengut oder gar zur AfD anzudichten, auch wenn die AfD beide Bereiche ebenfalls kritisiert. Im Gegensatz zu Maaßen tritt die AfD jedoch, was den ÖRR angeht, für eine Abschaffung ein, nicht nur für eine kritische Überprüfung des gegenwärtigen Zustandes. Fakt ist, die Flüchtlingspolitik Deutschlands ist problematisch, schafft enorme Probleme und noch zu keiner Zeit hat sich hier eine zielführende Lösung mit dem lapidaren "Wir schaffen das!" angebahnt. Nicht anders verhält es sich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, denn hier besteht enormer Reformbedarf. Reform heißt jedoch alles andere als eine komplette Abschaffung. Hier sollte man bei Auseinandersetzungen schon mit dem Teppich auf dem Boden bleiben ... Auch Malu Dreyer, SPD, (am 30. Juni 2017 vom ZDF-Verwaltungsrat der XII Amtsperiode zur neuen Vorsitzenden gewählt und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder) fällt, aus meiner Sicht wenig überraschend, zu Maaßens Kritik nichts anderes ein, als sie sei ein "Angriff auf die Pressefreiheit" und meinte zudem "Wir haben in Deutschland eine starke, freie und pluralistische Medienlandschaft. Die Unterstellung von Maaßen ist infam und hat nur ein Ziel: die Glaubwürdigkeit in den Journalismus und insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erschüttern." Frage: Hat sie Maaßen überhaupt richtig zugehört, hat sie versucht zu verstehen, worum es Maaßen mit seiner Kritik wirklich ging? Den Eindruck habe ich nicht, den Gedanken ihr ging es letztlich nur darum, Maaßen zu diskreditieren möchte ich lieber nicht aufkommen lassen ... Ebenfalls wenig gut zugehört haben dürfte der Landesvorsitzende der CDU Hamburg, Christoph Ploß, wenn er im Polit-Talk "Die richtigen Fragen" auf "Bild Live" meinte: "Ich halte eine solche Äußerung für inakzeptabel. Das entspricht auch in keiner Weise der Position der CDU." Kritik inakzeptabel, Äußerung von Kritik in kontroversen Angelegenheiten seites CDU unerwünscht? Geht das, Demokratie ohne Kritik, Demokratie mit Maulkorb? Wohl kaum ... Für Maaßen bleibt -- expressis verbis -- die Pressefreiheit unantastbar, denn Pressefreiheit bedeutet auch Freiheit von praktizierter Linkslastigkeit wie von Rechtslastigkeit; berichten über beide Positionen ja, sicherlich, aber Meinungssteuerung in eine der beiden Richtungen doch nicht! Schon merkwürdig, daß vor diesem Hintergrund der CDU-Vorsitzende in Niedersachsen, Bernd Althusmann, in der Neuen Osnabrücker Zeitung verkündet "Maaßen schadet der Partei nachdrücklich mit Positionen, die wir nicht teilen. (...) Wenn für Herrn Maaßen Grundwerte der Partei, für die er in den Bundestag einziehen will, nichts bedeuten, sollte er sich eine andere Partei suchen. Für uns ist und bleibt die Pressefreiheit unantastbar." Hat Althusmann Maaßen überhaupt verstanden oder nur etwas in seine Aussage im Sinn des "Scheinverstehens" (Kar Jaspers) hineininterpretiert? Ich denke, es ist so geschehen ... Soll dies das zukünftige Motto in kritischen Fragestellungen hierzulande werden: wer innerhalb einer Partei jeweils kritische Positionen bezieht, kritische Fragen stellt, soll sich eben aus der jeweiligen Partei verabschieden? Thilo Sarrazin (Bezug: SPD), Boris Palmer (Bezug: Die Grünen) und nun Hans-Georg Maaßen lassen grüßen. Frage: wo hätte man dann gerne jene kritischen Stimmen angesiedelt, wohin verbannt?
