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Anmerkungen zur Schule

Auf dieser Seite u.a.:  Selbstdarstellung eines Schulamts  /  Der "Elternwille", eine überstrapazierte Forderung  /  Schule verweigert Zeugnisherausgabe weil Schüler Bücher nicht zurückgegeben hat  /


1 Aus einem Rundschreiben eines Schulamtes
  (Wirklichkeit, Satire, Kabarett?)


Vorbemerkung:

Es geht mir grundsätzlich nie darum, einzelne Personen bloßzustellen. Dies machen jene im Regelfall viel, viel besser durch ihre Eigendarbietungen.
Aber das “Vorführen” von Personen bringt generell, wenn überhaupt etwas, sehr wenig, denn jene sitzen in Positionsrollen, die durch diverse Schnittstellen bestimmt sind und sowohl Habitus als auch Performanz der jeweiligen Positionsrollenträger werden dadurch weitgehend festgelegt.
Es ist deutlich, daß im Allgemeinen allerdings auch nur diejenigen in diese Rollen beordert werden, die systemisch dorthin hineinpassen, auch sich dorthin hineindrängen (weil sie eben da den ihnen gemäßen Platz wittern). Jene, die möglichst wenig Reibung erzeugen. Jene die stromlinienförmig sind und eigene geistige Mündigkeit, sofern überhaupt in einem nennenswertem Umfang vorhanden, bereitwillig der jeweils herrschenden Diktion unterordnen sowie eben genau jene Positionen dann auch folgsam und vehement verteidigen. (Nicht zuletzt einer der Gründe, weshalb in solchen Positionen gehäuft der Personentypus zu finden ist, der nach oben gekonnt “buckelt” und nach unten unspezifisch “zu treten” versteht!)
Wir finden dort eben das in fast schon reinkultureller Form vor, was in der Arbeits- und Gesellschaftswissenschaft mit dem Begriff “Déformation  professionelle” beschrieben ist; also auch eine stark verengte Sichtweise auf die generellen Probleme (die über den eigenen allzu bereitwillig klein gehaltenen Dunstkreis hinaus ragen) sowie eine dementsprechend eingeschränkte persönliche Handlungs- und Verhaltenskompetenz. Man wird auf und aus diesen sogenannten Führungsebenen häufig Begriffe wie Nachhaltigkeit, Verantwortung (auch fürs Ganze), Fortschritt, Team, Dynamik, Systemdenken, Empathie, Sozialkompetenz, Fördern, Führungskompetenz ,o.ä., lauthals (oft gar: penetrant) vernehmen, jedoch sehr häufig vergeblich auf die Konkretisierung all dieser behaupteten Vorgaben und Leitziele in der konkreten Praxis warten.
Auch weil jene doch mehr oder weniger willkürlich herausgegriffenen oder durch zufällige Bekanntgabe in den Fokus gerückten Personen – ich kann und darf in meinem Fall persönliche Betroffenheit hier einmal aus guten Gründen ausklammern – eigentlich nur so eine Art von “pars pro toto”, zudem einen deutlichen exemplarischen Charakter ausweisen, ist eine Beschäftigung mit ihnen sinnvoll und hat auch ihren Wert. Man kann durch sie und an ihnen gut aufzeigen, wie es um die Kluft gesellschaftlicher Theorie und gesellschaftlicher Praxis bestellt ist.

Selbstverständlich erfordert (allerdings nicht nur) diese Ausrichtung auf das Exemplarische, daß Personen, Orte, Indizien (allerdings nur diejenigen, die eine Rückverfolgung auf konkrete Personen und Orte zulassen würden) gründlich anonymisiert werden. Der Qualität der Betrachtungsmöglichkeit tut diese Rücksichtnahme auf keinen Fall einen Abbruch.

Lesen wir zunächst eine Mitteilung aus einem Schulamt X in Y; es wird in “eigener Sache” von Veränderung berichtet, die zugleich die Begleitmelodie von Fortschritt und Selbstlob ausweist. Auch ist m.E. der sprachliche Stil auch schon bemerkenswert (immerhin handelt es sich um eine vorgeblich höhere Führungsebene!) und in Teilen selbsterklärend.
Es wird in einem Rundschreiben ein “Neuer” vorgestellt, anschließend ergreift der “Neue” selbst noch das Wort.
Nach diesen Ausführungen werde ich noch eine nach meinem Dafürhalten sehr wesentliche und zu Rückschlüssen führende Anmerkungen machen. Freilich: die jeweils eigene Auseinandersetzung mit Vorgaben und Interpretation sollte sich niemand selbst ersparen ...

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Nachrichten aus dem Schulamt

Herzlich begrüßen wir Herrn Rektor Sepp Danübel als weiteren Schulrat in unserem Schulamtsbezirk.
Lange haben wir gewartet – endlich ist er da!
Am xx. März 20xx hat Herr Rektor Sepp Danübel seinen Dienst als weiterer Schulrat angetreten. Herzlich begrüßen wir ihn in unserem Team und in unserem Schulamtsbezirk.

Jetzt sind wir wieder ein komplettes Viererteam.

Wir freuen uns über die Bereicherung, die er mit seiner fachlichen wie menschlichen Kompetenz in unser Team einbringt. Voller Elan startete er. Dass er der “Neue” ist, ist schon lange nicht mehr zu spüren!

Wir wünschen Herrn Danübel, dass sich die Hoffnungen, die er in diesen Neuanfang gesetzt hat,  erfüllen und dass es gelingen möge, in dieser Aufgabe viele Früchte seiner intensiven Tätigkeit reifen zu sehen und genießen zu können.

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun bin ich – Sepp Danübel – seit xx. März 20xx im Schulamt in Fraternatsstadt tätig und möchte mich an dieser Stelle für das herzliche Willkommen und für das freundliche sowie offene Aufnehmen im Amt und an den Schulen im Landkreis Fraternatsregion und in der Stadt Mauerturmbergen bedanken.