Auch halte ich es schon recht billig, wenn man nun auch versucht Armin Laschet in eine erklärte Anti-Maaßen-Koalition zu drängen. (Anmerkung: ich bin alles andere als ein Laschet-Befürworter, mir wäre Markus Söder als Kanzlerkandidat für die CDU / CSU viel lieber gewesen!) Und nichts anderes ist es doch, wenn SPD und Grüne das angebliche Schweigen Laschets zu den Äußerungen Maaßens heftig kritisieren. Nur gut, wenn Laschet auf jene Rufer aus der Geisteswüste (und nichts anderes ist es doch, wenn man kritische, offene Diskussionen zu verhindern versucht, ein Feld leeren oder ängstlichen Geistes ...) nicht hört. Und was Assoziationen zur AfD angeht, bleibt Armin Laschet bei seiner Aussage: "Mit der AfD wird nicht koaliert, nicht kooperiert, nicht verhandelt. Sie muss aus den Parlamenten verschwinden." Und was die Auswahl der Kandidaten angeht, läßt sich Laschet auch nicht ins Bockshorn jagen: "Die Wahlkreise treffen ihre eigenen Entscheidungen. Dies ist gesetzlich so geregelt. (...) Ich werde nicht jeweils kommentieren, wer in 299 Wahlkreisen kandidiert." (gegenüber Redaktionsnetzwerk Deutschland / RND)
Natürlich weisen die ÖR Maaßens Kritik zurück, war ja auch nicht anders zu erwarten. NDR-Sprecherin Barbara Jung sagte gegenüber dpa, die Tagesschau habe einen "hohen Anteil an Objektivität und Sorgfalt in der Berichterstattung", sie folge bei der Nachrichtenauswahl ausschließlich journalistischen Kriterien, sie "stehe damit für ausgewogenen, nachvollziehbaren und durch Fakten belegten Journalismus." Wenn es denn so sein sollte, warum dann immer sogleich die helle Aufregung bei aufkommender Kritik? Warum sich nicht den Fragen stellen? Warum die Interessen der Zuhörer / Zuseher, die mit Zwangsbeitragen diesen ganzen ÖR-Journalismus und die umfassende ÖR-Unterhaltungssparte finanzieren müssen, nicht einmal ernster und zielgruppenbezogen aufgreifen. Warum jemanden zahlen lassen, der partout an all diesen Darbietungen nicht teilhaben möchte. Wer all dies in Anspruch nimmt, soll zahlen (ich zähle mich bislang und auf absehbare Zeit selbst zu diesem Kreis), wer jedoch -- aus welchen Gründen auch immer -- die ÖR nicht in Anspruch nimmt, sollte folgerichtig auch nicht zur Kasse gezwungen werden.
Zu dieser Thematik fand ich u.a. in einem Block: "Natürlich hat der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz recht. Qualitätsjournalismus in Deutschland wurde zur Randerscheinung. Linke Agitation und Propaganda beherrschen die Szene. Dagegen muss sich auch politischer Widerstand regen." (H. Schneider) Ein anderer schrieb kurz und bündig: "Wo der Herr Maßen recht hat, da hat er Recht.Denn betroffene Hund bellen und das tun bestimmte Politiker und die Medien. Dachte auch, daß Kritik an den Medien erlaubt ist." (H. Gensicke) Durchaus auf den Punkt gebracht, wie ich meine ...
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 22 Die andere Seiten der Umweltprobleme:
Ein m.E. sehr diskussionwürdiger Kommentar (U. Sera) zur Umweltproblematik:
"Das Problem ist vielschichtiger: Wenn wir immer noch nicht verstanden haben und Unmengen Fleisch und Wurstwaren zu Spottpreisen verlangen, üben wir immensen Druck auf die Landwirte aus, mit minimalen Kosten zu produzieren. Das erschreckende Höfe-Sterben und die immer zahlreicher werdenden -idiotischerweise von Brüssel auch noch geförderten- Agrarfabriken sind ein Zeichen dafür. Da wird gespritzt auf Teufel-komm-raus, Flächen so intensiv genutzt wie möglich. Außerdem werden Flächen für Bauland geopfert, während in den Städten Häuser leer stehen und verkommen.
Dann der auch von den Grünen, BUND, NABU losgetretene Hype um hirnverbrannte Bio-Gas-Kraftwerke: Riesige Mais-Monokulturen mit katastrophalen Folgen für Flora und Faune sind die Folge. Also bitte auch mal an der eigenen Nase ziehen und nicht immer auf andere zeigen !!!
Der hirnverbrannte Hype um Elektro-Straßenfahrzeuge dient auch in keinstem Fall der Umwelt... Abgesehen vom Rohstoff Kobalt, der unter menschen-Unwürdigen Zuständen im Kongo abgebaut wird. Beim BUND, NABU und den Grünen herrscht auch viel Heuchelei und Unwissen..."
Und was daraus folgern? Ja, mehr Ehrlichkeit in der Auseinandersetzung, durchsichtige Heuchelei (wie auch jegliche andere Form davon) vermeiden. Vor allem aber: die Pluralität und die Interdepenzen sehen, ehe man einseitig und euphorisch eine Lösung als alleinseligmachende Gnade präsentiert!
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() 23 Wer und was heutzutage hierzulande als "Philosoph" bzw. "Philosophin" firmiert! (Ein Plädoyer für mehr Trennschärfe beim Begriff.)