Bereits seit einigen Jahren begleitet mich ein Wort von Klaus Uttermöhle (entnommen aus dem Focus von 2007): “Den Status Quo zu verteidigen bringt nichts. Auf die Dauer hilft nur Dynamik. Optimismus ist der Glaube, dass ich selbst etwas verändern kann.”

Nach diesem Motto habe ich schon öfter Dynamik in meinen beruflichen Weg gebracht und bin mit Optimismus an die neuen Aufgaben gegangen. Nach der Ausbildung zum Werkzeugmacher mit Abitur und einem Jahr als “Zivi” in meiner xyz-Heimat kam ich der Arbeit wegen nach Vindelocus und war hier fast zwei Jahre als Werkzeugmacher tätig bevor ich im nn-Monat 20yy in das Studium für das Lehramt an Hauptschulen einstieg. Im nn-Monat 199y trat ich den Vorbereitungsdienst an der Kaiser-Abraham- Schule in Vindelocus an und durfte nach dem zweiten Staatsexamen auch dort bleiben.
Doch schon zwei Jahre später kam wieder Dynamik in mein Berufsleben und ich wurde mit einer halben Stelle an die Regierung von Vindeloculus abgeordnet. Zum Schuljahresbeginn 20yy wurde aus der halben dann eine volle Stelle und aus den anfangs gedachten fünf Jahren sind dann fast zehn geworden. In dieser Zeit durfte ich sowohl in pädagogischen als auch organisatorischen und personellen Arbeitsfeldern reiche Erfahrungen sammeln, von denen ich nun hoffe, dass ich sie für die Kinder und Jugendlichen sowie für die Kolleginnen und Kollegen  an den Grundschulen und Mittelschulen im Landkreis Fraternatsregion und in der Stadt Mauerturmbergen bestmöglich einsetzen kann.

Die Kraft für diesen Optimismus hole ich mir natürlich bei meiner Familie – meine Frau und ich haben einen fast n-jährigen und einen m-jährigen Sohn sowie eine gerade o-Wochen alte Tochter. Aber auch beim Sportklettern, Bergsteigenoder Radfahren tanke ich Energie und bei mancher Skitour sind mir schon die besten Ideen gekommen.
Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Sepp Danübel

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Leitbild des Staatlichen Schulamtes

Im Viererteam nun komplett, haben wir sofort angepackt, was wir für unser Schulamt schon lange erreichen wollten. Wir wollten nicht nur in einer Geschäftsverteilung sagen, welche Aufgaben wer erfüllt, sondern wir wollten auch in einem Leitbild mitteilen, wie wir diese Aufgaben erfüllen wollen.

Herzlich laden wir Sie ein, unser Leitbild kennenzulernen.
Es steht auf unserer Homepage:

<Anm. d.V.: die freie Zeile ist so aufgefunden, ob dahin eigentlich ein Link beabsichtigt war, kann nicht nachvollzogen werden. Jedenfalls ist kein entsprechender Hinweis gegeben.>
Wir hoffen, dass es nicht nur dort bleibt.

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Hier nun meine Anmerkungen und Kritik:

1. Autoren und Zitate sollten stets korrekt sein; insofern ist es auch problematisch, wenn sie aus einem Zusammenhang gerissen werden, dazu noch mit vagem Quellenverweis versehen ist, so  daß eine eigene Nachprüfung über die Qualität nur erschwert oder überhaupt nicht möglich ist.

a) Der Herr mit der zitierten Dynamik heißt nicht Klaus “Uttermöhle”, sondern Klaus Utermöhle. Er ist u.a. der Gründer des Clubs der Optimisten. Man sollte bei einer derart kurzen Selbstdarstellung und Verbreitung eigener Positionierung (nicht nur) das für wesentlich Gehaltene exakt darstellen können. Wer hier schlampig arbeitet, nährt den Verdacht, daß er bzw. sie grundsätzlich zur Oberflächlichkeit neigt oder aber bereits mit Kleinigkeiten überfordert scheint. Die Aussagen stammen aus einer Focus Ausgabe im Jahr 2009 (s.u.)!

b) Klaus Utermöhle plädiert in jenem Interview u.a. dafür, daß “Zweckoptimismus”, solange er “nicht an Schwachsinn grenzt”, gerade in Krisenzeiten “vernünftig” ist. In diesem Kontext bewertet er die Versprechen von Politikern, Arbeitsplätze zu retten: “Solche Aussagen dienen dazu, Veränderungen abzuwehren. Das ist Pessimismus.”
Auf die Frage, ob es denn Optimismus sei zu sagen, Leute werden ihren Job verlieren, meint er: “Das wäre zumindest ehrlich. Einen Schutzwall aufzubauen, um den Status quo zu verteidigen, bringt nichts. Auf Dauer siegt die Dynamik. Optimismus ist der Glaube daran, dass ich dabei selbst etwas bewirken kann.” (Hervorhebung, d.V.)

Des weiteren mahnt er eine neue Lebenseinstellung an, “den Augenblick und das Zusammensein mit anderen Menschen mehr zu genießen, Schwierigkeiten dürften nicht ausgeblendet werden, “Lifestyle-Fetischismus kotzt” die Leute an. Positives Denken sieht er als “die Triebfeder der Gesellschaft”, aber man müsse “jeden Tag daran arbeiten, offensiv und selbstbewusst mit der Gegenwart umzugehen.”

Der Club der Optimisten hat nach Utermöhles Auskunft gut 200 Mitglieder, stößt damit nach seinem Dafürhalten hinsichtlich Quantität an seine Grenzen; sie nehmen keine Durchschnittsbürger auf, weil sie “nur Multiplikatoren suchen”.

(Anmerkung: Das komplette Interview ist zu finden in Focus Magazin Nr. 30 (2009), 20.07. 2009, Interviewerin: Kristina Behrend)

Man sieht hier deutlich, was geschieht, wenn man Aussagen nicht in deren Zusammenhang beläßt bzw. sie entsprechend würdigt und kommentiert. Da wird so manches klug erscheinende Wort dann bei näherer (entsprechend isolierter) Betrachtung zur Leerformel, bisweilen auch nur noch zur Geschwätzigkeit.
Es ist eigentlich sehr klar, welches Verständnis Utermöhle hier seinem Dynamikbegriff zugrunde legt. Es dürfte sehr wenig mit der Interpretation des neuen Schulrates in seiner Selbstdarstellung zu tun haben. Utermöhle stellt eben in seinem Kontext eine generelle tägliche Arbeit im Umgang mit der Gegenwart in den Mittelpunkt, hebt auf die Ehrlichkeit in der jeweiligen Analyse ab, lehnt vor allem auch die Ausblendung von Schwierigkeiten ab, stellt seinen Begriff von Optimismus zentral in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext, in den Rahmen von einer allgemeinen Dynamik, innerhalb derer auch die Einzelnen ihre Aufgaben zu erfüllen haben. Auch wenn dieser Club der Optimisten vordergründig erst einmal etwas elitär daherkommen mag: Nicht die Selbstzufriedenheit, das egozentrische Schulterklopfen (Motto: Ach was bin ich doch für ein toller Hecht ...), dürfen handlungsleitend sein, sondern die nach gründlicher und ehrlicher Analyse gefundene Möglichkeiten, in einem Sozialbezug seine Verantwortung mündig, eifrig und bewußt (auch bewußt: im Sinn um das Wirken auf andere und Bewirken bei anderen, z.B. sogenannten Untergebenen!), insbesondere auch kooperativ, wahrzunehmen und stets zu vervollkommnen. Diesem Ziel verpflichtet, scheint mir der Hinweis auf das neopositivistische Instrumentarium der Falsifikation und der Vorläufigkeit von Hypothesenbildung notwendig.
Ich denke, so manche Schulämter (aber gewiß nicht nur dieser Personenkreis) dürften gerade mit Utermöhles Forderungen ihre (hoffentlich nur “noch” gegenwärtigen, dann bekanntlich könnte man überall und auf allen Ebenen dazulernen) Schwierigkeiten haben, also weit vom vorgegebenen Ideal entfernt sein.
Und wer kennt sie nicht, all die “Optimisten”, die in naiver Leichtgläubigkeit, in konsequentem Ignorieren der tatsächlichen Fakten (freilich nicht im Ignorieren der von ihnen künstlich befruchteten Umdeutung von Faktizität und im Huldigen all der unzähligen Euphemismen!) sich auf (oft sogar: allzu) dünnes Eis begeben haben, dort dann kläglich eingebrochen sind, im Falle des Überlebens, des Gerettetwordenseins durch jene, die nicht so blauäugig oder herrisch oder rechthaberisch verfahren sind, dann dümmlich wimmern, all das habe man ja so nicht kommen sehen??! Nein, von diesen “Optimisten” haben wir längst schon viel zu viele. Wer allerdings die anderen Optimisten, den anderen Optimismus sucht, also die und den mit echter Qualität, der geht zumindest in die richtige Richtung. Aber schon ist man wieder geneigt, an die Suche der Stecknadel im Heuhaufen zu denken ...

2. Was soll denn das: “Werkzeugmacher mit Abitur”? Was könnte der psychologisch geschulte Mensch denn da vermuten? Ist Werkzeugmacher nur gut “mit Abitur”? Oder ist Abitur nur gut “mit Werkzeugmacher”? Oder ist Werkzeugmacher allein zu wenig an Reputation? Was war zuerst – der Werkzeugmacher oder das Abitur? Oder wurden beide Qualifikationen gleichzeitig erworben (was ja in manchen Schulformen beileibe kein Unding, also verpönt, ist)? Aber welches Ziel verfolgt der Verfasser mit diesem Satz in seiner Selbstvorstellung? Will er sich dadurch mehr Achtung erwerben? Wird er dadurch zum kompetenteren Schulrat? Will er so seine Affinität zur “anderen” (handwerklich determinierten) Arbeitswelt unterstreichen? Was auch immer: klar wird durch diesen Satz nichts. So bleibt zu hoffen, daß der Autor ansonsten zu einer zielführenden Klarheit fähig und bereit ist.

3. Dieses kurze Pamphlet weist schon auch Wundersames auf: Da wurde doch bereits erst später mit dem Studium begonnen (im nn-Monat 20yy) – diese von mir vorgenommene Anonymisierung der Daten bedeutet hinsichtlich des Jahres: es war jedenfalls in einem Jahr nach 2000!), aber der Vorbereitungsdienst, der bekanntlich immer erst einem Studium folgt, wurde schon vorher aufgenommen (“nn-Monat 199y”), also vor dem Jahr 2000, also irgendwann zwischen 1990 und 1999.
Und dann schon wieder, gleichsam sensationell: “Es kam wieder Dynamik in mein Berufsleben ...” (s.o.), ja – gut vielleicht für diesen Herren, aber wirklich auch gut, oder zumindest aussagekräftig, für die gestellten, im Kern auf Kooperation und Reversibilität ausgerichteten zukünftigen Aufgaben? Bleibt nur zu hoffen, daß dazu wenigstens auch schnellstmöglich eine Dynamik ins systematische Darstellen von gleichermaßen kurzen wie einfache Zusammenhänge kommt ... Das was wir hier zu lesen haben, zeugt nicht gerade von hoher Kompetenz und Gründlichkeit.

Für mich wäre hier zum Beispiel eine lückenlose, nachvollziehbare Biographie sinnvoller, so daß man auch eher beurteilen könnte, wie kurz resp. wie lange sein Weg in diese Position war, welche tatsächlichen Voraussetzungen (dies am besten im Vergleich mit anderen Lehrkräften, die jahrelang ihre “Knochenarbeit”in Klassenzimmer, dort ohne die sattsam bekannten “großen Wörter” – Franz Innerhofer sei die Begrifflichkeit gedankt! – auskommen beziehungsweise auskommen müssen) und Verbindungen zu so einer Art Karriere führen. So könnte man ggf. auch problemloser Aspekte der Persönlichkeitsautorität und Sachautorität wie auch immer gewichten.