... Die Philosophen-Inflation hierzulande...
Schon erstaunlich, wie sich die Zahl der vordergründig so betitelten oder gar selbsternannten "Philosophen" und "Philosophinen" hierzulande in den letzten Jahren geradezu inflationär erhöht hat. Dabei ist es doch ganz einfach: Philosoph ist nur derjenige, der die Liebe zur Weisheit pflegt, diesen Weg tiefsinnung und tiefgründig begeht. Es reicht eben nicht als notwendige Bedingung, "nur" an einer Universität oder sonstwo das Fach Philosophie zu lehren, die Inhalte der Philosophiegeschichte wiederzukauen oder sich reproduktiv mit Philosophie zu beschäftigen -- dies dann vielleicht mit vielen Alltagsbinsenweisheiten garniert dann vom Katheder aus oder in Talkshows sowie ähnlichen Foren vorzutragen --, um wahrlich ein Philosoph zu sein! Da tingeln Leute gar als "Lebenskunstphilosoph" oder schlichtweg als Philosoph / Philosophin durch die diversen Medienlandschaften und lassen sich feiern. Zugegeben: oft werden sie in diese Rolle auch von außen hineingeredet, aber da bleibt dann schon die Frage, ob man dieses Spiel dann auch mitmachen und von falscher Sonne bescheinen lassen möchte. Hier wäre mehr Ehrlichkeit und Bescheidenheit sicherlich angebracht! Und vor allem sollte man nicht auch noch auf diesem Gebiet die Trennschärfe des Begriffes aufweichen ...
Der Schriftsteller Werner Koch hat dieses Phänomen einmal folgendermaßen ausgedrückt (im Jahr 1959 als die verbale Philosopheninflation und entsprechende Attribuierung noch in relativ ferner Zukunft lag, also man noch sorgfältig und sorgsam Philosophie von -- zugegeben bisweilen durchaus eloquenter -- Geschwätzigkeit und Durchschnittskapazität und der durch sie vielfach getragenen eigenen Lebenspraxis zu unterscheiden verstand):
"Kleider machen auch heute noch Leute. Eine Unmenge Halbgebildeter läuft in der Tracht der Philosophen einher; sie verkleiden sich als Sokrates und Diogenes, doch neben der bescheidenen Kunst, griechisch zu schreiben, beherrschen sie nur die Frechheit, arrogant zu sein. Sie sind geschickte Rhetoren und von der Weisheit so weit entfernt wie Jupiter von ehelicher Treue und Merkur von ehrlichem Handel. (...) Die angeblichen Philosophen haben die Philosophie in Mißkredit gebracht. (...) Die falschen Philosophen spielen uns übel mit. Sie lehren die Verachtung des Geldes und verkünden ihre Lehre nur gegen Barzahlung. Sie behaupten, der Ruhm sei hassenswert, und sind selber so eitel wie Affen. Sie sagen, Philosophie mache leidenschaftslos, und wenn sie untereinander Krach bekommen, werden sie bösartiger als bissige Hunde. Sie lehren Mut, Zivilcourage und Anständigkeit, reden aber jedem Neureichen nach dem Mund." (vgl.: Werner Koch, Pilatus, Erinnerungen, suhrkamp taschenbuch, Frankfurt / Main 1980, S.114)
Anmerkung zu Kochs Bildhaftigkeit der Darstellung: W. Koch hat hier in einer Art Rückblende auf das Schicksal von Pontius Pilatus nach dessen Ablösung als Präfekt (Statthalter) in der Provinz Judäa (von 26 bis 36 n.Chr.) durch den römischen Kaiser Tiberius romanhaft zugegriffen. (Kochs Pilatus verbrachte nach seinem Machtverlust in Judäa nunmehr in Rom einen nicht ganz einfachen Alltag.)
Gleichwohl finden sich bei entsprechender Aufmerksamkeit zahllose Parallelen zu unserer Gegenwart (damals bei der Entstehung des Romans durch Koch ca. die 1950er Jahre, jedoch durchaus auf heute, vielleicht sogar: mehr denn je, passend); dies wird auch im Vorwort zum Roman angesprochen: "Werner Koch übersetzt die mythologisch-starre Gestalt des Pilatus in eine menschlich-lebendige. Aus Geschichte wird Gegenwart, der Pilatus Werner Kochs wohnt sozusagen zwei Häuser um die Ecke." Beim Lesen der o.g. Zitate wird man gewisse Sprachbilder mit den entsprechenden Assoziationen (z.B. Outfit, griechische Sprachkenntnisse, aber auch: Neureiche) mit heutigen Äquivalenten in Zusammenhang bringen müssen ...
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