4. Schön und erhellend wie man seine privaten Hobbys distanzlos einzubauen vermag! Ich jedenfalls habe in meinen Freizeitaktivitäten mich der Natur zugewandt, berufliche Aspekte und Problem weitestgehend ferngehalten, die Aktivitäten schon gar nicht als Ideenschmiede für den beruflichen Alltag verstehen können noch wollen. Wenn Personen in Schulämtern sich hinsichtlich Wirklichkeit, sei sie überwiegend pädagogischer oder verstärkt gesellschaftlicher Natur, fortbilden wollen, kann ich ihnen einen besseren Weg als eine Schneepiste oder Felslandschaft zeigen: Gehet hin (klingt nun schon fast biblisch) und suchet die Wirklichkeit immer wieder, dies sehr häufig, setzt euch auch dem direkten Unterrichtsgeschehen für eine angemessene Zeit aus, auf daß ihr ein gesundes Verhältnis von Schein und Sein ausformen lernt.

(Übrigens der aus noch so gesundem, homogenem, konstruktivem Familienleben genährte Optimismus kann sehr schnell vergehen, wenn man einen durchaus in der Gesellschaft allzu zahlreich vorhandenen andersgearteten Ausfluß von Familienleben und Erziehung erfährt ...; aber dazu müßte man eben sich den harten Fakten der Wirklichkeit permanent stellen, eine Verortung die allerdings Wunschdenken dann außen vor lassen würde, gleichwohl zu besserem Verständnis bei der Beurteilung von Problemlagen und deren pädagogischer Behandlung, sofern überhaupt so möglich, führen dürfte!)

5. Und dann wollte man seitens jenes Schulamt “schon lange” eine “Leitbild” offerieren, eines das sofort auf der “Homepage” einzusehen sei, eines das da auch hoffentlich nicht nur bleibe.

Nun, ich wollte mich fündig machen; es ist tatsächlich nicht nur dort geblieben, entweder hatte es Füße oder gar Flügel – jedenfalls muß es den Homepageort schon wieder verlassen haben, falls es sich jemals dort überhaupt aufgehalten haben sollte; es ist dort nämlich nicht auffindbar.
Allerdings hebe ich hier wieder (welch niederträchtiger Mensch ich doch sei, höre ich so den einen und die andere unken) einen anderen Verdacht: Weder märchenhafte oder wundersame Phänomene waren da im Spiel, vielmehr war die Ankündigungsakrobatik wieder einmal mehr aktiver als der Wille (oder die Kompetenz) zu Tat. Man scheint halt einfach wieder einmal zu viel versprochen zu haben, volkstümlich gesprochen: den Mund zu voll genommen zu haben.

Und was “schon lange” angeht: Vor kurzem schrieb ich einer lieben Bekannten eine Mail, als “diesmal nur kurze Mail” angekündigt, die freilich dann doch nicht ganz so kurz ausfiel, was jene mit einem netten, süffisanten “Wie kurz ist eigentlich kurz?” kommentierte. Eine derartige Nettigkeit geht mir allerdings ab, wenn ich beispielsweise bei einer öffentlichen Stelle seit Jahren schon eine Ankündigung von Leitbild(ern) erleben muß – und überhaupt nichts, eben außer Ankündigungen – geschieht! Ich finde dies einfach bodenlos, zumal es sich um eine Institution handelt, die durchaus personell zumindest quantitativ mehr als ausreichend besetzt ist und die ihre Untergebenen nach Leistung und umfassender Kompetenz zu gewichten und zu unterstützen vorgibt. Wie kann jemand, der selbst nicht einmal kleinere Dinge auf die Reihe bekommt, andere auch nur in irgendeiner Angelegenheit kritisieren oder unterstützen wollen.
Es würde mich nicht wundern, daß bei kritischer Aufmerksamkeit durch Öffentlichkeit, die vor Jahren schon einmal aufgekommene Diskussion um die Abschaffung von Schulämtern (damals: auch aus Gründen des Kostenaufwandes) wieder aufflammen sollte. Gründe auf Verzicht gäbe es gewiß gewichtige – allerdings wäre eine Umorganisation im Schulwesen dann gleichzeitig zu diskutieren.

6. Zum Schluß darf ich auch einmal sehr kleinlich werden. Das werden bestimmt ein paar Damen und Herren, die mit Schulämtern aktiv oder passiv schon zu tun hatten, verstehen. Wer oft Erbsen zählt, der darf mit jenen auch nicht auf jene werfen, die bisweilen dergleichen tun. Seien wir also nun sehr wortgetreu, noch viel wortgetreuer als bislang schon gepflegt.
Ein “komplettes Viererteam” besteht immer und überall aus vier Personen! Fehlt dann eine – aus welchen Gründen auch immer – , dann ist es kein “Viererteam” mehr. Ich weiß, jetzt käme der Hinweis, daß man diese umfassende und schwere Arbeit nur mit vier Personen zu leisten vermag, daß man ja nur bis zur Stellenneubesetzung so überbelastet wäre (also als Dreierteam, oder nur Zweierteam, oder gar Einerteam – ach das wäre ja dann nicht einmal mehr “Team”, ja vielleicht doch: in der Form eines Pluralis Majestatis dann doch – wen würde es wundern ...). Nein, mit einer Hand nachzuzählen! Fällt einer vom Stuhl oder wo immer auch hin, dann sind es eben nur noch drei (unterstellt, daß man zuvor ein Viererteam war). Oder sollten wir den Begriff des “inkompletten Viererteams” einführen. Aber was dann die große Herde darunter dann verstehen würde?! Wollen wir das auch nur irgendeinem Schulamt antun. Das dann doch nicht, oder?!

7. Aber wenn der “Neue” schon so mit “Elan” gestartet ist, ja wenn er als “Der Neue” schon gar nicht mehr zu spüren ist, dann dürfte vielleicht doch noch der angesagte geistige Erguß auf der Homepage nachzulesen sein – oder wenigstens dann doch: ein Ergüßlein. Was, Sie meinen dann doch lieber nichts, sie widersprechen mir, sie wollen meiner Hoffnung trotzen? Ich denke noch darüber nach – vielleicht folge ich danach Ihnen ... Oder gebe mich mit Wenigem zufrieden. Was, Sie plärren mich an, ich gäbe mich mit "dem Nichts" zufrieden!?! Was fällt Ihnen da ein.  - - - - Hmm, vielleicht haben sie aber auch recht. Mal sehen.



2 Passend zum Thema Erziehung: Elternwille als unkontrollierbare Macht?
  (nochmals: Satire, Kabarett? -- nein: Wirklichkeit)


a) eine Mutti erscheint in einem Kindergarten (nun ja: Kita), wutentbrannt, unterstellt man würde im Kindergarten gegenseitiges Anspucken dulden und als soziale Verhaltenskomponente (er-)lernen. Die erstaunte Erzieherin weist das sachgemäß entschieden zurück. Die Mutter bleibt bei ihrer Auffassung, es könne gar nicht anders sein, denn ihr Sohn wäre nach Hause gekommen und hätte sie (also: die werte Mutter) angespuckt.
(Dieser Sachverhalt ist ausführlicher unter Nummer 5 bei "Anmerkungen zur Gesellschaft" auf diesen Webseiten dargestellt, siehe bei Interesse also dort!) Auf den einfachen Gedanken, sie selbst (und / oder die anderen der familialen Erziehung Verpflichteten) tragen Schuld daran, wenn ihr fehlgeleitetes Früchtchen derartige Respektlosigkeit internalisieren kann, scheint jene Dame freilich nicht zu kommen...
Welchen auch wirkungsvoll umsetzbaren Rat, welche unterstützende Hilfe, erteilen in derartigen Fällen die entsprechenden Aufsichtsgremien, ohne kontraproduktiv in reinen Beschwichtigungsaktionismus zu verfallen? Wie helfen sie definitive Grenzen zu setzen, auch damit sinnlose Kraftvergeudung bei dem mit härtester Arbeit befassten Personal zu verhindern?


b) ein Kind weigert sich beharrlich, seine Hausaufgaben anzufertigen, Versuche über das Elternhaus hier Abhilfe zu schaffen scheitern kläglich. Als das Kind nun zum Nacharbeiten eben jener Hausaufgaben Gelegenheit innerhalb der Schule aufgebrummt bekommt, wird dann Mutti doch aktiv: mit permanenten Telefonanrufen bei der Lehrkraft gibt sie kund, sie fände das unverschämt, werde sich das nicht gefallen lassen, etc. So sieht leider in manchen Familien auch das aus, was dort unter Unterstützung der eigenen Kinder auf dem Weg zur eigenständigen Lebensbewältigung verstanden wird. Das Problem: Nicht jede Lehrkraft steckt so ein blödes Verhalten leicht weg, geht zur Tagesordnung über. Oft werden dann von vorgesetzter Seite -- aus welchen Gründen auch immer -- lange Rechtfertigungen durch die Lehrkraft eingefordert, ihr der Rücken kaum oder gar nicht gestärkt, also die ohnehin nicht leichte Arbeit noch erschwert. Schulämter -- da sähe ich eine Aufgabe für wirkliches Tun und Eingreifen!


c) Beim Spaziergang höre ich aus einem einsehbaren Garten, wie eine Mutter energisch ihren Sohn auffordert, endlich ruhiger zu sein, ansonsten gäbe es eine Ohrfeige. Das Kind dürfte so um die vier, fünf Jahre alt gewesen sein. Wie reagiert das Kind gegenüber der Mutter: "Komm doch her, wenn dir 'was nicht paßt." Erfunden? Leider nein! Aber leicht vorstellbar, was da einmal für ein "Erziehungsergebnis" auf die Kitas und Schulen zukommen wird ...


d) Ein Sohn -- sehr nett und sympathisch! -- ist in eine Klasse mit höherem Bildungsabschlußziel aufgenommen worden, dies allerdings mit Hängen und Würgen. Vor allem aber auch auf Druck der Eltern. Elternwille! Er tut sich im Lernen allerdings sehr schwer, ist sehr langsam im Begreifen und Arbeiten, kann dem üblichen Tempo der Klasse nur sehr selten folgen. Diesen Fall habe ich dann am eigenen Leib verspürt, denn ich habe ihm wegen nicht gerade brillierender Leistung in Englisch eine Vier vergeben müssen (allerdings eine Vier mit großem Augenzudrücken ...)
Es kam daraufhin seine Mutter angerauscht (eher das Gegenteil ihres Sohnes, was sympathische Ausstrahlung angeht!), er Vierer würde er gar nicht gefallen und nachdem ich ihr erklärt hatte, wie diese Vier zustande gekommen ist, wiederholte sie immer wieder, daß ihr der Vierer nicht gefiele. Da meinte ich lapidar, daß meinem Vater meine Vieren früher auch nicht gefallen hätten und er dann im jeweils notwendigen Falle dafür gesorgt hätte, daß ich eben mich hinsetze und lerne, meine Hausaufgaben regelmäßig erledige (was der Sohn der erbosten Frau übrigens häufig nicht tat, obwohl gerade für ihn intensives Üben notwendig gewesen wäre!). Er tat einfach das, was Pflicht und Notwendigkeit war: er erzog mich. Die gute Frau erging sich noch paarmal in den bekannten engmaschigen Wiederholungen und meinte dann wörtlich: "Mit ihnen werde ich nicht warm." Meine Antwort auf dieses einfältiges Verhalten: "Brauchen sie auch nicht, ich habe eine Freundin!" Das "Gespräch" geisterte noch eine Weile immer wieder um dieses "Nichtgefallen", um diese "Vier", um dieses "Warmwerden". Mir wurde das dann doch bald zu blöde und ich gab ihr zu verstehen, daß ich für die häusliche Erziehung ihres Kindes nicht verantwortlich wäre, daß ich -- ich weiß das gefällt nun vielen Lesern überhaupt nicht ... -- mir sicher bin, dieses Kind nicht gezeugt zu haben und sich meine Erziehungsaufgabe nur auf den schulischen Bereich und da auch nur in dem von häuslichen Vorgaben gesteckten Grenzen (sprich: konstruktive Mitwirkung des Elternhauses bei Erziehung, Motivation, etc.) erstrecken kann, daß ich übrigens nicht nur ihren Sohn im Auge behalten kann, sondern auch noch mit sechsundzwanzig anderen Jugendlichen mich in der jeweiligen Schulstunde zuzuwenden habe.

Diese Erziehungsakrobatin hatte mir auch vorgeworfen, daß ich mit dem Stoff (eben der für 27 Schüler in dieser Klasse zu vermittelnde!) noch nicht "so weit sei wie die Parallelklasse, sie habe das überprüft". Diese Aussage traf zu. Aber nach jahrelanger Erfahrung konnte ich sehr wohl abschätzen, wie sich gegen Schuljahresende das darstellen würde. Der Grund für mein partiell "langsameres" Vorgehen lag jedoch daran, daß ich gerade immer wieder wegen ihres Sohnes wiederholte, nochmals und nochmals erklärte, weil ich eben wollte, daß er trotz seiner recht auffälligen Leistungsschwäche den von ihm und seinen Eltern vorgesehenen Weg nicht abbrechen muß. Ich sagte ihr das auch deutlich, auch, daß ich, wenn sie dies gerne sähe, in der Stoffvermittlung durchaus schneller voranschreiten könnte, daß dann jedoch ihr Sohn auf der Strecke bliebe. Sie schaute mich sogleich etwas dümmlich an, wiederholte aber nochmals, daß die Parallelklasse "schon weiter" sei. Ich schloß dieses Kapitel dann schnell mit der Feststellung ab, daß ich schon selbst wüßte und entscheide, wie in einer jeweiligen Klasse voranzugehen sei.

Ich ergänzte dann, sie sollte einfach einmal daheim für regelmäßige Erledigung des außerschulischen Lern- und Arbeitsverhaltens sorgen. Das habe ihr noch keiner gesagt, gab sie empört zurück. (Ich konnte zwar psychologisch ihre Empörung mir gut erklären, allerdings war es mir dann doch wichtiger, auch im Hinblick auf eigene Gesunderhaltung, deutlich Klartext zu reden und für entsprechende Abgrenzung als auch Attribuierung zu sorgen!). Meine Replik: das mache nichts, wenn sie das nun erstmalig höre, so habe sie eben wieder einmal ein Primärerlebnis, das sollte ja im Leben des öfteren vorkommen. Ich sagte ihr noch, wo sie sich überall beschweren könnte, also alle vorgesetzten Instanzen, ergänzte diese Liste dann auch mit einem gewiß unsachlichen aber konnotativ sehr wirksamen "und falls sie den auch noch benötigen, der Papst sitzt in Rom". Ich streckte ihr sogleich meine Hand zum Abschied hin, dies mit den Worten "schön daß sie wieder einmal vorbei geschaut haben, es ist nun alles gesagt". Grummelnd ("das habe sie noch nie erlebt ..." etc.) schlich sie nun davon -- Richtung Rektorat.
Ich gebe zu: Ich mag keine sinnlosen Gespräche, und das sind u.a. solche, die sich endlos im Kreise drehen. Da ich für die nächste Schulstunde einer Schülerin, die ihr Buch vergessen hatte, ihr einen Ersatz besorgen wollte, ging ich ins Lehrerzimmer. Das stand sie nun, meine verhinderte Freundin, geiferte, sagen Sie nun der Frau X (=meine Chefin; sie stand daneben), was sie alles gesagt haben. Ich meinte, sie habe doch einen Mund und könne ihr alles selbst sagen, ich werde dann gegebenenfalls dazu Stellung nehmen. Frau X meinte dann, ich solle doch mit der Frau nach Schulschluß um Eins nochmals reden. Das wies ich zurück: "Die Frau hat mich jetzt nicht verstanden, nicht verstehen wollen und können. Sie wird mich auch um Eins nicht verstehen. Und für so etwas opfere ich nicht meine Freizeit." Damit ging ich dann wieder zurück in mein Klassenzimmer und meiner eigenen Arbeit nach ...

Ich fand, finde, werde wohl auch weiterhin finden: Lehrer und Lehrerinnen lassen sich allzu häufig viel zu viel gefallen! Und zwar von gewissen Eltern, aber auch von Seminarleitern, Schulleitungen, Schulämtern, Regierungsstellen und Ministerien. Weshalb das so ist, ist mir persönlich ein Rätsel. Erklärbar vielleicht nur durch den Umstand, daß sie sich nicht hinreichend um ihren Selbstwert bemühen (können). Sicherlich auch dadurch, daß sie sich im Regelfall eben nicht zu einer uneingeschränkten Solidarität hinsichtlich auch potentieller Betroffenheit (= heute trifft es den anderen, morgen schon könnte es mich treffen) einfinden können.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Lehrkräfte müssen für Fehler einstehen, Lehrkräfte müssen gute Arbeit leisten, Lehrkräfte müssen die ihrer Arbeit und ihrem Auftrag gemäße Verantwortung voll übernehmen. Lehrkräfte müssen sich stets mühen, das Beste zu leisten!
Aber Lehrkräfte sind nicht der Fußabstreifer für persönliche und allgemeine Frustrationen und / oder Unvermögen aus anderer Seite (wie auch immer vertikal oder horizontal gegliedert). Sie sind nicht der Amboß für einen Hammer aus Erziehungsunfähigkeit, Erziehungsunwilligkeit, Politikgeschachere, Geltungssüchte, Wirklichkeitsfremdheit, Euphemismen und blindem Aktionismus. Vor allem sollten sie sich gegen alle Einflüsse wehren, die ihre Arbeit faktisch erschweren statt sie zu unterstützen. (Auch wenn diese Unterscheidung nicht jedem sehr schnell und sehr gerne augenfällig erscheinen mag -- aber mit ein wenig Mut zur kritischen Analyse und vor allem mit der deutlich vernehmbaren Bekanntmachung der gefundenen Ergebnisse, wäre man ja auch schon auf einem guten Weg.)

Ich habe ganz bewußt ein Beispiel aus eigenem Erleben gewählt, allein schon um dem Verdacht zu entgehen, immer nur exemplarisch über "andere" zu arbeiten. Ich habe auch wissend um die Wirkung gerade dieses Beispiel eines aus sozialem Miteinander nicht gerade "sympathisch" erscheinenden Verhaltens meinerseits dargeboten. Aber darum geht es mir nicht: ob mich da jemand sympathisch, nett oder ekelhaft oder was weiß ich auch immer findet. (Normalerweise gehe ich mit den Leuten freundlich, wenn auch grundsätzlich zurückhaltend, auf gesunde Distanz bedacht, um!)

Aber man sollte schnell all denen Grenzen aufzeigen, bei denen es notwendig ist, denen also, die gerne den Bogen überspannen! Sicherlich kann man mit etwas Aufwand Erklärungen für Verhaltensweisen vieler Eltern oder Elternteile finden. Oft Scheidungen, Eheprobleme, Finanzprobleme, Frust am Arbeitsplatz, Sozialstörungen, und, und, und ... Der Gründe gibt es viele. Das Verstehen von Verhalten ist die eine Seite, das Sich-gefallen-lassen von Verhalten jedoch die andere Seite! (Ich erinnere mich an einen Lehrer, der einer Mutter nach Schulschluß immer wieder an der Tafel mathematische Verfahren erläutert hat, damit sie die Probearbeiten ihrer Tochter besser kontrollieren kann. Das hätte ich nicht getan. Eine Lehrkraft ist nicht der / die Unterrichtende für Eltern; sollten jene plötzlich ein spätes Bildungsbedürfnis für sich entdecken, gibt es VHS etc.; diese Mutter setzte sich übrigens in der Grundschule mit in den Unterrichtsraum um die Stunden zu verfolgen, um die Lehrkraft zu überwachen ... Wer läßt sich denn so etwas gefallen?! Bei mir wäre die hochkantig hinausgeflogen!)

Also nochmals der Hinweis auf ein wesentliches Gebot für gesundes, erfolgreiches Arbeiten: Grenzen der Zuständigkeit und Verantwortung deutlich aufzeigen.

Und das geht jedoch nicht, indem man sich in endlose Gespräche einläßt (bei denen die Fruchlosigkeit des Unterfangens schnell deutlich geworden ist!); nein: es müssen da wirksam die Fronten geklärt werden. Und hier mag dann auch einmal der bekannte und nicht zu Unrecht häufig kritisierte Satz gelten, wonach der Zweck die Mittel heilt.
Es muß dann so kommuniziert werden, daß die anderen das auch deutlich (und ohne große Möglichkeit durch Rationalierung eine Umdeutung des Gesagten vornehmen zu können) verstehen.
Da Menschen unterschiedliche Sprachebenen beherrschen, ist das Verfahren jeweils an der Möglichkeit, wie der / die Gegenüber das verstehen kann, auszurichten. Kennt man seine Gesprächspartner schon recht gut, dann dürfte das einfacher, vor allem schneller möglich sein; im anderen Fall ergibt sich die (Er-)Kenntnis über die Sprachperformanz dann erst aus dem konkret geführten Gespräch. Aber nach meiner Erfahrung zeigt sich doch im Regelfall recht schnell, welch Geistes Kind jemand ist; es bedarf dazu höchst selten eines "stundenlangen" Austausches.

Nota bene: Besagter Sohn hatte tagsdarauf die Hausaufgabe wieder einmal nicht gemacht. Ich habe ihn von meiner "Unterhaltung" mit seiner Mutter daraufhin erzählt, habe vor allem ihm ihre Sorge um seine Noten nochmals unterbreitet, habe ihm meine Sicht erklärt, habe ihm auch gesagt, wie wichtig es ist, daß er viel, viel übt, also auch seine Hausaufgaben regelmäßig machen muß. Auch habe ich dem Sohn gesagt, daß ich seiner Mutter nichts von der fehlenden Hausaufgabe mitteilen werde, da ich ihm diese Auseinandersetzung ersparen möchte. Auch würde ich im Fall des wiederholten Auftretens seiner Mutter, wie auch immer geartet, nicht darüber berichten. Das mache ich mit ihm persönlich aus. (Das Gespräch und mein einschlägiges Verhalten ihm gegenüber hat übrigens bewirkt, daß er die Hausaufgabe danach fast immer -- was ja auch reicht ... -- hatte.)

Abschließend noch zwei Anmerkungen. Die erste Anmerkung: Sehr viele Eltern sind kooperativ und können Verantwortung und Pflichten sehr wohl adäquat attribuieren. Diese Eltern meine ich natürlich überhaupt nicht mit den oben gemachten Ausführungen. Im Gegenteil: es ist schön wenn Mitarbeit und gemeinsame Zielsetzung (eben: den Jugendlichen den Schritt in ein selbstverantwortbares Leben zu ermöglichen) zu fruchtbarem Austausch und gegenseitiger Unterstützung führen.
Die zweite Anmerkung: Übrigens habe ich auch den sehr sympathischenVater des Jungens aus obigem Beispiel später einmal eher zufällig kennengelernt (es schien hinsichtlich schulischer Aufgabenwahrnehmung in dieser Familie wohl eine Art Arbeitsteilung geherrscht zu haben, denn bei Sprechtagen war er nie erschienen -- mag aber auch an seinen Arbeitszeiten gelegen haben). Danach wußte ich, woher dieser Junge seine nette, freundliche Art hatte ...


e)
--- wird mit weiteren Beispielen fortgesetzt ---


Schule verweigert Herausgabe von Zeugnis -- Schüler hat drei Bücher verschlampt und nicht (noch nicht) bezahlt.

In der Augsburger Zeitung vom 3. August 2012 lesen wir auf Seite 10 unter der Überschrift "Zeugnis verweigert", daß eine Augsburger Grundschule einem Viertklässler wegen Nichtabgabe von 3 Büchern (die bekanntlich den Schüler nur geliehen sind, die erwiesenermaßen von der Öffentlichkeit bezahlt werden) die Herausgabe des Zeugnisses verweigert hat. Auch der Sprachstil der Zeitung dient nach meinem Dafürhalten wohl nicht so ganz einer angemessenen und sachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik: "Während sich seine Mitschüler freudig in die Sommerferien verabschiedeten, musste der zehnjährige Sandro bedröppelt auf seinem Stuhl sitzen bleiben" (ebd.)
Der Stiefvater meinte, man könne einem Kind "so eine Demütigung nicht antun" und schaltete die Zeitung ein. Er, ein gelernter Jurist, wolle Eltern "darauf hinweisen, dass sie sich von Schulen nicht alles gefallen lassen müssen."

Ein Einbehalten des Zeugnisses ist rechtlich tatsächlich ein schwieriges Unterfangen. Andererseits: Wie kommen die Schulen in der Wahrnehmung öffentlicher Interessen zu den Büchern resp. zu finanziellem Ersatz? Letztlich bliebe nur eine Klage, doch dafür dürften die relativ geringen Kosten durch das Verschlampen von Büchern in keinem angemessenen Verhältnis von Aufwand und Ertrag stehen.
Also den Schlampern und den ihnen keinen Einhalt gebietenden Eltern einfach nachgeben? Ein schlechtes Beispiel für Nachahmer setzen (Motto: es passiert mir ja eh nichts, wenn ich unachtsam mit fremden Gut umgehe ...)? Also letztlich: den schulischen Erziehungsauftrag, der eben auch die Förderung von Verantwortungsbewußtsein und sozialem Verhalten beinhaltet, außer Acht lassen? Das kann es doch nicht sein! Es müssen jenen Schülern und Eltern wirksame Grenzen gesetzt werden. (Ein Pfandbetrag für ausgeliehene Bücher dürfte da rechtlich allerdings auch wieder problematisch sein, vom Verwaltungsaufwand einmal ganz zu schweigen.)

Man läßt mit diesem Problem die Schulen wieder einmal mehr ganz allein. Warum kann der Gesetzgeber da nicht eine ganz klare Regelung schaffen, eine die für alle Seiten Sicherheit gibt. Vielleicht wäre trotz des Urkundencharakters von Zeugnissen durchsetzbar: Kosten nicht beglichen, also keine Zeugnisausgabe bis zur Erledigung.

Hierzu nun mein Leserbrief an die Augsburger Allgemeine:

Zu AZ Nummer 178 vom 3. August 2012, Seite S. 10 (Bayern),  “Zeugnis verweigert”

Sehr geehrte Damen und Herren,

Unterstellt, Ihr Artikel berichtet den Sachverhalt umfassend, kann man über das Verhalten des Stiefvaters einfach nur den Kopf schütteln. Nach seinen Worten sei es “demütigend”, einem Kind das Zeugnis wegen Nichtrückgabe dreier von ihm “verschlampter Bücher” zu verweigern.

Unbestritten sollte vor allem auch bei einem vorgeblich rechtskundigen Menschen sein, daß verursachter Schaden zu ersetzen ist und durch Schlamperei oder andere Unachtsamkeiten verursachte Kosten nicht der Allgemeinheit aufgebürdet werden können.
Andererseits jedoch ist die Rechtslage tatsächlich nicht eindeutig, was das Einbehaltungsrecht von Zeugnissen grundsätzlich (!) angeht. Da es sich bei einem Zeugnis um eine Urkunde handelt, spricht eher viel für eine unverzügliche Herausgabepflicht.

Man muß lesen: “Der gelernte Jurist wolle Eltern darauf hinweisen, dass sie sich von Schulen nicht alles gefallen lassen müssen (...).” Und wie schaut es aber dann im umgekehrten Fall mit “den Schulen” aus: Müssen oder sollen sie sich von den Eltern “alles” gefallen lassen?
Kann es nicht auch eine Verweigerung der Mitwirkung am schulischen Erziehungsprozeß seitens Eltern sein, vielleicht sogar ein zumindest partielles Versagen in der Erziehung (immerhin gibt es neben dem Elternrecht auf Erziehung auch die dazu korrespondierende Pflicht!), wenn Kinder oder Jugendliche ihre Pflichten (hier: auf ordnungsgemäße Rückgabe der Bücher) nicht erfüllen?!

Man kann sehr wohl auch die Auffassung vertreten, dass so manche Verhaltensweise von einigen Eltern gegenüber Schule und Lehrer “demütigend” ist. Vielleicht passen in diesen Rahmen auch die Berichterstattungen in der AZ über eine Rektorin, die ihre Arbeit hinschmeißt, über ausgebrannte Lehrkräfte, über Überforderung im System und vor allem über die Unfähigkeit einzelner, ihre Zöglinge richtig zu erziehen und zu motivieren.
Sowohl meine Mutter als auch mein Vater hätten gewiß mit dem notwendigen Nachhalt dafür gesorgt, daß ich mit anvertrauten Sachen gebührend umgehe, eventuellen Schaden unverzüglich ersetze und da nicht noch die Schulen unnötig belaste.

Abschließende Frage: Wer zeigt da eigentlich wem was?

Mit freundlichem Gruß
Joachim Buchenau, M.A.


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